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Workshop "New Work" 7.-9. Juli 2006 in Hütten

Maintainer: Hans-Gert Gräbe, Version 3, 22.02.2006
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

Idee und Anliegen

(1) Die Idee zu einem solchen Seminar geht auf verschiedene Diskussionszusammenhänge zurück, die sich um ein besseres theoretisches Verständnis der heute ablaufenden Umbruchprozesse bemühen. Trotz deutlicher Unterschiede sowohl in der Herangehensweise als auch im Themenfokus wurde dabei unabhängig voneinander deutlich, dass sich zukunftsweisende praktische Ansätze (Keimformen des Neuen) nicht in einem klassischen Lohnarbeitsverhältnis mit dessen Trennung in Auftrag und Ausführung begrifflich fassen lassen, sondern der Arbeitsbegriff für zentrale Tätigkeitsbereiche der Gesellschaft, die zunehmend durch wissensintensive Elemente geprägt sind, neu durchdacht werden muss.

(1.1) Titel, 23.03.2006, 13:33, Annette Schlemm: Der Titel hat sich irgendwann geändert in "New Work - Leben und Gestalten im Informationszeitalter". Ich hab das nicht mitgekriegt, mir gefällt er nicht. Aber darüber können wir ja dann noch mal reden.

(2) Quellen solcher überlegungen sind insbesondere:

(2.1) Weitere Quellen, 22.03.2006, 13:21, Hans-Gert Gräbe:
Das Konzept einer integrierten Gesellschaft von Kai Ehlers u.a., http://www.kai-ehlers.de/Debatte-Zukunft/zukunft_debatte.htm
Das Forum "Freiheit statt Vollbeschäftigung" von Sascha Liebermann u.a. http://www.freiheit-statt-vollbeschaeftigung.de/

(3) Eine solche Readjustierung des Arbeitsbegriffs als zentraler Kategorie der gesellschaftlichen Einbettung individuellen Tätigseins ist in groben Strukturen bei (Holloway-04) bereits vorgedacht und im (globalen) Begriff des "gesellschaftlichen Tuns" aufgefangen. Selbstbestimmtheit und Eigeninitiative eines solchen "Tuns" lassen Arbeit immer mehr im (lokalen) Begriff des "Gestaltungsanspruchs" statt des "Gestaltungsauftrags" hervortreten. Auf der Konferenz soll dieses Spannungsfeld auf dem Hintergrund der bereits heute sichtbaren Auswirkungen der technologischen Umbrüche auf die Formen der "Organisation des gesellschaftlichen Tuns" ausgelotet werden, einschliesslich der Fragen, welche Konsequenzen sich aus einem solchen Formenwandel für das gesellschaftliche Zusammenleben ergeben und wo die Keimformen für einen solchen Formenwandel in der heutigen Gesellschaft zu finden sind.

Ort, Zeit, Form, Leute

(4) Das Seminar wird vom 7.-9. Juli 2006 in Hütten im "grünen Herzen Deutschlands" stattfinden. Wir haben dort zunächst 20 Plätze reserviert. TeilnehmerInnen (incl. Referenten) müssen (derzeit) mit einem Eigenbeitrag (ohne Anreisekosten) von etwa 70 Euro für übernachtung/Verpflegung rechnen. Dieser senkt sich, wenn es uns gelingt, Förderer für das Seminar zu gewinnen. Das ist in Arbeit, Erfolg ungewiss.

(4.1) Finanzierung, 03.03.2006, 18:46, Hans-Gert Gräbe: Derzeit liegen definitive Zusagen auf finanzielle Unterstützung vor durch den Rohrbacher Kreis (200 Euro) sowie durch die RLS Berlin (500 Euro).

(4.2) Re: Ort, Zeit, Form, Leute, 12.03.2006, 20:47, Stefan Merten: "Konferenz" scheint mir bei 20 Leuten zwei Größenordnungen zu hoch gegriffen. Ich nehme mal Workshop als Bezeichnung.

(4.2.1) 22.03.2006, 13:24, Hans-Gert Gräbe: Ja, das stimmt. In Präzisierung der bisherigen Diskussionen würde ich das Ziel vielleicht wie folgt definieren:
Das Seminar hat eine Kapazität von 20 Teilnehmern und soll Personen zusammenführen, die aus verschiedenen Perspektiven bereits längere Zeit an dieser Problematik arbeiten.

(4.3) Organisation, 17.06.2006, 13:13, Annette Schlemm: Ich habe im Coforum einiges zur organisatorischen Vorbereitung und Durchführung ergänzt. (http://coforum.de/?SeminarNewWork ganz unten) Es geht darum, dass wir uns in die diesbezüglichen Aufgaben einteilen. Da ich selbst in den nächsten beiden Wochen nicht da bin, ist es wichtig, dass die Selbstorganisierung wirklich mal ausprobiert wird... ;-)

(5) Als Form soll ein wirkliches Seminar stattfinden mit Lesematerial im Vorfeld, wenigen (3..5) Impulsreferaten und viel Raum für Diskussion. Ein unter den bisherigen Hauptakteuren (Hans-Gert Gräbe, Annette Schlemm, Franz Nahrada) vorabgestimmter Vorschlag (Stand 20.02.2006, MI = Moderation und Impulsreferat) für grobe Ablaufkonturen sieht so aus:

(5.1) 24.02.2006, 14:13, Annette Schlemm: Bisher ist das Ganze konzept/personenbezogen strukturiert.# Wir sehen (unten) aber auch, dass eine Debatte entlang Sachthemen notwendig sein wird, z.b. zum Thema "Arbeit".

(5.2) Aneinander vorbei?, 21.03.2006, 11:29, Annette Schlemm: Ich würde vorschlagen, dass wir schon in den Impulsreferaten verstärkt versuchen, auf gemeinsame Fragen einzugehen. (Ich kann meinen 08/15-Vortrag zur "Selbstentfaltungs-Gesellschaft" präsentieren, ich kann ihn aber auch zuschneiden auf die Themen, von denen ich weiß, dass sie HIER besonders von Interesse sind).
Bisher sehe ich bei uns folgende gemeinsame Fragen
- Rolle und Bestimmung dessen, was "Arbeit" genannt wird,
- Verankerung dessen, was wir als Gegenkonzept zur kapitalistischen Realität vertreten,
A) als Vision nach dem Kapitalismus (in "Reinform"),
B) was bedeutet das für den Übergang, die Transformation,
C) was bedeutet das für Strategien hier und heute...
- Frage der Individualitäts- und Gesellschaftsform (siehe 14.3.4.: Ausgehen von "Privatproduzenten" und deren äußerlicher Vermittlung oder grundsätzlich andere Vergesellschaftungsform, und wenn ja, wie?)...

