Home   Was ist ot ?   Regeln   Mitglieder   Maintainer   Impressum   FAQ/Hilfe  

Attac-Diskussionspapier:
Alternative Weltwirtschaftsordnung (2)

Maintainer: Michael Kox, Version 6, 24.03.2005
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

(1) Zum Text-Anfang

(2) III. Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung

(3) 1. Weltwirtschaftsordnung im ökologischen Gleichgewicht

(4) Eine dem Ziel der Nachhaltigkeit verpflichtete ökologische Wirtschaftspolitik hat als Zielmarke die Reduzierung des Umweltverbrauchs um 80-90% gegenüber heute. Der Zwang der Entwicklungsländer, ihre Naturreichtümer zu verschleudern, muss aufgehoben werden. Dazu sind ihre Schulden zu erlassen und die entfesselten Finanzmärkte zu re-regulieren. Die Subsistenzrechte lokaler und indigener Gemeinschaften haben Vorrang vor externer Nutzung. Dieses Vorrecht betrifft insbesondere die von diesen Gemeinschaften genutzte und gepflegte biologische Vielfalt.

(4.1) OH, NO!!!, 30.03.2005, 14:52, Olaf Boerger: Wer JA sagt zu "Geld", sagt auch JA zu "entfesselten Finanzmärkten" - denn warum wurden die denn "dereguliert"???????????

(5) Internationale Handelsregeln müssen eingehend auf potentielle ökologische und soziale, insbesondere Gender-bezogene Folgen überprüft werden. Das Verursacherprinzip ist durchzusetzen, d.h. effektive Haftungssysteme und Schadensausgleich. Multilaterale Umweltabkommen müssen über das Handelsregelwerk gestellt werden. Ebenso wie für die Handelsverträge müssen sie Bindungswirkung für IWF und Weltbank haben, die Strukturanpassungsprogramme des heutigen IWF müssen beseitigt werden. Auch muss der Handlungsspielraum der Staaten, Umweltgesetze zu erlassen, gegenüber der WTO wieder gestärkt werden.

(6) Solche Veränderungen erfordern natürlich einen tiefgreifenden Wandel auch in der Beschäftigungspolitik, der Steuerpolitik und den sozialen Sicherungssystemen, deren Finanzierung bislang auf permanentem Wachstum beruht. Von entscheidender Bedeutung, um den Wandel möglich, akzeptabel und nicht nur „sozialverträglich", sondern gemeinwohlfördernd zu gestalten, wird es sein, eine gerechte Verteilung des Volkseinkommens zu erzielen und den Trend zur sozialen Schere umzukehren. Arbeitszeitverkürzungen sowie die verstärkte Einbeziehung höherer Einkommen und Vermögen in die Finanzierung der sozialen Sicherung sind hier zu nennen.

(6.1) 22.08.2005, 15:54, Ano Nym: Solche höherer Einkommen und Vermögen sind nur außerhalb des Zugriffs derjenigen, die sich ihrer gern bedienen würden. Es ist immer einfacher, dem Anderen in die Tasche zu fassen, wie etwas selbst zu erwerben.

(7) 1.1 Der ökologische Umbau

(8) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Jegliche umweltschädliche Subventionen werden eingestellt. Das ist notwendig, um besonders umweltbelastende Wirtschaftssektoren durch ökologisch verträgliche Sektoren weitgehend zu ersetzen.
- Von einer Orientierung der EU, die sie zum wettbewerbsfähigsten und „dynamischsten" Wirtschaftsraum der Welt machen will (Erklärung von Lissabon, 2000), wird Abstand genommen. Vorrang vor weiterer Liberalisierung der Märkte müssen Vereinbarungen für ökologische und soziale Standards haben.
- Diejenigen Agrarsubventionen müssen abgeschafft werden, die das Agrobusiness ermutigen und die Kleinbauern liquidieren, die für lokale Märkte produzieren.

(8.1) Oh, NO!!!! II, 30.03.2005, 14:55, Olaf Boerger: ATTAC tritt ein für "Verwertung des Werts" !!!!!!!!!!!!! - obwohl dieses Schneeballsystem in der DRITTEN INDUSTRIELLEN REVOLUTION irreversibel zusammenbricht.

(9) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:
- Die verstreuten internationalen Verantwortlichkeiten für Umweltfragen sollten in einer Weltumweltorganisation gebündelt werden. Sie muss mit einem starken Durchsetzungsmechanismus versehen werden, wie ihn beispielsweise die heutige WTO hat.
- Eine umfassende ökologische Steuerreform ist durchzuführen, die konsequent das Verursacher- und Vorsorgeprinzip anwendet. Ein wichtiger Baustein sind die Transportpreise für Flug- und Schiffsverkehr. Durch konsequente Besteuerung muss der Faktor Energie und Rohstoffe relativ teurer werden als der Faktor Arbeit, was auch das Beschäftigungsproblem abmildern würde. Die zusätzlichen Steuereinnahmen können – das ist hier kontrovers – für gezielte staatliche Förderung des ökologischen Umbaus verwendet werden oder um (im Interesse einer gleichbleibenden Gesamtsteuerlast) die Lohnnebenkosten zu senken.
- Notwendig sind der Aufbau einer Rezyklierungswirtschaft und der Übergang zu langlebigen und leicht zu reparierenden Produkten, auch zur Reduktion von Rohstoffimporten.
- Eine Verkehrswende ist ein wichtiger Schritt zu einer umweltgerechten Gestaltung der Ökonomie, vor allem auch durch starke Regionalisierung. Das verlangt unter anderem das Umsteuern der angebotsorientierten zu einer nachfragesteuernden Verkehrspolitik mit den Zielen der Verkehrseinsparung, -verlagerung auf umweltfreundlichere Träger und -optimierung.
- Auch die neue Energieinfrastruktur sollte dezentral organisiert sein. Fossile und nukleare Energieträger müssen durch Energieeinsparung und erneuerbare Energien abgelöst werden. Diese sind langfristig das Fundament einer ökologischen und friedlichen Weltwirtschaftsordnung. Auf dem Wege dahin bedarf es auch einer radikal erhöhten technischen Energieeffizienz.
- Analog zur Internationalen Atomenergiebehörde könnte eine „Internationale Behörde für Erneuerbare Energien" eingerichtet werden, um deren Verbreitung zu fördern.
- Auch die Erhebung von Nutzungsgebühren für globale Gemeinschaftsgüter wie der atmosphärischen Absorptionskapazität für Schadstoffe oder der ozeanischen Schifffahrtswege sollte diskutiert werden.

(10) Position Abschied vom Wachstum: Eine wachstumsorientierte Wirtschafts-, Finanz-, Geld- und Zinspolitik wird abgelöst durch eine selektive Wachstums- und Schrumpfungspolitik, die insgesamt auf einen Gleichgewichtspfad ohne Zwang zum Wachstum (vgl. II.1.1) einschwenkt.

(10.1) Endlosschleife, 30.03.2005, 15:00, Olaf Boerger: Noch einmal: Wer bei entwickelter Warenproduktion Ja zu "Geld" sagt, sagt unweigerlich auch Ja zur "Verwertung des Werts".

(11) 2. Beschränkung bis Überwindung von Konzernmacht

(12) Die Aufhebung der Herrschaft von Menschen über Menschen und damit die Aufhebung der Ausbeutung und Unterdrückung, der Übergang von der Fremd- zur Selbstbestimmung ist eine alte Forderung demokratischer Partizipationsbewegungen. Die Demokratisierung unternehmerischer Macht ist ein tragender Baustein für die Humanisierung der Wirtschaft insgesamt; wir setzen uns ein für die Regulierung und Einschränkung der Macht transnationaler Konzerne und ökonomischer Machtzusammenballungen durch Kartelle und Fusionen.

(12.1) 30.03.2005, 15:02, Ano Nym: GEGEN DEMOKRATEN HELFEN NUR SOLDATEN !!!!!!!!!!!!!!!!!

