Home   Was ist ot ?   Regeln   Mitglieder   Maintainer   Impressum   FAQ/Hilfe  

Ein Beitrag für das Open Source Jahrbuch 2005

Maintainer: Stefan Merten, Version 1, 15.09.2004
Projekt-Typ:
Status: Archiv

(1) Grundlage des Aufsatzes für das OS-Jahrbuch 2005 ist die "Oekonux Einführungskladde ohne Nutzungsexklusion", URL: http://www.oekonux.de/einfuehrung/kladde/. Ziel ist es, die Kladde in einen gut lesbaren Text umzuwandeln und bisher fehlende Punkte zu ergänzen. Die Kladde wie auch der Jahrbuch-Text beanspruchen nicht, "die Meinung des Oekonux-Projektes" wiederzugeben, sondern einen Einblick in die Diskussionen im Oekonux-Projekt. Das es zur Kladde wie zum Artikel wiederum unterschiedliche Meinungen gibt, versteht sich von selbst.

(1.1) 26.09.2004, 10:29, Stefan Merten: Nach einigen Überlegungen zur Zielgruppe haben Stefan und ich uns auf ein paar Abschnitte aus der Kladde geeinigt, die im Aufsatz vorkommen sollen. Ich markiere das hier jeweils mit dem Betreff: "Im Aufsatz enthalten".

(1.1.1) 14.10.2004, 22:38, Stefan Merten: Wenn ich alle Absätze zähle, die mit [Artikel] oder [Aufsatz] gekennzeichnet sind, dann komme ich mit meinem heutigen Beitrag und ohne den Merge ziemlich auf knapp 45000 Zeichen. 50000 stand mal als Obergrenze im Raum, so dass wir uns mengenmäßig auf der Zielgeraden befinden :-) .
Wäre die Frage, ob noch etwas zu #15 "Kritik: Keimformthese" kommen soll oder nicht. Ansonsten haben wir alles drin, was wir drin haben wollten.
Bei #11 "Stichwort: Knappheit" gehe ich mal davon aus, dass da noch etwas kommt.

(2) Hier auf open theory gibt es die Kladde bereits (vgl. http://www.opentheory.org/oxkladde/). Dieses Projekt "bleibt als Kladde" erhalten, während die nun folgende Liste der Kladdestichpunkte nicht so bleibt, sondern schrittweise in einen Aufsatz umgewandelt wird. Los geht's...

"Oekonux" - was ist das eigentlich?

(3) Das Projekt:

Hauptsächlich virtuell: Gelegentlich auch weniger virtuell (Konferenz, Vorträge):

(3.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:30, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein, kann aber evt. für eine Einleitung verwendet werden.

"Freie Software" - was ist das eigentlich?

(4) Charakteristika Freier Software:

Frei im Sinne von Freiheit

(4.1) Re: "Freie Software" - was ist das eigentlich?, 15.09.2004, 15:01, ano nym: http://www.exit-online.org/pdf/Exit0108PHCopyleft.pdf

(4.1.1) "Freie Software" wie kommt es zu dem, was eigentlich ist ?, 15.09.2004, 15:59, Uvvell H:W:Berger: Der freie Markt trifft auf die freie Information, (hard und soft waren kontrollsysteme). Hier, auf Kosten von Vaterstaat und in weiter Ferne von Muttererde möchte niemand lange sein - schließlich möchten wir´s ödipal heimzahlen. Was könnte eine absolute Kontrolle im Marktgeschehen anderes bewirken, als Autonomie bzw. Autopsie. Hat die Existenz einen Ausgang oder bleiben wir in einem Erkenntnisprozeß (arbeitsteiliger Autisten)?
Es mag im Erfolgsgefühl schwer in Zweifel zu ziehen sein, jedoch im Taumel der Individualdefinitionen (ich bin, Du bist,wir sind) überschreiten wir erste Grenzen im Erkennen: allein, ohne Einverständnis des/der/dem Anderen kann dieser "Einzelhaftigkeit" nur das Ende prophezeiht sein.