(5.3) Metagespräche, 21.03.2006, 11:37, Annette Schlemm: Aufgrund der Erfahrungen der Debatte hier im Vorfeld möchte ich für die Durchführung noch die Anwendung einer gesprächstechnischen Methode vorschlagen:
Es gibt gesprächstechnisch die Methode des "Metagesprächs".
Sobald jemand ein derartiges Problem im Gespräch hat, das seine Aufmerksamkeit und Konzentration auf die Sache stört, kann sie/er sich melden und ein "Metagespräch" erbitten. Das wird dann eingeschoben, und von einer Person moderiert, die nicht betroffen ist und auch nicht das bisherige Sachgespräch moderiert hat (so im Sinne: "Störungen gehen vor"). Je nach Situation wird dann durch die Gruppe entschieden, wie es weiter geht.
Normalerweise geht es dann wieder ins Sachgespräch über. Grundsätzliche menschliche Differenzen können dadurch nicht behoben werden, es geht um konkrete Verhaltensweisen, wie sie in diesem Moment wirken und wie wir jeweils damit umgehen können. Es gibt die Chance, das nicht erst im Innern ausweiten zu lassen...
(Soweit ich weiß, kommt diese Tradition aus den Sokratischen Gesprächen (http://www.thur.de/philo/sk.htm), ist aber verallgemeinerbar.

(5.4) Zur Vorgehensweise der Planung - Meta-Gespräch ;-), 21.03.2006, 11:47, Annette Schlemm: Ich als Mitbeteiligte sehe das Vorgehen hier auch nicht so, dass irgend eine Gruppe von vornherein so etwas wie ein "planendes Redaktionskollegium" ist, das sich darum sorgt, wer als Referent vielleicht noch eingeladen wird.
Wer sich meldet und was vorschlägt, wird hier öffentlich diskutiert...
(ich hab gut reden, stehe ich doch schon im Plan - Auch das kann diskutiert und zurück genommen werden!)

(5.4.1) 22.03.2006, 13:38, Hans-Gert Gräbe: Ich fühle mich trotzdem etwas als spiritus rector der ganzen Sache, auch weil eine Reihe von Kommunikationen bei mir zusammenlaufen. Die Balance zwischen (terminlich fixierten) Entscheidungserfordernissen auf der einen Seite und Öffentlichkeit und Transparenz auf der anderen ist gelegentlich schwierig.
Franz hatte Kai Ehlers ins Gespräch gebracht und es gibt von ihm positives Feedback. Seine Mail schicke ich noch mal rum, einen Link auf sein Konzept einer "integrierten Gesellschaft" findet ihr oben auf der Seite. Allerdings möchte er intensiv über dieses Konzept debattieren als Voraussetzung seiner Teilnahme. Ich halte es deshalb für sinnvoll, den Slot am Samstag abend entsprechend umzuwidmen, da sich abzeichnet, dass "New Work und Oekonux" derzeit kein wirkliches Thema ist (auch wenn es ein paar Leute hier gern so hätten).
Außerdem habe ich mit Sascha Liebermann Kontakt aufgenommen, der in der letzten Nummer von Utopie Kreativ eine sehr fundierte Kritik des Aufsatzes von Uli Busch veröffentlicht hat, die in vielen Aspekten in dieselbe Richtung geht wie meine Kritik, die dem ganzen Text hier zugrunde liegt.

(5.4.1.1) Kommunikation und Entscheidung, 23.03.2006, 13:28, Annette Schlemm: Wir sollten nicht davon ausgehen, dass es natürlicherweise selbstverständlich ist, dass "eine Reihe von Kommunikationen" bei einer Person zusammen laufen. Es sollte immer die Frage stehen, ob das warum sein muss.
Die Beteiligung von jemandem kann z.B. ganz öffentlich hier vorgeschlagen werden und nicht erst, nachdem einige wenige Leute sich darüber einig sind.
Ich möchte einfach nicht - zumindest nicht hier - dass Einzelne vorher festlegen, wer wieviel Ressourcen der Zeit aller bekommt (als "Voraussetzung seiner Teilnahme"). Wenn z.B. alle Beteiligten am Freitag beschließen, aus irgend welchen Gründen ihr eigenes Programm zu machen, ist das okay. Wenn Beteiligte etwas für alle Interessierendes anbieten, werden sie schon davon ausgehen können, dass ihnen die Zeit dafür gegeben wird. Das ist alles etwas ungewöhnlich, ich kann das verstehen. Auch ich fahre nur gern irgendwo hin, wo ich selbst ausreichend Raum habe, mich zu entfalten. Aber es wäre doch auch unangemessen, von vornherein alle Anwesenden zwingen zu wollen, einem Zeit zu widmen, auch wenn sie sich letztlich nicht dafür interessieren. Ob ich Vertrauen in die Gruppe habe, dass sich das bei der Abstimmung ergibt oder nicht, ist eine andere Frage. Das Vorher-Absichern ist eine Praxis, die ich in Frage stellen möchte. (Ohne dass ich im konkreten Fall irgend was einbringen möchte gegen Kai Ehlers und seine Beteiligung).
Ansonsten bin ich gar nicht der Meinung, dass wir immer und immer mehr Leute sein müssen. Ich möchte intensive Gespräche und nicht das Abarbeiten der Konzepte möglichst vieler Leute.

(5.4.1.1.1) Re: Kommunikation und Entscheidung, 24.03.2006, 13:14, Benni Bärmann: Im Prinzip volle Zustimmung. Was ich aber gerne hätte, wäre eine Aussage von zumindestens mal einigen, dass mein Bedeutungswirbelansatz überhaupt interessiert (Bisher kam nur was von HGG und von anderen hab ich mal in anderem Rahmen eher indifferentes gehört). Das soll keine "Vorraussetzung meiner Teilnahme" sein, es wäre nur für mich wichtig um einschätzen zu können, was mich erwartet. Klar, man soll sich überraschen lassen und das Ganze ist so oder so interessant, aber es macht für mich halt schon einen Unterschied dahingehend wieviel Energie ich da rein stecke mir das Wochenende frei zu schaufeln. Ist das nicht legitim?