(13) Die einseitig auf die Interessen der KapitalgeberInnen bzw. AnteilseignerInnen ausgerichteten Entscheidungsprozesse transnationaler Konzerne (TNK) müssen überwunden werden. Wir fordern umfassende Mitsprache und Mitbestimmung der Betroffenen („Stakeholder") und ihrer InteressenvertreterInnen auf allen Ebenen – im Unternehmen, national und international. Zu den Stakeholdern gehören die Beschäftigten, aber auch die in der Umgebung Lebenden, die von Rohstoffgewinnung und anderen Produktionsauswirkungen Betroffenen und die VerbraucherInnen bzw. entsprechende Umwelt- und soziale Organisationen. Die betriebliche Mitbestimmung umfasst auch eine direkte Mitbestimmung („participation directe") der Arbeitsgruppen am Arbeitsplatz, sowie einen Abbau der hierarchischen Arbeitsorganisation und so weit wie mögliche Ersetzung durch Einrichtung selbstorganisierter bzw. teilautonomer Arbeitsgruppen. Die bisherigen, vielfach zu unverbindlichen Mitspracheregelungen auch des deutschen Mitbestimmungsrechts sind im Lichte dieser Forderungen qualitativ zu verbessern.

(14) Bei der Verfolgung einer gegen die Übermacht der großen nationalen und transnationalen Unternehmen bzw. Konzerne gerichteten Politik muss Attac die kritisch-solidarische Kooperation mit den nationalen und internationalen Gewerkschaftsorganisationen suchen und sich für die Stärkung ihrer Rechte einsetzen.

(15) Die Balance zwischen den Anwälten der öffentlichen Anliegen und denen der Privatwirtschaft müssen wieder hergestellt werden. Soziale Verantwortung der Unternehmen zielt darauf, international verbindliche Standards zu schaffen in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie, Ökologie, Arbeit und Soziales (ILO-Konventionen) und Gleichberechtigung von Frauen und Männern, insbesondere gleiche Bezahlung. Diesen müssen sich TNK als Verhaltenskodizes verpflichten und unterwerfen. Freiwillige Standards oder Verhaltenskodices sind in diesem Zusammenhang ein wichtiger erster Schritt, reichen aber nicht aus. Ziel muss die Schaffung rechtsverbindlicher internationaler Regeln mit effektiven Überwachungsmechanismen und Sanktionsmöglichkeiten sein. Dazu muss die Rolle der Zivilgesellschaft gestärkt werden, durch einklagbare Transparenzregeln gegenüber den TNK und durch umfassende Mitbestimmung aller Stakeholder an den Entscheidungsprozessen innerhalb der TNK. Bei einer echten paritätischen Mitbestimmung würden nicht – wie gegenwärtig – die Anteilseigner de facto in der Mehrheit sein.

(16) Darüber hinaus unterscheiden sich die Vorstellungen der öko-sozialen Marktwirtschaft, der ökologischen Wirtschaftsdemokratie und der Position Demokratisches Wirtschaften (vgl. II.3) darin, welche gesellschaftliche Rolle den TNK zukommen kann. Diese Kontroverse macht sich maßgeblich an den Möglichkeiten der Demokratisierung der TNK fest:

(17) Position Demokratisierung der (Groß-) Unternehmen verwirklichen: Die Forderung nach verbindlichen Verhaltenskodizes für TNK ist richtig, reicht aber nicht aus. Zentrale Voraussetzung, um die durch Eigentum erworbene oder gesteuerte Macht zu beschränken, sind Änderungen in der Struktur der TNK selbst. Eine grundlegende Voraussetzung für eine wirksame demokratische Kontrolle von Unternehmensmacht ist die Entflechtung von TNK. Für den Ausbau der Unternehmensmitbestimmung gilt: Im Aufsichtsrat, der auch den Vorstand wählt, muss es eine Minderheitsposition der Anteilseigner geben und eine Mehrheit für die abhängig Beschäftigten und die betroffene Bevölkerung. Die Gruppe Bevölkerung soll nicht durch den Staat oder durch Staaten vertreten sein, auch oppositionelle Kräfte müssen Einfluss haben.
Eine weitere Möglichkeit ist die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt (die Aktien würden dann zu Anleihen). Ein weitergehendes Ziel, das zur Demokratisierung notwendig sein kann, ist die Umwandlung des Privateigentums in demokratisches Gemeineigentum (Vergesellschaftung, nicht Verstaatlichung; z.B. Mitarbeitergesellschaften) und eine Ausweitung der Mit- zur Selbstbestimmung.
Resultat einer solchen Demokratisierung ist eine Stärkung der Rechte der Belegschaft (und Bevölkerung), die darüber befindet, ob Missmanagement vorliegt oder gute Arbeit geleistet wurde, und die Manager und Aufsichtsräte entlassen kann. Beispiele für Managementmodelle der Selbstorganisation sind das Semco-System („Management ohne Manager") von Ricardo Semler und das von Koldo Saratxaga für die weltgrößte Industriekooperative Mondragón Corporación Cooperativa entwickelte Management-System.

(18) Position Demokratisches Wirtschaften – gesellschaftliche Wahl der wirtschaftlichen Akteure durchsetzen: Die Forderungen nach Demokratisierung bzw. Vergesellschaftung der Großunternehmen sind richtig, lassen aber ein zentrales Problem unbeantwortet: Solange der Markt die Beziehungsebene zwischen den demokratisch geführten Unternehmen bestimmt, zwingt der ruinöse Verdrängungswettbewerb zur Profitausrichtung der Unternehmen, zur Selbstausbeutung, zur Entfremdung und zur Vernichtung konkurrenz- und profitschwacher Betriebe und Arbeitsplätze. Daher ist zusätzlich neben der innerbetrieblichen Demokratisierung eine Demokratisierung zwischen den Unternehmen erforderlich, um gesamtwirtschaftlich die Produktion und Verteilung bedarfsorientiert auszurichten. Wenn Marktmechanismen bestehen bleiben, unterhöhlen sie eine solche gesellschaftliche Steuerung (vgl. die Erfahrungen der Kooperativ- und ArbeiterInnenselbstverwaltungs-Bewegung). Nicht der Markt, sondern die Bevölkerung soll über Leitlinien und Akteure der Produktion entscheiden. Für solch eine Form demokratischen Wirtschaftens ist es wichtig, dass sich die Menschen in ihren lokalen Solidargemeinschaften mündig machen und lernen, (basis-)demokratisch über komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge mitzuentscheiden.

(19) Position Auflösung der Konzerne: Statt großer Aktiengesellschaften soll es kleine Mikrokapitalgesellschaften geben. Die unsterbliche Kapitalakkumulation durch Aktien soll ersetzt werden durch Mikrokapital mit begrenzter Laufzeit. Unternehmensanteile können ausschließlich das Eigentum von Menschen, aber nicht das von Unternehmen sein.
Mit der Abschaffung des Aktiengesellschaftsrechts entfällt auch die kapitalistische Form der Unternehmensleitung (Aktionärsversammlung, Aufsichtsrat, Vorstand). Jeder noch so kleine Kapitaleigner kann unabhängig von der jeweiligen Kapitalmehrheit darüber entscheiden, wo (und wie lange) er seine Kapitalanteile will. Dadurch können Millionen von Kapitaleignern die gesamtwirtschaftlich effiziente Allokation des Kapitals bestimmen, aber es ist keine strategische Machtpolitik einzelner Kapitaleigner möglich. Denn es ist die Aufgabe der im Unternehmen voll- oder teilverantwortlich Arbeitenden, die Unternehmenspolitik zu bestimmen.

(19.1) 30.03.2005, 15:06, Ano Nym: ATTAC = ES LEBE DIE KLITSCHE !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

(19.1.1) 30.03.2005, 15:11, Ano Nym: und natürlich das "Rostgeld"

(19.2) 30.03.2005, 15:09, Ano Nym: Und der Schwachsinn nimmt kein Ende - wie wär`s mal mit der Lektüre des `Kapitals` - da könntet ihr z.B. lesen, dass das "persönliche" "Eigentum" genau das Problem ist.