(4.2) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:32, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

Produktionsweise Freier Software

(5) Sehr wichtiges Charakteristikum:

Oft entsteht eine hohe Qualität

Qualität ist unmittelbare Folge der Produktionsweise

(5.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:33, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(5.2) Re: Produktionsweise Freier Software, 07.10.2004, 18:47, Stefan Meretz: [Artikel] Die Produktionsweise Freier Software unterscheidet sich grundsätzlich von der proprietärer Software. Dies betrifft weniger die technischen Verfahren, sondern vor allem individuelle Motivation und soziale Organisation. Diese Merkmale sind kennzeichnend: Wertfreiheit, Selbstentfaltung, Selbstorganisation und Globalität.

(5.2.1) Re: Produktionsweise Freier Software, 11.10.2004, 20:49, Stefan Merten: Letzter Satz besser: Diese Produktionsweise ist gekennzeichnet durch Wertfreiheit, Selbstentfaltung, Selbstorganisation und Globalität.

(5.2.2) Re: Produktionsweise Freier Software, 11.10.2004, 20:50, Stefan Merten: Außerdem wäre ich dafür, die zentralen Stichworte in den Absätzen jeweils hervor zu heben.

(5.3) Re: Produktionsweise Freier Software, 07.10.2004, 18:48, Stefan Meretz: [Artikel] Freie Software hat keinen Wert, weil sie keine Ware ist. Sie ist dennoch sehr "wertvoll", weil sie für viele sehr nützlich ist. Ökonomischer Wert und Nützlichkeit fallen hier nicht zusammen. Die Wertfreiheit ist der Grund dafür, dass Freie Software nicht für etwas Drittes, etwa den "Verkauf", hergestellt wird. Freie Software entsteht freiwillig aus ganz konkreten Gründen: um ein Problem zu lösen, um etwas auszuprobieren oder einfach aus Spaß.

(5.3.1) Re: Produktionsweise Freier Software, 11.10.2004, 20:50, Stefan Merten: "weil sie keine Ware ist" muss m.E. erläutert werden, sonst hängt das bei dem zu erwartenden Vorverständnis des Begriffs Ware argumentativ zu sehr in der Luft. Wird an anderer Stelle auch getan. Müssen wir vielleicht die Stellung im Text nochmal überdenken.

(5.3.2) Re: Produktionsweise Freier Software, 11.10.2004, 20:50, Stefan Merten: Besser noch wäre es vielleicht, die Ware und Wertfreiheit hier noch ganz raus zu lassen und mehr beschreibend auf das "geldfrei" einzugehen und dann auf die andere Motivation einzugehen. Ein Vorschlag:

(5.3.2.1) Re: Produktionsweise Freier Software, 11.10.2004, 20:50, Stefan Merten: [Artikel] Die Entwicklung von Software ist mit Anstrengung verbunden. Bei Freier Software wird diese Anstrengung in der Regel jedoch nicht entlohnt. Wie auf vielen anderen Gebieten menschlichen Lebens strengen sich die Menschen hier aus anderen Gründen an, als Geld dafür zu erhalten.

(5.4) Re: Produktionsweise Freier Software, 07.10.2004, 18:49, Stefan Meretz: [Artikel] Hauptantrieb bei der Entwicklung der Freien Software ist die individuelle Selbstentfaltung (siehe auch unten). Selbstentfaltung bedeutet, dass ich genau das tue, was ich tun möchte. Es gibt keine dritten Gründe (Markt, Verkauf etc.), sondern jeweils meine Gründe, Freie Software zu entwickeln oder zu unterstützen. Die Freiheit der Entwicklung und der Ziele ist ein wichtiges Motiv (vgl. dazu die Unterscheidung von Einfach und Doppelt Freier Software). Proprietäre Software hingegen wird für einen dritten, fremden Zweck entwickelt. Der Markt entscheidet, ob die Software überlebt. Finden sich zu wenige KäuferInnen, verschwindet die Software. Das gibt es bei Freier Software nicht. Solange sich jemand für die Software interessiert, gibt es sie – oft auch, wenn es keine aktuellen NutzerInnen mehr gibt.