(5.5) Vorbereitungstexte, 21.03.2006, 11:53, Annette Schlemm: Damit wir nicht zu viel Zeit mit dem Darstellen der eigenen Konzepte verbrauchen, können wir grundlegende Texte im Vorab zur Kenntnis geben.
Unter http://coforum.de/?SeminarNewWork -> "Beiträge für den Reader" habe ich schon mal damit begonnen und freue mich auf weitere Beiträge.

(5.6) Open Space !!!, 16.06.2006, 11:07, Annette Schlemm: Wie ich schon im Coforum schrieb, geht der Arbeitscharakter bei 25 Personen mit jeweils zentralen Impulsreferaten verloren. Deshalb sollten wir die Gelegenheit nutzen, die uns die Räume der Bildungsstätte bieten, und ein richtiges Open Space durchführen. D.h. alle, die jetzt ein Impulsreferat vorbereitet haben, können das einbringen - aber zu jeder Zeit sind parallel dazu noch weitere Workshops möglich. Das kann aber nicht zentral vorbereitet werden, sondern wird sich in selbstorganisierter Form dann aus unserer Aktivität dort vor Ort entwickeln. Es wird also immer spannender!!!

(6) Das Programm diskutieren wir weiter diskutiert und präzisiert im Coforum-Wiki unter http://coforum.de/?SeminarNewWork sowie auf der Mailingliste, die zu diesem Projekt gehört. Wer sich in die Vorbereitung einbringen will, sollte sich also in dieses Projekt eintragen. Mehr zum Projekt auch unter http://www.hg-graebe.de/WAK-Leipzig/projekt-2.html

(6.1) 26.04.2006, 15:59, Hans-Gert Gräbe: Aspekte der Diskussion auf der projektbegleitenden Mailingliste sind zusammengefasst im Oekonux-Wiki nachzulesen.

(7) Hier ist der Platz, um sich für die Konferenz verbindlich einzutragen.

(7.1) 22.02.2006, 11:10, Hans-Gert Gräbe: Also ich bin verbindlich dabei. HGG

(7.2) Anmeldung zum NewWork-Seminar, 23.02.2006, 08:18, Stefan Matteikat: Ich auch.

(7.3) 23.02.2006, 09:43, Franz Nahrada: Ich plane dabei zu sein. Wie mit HGG besprochen.

(7.3.1) Anmeldung, 24.02.2006, 14:09, Ano Nym: Annette Schlemm und Reiner Nebelung

(7.4) 12.03.2006, 21:02, Stefan Merten: Hans-Gert versucht, den Workshop für andere Zwecke zu instrumentalisieren (siehe ( http://www.oekonux.de/projekt/verein/mitglieder/archive/msg00154.html ). Das widert mich an. Solches instrumentelles Verhalten müsste in der Tat Thema des Workshops sein. Ich bin noch nicht sicher, ob ich meinen Ekel überwinden kann.

(7.4.1) andere Zwecke, 13.03.2006, 18:11, Annette Schlemm: Soweit ich es verstanden hatte, hat HG vorgeschlagen, dass sich ggf. Oekonuxis in Hütten nebenbei auch zu ihrem Jahrestreffen treffen könnten (es klang so und liest sich so, als gäbe es Probleme, einen gemeinsamen Ort und Zeit zu finden). Der Workshop selbst sollte davon unbeeinflusst sein. Letzteres fand ich auch wichtig.

(7.4.1.1) Oekonux-Kontext, 13.03.2006, 18:12, Annette Schlemm: Was ich bitte, bitte auf keinen Fall will, ist die Übertragung von Oekonux-Streiterein auf unseren Workshop. Dazu ist er nicht da!

(7.5) Option für eine Teilnahme, 16.03.2006, 19:23, Stefan Meretz: Ich möchte gerne teilnehmen, ist aber noch nicht ganz sicher.

(7.6) Bitte bis 25. Juni, 21.03.2006, 11:34, Annette Schlemm: Ich habe den 25. Juni als allerletzte Rückmeldung für die Jugendbildungsstätte Hütten, damit wir nicht zuviele Plätze nachbezahlen müssen oder ähnliches...

(7.7) 16.06.2006, 11:09, Annette Schlemm: Da nicht alle ihre Teilnahme öffentlich bekannt machen wollen, habe ich eine Teilnehmerliste geführt. Jetzt, Mitte Juni, ist unsere Kapazität von 25 Personen bereits ausgelastet. Das spricht doch sehr für ein enormes Interesse...

Einige grundsätzliche überlegungen zum Thema

(8) Die Umbrüche unserer Zeit sind ganz wesentlich geprägt von einer Krise der Arbeitsgesellschaft im überkommenen Sinn mit ihrer Aufspaltung in Unternehmer und Lohnabhängige. äusseres Zeichen dieser Krise ist die seit etwa 30 Jahren permanent hohe Arbeitslosigkeit, die sich in den letzten Jahren trotz verschiedener Versuche des Gegensteuerns auf immer höherem Niveau einpegelt. Damit stehen ganz wesentlich die Existenzbedingungen breiter Schichten der Bevölkerung unter Druck, die zum einen nun - wie von Marx für eine hoch entwickelte Industriegesellschaft vorausgesagt - einerseits massenhaft "freie Zeit", "Mußezeit", "Zeit für höhere Tätigkeiten" haben, andererseits aber unter hohen Stress gestellt sind, da ihnen die - faktischen und finanziellen - Möglichkeiten für die Ausfüllung dieser Zeit zunehmend genommen werden.

