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Kommentar der Teilnehmer des Systemfehler-Forums zum Attac-Positionspapier. BITTE: Schreibt den kommentierten Absatz so, wie er nach Eurer Meinung lauten sollte.

Maintainer: Gustav Kollmeier, Version 1, 15.04.2004
Projekt-Typ:
Status: Archiv

(1) Geld ist per se kein gerechtes Tauschmittel. Der Wert von Gütern ist zeitabhängig, bei Knappheit hoch, bei Überfluss oder mit Alterung nieder. Dies gilt noch extremer bezüglich Arbeitskraft. Nicht angewandte Arbeit ist verloren. Geld dagegen unterliegt diesem Angebotsdruck prinzipiell nicht. Der Geldbesitzer ist gegenüber allen anderen Wirtschaftsteilnehmern hoch privilegiert.

(1.1) 15.04.2004, 16:11, Gustav Kollmeier: Geld in seiner heutigen Form ist kein gerechtes Tauschmittel. Jedes Gut und auch jede Arbeitskraft unterliegen dem Naturgesetz der Vergänglichkeit (Entropie). Daraus folgt für alle Güter ein Angebotsdruck. Geld dagegen unterliegt diesem Angebotsdruck prinzipiell nicht. Der Geldbesitzer ist gegenüber allen anderen Wirtschaftsteilnehmern hoch privilegiert. Durch eine Gebühr auf Bargeld von z. B. 0,5 % p. m. soll dieses unter vergleichbaren Angebotsdruck gestellt werden. Dadurch wird Geld echtes Äquivalent zu den Gütern und ein wirklich gerechtes Tauschmittel. Diese Geldnutzungsgebühr entspricht zudem sehr gut dem Charakter des Geldes als öffentliche Einrichtung.

(2) Die kapitalistische Komponente unseres Wirtschaftssystems basiert auf dem Zins als Anreiz zur langfristigen Anlage von Geldvermögen. Den Unternehmen kann Geld somit langfristig als Kredit gegen Bezahlung von Zinsen für Investitionen zur Verfügung gestellt werden. Dank dieser Investitionen vermehrt sich das Kapital, die allgemeine Produktivität und damit der Wohlstand. Mit zunehmender Vermehrung und Verfügbarkeit des Kapitals sinkt jedoch der Zins, auch weil Unternehmen bei weitgehender Marktsättigung in den Industrieländern keine hohen Kreditzinsen mehr bezahlen können. Langfristig können wir froh sein, wenn die Unternehmen unser Vermögen bewahren können, d. h. sich ein Zinssatz von 0 ergibt, andererseits werden Vermögen bei einem Zinssatz von 0 nicht mehr langfristig angelegt. Durch diese Entwicklung legen viele Anleger ihr Geldvermögen immer kurzfristiger und spekulativer an und die Menschen halten immer höhere Bargeld- und Girokontobestände. Im Jahre 2002 hatten 80 % der weltweiten Kapitalflüsse von ca. 2.000 Mrd. €/Tag eine Anlagedauer von 7 Tagen.

(2.1) 15.04.2004, 15:23, Wolf Göhring: Wenn das mit dem zins so einfach waere.

Der islam verbietet zins (scharia), trotzdem sind die modernen islamischen staaten (rd. 50 an der zahl mit etwa 1,2 milliarden menschen) kapitalistisch. Sie haben vor einigen jahren die "islamische bank" (IB) gegruendet um "islamische oekonomie" fussend auf der scharia durchzusetzen. Die IB hat etwa soviel kapital wie die deutsche bank, ist also nicht ganz klein. Die IB hat den "islamischen dinar" (ID) im wert von 1 sonderziehungsrecht des IWF (weltwaehrungsfonds) eingefuehrt. Der ID soll das bargeld in den 50 islamischen staaten abgeben und ist aus - gold, naemlich gerade so viel gold, wie ein sonderziehungsrecht wert ist. Vermutlich wird die IB bundesbank-gold kaufen, um weitere IDs schlagen zu koennen.

Damit die islamische oekonomie nicht nur ein schlagwort ist, werden auch hochschulen unterhalten, an denen diese "zinslose", aber rundum kapitalistische oekonomie gelehrt wird.

Kurzum: Chicago-boys gegen Kairo-boys

(3) Die ständig über den Wachstumsraten liegenden Zinssätze tragen wesentlich zu einer Umverteilung des Reichtums bei von der Arbeit zum Besitz, national und zwischen den Staaten (Nord/Süd). Immer größere Kapitalakkumulationen suchen nach Renditemöglichkeiten und erzwingen die Privatisierung öffentlicher Bereiche.

(4) Diese Situation war in der Vergangenheit immer der Ausgangspunkt für Kolonialisierung und Krieg. Somit ist unser derzeitiges Zinssystem die entscheidende Ursache für die von IWF und Weltbank durchgesetzte weltweite Neoliberalisierung, für steigende Rüstungsaufgaben und systemimmanente Kriege, die ca. alle 70 Jahre die angehäuften Vermögen (und damit verbundenen Staatsschulden) wieder reduzieren. Ein weiterer Aspekt zeigt die Krisensituation: Arbeiter können solange am Wohlstand partizipieren, wie die reale Zinsrate unterhalb der realen Wachstumsrate des Sozialproduktes liegt. Das Wirtschaftswachstum ist seit dem Zweiten Weltkrieg unverändert bei 250 Mrd. € pro Jahrzehnt, d. h. es wird prozentual immer weniger und sinkt stärker als die Zinsrate. Damit wachsen die Geldbestände schneller als die allgemeine Wirtschaft, die Kaufkraft der Arbeitnehmer wird geringer, da die Vermögen in Deutschland sehr ungleich verteilt sind. Während das BIP seit 1991 um 9 % gewachsen ist und die Nettolöhne um 2 % gesunken sind, wuchsen Zinserträge und Geldvermögen real um 60 %. In 2001 haben die Banken in Deutschland ihren Anlegern 391 Mrd. € oder 66 % der Nettolöhne gut geschrieben. Für eine gerechtere Geldwirtschaft muss somit der Zins letztlich gegen Null sinken.


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