(5.5) Re: Produktionsweise Freier Software, 07.10.2004, 18:49, Stefan Meretz: [Artikel] Die sozialen Organisationsformen Freier Software sind so verschieden wie die Projekte selbst. Niemand gibt vor, wie etwas zu sein hat. Jedes Projekt organisiert sich selbst und findet die Form, die ihm gemäß ist – oft einfach durch Ausprobieren. In den meisten Projekten gibt es die beiden Rollen "Maintainer" und "Projektmitglied". Ein Maintainer übernimmt freiwillig Verantwortung und kümmert sich um "Meta-Prozesse": Code-Verwaltung, Projekt-Organisation, Kommunikation, Information nach außen etc. Projekt-Mitglieder leisten freiwillige Beiträge: Code-Schnipsel, Fehler-Bereinigungen, Dokumentationen etc. Die Übergänge sind fließend. Je größer das Projekt, desto differenzierter die Struktur. Die meisten Projekte arbeiten nach dem Prinzip: Was getan werden muss, wird getan – oder eben nicht. Und: Das Programm ist fertig, wenn es fertig ist.

(5.6) Re: Produktionsweise Freier Software, 07.10.2004, 18:50, Stefan Meretz: [Artikel] Die globale Vernetzung ist Resultat der Möglichkeiten des Internet. Jedes noch so kleine Projekt, das sich einer der vielen global verfügbaren Projekt-Infrastrukturen bedient (SourceForge, Savannah etc.) oder selbst eine betreibt, ist weltweit verfügbar. Menschen, die sich noch nie gesehen haben und vielleicht auch niemals sehen werden, können so zusammen kommen und etwas Nützliches erschaffen. Ohne das Internet wäre Freie Software nicht denkbar.

Stichwort: Selbstentfaltung

(6) Der Begriff spielt eine wichtige Rolle bei Oekonux:

Selbstentfaltung ist generell ein erstrebenswertes Ziel

(6.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:34, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Sollte sein.

(6.2) Re: Stichwort: Selbstentfaltung, 07.10.2004, 19:30, Stefan Meretz: [Artikel] Selbstentfaltung ist ein zentraler Begriff beim Verständnis Freier Software. Damit ist nicht einfach "Spaß haben" gemeint. Selbstentfaltung hat eine individuelle und eine gesellschaftliche Dimension. Individuell meint Selbstentfaltung das persönliche Entfalten der eigenen Möglichkeiten, das Entwickeln der eigenen Persönlichkeit. So verstandene Entfaltung der Persönlichkeit hat stets Formen der Entäußerung: produktive, reproduktive, technische, kulturelle, kommunikative, konsumtive etc. Diese "Produkte" (im weitesten Sinne) sind für Andere nützlich.

(6.3) Re: Stichwort: Selbstentfaltung, 07.10.2004, 19:30, Stefan Meretz: [Artikel] Die gesellschaftliche Dimension der Selbstentfaltung betrifft die Abhängigkeit der eigenen Entfaltung von der Entfaltung der Anderen. Ich kann mich nur entfalten, wenn die Anderen es auch tun. Die Anderen, potenziell alle Anderen, sind meine Entfaltungsbedingung, wie ich umgekehrt Entfaltungsbedingung für die Anderen bin. Es entsteht eine positive Rückkopplung: Mein Bestreben richtet sich darauf, dass die Anderen sich entfalten können, damit ich mich entfalten kann. Würde ich mich nur darauf konzentrieren, was ich zu tun wünsche und die Anderen ignorieren oder gar ausgrenzen, dann schadete ich mir selbst.