(9) Es ist abzusehen, dass es eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung in diesem Erwerbsarbeitssinn mit einer so klaren Teilung in "Arbeit" und "Freizeit" - insbesondere auch als Phasen von "Geldzufluss" und "Geldabfluss" - für zunehmend große Teile der Bevölkerung nicht geben wird. Neoliberale Konzepte des Umgangs mit diesen Fakten greifen zunehmend weniger - wenigstens nicht in ihren auf Menschen zentrierten Voraussagen. Die bürgerliche technologische Entwicklung hat die bürgerliche Gesellschaft in eine Krise gestürzt, die deutlich tiefer ist als alle vorangegangenen. Während etwa mit dem "New Deal" oder dem Konzept der "sozialen Marktwirtschaft" frühere tiefe strukturelle Krisen nach etwa 10 Jahren Dauer mit einem neuen hegemonialen Konzept überwunden werden konnten, entfaltet das Konzept des Neoliberalismus als Versuch, auf ähnliche Weise auf die neuen Herausforderungen zu reagieren, eher die entgegengesetzte Wirkung und scheint die Krisenprozesse noch zu verstärken.

(10) Damit kommt der genauen Analyse der Umbrüche in der Arbeitswelt eine zentrale Bedeutung zu, die sich dabei allerdings nicht mehr allein in einer Dimension zwischen "Arbeit" und "Konsum" bewegen darf, sondern Antworten auf die Frage finden muss, ob nicht die Nutzung der "freien Zeit", der "Mußezeit", der "Zeit für höhere Tätigkeiten" eine natürliche Verlängerung des Begriffs der "gesellschaftlich nützlichen Arbeit" und damit der "Erwerbsarbeit" ist, in dem allerdings die Eigenbestimmtheit der Zielrichtung dieses Beitrags eine deutlich grössere Rolle spielt als im klassischen oder modernen Lohnarbeitsverhältnis.

(11) Folgt man dieser Gedankenrichtung und fragt nach der Substanz eines solchen erweiterten Arbeitsbegriffs, dann erscheint sofort der damit verbundene "Gestaltungsanspruch" - der Anspruch, ein Stück Gesellschaft eigenverantwortlich gestalten zu wollen - in seiner doppelten Herausforderung vor dem Einzelnen und der Gesellschaft, einerseits Freiräume für ein solches Gestalten zu schaffen und Ressourcenzugriff zu ermöglichen sowie andererseits diese Freiräume kompetent und verantwortlich auszufüllen. Details hierzu finden sich in (Graebe-01).

(12) Eine solche Neuadjustierung hätte eine Reihe von Vorteilen. Einmal würde sie die Trennlinie längs des "Lohnarbeitsbegriffs" - durch Ich-AG's, Kleinstunternehmer, Freelancer etc. längst praktisch ad absurdum geführt - nun auch theoretisch als obsolet markieren. Eine Adjustierung, die in (Moglen-03) konsequent zu Ende gedacht ist: der grundlegende Widerspruch, der diese Gesellschaft auseinandertreibt, ist nicht der zwischen "Bourgeoisie und Proletariat" - wie im "Kommunistischen Manifest" (MEW 4) noch vermutet - sondern der zwischen "Owners and Creators". Dies ist eine kleine und zu Marxens Zeit noch kaum wahrnehmbare Nuance, die erst bei einem Stand der Produktivkräfte ihre Wirkung entfaltet, wo "die Schöpfung des wirklichen Reichtums weniger abhängt von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter Arbeit als von der Macht der Agentien, die während der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden ... " (MEW 42, S. 592), dort aber eine solche Dynamik entfaltet, dass "Arbeit" und "Konsum" alter Prägung gar nicht mehr als zwei Seiten des Alltags wahrgenommen werden, sondern zu einem "aktiven Leben" verschmelzen und die Frage, ob "der Modus der Verteilung dem der Produktion folgt" (Busch-05) gegenstandslos wird, weil beide in einem einheitlichen Prozess der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur, die Natur der menschlichen Vergesellschaftung eingeschlossen, aufgehen.

(13) "Entwicklung der Arbeit zum ersten Lebensbedürfnis" (Busch-05) ist - in einem wirklich emanzipatorischen Sinne - wohl auch nur mit einem solchen Arbeitsbegriff zu denken.

(13.1) 23.02.2006, 09:46, Franz Nahrada: Einer so perversen Idee nachzugehen ist Wasser auf die Mühlen der Arbeitskritiker. Für mich ist immer noch die Definition der Arbeit gültig, die Uli Sigor ins Spiel gebracht hat: erster und wichtigster Sinn der Arbeit ist und bleibt, daß sie ihre eigene Notwendigkeit vermindert. Das ist geradzu ihre Wesensbestimmung. Daher kann sie nicht erstes Lebensbedürfnis sein!

(13.1.1) 24.02.2006, 14:11, Annette Schlemm: Quelle zu Sigur: http://www.thur.de/philo/arbeit9.htm

(13.1.1.1) Reproduktionsarbeit bei Sigur, 09.03.2006, 11:11, Benni Bärmann: Wo kommt in Sigurs Definition die Reproduktionsarbeit vor? Oder Caring Labour? Da gibt es nicht viel zu "effektivieren" und wenn, will man es meist nicht.

(13.1.1.1.1) Re: Reproduktionsarbeit bei Sigur, 09.03.2006, 11:58, Franz Nahrada: Vielleicht ist es aber auch falsch, alles mögliche unter den Begriff der Arbeit subsummieren zu wollen. Trauerarbeit, Beziehungsarbeit, die ganze Denkwelt ist voller zweifelhafter Sprachdenkmäler....es hänmgt wohl mit einem etwas zweifelhaften Anerkennungsbedürfnis zusammen, dass nämlich in der Frauenbewegung die ökonomische Form der Entlohnung mit einem sozialen Ausdruck der Wertschätzung verwechselt wurde, die uns heute dieses universelle "ist doch Arbeit!" beschert.

(13.1.1.1.1.1) Re: Reproduktionsarbeit bei Sigur, 17.03.2006, 13:36, Benni Bärmann: Ich mach mal ein paar Unterpunkte draus, falls das noch weiter diskutiert werden sollte: 1. Ich verstehe das so, dass die Antwort auf meine Ausgangsfrage "nirgends" lautet. Wieso muß das gleich Anlaß zu einem solchen Rundumschlag sein? Ich hab doch nur eine harmlose Frage gestellt. Meine Alarmglocken jedenfalls läuten dann immer besonders laut, wenn auf einfache Fragen keine einfachen Antworten kommen, sondern erstmal ins Grundsätzliche ausgewichen wird...