(19.2.1) 30.03.2005, 15:55, Ano Nym: Übrigens "Kapital" heißt ANEIGNUNG FREMDER ARBEIT, heißt AUSBEUTUNG, heißt AKKUMULATION und dementsprechend KONZENTRATION

(19.2.2) 02.05.2005, 13:26, Uvvell:H:W:Berger ??: und am genauesten ist es, was die Person ausmacht. Wer bestimmt die Identität in das Kind hinein und was versucht das Kind daheraus werden zu lassen.
Das Eigen eignet sich sei genau zur Identitätsfindung, aber warum soll die Identität eine Individuelle sein: damit uns das niemand mehr nehmen kann! Was man nicht teilen kann, dass muss einer behalten. Hier wird die Gesellschaft (to sell) zur skizzofrenetischen ablaus (ablass an nickelaus) erzogen: die Gefühle werden mit Verboten unterdrückt, weil: die teilen sich mit, ob der Eigentümer das will oder nicht. Das Unbewusste ist 'unterirdisch' mit einander verbunden (limbus) und überirden kann einzelwolken eine Erscheinung zugebilligt sein (nimbus) sie regnen irgendwann ab. wenn es ein überich gibt, vielleicht gibt es auch ein unterDu. Es sind die Probleme, die das denkbar werden lassen.

(20) 3. Neuordnung des Welthandels

(21) 3.1 Mechanismen der Welthandelsordnung

(22) Die verschiedenen Aufgabenbereiche, welche internationale Lösungen erfordern, sollten jeweils eigenen Organisationen zugeordnet bleiben, etwa Arbeitsstandards der ILO, Umweltpolitik der UNEP, Entwicklungspolitik der UNDP. Die Kontrolle dieser UN-Organisationen sollte dabei durch die Bevölkerung erfolgen. Es ist falsch, diese Aufgaben in die WTO zu ziehen, wie es in vielen Bereichen geschehen ist.

(23) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Innerhalb der WTO soll bedingungslos auf die „Singapore Issues" (Wettbewerb, öffentliche Beschaffung, Investitionen, technische Handelsfragen) verzichtet werden.
- Alle Verträge und Entscheidungen der WTO sowie die interne Personalpolitik müssen das Prinzip des Gender Mainstreaming, d.h. gleicher Chancen für Frauen und Männer, nachprüfbar umsetzen.
- Die WTO muss unter das Dach der UN gestellt und auf Fragen des Handels beschränkt werden. D.h. insbesondere, dass die Rechtsprechung des WTO-Schiedsverfahrens dem UN-Recht entsprechen muss. Es ist eine Abkehr von der nationalen Sanktionsverhängung (Strafzölle) anzustreben. Langfristiges Ziel ist eine einheitliche internationale, unabhängige Judikative.

(23.1) 08.04.2005, 01:06, Matthias Wild: sorry leute, aber diese unkonkreten Formulierungen können doch nicht als Alternatives Weltwirtschaftsmodell verkauft werden! Habt ihr keine Wirtschaftstheoretiker, damit was Substanzielles und Konkretes zustande kommt?

(24) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:
- Soweit in Zukunft globale Vereinbarungen über Investitions- oder Wettbewerbsfragen für wünschenswert gehalten werden, sollte die UNCTAD das Forum dafür sein. Dabei ist die Zivilgesellschaft in jeden Verhandlungs- und Entscheidungsprozess von Anfang an voll einzubeziehen.
- Vereinbarungen über Wettbewerb oder Investitionen müssen demokratisch transparent ausgehandelt werden. Dazu gehört, dass sie nicht unumkehrbar sein dürfen, vielmehr ist eine realistische Klausel für den Austritt („Opting out") vorzusehen.
- Jede Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung (also exportorientierte Wirtschaftspolitik) ist auf ihre geschlechtsbezogenen Wirkungen zu überprüfen. Ein auf Ausbeutung von verletzten Frauenrechten und unterbezahlter Frauenarbeit beruhendes „vergeschlechtlichtes Wirtschaftswunder" darf es nicht mehr geben!
- Prinzipien sind zu vereinbaren, die eine dauerhafte Rolle regionaler und lokaler Wirtschaftskreisläufe ermöglichen. D.h. insbesondere, dass die Staaten ihre Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge frei festlegen, ohne durch WTO-Prinzipien wie z.B. die Inländerbehandlung eingeschränkt zu werden.

(24.1) 30.03.2005, 15:18, Ano Nym: Wie war das noch: "Nieder mit dem Lohnsystem !!" ?????????

(25) Position Globalisierung gerechter gestalten: Das Verhältnis zwischen Außen- und Binnenhandel ergibt sich aus den Bedingungen eines öko-sozial regulierten Marktes. Hierzu wird eine Welthandelsorganisation benötigt, welche auf der Grundlage von Fairness und gegenseitigem Respekt organisiert ist. Daher treten wir ein für eine Reform der WTO: Die Großen müssen glaubhaft machen, dass sie sich dem multilateralen System unterordnen und dies dauerhaft zur zentralen Instanz weiterentwickelt werden soll. Daher sind Verfahrensregeln zu vereinbaren, die allen Beteiligten ausreichend Zeit und Möglichkeit geben, sich in den Verhandlungsprozess einzubringen. Dazu soll ein Moratorium genutzt werden.

(25.1) 30.03.2005, 15:14, Ano Nym: Irrtum - das Verhältnis von Außen- und Binnenhandel ergibt sich aus den Verwertungsbedingungen - siehe auch neues Projekt "Hoffentlich Allianz-versichert"

(26) Position Entglobalisierung: Wirtschaftskreisläufe sollten regional sein und der Binnenhandel eine eindeutige Priorität vor dem Außenhandel genießen. Wir lehnen allgemeine Abkommen ab, welche ausländischen Anbietern einen Rechtsanspruch auf Marktzugang geben. Weltwirtschaftsbeziehungen sollen durch ein pluralistisches System von internationalen und regionalen Institutionen und Organisationen geordnet werden, welches die Verschiedenheit von nationalen und regionalen Entwicklungen anerkennt und schützt. Das Projekt weiterer Deregulierung der Weltmärkte muss aufgegeben werden, wozu ein Moratorium für die gegenwärtige Welthandelsrunde nur ein Einstieg wäre.

(26.1) 30.03.2005, 15:16, Ano Nym: Zurück zur "SCHOLLE" - ein bisschen "Blut-und-Boden"

(27) Position Lokalisierung: Die in II.2.3 genannten Prinzipien der Subsidiarität und Self-Reliance lassen sich nur in kleineren Wirtschaftsräumen durchsetzen und überprüfen. Dazu bedarf es keiner weltumspannenden Organisation wie der WTO. Stattdessen sind andere Prioritäten gefordert, u.a. Landwirtschaft vor Industrie, und Vorrang für kleinbäuerliche Produktion. Produzenten-Konsumenten- Vereinigungen können Kleinproduzenten ein regelmäßiges Einkommen und den Konsumenten gesunde Nahrung und andere Produkte sichern. Sie können vor allem wieder so etwas wie Verantwortung für die Erde bei beiden – Produzenten und Verbrauchern – herstellen. Die Verbreitung von Lokalgeld und entsprechenden Initiativen kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

(28) 3.2 Neuordnung des Warenhandels

(29) Das bis 1995 geltende GATT-Abkommen (vgl. I.3.5) stellte nur scheinbar eine tragbare, entwicklungsfähige Grundlage für den internationalen Warenhandel dar. Es gab sowohl Liberalisierungsinstrumente als auch Beschränkungsmechanismen. Wegen der besseren Ausstattung der reicheren Länder gegenüber den sogenannten Entwicklungsländern konnten diese aber nicht gleichermaßen genutzt werden. Auch deshalb beklagten sogar die Regierungen jener Länder, dass sie regelmäßig übervorteilt wurden.

(30) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Maßnahmen der Exportförderung müssen eingestellt werden (z.B. Subventionen, Hermesbürgschaften, Steuerbefreiung des Flugverkehrs, bestimmte Maßnahmen der Forschungs- und Technologieförderung, z.B. im Bereich der Gentechnologie, Metrorapid).

(31) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:
- Fairness im internationalen Warenhandel bedeutet insbesondere, dass solche Handelsbeziehungen nicht auf Geschlechterungleichheit beruhen oder sie gar verschärfen dürfen. Entsprechende Standards für Nichtdiskriminierung und Herstellung von Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern müssen vereinbart und regelmäßig überprüft werden.
- Ergänzt werden sollte der Warenhandel um Mechanismen, die einen Ausgleich für die Verschlechterung der Terms of Trade vorsehen, welcher die sogenannten Entwicklungsländer aufgrund von sinkender Nachfrage nach Rohstoffen ausgesetzt sind, die ihrerseits auf technischem Fortschritt in den Industrieländern beruht. Ein solcher Mechanismus muss sich einfügen in ein Entwicklungsprogramm, das die Abhängigkeitskosten der internationalen Arbeitsteilung gerecht aufteilt. Es darf nicht länger hingenommen werden, dass diese Kosten einseitig den rohstoffproduzierenden Ländern des Südens aufgebürdet werden.

