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Kapital-Ware II

Maintainer: Annette Schlemm, Version 1, 25.11.2008
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

(1) Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine Ware (im Kapitalismus) Gebrauchswertcharakter und Wertcharakter hat. Im Gebrauch geht uns der Tauschwert jedoch nichts an und beim Tausch wird vom Gebrauchswert abstrahiert. „Die Verwirklichung des Tauschwerts der Ware stößt ihren Gebrauchswert ab. Andererseits vernichtet die Verwirklichung des Gebrauchswerts der Ware ihren Wert.“ (Haug 1989: 96). Trotzdem gehören diese beiden Kategorien zusammen, auch wenn sie derart entgegen gesetzt sind. Würde eine Ware nur Gebrauchswert, aber keinen (Tausch-)Wert haben, wäre sie unverkäuflich, also keine Ware mehr. Ein Ding ohne Gebrauchswert jedoch, also etwas Unbrauchbares, wird auch nicht verkauft. (nach Haug 1989: 74) Beides, Gebrauchswert und (Tausch-)Wert, gehören also zur Ware. Die Ware ist nun also als Einheit zweier gegensätzlicher Momente bestimmt, ihre Bestimmung ergibt sich geradezu aus dieser Einheit widersprüchlicher Momente. Der Widerspruch wird so zu einer Kategorie zur Erfassung des inneren Baugesetzes der zu untersuchenden Sache (ebd.: 96). Als derart widersprüchliche Einhalt erhalten wir die höchste Bestimmung des Begriffs der Ware (3).

(2) Einfügung:Zur Struktur der dialektischen Argumentation:
1. Die Sache wird in ihrer abstrakten Identität genommen.
2. Das „Verworrene“ in der Sache wird entwirrt durch eine Unterscheidung der gegensätzlichen Momente, deren Widerspruch die Bewegung der Sache ausmacht, die sich so als Prozess erweist.
3. Das Verhältnis, in dem sich die widersprüchlichen Momente in ihrer Einheit befinden, erweist sich als das begriffene Wesentliche der Sache.

(3) Letztlich war das Verhältnis von Ware, Gebrauchswert und (Tausch-)Wert schon zu Beginn der Analyse der Ware (2) enthalten, aber „verworren“(Haug). Erst durch die Analyse, also die getrennte Darlegung von Gebrauchswert und (Tausch-)Wert wird dieses Verworrene gedanklich entwirrt und das Implizite expliziert (Haug 1989: 66). Bei Hegel ist dies jeweils der zweite Schritt (der „wesenslogische“) einer dialektischen Entwicklung. Der dritte, abschließende Schritt ist das Begreifen der konkreten Einheit der widersprüchlichen Momente (bei Hegel „begriffslogisch“).

(4) Dabei wird aus einem zuvor als dinglichen Gegenstand Vorgestellten etwas, was sich als innerlich widersprüchliches gesellschaftliches Verhältnis begreifen lässt.

(5) Das mehrfache Vorkommen eines Wortes („Ware“, „Gebrauchswert“) mit einer sich inhaltlich anreichernden Bestimmung ist typisch für das dialektische Denken. Zuerst wird der Gegenstand in seiner einfachsten, nur mit sich identischen Form genommen – danach geht es um die (historisch-konkrete) innere Widersprüchlichkeit und danach dann um die (historisch-konkrete) Bewegungsform dieses Widerspruchs. Dies ist mit reinem formal-logischem Schließen nicht zu erfassen, auch nicht mit dem Versuch z.B. „induktiv“ oder positivistisch an die Fragen heranzugehen.

(6) Das Vorgehen dabei ist nicht die mechanische Anwendung eines Regelalgorithmus auf die Realität, es ist keine nur theoretische Manipulation. Das Ganze ist nicht nur theoretisch ausgedacht, sondern „wenn die Ware vom Theoretiker als Gebrauchswert und als Tauschwert theoretisch bestimmt wird, [ist] sie zuvor praktisch bestimmt worden [...] vom Produzenten.“ (Haug 1989: 70) Marx betont in einer Auseinandersetzung mit A. Wagner:
Ich teile also nicht den Wert in Gebrauchswert und Tauschwert als Gegensätze, worin sich das Abstrakte, „der Wert“, spaltet, sondern die konkrete gesellschaftliche Gestalt des Arbeitsprodukts, „Ware“ ist einerseits Gebrauchswert und andrerseits „Wert“, nicht Tauschwert, da die bloße Erscheinungsform nicht ihr eigner Inhalt ist.“ (MEW 19: 369)

(7) Und noch einmal ausführlich:
„De prime abord gehe ich nicht aus von „Begriffen“, also auch nicht vom „Wertbegriff“, [...]. Wovon ich ausgehe, ist die einfachste gesellschaftliche Form, worin sich das Arbeitsprodukt in der jetzigen Gesellschaft darstellt, und dies ist die „Ware“. Sie analysiere ich, und zwar zunächst in der Form, worin sie erscheint. Hier finde ich nun, daß sie einerseits in ihrer Naturalform ein Gebrauchsding, alias Gebrauchswert ist; andrerseits Träger von Tauschwert, und unter diesem Gesichtspunkt selbst „Tauschwert“. Weitere Analyse des letzteren zeigt mir, daß der Tauschwert nur eine „Erscheinungsform“, selbständige Darstellungsweise des in der Ware enthaltnen Werts ist, und dann gehe ich an die Analyse des letzteren.“ (MEW 19: 369)
(P.S. De prime abord = von vornherein)

(8) Der Weg des immer tieferen Erkennens des jeweiligen Ausgangspunkt ist dabei notwendig bestimmt. Nicht, weil wir dogmatisch sein wollen, sondern weil wir die menschliche Lebenspraxis so begreifen wollen, wie sie sich vollzieht und wie sie wirklich konstituiert ist. (vgl. Haug 1989: 96).

(9) DEMNÄCHST weiter mit Doppelcharakter der Arbeit


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