(13.1.1.1.1.2) Re: Reproduktionsarbeit bei Sigur, 17.03.2006, 13:39, Benni Bärmann: 2. Niemand will "alles mögliche" unter den Arbeitsbegriff subsummieren. Weder ich noch "die Frauenbewegung" (die wie Dir ja sicherlich bekannt ist, ziemlich vielfältig ist). Meine Frage zielte auch nicht auf solche Neologismen, ich weiß also nicht wen Du mit dieser Strohpuppe meinst. Ich bitte um Aufklärung.

(13.1.1.1.1.3) Re: Reproduktionsarbeit bei Sigur, 17.03.2006, 13:47, Benni Bärmann: 3. Dennoch ist es ja vielleicht eine interessante gesellschaftliche Veränderung, dass solche zusammengesetzte Arbeits-Dings-Wörter auf einmal an allen Ecken aufpoppen? Ist es nicht wahrscheinlich, dass eine Analyse dieser Veränderungen für unser Anliegen interessant und wichtig sein könnte? Um sowas zu analysieren braucht man allerdings andere Werkzeuge als einen möglichst scharfen, abgegrenzten, statischen Arbeitsbegriff. Der führt nämlich dann nur dazu sowas ideologiekritisch zu zerpflücken, was kein Stück weiter hilft. Ich plädiere statt dessen für das Werkzeug "Arbeit als Bedeutungswirbel" (link siehe in einem anderen Kommentar hier)

(13.1.1.1.1.4) Re: Reproduktionsarbeit bei Sigur, 17.03.2006, 13:57, Benni Bärmann: 4. Ich wäre gerne dabei, wenn Du der Krankenschwester oder dem Altenpfleger ins Gesicht sagst, dass sie "die ökonomische Form der Entlohnung mit einem Anspruch auf soziale Wertschätzung" verwechseln. Das ist doch gerade Kern des Unterdrückungsmechanismus, der mit Reproduktionsarbeit und Caring Labour verknüpft ist. Früher wurde man aufs Himmelreich vertröstet. Heute muß schon der Hinweis auf "soziale Wertschätzung" reichen. Am Besten auch noch erst im Himmelreich der freien Gesellschaft? So sprechen CDU-Familienpolitiker, wohlgemerkt die altbackenen, nicht die reformfreudigen.

(13.1.1.1.1.4.1) 21.03.2006, 17:47, Hans-Gert Gräbe: Aber ist ein solcher Feedback nicht ein wichtiges, Gesellschaft konstituierendes Moment? Wird nicht erst durch solchen Feedback sinnlich erfahrbar, dass kooperatives, aufeinander bezogenes Agieren mehr ist als das Nebeneinander derselben Anzahl von reinen Warenmonaden? Ist nicht genau an der Stelle schon der Sprengstoff gelegt, der das Warensystem auseinander treiben wird, wenn die Warenmonaden das endlich begreifen? Sie werden jeden Tag auf diese "kommunistische Vernetzung der Sachen" gestoßen und es muss schon ein arger Verblendungszusammenhang sein, das nicht zu merken. Und das ist er ja auch.

(13.1.1.1.5) 21.03.2006, 17:37, Hans-Gert Gräbe: Meinerseits noch einmal deutlicher: Wenn "Arbeit = tätige Auseinandersetzung mit den eigenen Daseinsbedíngungen" (und das ist der weite Arbeitsbegriff bei Marx, auf den ich mich beziehe, und nur in diesem Sinn hat Arbeit ihren Anteil an der "Menschwerdung der Affen"), dann sehe ich da nichts, was sich sinnvoll "vermindert" oder ich mir NICHT als erstes Lebensbedürfnis vorstellen kann. In dem Sinn ist Uli Sigors Satz ein statischer Satz in einer dynamischen Welt: Die Trivialisierung alter Arbeit (und in diesem Sinne natürlich "Verminderung ihrer eigenen Notwendigkeit") ist der Ausgangspunkt für neue Gestaltungsherausforderungen im Sinne dauernder Expansion der KULTURSPHÄRE.

(13.1.2) 28.02.2006, 21:24, Hans-Gert Gräbe: Das hängt vom Arbeitsbegriff selbst ab. Wenn es die Arbeit ist, wo man "außer der Arbeit bei sich und bei der Arbei außer sich" ist, dann mag das stimmen. Nicht aber für einen weiteren Arbeitsbegriff als die tätige Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensbedingungen, den ich ja gerade an dieser Stelle im Kontrast zu Uli Busch aufrufe.

(13.1.2.1) Arbeitsbegriff, 09.03.2006, 11:03, Benni Bärmann: Man kann beliebig viele Arbeitsbegriffe aufstellen, damit fördert man aber noch kein Verständnis zwischen den "verschiedenen Planeten". Und nur mit diesem Verständnis kann uns Veränderung gelingen. Deswegen: Versuchts mal mit Arbeit als Bedeutungswirbel.

(13.1.2.1.1) 10.03.2006, 06:58, Hans-Gert Gräbe: Hi Benni! Schön dich hier zu lesen. Willst du nicht auch nach Hütten kommen?
Ich rede hier von GENAU zwei Arbeitsbegriffen, die auch beim Altmeister selbst vorkommen, siehe etwa mein mawi-paper oder auch die "Kritik eines engen Arbeitsbegriffs" im awi-paper von 2001. Ansonsten voll d'accord sowohl mit Franz' Kritik der Inflation der Verwendung des Worts "Arbeit" als auch deinem Ansatz, das mal der Substanz nach auseinanderzunehmen. Fehlt mir halt nur die Zeit 'für.

(13.1.2.1.1.1) 17.03.2006, 14:21, Benni Bärmann: Zwei sind schon besser als einer, aber noch zu wenig ;-)
Ich schwanke ob ich kommen soll. Ich hab nur wenige Wochenenden für mich und da muß ich gut auswählen und das ist ja auch eine Zeit wo man evntl. Urlaub plant und so ... Bis wann muß man denn Zusagen und wie verbindlich heißt "verbindlich"? Mein durchaus schon vorhandenes Interesse würde steigen, wenn jemand von euch Lust hätte meinen vielleicht etwas sperrigen, vielleicht auch komplett nutzlosen Arbeit-als-Bedeutungswirbel-Ansatz mal zu kritisieren und zu diskutieren. Mein Problem ist nämlich grad, dass ich dazu noch mit niemandem wirklich ins Gespräch gekommen bin. Ich lechze also nach Feedback.