(32) Position Entglobalisierung/Lokalisierung: Eine Verringerung der Mengenströme von Ex- und Importen gehört zu einer Politik des ökologischen Umbaus. Ein Wirtschaftsmodell, das im Zuge einer konsequenten ökologischen Steuerreform (vgl. II.1.1) Naturverbrauch bezahlen lässt, wird eher kleinformatige Produktionsweisen mit einem höheren Anteil an menschlicher Arbeit befördern.

(33) 3.3 Neuordnung des internationalen Dienstleistungsverkehrs
Wir fordern einen sofortigen Stopp der Dienstleistungsverhandlungen (GATS). Von der EU und der Bundesregierung verlangen wir, sofort alle bereits eingeleiteten Verhandlungsschritte und die damit verfolgten Zielsetzungen offen zu legen. Soweit internationaler Dienstleistungshandel vereinbart wird, sollte er folgenden Bedingungen genügen:
- Eine besonders widerliche Spielart internationalen Dienstleistungshandels sind Frauenhandel und Sextourismus bzw. Prostitution von Migrantinnen. Diese sind entschlossen und mit aller Härte zu ächten, die verantwortlichen Männer hart zu bestrafen und die betroffenen Frauen zu schützen (z.B. durch entsprechende Bleiberechte für Migrantinnen).
- Die Gestaltung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse durch die Betroffenen nach den Prinzipien der Demokratie und Subsidiarität ist zu gewährleisten, d.h. Entscheidungen müssen durch die Bürgerinnen und Bürger so lokal wie möglich getroffen werden.
- Internationaler Dienstleistungsverkehr darf nicht darauf beruhen, dass Frauen noch mehr unbezahlte häusliche Tätigkeiten aufgebürdet werden, weil bisher öffentliche Dienstleistungen privatisiert werden. Er soll auch nicht darauf beruhen, dass wohlhabende Frauen im Norden ihre beruflichen Karrieren auf die Haushaltsarbeit von Migrantinnen aus dem Süden stützen (müssen).
- Jede Gemeinschaft muss autonom und immer wieder neu entscheiden können, wie sie ihre öffentlichen Dienste (Bildung, Gesundheit, Wasser- und Energieversorgung, Verkehr, etc.) organisieren will, und darf nicht zur Beteiligung transnationaler Konzerne gezwungen werden.
- Wirtschafts-, entwicklungs-, umwelt- und sozialpolitisch motivierte Regulierungsmöglichkeiten auf kommunaler, nationaler und regionaler Ebene müssen erhalten bleiben.

(34) 3.4 Weltagrarmarkt

(35) Im Rahmen der gleichgeordneten Ziele von (1) Recht auf Nahrung, (2) Nahrungsmittelsicherheit und (3) Ernährungssouveränität ist der internationalen Agrarhandel ein mögliches Instrument und ihnen untergeordnet. Das fundamentale Recht auf gesunde und kulturell angemessene Nahrung, wie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bereits verankert, darf nicht von internationalen Marktregeln in Frage gestellt werden.
Das Konzept der Ernährungssouveränität wurde in den Ländern des Südens entwickelt und wird zunehmend auch von europäischen Agrarbündnissen übernommen. Es ist die Voraussetzung, um eine ausreichende und sichere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln in allen Regionen eines Landes zu verwirklichen. Ernährungssouveränität meint das Recht auf selbstbestimmte, eigene und unabhängige Nahrungsmittelproduktion und auf die Unterstützung lokaler Märkte und Produzenten.

(36) Dafür tritt Attac kurzfristig ein:
- Abbau von Subventionen auf landwirtschaftliche Exporte und nicht-nachhaltige Produktionstechnologien;
- Förderung ökologischer Landwirtschaft in Industrieländern und von Programmen zur Erforschung und Verbreitung nachhaltiger Anbau-, Verarbeitungs- und Vermarktungstechniken sowie eines bewussten Konsumentenverhaltens sowohl in Ländern des Südens als auch des Nordens;
- Schutz und Förderung lokal orientierter Landwirtschaft, welche zu großen Teilen von Frauen betrieben wird, vor allem zur Armutsminderung in Entwicklungsländern;
- Förderung der Rechte von LandarbeiterInnen und Landlosen sowie Überprüfung des Modells der marktgestützten Landreform. Es ist auch dafür Sorge zu tragen, dass Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu Eigentum an landwirtschaftlichen Produktionsfaktoren (Land und Kapital) erhalten. Diskriminierung, z.B. beim Erbrecht oder Kreditzugang, muss weltweit aufgedeckt und zurückgedrängt werden.

(37) In langer Sicht vertreten Attac-Mitglieder unterschiedliche Positionen:

(38) Position Globalisierung gerechter gestalten: Schutzrechte und gezielte Förderung zur Stärkung lokaler Agrarsysteme und Märkte sollen Regionen die Entwicklung eines Agrarsystems ihrer Wahl ermöglichen. Zumindest solange Billigimporte aus anderen Ländern, die subventioniert und nicht nachhaltig produziert wurden, ein lokal erwünschtes Nahrungssystem bedrohen, bleibt das Recht auf Schutzmechanismen bestehen, bis dieses wettbewerbsfähig ist. Langfristig wird sich so ökologische und sozial faire Produktion durchsetzen und Schutzmechanismen unnötig machen. Die Zugangsschranken zu den Märkten der Industrieländer müssen überarbeitet werden in Hinsicht auf die Ziele Ökologie und Armutsrelevanz. Eine internationale Handelsaufsicht mit Sanktionskompetenz kontrolliert die Fairness des Marktsystems unter spezieller Berücksichtigung der Entwicklungsbedürfnisse der einzelnen Regionen. Insbesondere verhindert sie die heutige Machtstellung von Agrarkonzernen und deren unlautere Vertragsformen, die das Marktrisiko auf die Bauern abwälzen.

(39) Position Lokalisierung: Landwirtschaft vor Industrie: Da die Nahrung immer noch aus der Erde kommt und lokal und regional erzeugt werden soll, kann Landwirtschaft nicht dem Industrie-Modell heutiger Prägung folgen. Dieses ist auf die Bedienung des Weltmarktes ausgerichtet. Die Kleinbauern müssen gestärkt werden. Sehr viel mehr Menschen als heute können Arbeit in der Landwirtschaft finden. Durch konsequente Förderung lokaler Nahrungssysteme wird die heutige globale Handelsform zurückgedrängt. Handel dient nur noch dem Verkauf von Überschüssen nach guten Ernten sowie dem Kauf bei Missernten. Agroindustrielle Produktionsformen werden unnötig. Nach einer Umverteilung des Landes findet Ressourcenmanagement basisdemokratisch nach Wunsch der betroffenen Gemeinschaft statt. Der Import auch lokal produzierbarer Agrarprodukte wird durch Zölle verhindert, und Arme erhalten ausgleichende Unterstützung bei ihrer Versorgung.

(40) 3.5 Geistiges Eigentum und Technologietransfer

(41) Wissen hat zwei besondere Eigenschaften: Es wird durch Teilung nicht weniger, d.h. das Lesen derselben Internetseite, das Hören derselben Musik, das Verwenden desselben Rezeptes usw. ist davon unberührt, ob eine, zwei oder sehr viele Personen davon Gebrauch machen. Und Wissen ist komplementär, d.h. es kann umso einfacher neues Wissen aufgenommen oder geschaffen werden, je umfangreicher der bereits erworbene Wissensstand ist.
Der gleichberechtigte Wissenszugang für Arme und Reiche, für Frauen und Männer ist zu gewährleisten. Die bildungsbezogenen Millenniumsziele sind dazu ein richtiger, aber nicht ausreichender Schritt. Die Verwirklichung gleicher Schulbildung für Frauen und Männer weltweit muss erste Priorität erhalten.