(6.4) Re: Stichwort: Selbstentfaltung, 07.10.2004, 19:31, Stefan Meretz: [Artikel] Diese Dynamik können wir – mehr oder weniger ausgeprägt – bei Freier Software beobachten. Die positive Rückkopplung kommt zustande, weil und wenn es keine dritten, entfremdeten Gründe gibt, tätig zu werden. Das ist bei Freier Software (v.a. Doppelt Freier, s.u.) gegeben, weil Freie Software keine Ware ist und nicht für den Verkauf produziert wird. Im Oekonux-Projekt wurde diese Analyse zu dem Satz verdichtet: Die Selbstentfaltung des Einzelnen ist die Bedingung für die Entfaltung Aller – und umgekehrt. Besonders deutlich wird die Unterscheidung, wenn man den gleichen Satz für die entfremdete Warenproduktion formuliert: Die Entwicklung des Einzelnen ist möglich auf Kosten der Entwicklung der Anderen – und umgekehrt.

(6.5) Re: Stichwort: Selbstentfaltung, 07.10.2004, 19:32, Stefan Meretz: [Artikel] Selbstentfaltung darf nicht mit Selbstverwirklichung verwechselt werden. Selbstverwirklichung blendet die gesellschaftliche Dimension aus, sie muss Andere ignorieren oder sich gegen sie durchsetzen. Selbstverwirklichung ist statisch und begrenzt, sie geht von einer "Anlage" aus, die "verwirklicht" werden will und endet mit der Erfüllung. Selbstentfaltung hingegen ist dynamisch. Jede erreichte Entfaltung ist wiederum nur Bedingung und Möglichkeit neuer Formen der Entfaltung. Eine Gesellschaft der Selbstentfaltung wäre eine reiche Gesellschaft. In einer solchen Gesellschaft wäre der alte Gegensatz zwischen Freiheit und Gleichheit aufgehoben.

Freie Software und kommerzielle Einflüsse

(7)

Freie Software kann nur geldfrei entstehen

Letztlich schützt dies fundamental vor einer durchgreifenden Kommerzialisierung
Andernfalls wird Freie Software zerstört

(7.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:35, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nur die beiden letzten Punkte ("Qualität..." und "Loharbeit...").

(7.1.1) Re: Im Aufsatz enthalten, 13.10.2004, 20:34, Stefan Merten: Diese Punkte sind an anderer Stelle ausreichend abgehandelt.

Perspektiven Freier Software

(8) Freie Software wird immer wichtiger:


Auf Servern ist GNU/Linux schon weit verbreitet

Linux World Domination ;-)

(8.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:35, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

Das Besondere an Freier Software

(9) Freie Software ist kein einfaches Hobby:

Hobby, aber in neuer Qualität

Andere Hobbies vereinen diese Eigenschaften nicht auf sich

(9.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:36, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(9.1.1) Re: Im Aufsatz enthalten, 07.10.2004, 21:47, Stefan Merten: Die beiden Abschnitte, die in der Kladde sich mit dem Vergleich zu Hobby und Ware befassen, kommen nach unserem derzeitigen Zuschnitt ziemlich weit vorne im Text. Insbesondere kommt die Keimformargumentation erst danach. Ich baue es daher mal so, dass es auf die Keimformthese zuläuft und als deren Untermauerung gelten kann.

(9.1.2) Re: Im Aufsatz enthalten, 07.10.2004, 21:49, Stefan Merten: Auch das Stichwort Produktivkraftentwicklung - was in der Kladde ohnehin ein eigenes Stichwort wert wäre - kommt momentan erst später. Ich baue die Abschnitte so auf, dass die Erreichung einer neuen Qualität von Produktivkraftentwicklung sich als roter Faden durchzieht. Damit kommen wir auch von dem etwas willkürlichen Vergleich mit Hobby und Ware weg.

(9.1.3) Re: Im Aufsatz enthalten, 07.10.2004, 21:49, Stefan Merten: In der Kladde sollte das vielleicht auch entsprechend geändert werden.