(13.1.3) Wesensbestimmung der Arbeit, 06.03.2006, 19:00, Wolfgang Schallehn: Das ist mir gar zu arg!# Ohne die Arbeit vieler ist mir die menschliche Gesellschaft nicht denkbar - auch nicht in der Zukunft.# Mir scheint offenkundig, dass Nichtarbeit (sei es aus Mangel an Arbeit oder aus Überfluss an Besitz) die Persönlichkeit zerstört.# Tatsächlich hat die Menschheit stets ein paar Tausend Kostgänger durchgeschleppt, die nichts an die Gesellschaft zurückgegeben haben. Aber eine ganze Nullbock-Generation...??# Was ist hier "pervers"??

(13.1.3.1) Re: Wesensbestimmung der Arbeit, 07.03.2006, 10:38, Franz Nahrada: Von Nullbock- Generation ist nicht die Rede. Wir müssen tatsächlich auf verschiedenen Planeten aufgewachsen sein, und Hans-Gerts Verweis auf verschiedene Arbeitsbegriffe ist mir hier fast zu harmlos. Ich bitte zumindest mal die Argumente der Arbeitskritik zur Kenntnis zu nehmen: es ist nicht grundlos, daß eine bestimmte menschliche Tätigkeit etymologisch mit "Mühe" und "Plage" gleichgesetzt wird. Die griechische Philosophie kennt den Gegensatz von "Poiesis" und "Praxis", und da ist was dran: der Zwang zur mechanischen Verausgabung von menschlicher Lebenskraft, sei sie nun dem allgemeinen Mangel geschuldet oder im Gegensatz dazu dem rastlosen Heißhunger des Kapitals nach Verwertung, ist das Gegenteil von freier Selbstbestimmung aus Wissen heraus. Nicht umsonst ist die Geschichte voll von Utopien, die Arbeit an Flußgeister oder Maschinen deligieren zu können, von römischen Poeten bis Vilem Flusser, der das Bild von der Agora in "Städte entwerfen" aufnahm.
dazu habe ich mehr hier geschrieben http://www.dorfwiki.org/wiki.cgi?FranzNahrada/Texte/GlobaleStadt-GeteilteWelt
Die spannende Frage ist doch, ob die organische (gefällt mir besser als "planmäßige") Gestaltung eines "biotopischen" Reproduktionszusammenhanges unter Einbeziehung von Automation und erneuerbaren Ressourcen überhaupt noch "Arbeit" genannt werden kann; und ob die "Lust an Verausgabung" nicht genausogut Spiel, oder Kunst oder "Projekt" heißen könnte. Im übrigen ist jede Theoorie, die "die Gesellschaft" als separates Subjekt denkt, leicht in Gefahr, Legitimationsideologie einer politischen Herrschaft zu sein.

(13.1.3.1.1) Re: Wesensbestimmung der Arbeit, 09.03.2006, 11:53, Franz Nahrada: (sorry für die Reduplikation. Das Antwortverhalten von OpenTheory ist manchmal so daß nicht ganz klar ist ob ein edit gelungen ist oder nicht)

(13.1.3.1.1.1) 10.03.2006, 06:43, Hans-Gert Gräbe: Korrigieren geht nur, wenn du angemeldet bist (Feld rechts oben). Du agierst hier immer im Gast-Modus. That's all.

(14) Zweitens bekommt die "Nützlichkeit", das Maß, an welchem sich die gesellschaftliche (und heute auch monetäre) Anerkennung der indivduellen Arbeit zu orientieren hat - wenn es denn noch einer solchen Orientierung bedarf; ich gehe davon aus - eine deutlich andere Ausrichtung als auf die "Verausgabung einfacher Arbeitskraft, die im Durchschnitt jeder gewöhnliche Mensch, ohne besondere Entwicklung, in seinem leiblichen Organismus besitzt" (MEW 23, S. 59). In einer Gesellschaft, welche sich auf die "Multioptionalität von Zukunft" (Laitko-01) aktiv vorbereitet, zerfällt eine solche Nützlichkeit in potenzielle und handlungsaktive Nützlichkeit. Ersteres wird bestimmt durch das Wissen, die Erfahrung, die in persönlicher Kompetenz akkumulierte Erinnerung, das eigene ICH, das unmittelbare Sein als Faser des Gesellschaftskörpers, aus welchen letzterer gewebt ist. Und wenn und so lange Nützlichkeit in Geld umgerechnet wird, ist es nur legitim, diese potenzielle Nützlichkeit der reinen Existenz eines jeden Menschen in einem Existenzgeld, einer Grundsicherung, einem garantierten Grundeinkommen oder wie wir es auch immer nennen wollen, zu manifestieren.

(14.1) 23.02.2006, 09:52, Franz Nahrada: Das ist mit Verlaub Humbug:# Nützlichkeit ist gerade nicht das Maß, an den sich (vom kapitalistmusbezogenen Systemwissen her), die monetäre Anerkennung der individuellen Arbeit orientiert das war der Fehler der grenznutzenschule# Nützlichkeit als potentielle Nützlichkeit ist denn auch nicht bestimmt durch Existenz, sondern Fähigkeit von Menschen.# Ich halte es für sehr gefährlich die Frage der Existenzssicherung mit der Nützlichkeit, auch der potentiellen, zu verknüpfen.

(14.2) 23.02.2006, 09:53, Franz Nahrada: Das ist mit Verlaub Humbug:
Nützlichkeit ist gerade nicht das Maß, an den sich (vom kapitalismusbezogenen Systemwissen her), die monetäre Anerkennung der individuellen Arbeit orientiert das war der Fehler der grenznutzenschule
Nützlichkeit als potentielle Nützlichkeit ist denn auch nicht bestimmt durch Existenz, sondern Fähigkeit von Menschen.
Ich halte es für sehr gefährlich die Frage der Existenzssicherung mit der Nützlichkeit, auch der potentiellen, zu verknüpfen.