(42) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Der Vorstoß des EU-Ministerrates, Patente auf Software zu ermöglichen, muss gestoppt werden. Grundlage der entsprechenden EU-Richtlinie soll der (ursprüngliche) Entwurf des europäischen Parlamentes sein.

(43) Dafür tritt Attac Deutschland langfristig ein:
- Das TRIPS (WTO-Abkommen über geistiges Eigentum, vgl. I.3.5) muss abgeschafft werden. Unter dem Deckmantel „geistiges Eigentum" sollen die Entwicklungschancen der Länder des Südens dauerhaft beschnitten und jeder Wissenstransfer blockiert werden.
- Zugleich öffnet das TRIPS Tür und Tor für die Aneignung von traditionellem und lokalem Wissen durch die TNK sowie die weitere Nutzung der sogenannten „grünen" Gentechnik mit der Patentmöglichkeit auf Gensequenzen. Wir wollen keine Patentierung von Gensequenzen, kein Patent auf Leben!
- Wir wollen kein Patent auf Saatgut! Die Rechte der Gemeinschaften auf ihre Ressourcen müssen geschützt und ausgebaut werden. Sie sollten in einer internationalen und durchsetzbaren Konvention verankert werden.
- Angleichungen von geistigem Eigentumsschutz, z.B. Patentrechte, können nur zwischen gleichartig strukturierten Volkswirtschaften angestrebt werden und sollten nicht Teil der multilateralen Wirtschaftsordnung sein. Wir lehnen Patente auf Software ab, insbesondere sogenannte Trivialpatente, da sie ausschließlich den Interessen der TNK dienen.
- Die Vision einer Wissensallmende meint einen gesicherten Bestand allgemein zugänglicher „Wissensgüter" als globalen öffentlichen Raum, in dem zum Wohle aller ausgetauscht und verknüpft werden kann, was der Einzelne an Wissen schafft.

(44) 4. Für eine andere EU und faire Handelsverträge

(45) 4.1 Regionale Handelsblöcke und bilaterale Verträge

(46) In den vorangehenden Abschnitten wurde aufgezeigt, wie Demokratie, Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit, Vielfalt, das Leitbild der Nachhaltigkeit und andere Ziele der menschlichen Entwicklung international verwirklicht werden können. Dies gilt in gleicher Weise für die Regionalblöcke wie die EU, eine mögliche Integration der beiden Amerikas und die entsprechenden Initiativen in Afrika und Asien. Ganz besonders gilt es für die bilateralen Handelsabkommen, bei denen übermächtige Länder wie die EU, USA oder Japan mit armen Partnern wie z.B. den AKP-Staaten verhandeln.

(47) Dafür tritt Attac kurzfristig ein:
- Der Einfluss der Lobby der europäischen Konzerne auf Entscheidungen der EU-Kommission ist zurückzudrängen. Die internationale Öffentlichkeit, die nationalen Parlamente, das Europa-Parlament und die gemeinsame parlamentarische Versammlung von EU und AKP sind umfassend über den jeweiligen Stand der Verhandlungen zu informieren. Die Zivilgesellschaft in allen betroffenen Ländern muss an den Verhandlungen beteiligt werden.
- Kein EU-AKP-Abkommen unter der neoliberalen Freihandelsagenda.

(48) Dafür tritt Attac in langer Sicht ein:
- Kein Zwang zur Reziprozität bei Handelsabkommen. Die AKP-Staaten müssen ihre lokalen und regionalen Märkte schützen können.
- Die EU muss ihre Außenhandelspolitik insbesondere gegenüber den Entwicklungsländern grundlegend ändern. Wirtschaftsabkommen können sich nur dann „partnerschaftlich" nennen, wenn sie die o.g. Prinzipien anwenden.
- Die AKP-Staaten benötigen politische Spielräume und Unterstützung zur Umsetzung eigener Strategien gegen Armut, Hunger und Umweltzerstörung.
- Regionale Integration sollte nach dem Vorbild z. B. des Diskussions- und Meinungsbildungsprozesses erfolgen, der von Alleanza Social Continental als Gegenstück zur FTAA unter dem Titel „Alternativen für Amerika" ins Leben gerufen wurde. Ausschließlich solche Integrationsprozesse dürfen mit EU- Mitteln unterstützt werden.

(49) 4.2 Eine andere EU – sozial, ökologisch und antimilitaristisch

(50) Trotz der unrühmlichen Rolle der EU bei der neoliberalen Umgestaltung Europas sehen wir ein vereintes Europa als eine große Herausforderung. Europa bietet einige günstige Voraussetzungen für eine Politik, die die entfesselten Kräfte des freien Marktes eindämmt: Es bildet einen wirtschaftlich relativ einheitlichen und nur in relativ geringem Maße von den Handelsbeziehungen zu anderen Kontinenten abhängigen Wirtschaftsraum.
Wir setzen uns für ein anderes Europa ein: Für eine Union, welche die Vorherrschaft demokratischer Willensbildungsprozesse über die Kräfte des Marktes wiederherstellt; dazu gehört die wirksame Kontrolle der EU-Handelspolitik durch die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament. Wir fordern einen sofortigen Stopp der europaweiten Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen Die progressiven Ansätze im Bereich sozialer Standards und sozialen Ausgleichs müssen ausgebaut und verbessert werden.
Europa muss sich international für eine demokratische Kontrolle und eine Re-Regulierung der Finanzmärkte und für eine solidarische Weltwirtschaftsordnung einsetzen, ohne dabei selbst in Großmachtgehabe zu verfallen. Die EU muss das Projekt einer EU-Interventionstruppe zur Sicherung ihrer globalen Machtansprüche aufgeben zugunsten einer zivilen und präventiven Politik der Konfliktbewältigung.

(51) Wir setzen uns für eine gründliche Umgestaltung der Währungsunion ein. Anstatt der einseitigen Fixierung auf die Preisstabilität muss die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank in erster Linie der Bekämpfung von Erwerbslosigkeit und sozialer Ausgrenzung und dem ökologischen Wirtschaften verpflichtet sein.
Die Erzwingung weiterer Kürzungen der öffentlichen Ausgaben durch den sanktionsbewehrten Stabilitätspakt lehnen wir ab. [Diese Position zum Stabilitätspakt ist strittig; vgl. I.3.6] Statt dessen muss es einen europäischen Pakt für soziales und ökologisches Wirtschaften geben, mit dem sich die EU- Mitgliedstaaten quantifizierbar und verbindlich zur Senkung der Erwerbslosigkeit, zur Umverteilung zwischen Arm und Reich, zum Nord-Süd-Ausgleich und zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung verpflichten.

(52) Unterschiedliche Einschätzungen gibt es bei Attac über die Rolle des Euro:
Position Globalisierung gerechter gestalten: Die währungspolitische Bedeutung des Euro muss genutzt werden, um die einseitige Ausrichtung des internationalen Finanz- und Währungssystems auf die Interessen der Kapitalanleger mit dem US-Dollar als Leitwährung zu beenden und wirtschaftlich schwächeren Ländern eine Neuausrichtung ihrer Währungspolitik zu ermöglichen. Europa muss auf eine Koordinierung der Wechselkurse zwischen Dollar, Euro und Yen hinarbeiten (vgl. III.5.2.1).

(53) Steueroasen innerhalb der EU müssen sofort geschlossen werden – auch um ein Zeichen gegen anderen Steueroasen zu setzen (vgl. III.5.4). Weil fallende staatliche Einnahmen auch durch den unfairen Wettbewerb der gesamten Steuersysteme verursacht werden, muss es eine europaweite Mindestbesteuerung von Kapital- und Unternehmenserträgen geben. Zur Abschöpfung von Spekulationsgewinnen und zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte fordern wir zudem, dass die EU eine Vorreiterrolle bei der weltweiten Durchsetzung einer „Tobin-Steuer" (siehe III.5.1.3) einnimmt, indem sie eine Steuer auf alle Transaktionen mit dem Euro einführt.

(54) Ziel der europäischen Agrarpolitik muss eine nachhaltige Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsweisen im ländlichen Raum sein. Exportsubventionen werden eingestellt; Fördermittel müssen zielgerichtet an die der Nachhaltigkeit verpflichtete, ökologische Landwirtschaft vergeben werden. Nur so können die gesellschaftlichen Anliegen wie die Gesundheit der Verbraucher, der Schutz von Böden, Grundwasser und Kulturlandschaften und das Wohl von Nutztieren mit einer gesicherten beruflichen Perspektive der Bäuerinnen und Bauern vereinbart werden.

(55) 5. Neuordnung der Währungs- und Finanzbeziehungen

(56) 5.1 Finanzbeziehungen

(57) 5.1.1 Entschuldung

(58) Wir treten ein für ein neues Verfahren der Bewältigung von untragbaren Auslandsschulden. Zu diesem gehören eine unparteiische Entscheidungsfindung, ein Anhörungsrecht für alle Betroffenen und die Sicherstellung eines Existenzminimums für Staaten vor dem Zugriff der Gläubiger (Insolvenzrecht für Staaten).

(59) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Ausweitung des Kreises der Länder, die Zugang zu Entschuldung haben, über den willkürlich definierten Kreis der Hochverschuldeten Armen Länder (HIPC) hinaus.
- Ausweitung der durch die HIPC-Initiative nur unzureichend gewährleisteten Entschuldung der ärmsten Länder auf ein wirklich tragfähiges Maß. Orientierungsgröße bleibt dabei die Entschuldung Deutschlands im Jahr 1953 auf eine Schuldendienstquote von weniger als 5% der jährlichen Exporteinnahmen.

(60) Dafür tritt Attac Deutschland langfristig ein:
- Reform der Konditionierung von Schuldenerlassen im Sinne einer umfassenden Abkehr vom traditionellen Konzept des Washington Consensus. Stärkung der Möglichkeiten der Betroffenen in den verschuldeten Ländern, wirtschaftliche Reformprogramme selbst zu entwickeln und die Verwendung der durch Entschuldung frei werdenden Mittel zu kontrollieren. Dabei ist auf die Anwendung des Gender-Mainstreaming-Prinzips zu achten.
- Ersetzung der bisherigen, allein von den Gläubigern dominierten Entschuldungsverfahren im Pariser Club, Londoner Club und den Internationalen Finanzinstitutionen durch ein faires und transparentes Schiedsverfahren.

(61) 5.1.2 Entwicklungsfinanzierung

(62) Der seit langem beschlossene Anteil von 0,7% des BIP für Entwicklungshilfe muss endlich politische Praxis werden. Seit Beschluss dieser Quote haben die Industrienationen ihren Entwicklungshilfeansatz fortwährend nach unten bewegt auf z.Zt. ca. 0,23%.
Die weltweite – oder zunächst auch: europaweite – Einführung einer Tobin-Steuer könnte ein erhebliches Finanzvolumen realisieren (das Spahn-Gutachten nennt z.B. eine Summe von 17 Mrd. Euro, siehe unten), das für die Finanzierung von menschlicher Entwicklung bzw. Armutsbekämpfung in den Ländern des Südens eingesetzt werden soll.
Der Zugang zur Entwicklungsfinanzierung diskriminiert in vielen Ländern die Frauen. Deshalb ist einerseits von der Geberseite aus auf eine geschlechtsneutrale Aufteilung von Entwicklungsmitteln zu achten, andererseits sind solche Instrumente einzusetzen, welche Frauen gezielt zukommen können (z.B. Mikrofinanzierung).

(63) Position Globalisierung gerechter gestalten: Derzeit ist für viele Entwicklungsländer die Verletzung sozialer und ökologischer Standards ihr einziger Vorteil im weltweiten Konkurrenzkampf. Um die Umsetzung solcher Standards in Entwicklungsländern möglich zu machen, soll diesen eine Ko- Finanzierung angeboten werden, nach dem Vorbild des gleichnamigen EU-Instrumentes. Als politisches Signal können Initiativen wie die Global-Marshall-Plan-Initiative gelten. Diese setzt sich für die Realisierung von Entwicklungshilfe, Ko-Finanzierung und Tobin-Steuer ein. Weiterhin wird beispielsweise eine Welthandelsabgabe, die Terra-Tax, genannt.

(64) Position Entglobalisierung/Lokalisierung: Die Global-Marshall-Plan-Initiative ist ein Versuch aus Wirtschaft, Politik und Nicht-Regierungsorganisationen, im Namen der Nord-Süd-Solidarität den globalen Machtanspruch der EU politisch und ökonomisch zu unterstützen. Ausdrücklich soll die Entwicklungsfinanzierung einen weltweiten Wachstumsschub auslösen, auch zum Nutzen der euro- päischen Exportländer.
Eine Entwicklungsstrategie, die in erster Linie auf eine eigenständige Entwicklung des Südens setzt statt auf europäisch-imperiale Machtansprüche, sollte sich an der Devise orientieren: „Weniger nehmen (im Sinne von ausbeuten) ist besser als mehr geben".

(65) 5.1.3 Tobin-Steuer und Re-Regulierung

(66) Es ist allgemein bekannt, dass Attac für die weltweite Einführung der als Tobin-Steuer bekannten Devisenumsatzsteuer eintritt. Als Einzelinstrumente sind die Tobin-Steuer oder die Spahn-Steuer selbstverständlich unzureichend, die Probleme auf den internationalen Finanzmärkten zu lösen. Finanzkrisen oder gar die neoliberale Globalisierung lassen sich mit einer Devisenumsatzsteuer alleine nicht aufhalten. Wir betrachten die „Tobin-Steuer" vielmehr nur als einen Einstieg in die Re-Regulierung der internationalen Finanzmärkte.

(67) Die Liberalisierung der Währungs- (siehe nächster Abschnitt) und Finanzmärkte wirkt keineswegs geschlechtsneutral. Insbesondere die gehäuft auftretenden Finanzkrisen treffen Frauen überproportional, sei es durch Krisenabfederung durch unbezahlte, informelle Frauenarbeit, durch „Hausmädchenexport" oder durch Rückschläge bei der Gleichstellungspolitik.

(68) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Die deutsche Politik soll eine europäische Gesetzesinitiative für eine europaweite Devisenumsatzsteuer einleiten.

(69) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:
- Angesichts der Tatsache, dass nicht Geld, sondern Menschen arbeiten, ist ein Ziel von Attac, alle Instrumente zu verwirklichen, welche Renditeerwartungen von spekulativen Geschäften schwächen. Damit entfällt auch der erpresserische Hebel, den viele Unternehmen – i.d.R. TNK – gegenüber staatlichen Institutionen einsetzen.
- Das Recht auf souveräne Steuerung des Zahlungs- und Kapitalverkehrs darf durch die Liberalisierung von Finanzdienstleistungen nicht eingeschränkt werden. Kein Land darf von IWF und Weltbank – oder demnächst: der WTO(!) – zur Finanz- oder Kapitalmarktliberalisierung gezwungen werden. Geschlechtsbezogene Auswirkungen eventueller Liberalisierungspolitiken sind im Vorhinein zu bestimmen und auszugleichen.
- Die Staaten müssen jederzeit das Recht ausüben können, sich vor unerwünschten Kapitalbewegungen zu schützen.
- Zur Grundlage der makroökonomischen Steuerung sollen alle Länder sogenannte Gender-sensible Budgets erarbeiten, in denen die Struktur des Staatshaushaltes und seine Veränderungen hinsichtlich der Auswirkungen auf verschiedene Gruppen und Klassen von Männern und Frauen erfasst und bewertet werden.

(70) Position Globalisierung gerechter gestalten: Ein reformierter IWF muss die Unterstützung der Liberalisierung von Kapitalmärkten aufgeben. Statt dessen soll die in der IWF-Satzung stehende Formulierung, „solche Kontrollen auszuüben, die notwendig sind, um internationale Kapitalbewegungen zu regulieren" (Art. IV, Abs. 3), zu einer zentralen Aufgabe werden.
Position Lokalisierung: Bei einer regional bzw. lokal ausgerichteten Wirtschaftsstruktur zirkuliert das Geld lokal (vgl. die entsprechende Position in III.5.2.1). Damit wird den virtuellen, spekulationsorientierten Produkten der internationalen Finanzmärkte der Boden entzogen; mit Austrocknen der internationalen Finanzströme verschwindet auch der Bedarf für eine anonyme Mammutbehörde zu deren Aufsicht oder Koordination.