(14.2.1) 24.02.2006, 14:16, Annette Schlemm: Mich macht die "Nützlichkeit" auch unruhig. 1. bestimmte "Nütlichkeit" den Lebensalltag meiner Vorfahren in der Landwirtschaft, der keinen Freiraum für "nichtnützliche" Interessen ließ und 2. entsteht die Frage nach der Versorgung "unnützer" Menschen...

(14.3) 28.02.2006, 21:30, Hans-Gert Gräbe: Die Frage der "Nützlichkeit" und deren Messung in Geld möchte ich an dieser Stelle - darauf läuft ja meine ganze Argumentation hinaus, trennen. Weil ich der Auffassung bin, dass mein eigenes Tun als Teil eines "organismisch-dezentralen Ganzen" (PM-05) sich auf das Tun anderer beziehen muss, und zwar so, dass ein positiver Rückkopplungseffekt entsteht, der mehr ist als die Summe der Teile. Und über das Zustandekommen eines derartigen Rückkopplungseffekts muss kommuniziert werden. In dem Kontext halte ich das Wort "Nützlichkeit" für angemessen.

(14.3.1) 09.03.2006, 12:06, Franz Nahrada: Dann stört mich aber das "und heute auch monetär". Daß die monetäre Gratifikation der Arbeit ganz absurden Prinzipien folgt, ist heute jedermann bekannt; man könnte es "Nützlichkeit im unmittelbarsten Sinn für die Verwertung des Kapitals" nennen. Spekulation über "Gesellschaft überhaupt" ist da verdammt schwierig, denn nach diesem Kriterium sind sicher 90% der Dinge die heutzutage getan werden zerstörerisch, unnütz oder zumindest suboptimal...

(14.3.1.1) 09.03.2006, 12:12, Franz Nahrada: Hans Gert, die Idee daß jeder Mensch durch seine Individualität und Entfaltungh ein potentieller vermehrer gesellschaftlichen Reichtums ist, ist ja so blöd nicht, und im Kern sehr human. Aber wir können diese Idee nicht durcheinanderwerfen mit der Reproduktion des selbstreferentiellen monetären Mediums. Um dieser Einsicht wirklich gerecht zu werden bedürfe es einer neuen Welt voller sozialer Erfindungen....

(14.3.1.2) 10.03.2006, 06:53, Hans-Gert Gräbe: Wir reden über den Weg in eine andere Gesellschaft. Und da frag' ich halt: abschaffen oder vom Kopf auf die Füße stellen? Und ich habe anderenorts detaillierter (mawi-paper, cc-thesen) ausgeführt, warum ich meine, dass auch in Zukunft die Meinung anderer, dass ich was FÜR SIE NÜTZLICHES mache, von Gesellschaft konstituierendem Belang ist. DAS ist aber genau das Verhältnis, was hier und heute monetär - in Fetischform mit einer zweiten Komponente in (hier und heute) unauflöslicher Symbiose gebunden - daherkommt. Wolfgang Schallehn fragt das noch viel direkter (da bleiben dann auch mir zu viele Steine aufeinander).

(14.3.3) organismisch-dezentral, 10.03.2006, 13:36, Annette Schlemm: Diesen Begriff finde ich nicht anschlussfähig. Der erste Wortteil führt zu biologistischen Vorstellungen und die Kombination machts nicht besser...

(14.3.3.1) 21.03.2006, 17:52, Hans-Gert Gräbe: Ich beziehe mich hier explizit auf die Terminologie des "Potsdamer Manifests".

(14.3.4) Rückkopplung, 10.03.2006, 13:41, Annette Schlemm: Wir sollten aufpassen, welche Art von Individualität und Gesellschaftlichkeit wir voraussetzen. Wenn die Individuen voneinander isolierte Einzelne sind (wie Elemente in einer Systemtheorie), dann muss ihr Miteinander als ihnen äußerliche Wechselwirkung gesehen werden und so etwas wie "Rückkopplung" ist für ihre eigene Bewegung aufrecht erhaltende Systeme notwendig. Wenn wir aber von "gesellschaftlichen Individuen" und nicht mehr uns abstrakt als sachliche Macht entgegenstehender Gesellschaftlichkeit reden, bringt der Versuch, das Verhältnis des Einzelnen zum Ganzen bzw. den anderen in Formen äußerlicher Verhältnisse als abstrakte Systemtheorie (mit Rückkopplungen und so) zu denken nicht viel. Mir ist bewusst, dass wir auch mit unserm diesbezüglichen metaphernhaften Denken eben noch die ganzen bürgerlichen Denkformen mit uns schleppen...

(14.3.4.1) 21.03.2006, 17:56, Hans-Gert Gräbe: Hier sicher nicht. Die Frage ist, dass Menschen ihr Handeln am "privaten Gebrauch der eigenen Vernunft" orientieren und damit per se beschränkt sind in ihrer Fähigkeit, Gesellschaftlichkeit überhaupt umfassend wahrzunehmen. Was ist, wenn die Handlungserfordernisse an die Grenzen dieser Beschränktheit stoßen und nur durch einen Atlas MEHRERER Beschränktheiten abzudecken sind? Dass ich mich also schlicht darauf verlassen muss, dass andere VON SICH AUS meinen Gestaltungsfaden aufnehmen an der Stelle, wo mein Horizont endet? Und vice versa. Sind da Rückkopplungen nicht EXTREM wichtig? Das ist übrigens der Kern meiner Argumentation zum "Prinzip Hoffnung" in der Wissensgesellschaft.

(14.3.5) Nützlichkeit, 10.03.2006, 13:46, Annette Schlemm: Ich denke, wir haben hier ein grundlegendes Problem. Wir neigen schon wieder dazu, abstrakte Forderungen aufzustellen. Gerade bei der Nützlichkeit ist das in sich widersprüchlich. Was für die Menschen wann und wo und in Bezug worauf nützlich ist, können wir eh nicht abstrakt erfassen, auch nicht mit dem allgemeinen Wort "Nützlichkeit". Dass etwas "für andere" wichtig sein muss, ist für mich auch keine sinnvolle Definition für "Nützlichkeit". Letztlich ist alles, was auch "nur für mich" nützlich ist, etwas für die Gesellschaft Nützliches, weil ich immerhin ein gesellschaftliches Individuum bin und nichts Ungesellschaftliches... Die Sorge, ohne eine "Nützlichkeit für andere" würden die Gesellschaft auseinanderfallen, steckt noch total im bürgerlichen Denken, in der vereinzelte (ungesellschaftliche) Individuum vorausgesetzt werden, die einen äußeren Kitt brauchen, damit das Ganze zur Gesellschaft wird.

(14.6) 17.03.2006, 14:05, Benni Bärmann: Ich als erklärter Anti-Utilitarist reihe mich gerne ein in diese Front von Kritkern der Nützlichkeit. Vielleicht für Dich als Wissenschaftler noch ein zusätzlicher Einwand: Ist es nicht eh schon pervers genug, dass sich Grundlagenforschung immer mehr mit ihrer Nützlichkeit rechtfertigen muss? Und damit ist oft zwar auch monetäre Nützlichkeit gemeint, meistens wird aber irgendwas medizinisches aus dem Ärmel gekramt um die Geldgeber zu überzeugen.

Literatur

(15)

(Busch-05) Ulrich Busch: Schlaraffenland - eine linke Utopie? Kritik des Konzepts eines bedingungslosen Grundeinkommens. Utopie Kreativ 181 (2005), 978-991. (pdf)
(Graebe-01) Hans-Gert Gräbe: Emanzipatorische Herausforderungen moderner Technologien - 10 Thesen. Version vom Mai 2001. html
(Graebe-Schallehn) Diskussion zum Thema im Oekonux-Wiki
(Holloway-04) John Holloway: Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen. Verlag Westfälisches Dampfboot, 2004.
(Laitko-01) Hubert Laitko: Bildung als Funktion einer multioptionalen Gesellschaft. Utopie kreativ 127 (2001), 405-415. (pdf)
(Moglen-03) Eben Moglen: The dotCommunist Manifesto. Version vom Januar 2003. (html, deutsche Übersetzung)
(Schlemm-05) Annette Schlemm: Die Selbstentfaltungsgesellschaft. Jena, 2005.
(Wark) McKenzie Wark: A Hacker Manifesto. Undatiert.

(15.1) 22.03.2006, 13:51, Hans-Gert Gräbe:
(Ehlers-05b) Kai Ehlers: Die Zukunft denken und gestalten: Grundeinkommen, Grundversorgung, Eigenarbeit – Bausteine für ein selbst bestimmtes Leben in einer integrierten Gesellschaft. pdf
(Ehlers-05a) Kai Ehlers: Weiterungen zur Frage des Grundeinkommens. Anmerkungen zu einem Text von Katja Kipping und Ronald Blaschke. html
(Liebermann-06) Sascha Liebermann: Freiheit ist eine Herausforderung, kein Schlaraffenland. Utopie kreativ 184 (2006), pdf
(Liebermann-05) Sascha Liebermann: Freiheit statt Vollbeschäftigung: Grundeinkommen als Ausweg aus der Krise. Utopie kreativ 176 (2005), pdf

(15.2) 27.03.2006, 11:40, Hans-Gert Gräbe: Weitere Literatur, auf die ich in einer Antwort an Benni verweise.
(Gorz-04) Andre Gorz: Wissen, Wert und Kapital. Zur Kritik der Wissensökonomie. Rotpunktverlag, 2004.
(Graebe-mawi) Hans-Gert Gräbe: Die Macht des Wissen in der modernen Gesellschaft. pdf
(Graebe-ccthesen) Hans-Gert Gräbe: Wissen und Bildung in der modernen Gesellschaft (Chemnitzer Thesen). pdf
(Graebe-utopie) Hans-Gert Gräbe: Das "Prinzip Hoffnung" in der Wissensgesellschaft. pdf
(Hoevels-01) Fritz Erik Hoevels: Wilhelm Reichs Beitrag zur Psychoanalyse. Ahriman-Verlag, 2001.
(PM-05) Potsdamer Manifest und Potsdamer Denkschrift. Siehe http://www.vdw-ev.de/manifest/
(Spehr-99) Christoph Spehr: Die Aliens sind unter uns! Herrschaft und Befreiung im demokratischen Zeitalter. Siedler-Verlag, 1999.

(15.3) Reader, 04.04.2006, 09:06, Hans-Gert Gräbe: Ich habe hier mal die bisherigen Beiträge für den Reader zusammengefasst. (Reader als pdf)
Annette Schlemm: Selbstentfaltungs-Gesellschaft, http://www.thur.de/philo/ku5.htm (Ich werde den Text noch mal überarbeiten und als rtf-Datei rausgeben, A.S.)
Hans-Gert Gräbe: Das "Prinzip Hoffnung" in der Wissensgesellschaft ( pdf)
Kai Ehlers: Die Zukunft denken und gestalten: Grundeinkommen, Grundversorgung, Eigenarbeit – Bausteine für ein selbst bestimmtes Leben in einer integrierten Gesellschaft ( pdf)

(15.3.1) 20.06.2006, 11:55, Hans-Gert Gräbe: Hier die weiteren Beiträge für den Reader.
Stefan Matteikat: Das Dilemma der Achtundsechziger und die globalen Dörfer der Inkas. Ein Versuch über transdisziplinäre Forschung. Manuskript 2006. ( pdf )
Franz Naetar: „Commodification“, Wertgesetz und immaterielle Arbeit. Grundrisse, Heft 14 (2005) 6-19. ( pdf)
Annette Schlemm: Mit New Work und New Culture auf dem Weg in eine Selbstentfaltungs-Gesellschaft. Manuskript 2006. ( pdf)
Diskussion zum Arbeitsbegriff mit Benni Bärmann
Tim O'Reilly: Open Source Paradigm Shift. Juni 2004. http://tim.oreilly.com/articles/paradigmshift_0504.html

(15.4) Reader, 03.07.2006, 09:49, Hans-Gert Gräbe: Die Endfassung der Texte und des Readers zum Workshop ist unter http://www.hg-graebe.de/Texte/Huetten-06.html zu finden. Ich habe nur Texte der Teilnehmer aufgenommen, nicht den von Franz Naetar. Ihr findet einen Link auf (u.a.) diesen Text aber als "ergänzende Lektüre" auf o.g. Webseite. Bitte beachtet, dass ich alle Texte in ein eigenes Verzeichnis verschoben habe, die in (15.3) angegebenen Links, soweit sie auf meine Webseiten zeigen, also nicht mehr gültig sind.


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