(71) 5.2 Währungsbeziehungen

(72) 5.2.1 Wechselkurse stabilisieren

(73) Das sogenannte Über- bzw. Unterschießen der Wechselkurse ist eines der schwerwiegendsten Probleme. Es wurde durch die Liberalisierung der Finanzmärkte verursacht, die praktisch unkontrollierte Währungstransaktionen und andere internationale Kurzfrist-Finanzgeschäfte ermöglicht. Eine Re- Regulierung kurzfristiger Finanzströme mit dem Ziel ihrer Eindämmung und Kontrolle ist deshalb dringend geboten (bis hin zur Möglichkeit von Kapitalverkehrskontrollen). Hierin ist ein wichtiger Hebel gegen die Währungsspekulation zu sehen. Kontrovers diskutiert wird bei Attac die Frage, ob die Kurse zwischen verschiedenen Währungen politisch festgelegt werden können:

(74) Position Wechselkursfestlegungen durch die öffentliche Hand: Wir treten für die Einführung von Wechselkurszielzonen zwischen den drei Hauptwährungen (Yen, Euro, Dollar) ein, die in der Verantwortung einer internationalen Organisation, z.B. eines IWF-Nachfolgers, geführt werden sollten.
Position Gegen Wechselkursfestlegungen durch die öffentliche Hand: Es gibt bisher keine praktische Lösung, wie Wechselkurse angemessen politisch festgelegt werden können. Es darf nicht verkannt werden, dass falsche Wechselkurspolitik eine der Ursachen von Finanzkrisen ist. So finanzierte der IWF oft Wechselkurse, die sich schließlich als unhaltbar erwiesen. Dadurch wurde Banken und Kapitaleignern „das Fluchttor aufgehalten", während die Menschen dieser Länder anschließend einer umso schlimmeren Währungskrise überlassen wurden (das sogenannte Bail-Out). Festlegungen von Wechselkursen sind immer mit erheblichen Risiken verbunden; sie tragen oft zur Entstehung des Problems bei, das sie lösen sollen.

(74.1) 30.03.2005, 16:02, Ano Nym: da müßt ihr euch aber beeilen, denn sowohl "Yen" als auch "Dollar" kollabieren schon (so gibt es in Japan schon mehr als 100 "Binnenwährungen" - allerdings gibt es die auch schon in den USA - und demnächst dann auch in "Deutschland", wo, um "Kaufkraft" "zu binden", um Düsseldorf die Einführung einer Klitschenwährung namens "Rheingold")

(75) Einen Ausweg aus der Wechselkursproblematik bieten grundsätzlich andere Geldarrangements. Einerseits fallen Wechselkurse durch die Einführung einer gemeinsamen Währung weg: Dafür sind die Währungsunionen west- und zentralafrikanischer Länder sowie der Euro ein Beispiel. Die entgegengesetzte Strategie setzt auf Lokalgeld:
Position Lokalisierung (Lokale Geldkreisläufe machen Währungstransaktionen teilweise überflüssig): Es kann nicht wegdiskutiert werden, dass die Geld- und Währungsstrukturen nicht alleinige, aber wesentliche Ursache diverser gravierender Missstände sind. Eine Re-Regulierung der entfesselten Kapitalmärkte allein reicht nicht aus. Deshalb müssen Forderungen nach alternativen (komplementären) Geldsystemen, die Tauschgerechtigkeit ermöglichen, erhoben werden. Konkrete Schritte sind vor Ort möglich; angefangen vom eigenen Anlageverhalten (langfristige Aktien- und Geldanlage, zinslose Geldanlagen) bis hin zur Einführung komplementärer lokaler und regionaler Währungen sowie Tauschringen und Spar- und Leihgemeinschaften tut sich hier ein breites Feld möglicher Betätigungen auf. Entsprechende Initiativen (etwa Regiogeld-Systeme wie der Chiemgauer) sind zu unterstützen.

(76) 5.2.2 Leistungsbilanzausgleich und Geldpolitik

(77) Z.Zt. wird die Aufgabe des Zahlungsbilanzausgleichs einseitig den Schuldnerländern aufgebürdet. Dem könnte eine solidarische Leitwährung entgegen wirken, die nicht zugleich nationale Währung wäre. Sie müsste so konzipiert werden, dass sie nicht nur Verrechnungseinheit bleibt, sondern auch auf den Ausgleich internationaler Leistungsbilanzen und mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel hinwirken würde. Eine Währung mit Demurrage (siehe unten) wäre ein Mechanismus, der auch die Gläubigerländer in die Verantwortung nimmt. Die Form des Leistungsbilanzausgleiches steht in Wechselwirkung mit der jeweiligen Geldpolitik: Diese darf nicht einseitig festgelegt, sondern muss gesellschaftlich eingebunden sein.

(78) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:
- Eine Abkehr von monetaristischen Geldpolitiken ist eine wichtige Bedingung für Entwicklung.
- Wir setzen uns für eine gründliche Umgestaltung der europäischen Währungsunion ein. Anstatt der einseitigen Fixierung auf die Preisstabilität muss die Zinspolitik der Zentralbank in erster Linie der Bekämpfung von Erwerbslosigkeit und sozialer Ausgrenzung sowie dem ökologischen Wirtschaften verpflichtet sein.

(79) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:
- Es bedarf einer demokratischen globalen Institution, die für eine eigenständige Leitwährung eine Geldpolitik verfolgt, die an Wachstum und Beschäftigung, v.a. in Entwicklungsländern, orientiert ist und im Fall von Finanzkrisen internationale Liquidität zur Verfügung stellen kann. Eine solche „Clearing-Bank" müsste für jedes Land ein Konto führen, dass bis zu einem bestimmten Anteil seines Außenhandelsvolumens überzogen werden darf. Wird diese Grenze überschritten, fallen progressiv steigende Zinsen an, sowie bei festen Wechselkursen eine Abwertung der Währung. Ebenso wird Ländern, die über ein bestimmtes Volumen hinaus Guthaben ansammeln, ein Zins abgezogen (es gibt also einen Negativzins auf die Guthaben) – das ist die sogenannte „Demurrage" –, bei festen Wechselkursen erfolgt eine Aufwertung der Währung. Durch Demurrage kann eine Währung nicht als Vermögensspeicher verwendet werden, es bestehen beständige Handelsanreize für alle Beteiligten.
- Gleichzeitig sollten internationale Kredite, wenn überhaupt, nur noch zu festen oder mindestens mittelfristig kalkulierbaren Zinssätzen vergeben werden.

(80) 5.3 Internationale Organisationen und Institutionen

(81) Für einen zukunftsfähigen Entwicklungspfad ist eine internationale, öffentliche Entwicklungsbank erstrebenswert, die als Finanzier auftritt für Projekte und Programme, die vor Ort entwickelt werden. Auch kann eine internationale Organisation zur Unterstützung einer makroökonomischen Steuerung (z.B. bei Zahlungsbilanzproblemen) sinnvoll sein, die plurale Wirtschafts- und Gesellschaftskonzepte fördert, welche in partizipativen Verfahren entwickelt werden.
Damit internationale Organisationen und Institutionen zur Zukunftsfähigkeit beitragen, muss das neoliberale Leitbild überwunden werden, dem IWF und Weltbank heute verpflichtet sind.

(82) Dafür tritt Attac kurzfristig ein:
- Die ordnungspolitische Beeinflussung von Entwicklungsländern durch internationale (Finanz-) Organisationen muss abgestellt werden.
- Der Basler Akkord (Basel II) des kaum bekannten Financial Stability Forum muss unter stabilitäts- und entwicklungspolitischen Gesichtspunkten überprüft werden. Basel II zielt auf die internationale Handelbarkeit (Verbriefung) von Krediten und wird u.a. die Banken zu kurzfristiger statt langfristiger Kreditvergabe verleiten. Im Krisenfall bergen aber gerade hohe, kurzfristige Kreditschulden enorme systemische Risiken. Entwicklungsländer sind im Basler Komitee nicht vertreten, wiewohl sie von den Auswirkungen betroffen sein werden.

(83) Position Globalisierung gerechter gestalten: Eine Reform wird verfolgt, nach der Weltbank und IWF die o.g. Aufgaben übernehmen können. Zentraler Ansatz hierfür sind interne demokratische Strukturen. Dazu bedarf es einer Neuordnung der Stimmrechte, die zwar die ökonomische Dimension eines Landes berücksichtigt, aber auch Bevölkerungszahl, menschliche Entwicklung u.ä. Neben den Regierungen sind die Zivilgesellschaften zu beteiligen. Ein derart reformierter Fonds könnte auch wieder Verantwortung bei der Koordination der Währungspolitik, der Kapitalverkehrsregulierung und der Krisenprävention (Liquiditätsprobleme) und Krisenbekämpfung übertragen bekommen.
Position Entglobalisierung: Anstelle einer Stärkung von IWF und Weltbank durch Reformbemühungen wird eine Strategie der Entmachtung oder Abschaffung von IWF und Weltbank zugunsten regionaler Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte verfolgt. Grundlage der regionalisierten Finanzordnungen soll die demokratische Kontrolle durch die jeweiligen Bevölkerungen sein. Als Alternative zu IWF und Weltbank wird der Aufbau entsprechender internationaler Regionalorganisationen angestrebt, die miteinander kooperieren.

(84) 5.4 Steuerpolitik
Für eine gleichmäßige Beteiligung der Kapitaleinkommen an den öffentlichen Aufgaben ist eine grundlegende Bekämpfung der Steuerflucht erforderlich. Kernpunkt ist die internationale Durchsetzung des Wohnsitzprinzips bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften, zunächst innerhalb der EU in Kooperation mit den USA. Die Steueroasen müssen und können mit einfachen Mitteln unter Druck gesetzt werden, sich diesen Standards anzuschließen. Gleiches gilt für Regeln im Bereich Geldwäsche und Standards der Finanzmarktaufsicht.
Ein anderer wesentlicher Punkt ist die Einführung einer weltweit einheitlichen Gewinnsteuer, um die Erpressbarkeit von Regierungen zu verringern und Buchungstricks wie Firmensitzverschiebungen in andere Länder oder Übertragungen von Gewinnen auf Tochtergesellschaften sinnlos zu machen.

(85) 6. Strategien und Bündnisse auf dem Wege zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung

(86) Das Netzwerk Attac als Teil der globalen sozialen Bewegungen benötigt geeignete Strategien und Bündnisse, um seine Anliegen voranzutreiben. Gleichwohl soll mit diesem Diskussionspapier nicht suggeriert werden, dass wir den richtigen Weg wüssten.

(87) Es ist keinesfalls ein fixes, lediglich der Umsetzung harrendes Programm. Vielmehr stellt das Diskussionspapier wichtiges Orientierungswissen dar. Es wäre kontraproduktiv, Wege zu sehr festzulegen. Denn das für soziale Bewegungen gerade in diesen scheinbar alternativlosen Zeiten wichtige Öffnen von Denk- und Handlungsräume findet in sehr vielfältiger Form statt. „Fragend gehen wir voran" (preguntando caminamos) sagen die mexikanischen Zapatistas, was gerade nicht Beliebigkeit, sondern Offenheit, strategische Klugheit und die permanente Suche der Ausweitung von Bündnissen bedeutet.

(88) Beim gegenwärtigen Zustand der parlamentarischen Systeme und großer Teile der Massenmedien können solche kohärente Alternativen ausschließlich durch breite Koalitionen von sozialen Bewegungen außerhalb des Parlaments zur Diskussion gestellt werden. Diese Bewegungen können sich auf die Massenbewegungen gegen den Krieg, auf die Bewegung gegen den Sozialabbau, auf die Umweltbewegung, aber auch auf die entwicklungspolitischen Netzwerke, auf die Gewerkschaften und nicht zuletzt auf den ökumenischen Prozess stützen, indem sie die kritischen Analysen dieser Bewegungen vertiefen und erweitern und praktisch an Aktionsformen anknüpfen, die sich in den letzten Jahren wieder herausgebildet haben.

(89) Die Notwendigkeit von Alternativen steht außer Frage. Die sozialen Bewegungen, Zivilgesellschaften und die globalisierungskritischen Organisationen müssen sich für eine andere Welt – und das heißt auch: für eine andere Lebensweise – einsetzen und dafür kämpfen. Dazu gehören der Aufbau und die Vernetzung von Selbstorganisationen, z.B. Kooperativen, die neue Wirtschaftsformen erproben. Daraus entwickelt sich die Unterscheidung von Produktiv- und Destruktivkräften. Diese Kriterien können die Basis für eine Beurteilung kapitalistischer Produktionsstätten und den daraus abzuleitenden notwendigen Umbau- bzw. Rückbauprozessen sein.

(90) Vier Aspekte sind in diesem Zusammenhang entscheidend, die wiederum in die Entwicklung spezifischer Strategien, Organisierungsprozesse und Bündnisse einfließen müssen:

(91) - Eine zentrale Bedingung von emanzipativen Bewegungen liegt darin, sich in permanenten Diskussions- und Klärungsprozessen der eigenen politischen Wirkungen, inhaltlichen Positionen und (eigener wie gegnerischer) Strategien zu vergewissern.
- Das Verhältnis von Kritik und Handeln ist kein dichotomisches (hier die Kritiker, dort diejenigen, die etwas verändern), sondern kritische Analyse ist integraler Bestandteil von kritisch-emanzipativem Handeln. Insbesondere kann damit vor der Illusion bewahrt werden, dass die gewünschten, dringend notwendigen und weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen auf einem klaren Weg umsetzbar wären.
- Wie es Kolleginnen und Kollegen von Attac Frankreich treffend ausdrücken, geht es unter anderem darum, sich nicht zu oft auf die institutionellen und diskursiven Terrains der Gegner zu begeben. Denn die herrschenden Sichtweisen und die veröffentlichte Meinung geben sehr stark vor, welche politischen Formen und Inhalte als plausibel und vernünftig angesehen werden. So ist die herrschende Aufspaltung in die große staatliche Politik und die kleine im Alltag eher ein Problem für emanzipative Veränderungen. Emanzipative Veränderungen bedeuten auch, Alltag zu verändern, andere Praktiken auszuprobieren, sich der alltäglichen Durchsetzung des Neoliberalismus in den vielfältigen Institutionen zu widersetzen.
- Eine Gefahr der aktuellen Entwicklungen besteht darin, Markt und Staat als eine Art Nullsummenspiel zu verstehen. Eine weit verbreitete Annahme lautet: Bedeutete die neoliberal-kapitalistische Globalisierung die Stärkung der Marktkräfte, so müsse nun wieder der Staat an Einfluss gewinnen, um die sozioökonomischen Entwicklungen politisch zu gestalten. So wichtig eine Zurückdrängung von Kapitalinteressen ist, so sehr droht ausgeblendet zu werden, dass staatliche Politik selbst ganz wesentlich an den von den jüngsten Bewegungen kritisierten Entwicklungen beteiligt ist und sie mitunter aktiv voran getrieben hat. Nun wäre es unsinnig, die dominanten politischen und medialen Mechanismen unberücksichtigt zu lassen. Doch müssen die Ambivalenzen klar sein. Es muss immer wieder eine kritische Reflexion darüber geben, inwieweit man dazu gebracht wird, sich zu sehr auf Vorgaben der anderen Seite einzulassen.

Eine andere Welt ist möglich!

(92) *******************************************
Auf dem Attac-Ratschlag (dem höchsten Entscheidungs-Gremium von Attac-Deutschland) wurde am 31.10.2004 in Hamburg der folgende Antrag zum AWWO-Papier ohne Gegenstimme angenommen:

1. Der Ratschlag begrüßt die Erarbeitung des Diskussionspapiers zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung. Dieses trägt den Titel: ‚Diskussionen in Attac-Deutschland zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung’.
2. Der Ratschlag anerkennt: Es ist eine Grundlage dafür, die Debatte innerhalb von Attac zu den Perspektiven einer ökologischen und solidarischen Weltwirtschaftsordnung fortzuführen als laufenden Diskussionsprozess, auch für diejenigen, die sich noch nicht in diesem Papier vertreten sehen.
3. Das Diskussionspapier wird in geeigneter Form veröffentlicht (Buch, Broschüre).


Valid HTML 4.01 Transitional