(9.2) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:43, Stefan Merten: [Artikel] Eine neue Qualität von Produktivkraftentwicklung

(9.3) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:43, Stefan Merten: [Artikel] Eine wichtige Basis der Argumentation im Projekt Oekonux ist, dass es sich bei dem Phänomen Freie Software um ein Beispiel für ein qualitativ neues Modell von Produktivkraftentwicklung handelt. Im Folgenden werden einige Aspekte Freier Software beschrieben, die wir für Hinweise auf diese neue Qualität halten.

(9.3.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:50, Stefan Merten: Produktivkraftentwicklung sollte im Artikel an dieser Stelle erläutert werden - oder ins Glossar des Artikels wandern. Aus der Erläuterung sollte dann auch ein Kladde-Stichwort werden.

(9.3.1.1) Produktivkraftentwicklung, 08.10.2004, 16:09, Stefan Meretz: Sollten wir im Artikel erläutern. Nach meiner Vorstellung geht es dabei auch, aber nicht vorrangig um die Technik (die Produktionsmittel, die noch aus der "alten" Industrie-Epoche kommen). Die neue Qualität besteht in der Selbstentfaltung, also die neue Art und Weise der Re-/Produktion. Vgl. dazu z.B. das Glossar des Gegenbilderbuches

(9.3.1.1.1) Re: Produktivkraftentwicklung, 21.10.2004, 22:19, Stefan Merten: Nun, ich denke nicht, dass das neue Modell sich in der Selbstentfaltung erschöpft - die hat es schließlich vorher auch schon vielfältig gegeben und wir würden das allermeiste davon wohl nicht als Keimform betrachten. Und es ist auch nicht so, dass eine gute Fee die Selbstentfaltung per Zauberstab zum Zentrum einer keimförmigen Produktionsweise gemacht hat.
Ich glaube, dass hier zwei Dinge Hand in Hand gehen. Die technische Entwicklung ermöglicht Selbstentfaltung auf einem für die Produktivkraftentwicklung relevanten Gebiet - und die Selbstentfaltung treibt wiederum die Produktivkraftentwicklung an. Da Selbstentfaltung wahrscheinlich als allgemeines Ziel menschlichen Handelns bezeichnet werden kann, ist dieser ganze Vorgang dann die Integration von Selbstentfaltung in die Produktivkraft. Damit brauchen wir dann keinen außermenschlichen Telos mehr, sondern die ganze Entwicklung wird verständlich aus der intentionalen Struktur der Beteiligten.

(9.4) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:43, Stefan Merten: [Artikel] Software insgesamt ist eine Produktgruppe, die Computer-basiert erst seit einigen Jahrzehnten überhaupt existiert. Ihre Nutzung setzt das Vorhandensein von Computern, mithin also hochmoderner Geräte voraus. Software und also auch Freie Software ist also ein hochmodernes Produkt, das auf einem früheren Stand von Produktivkraftentwicklung gar keinen Sinn gemacht hätte. Freie Software befindet sich als Produkt an der Spitze der Produktivkraftentwicklung.

(9.5) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:44, Stefan Merten: [Artikel] Nach wie vor unterliegen die Paradigmen, unter denen Software hergestellt wird, einem schnellen Wandel: Strukturierte Programmierung, Objektorientierung, agile Methoden - um nur ein paar zu nennen - haben sich innerhalb weniger Jahre abgelöst. Wir erleben ein Entwicklungstempo an den Wurzeln einer Technologie, dass in anderen Ingenieurdisiplinen längst Vergangenheit ist. Mit einigem Recht kann Freie Software als Produktionsweise ebenfalls als neues Paradigma bezeichnet werden. Selbst innerhalb der Spitze der Produktivkraftentwicklung gehört Freie Software hinsichtlich der Produktionsweise selbst zu einem der innovativsten Ansätze.

(9.5.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:50, Stefan Merten: Steht nicht in der Kladde und ist mir als Gedanke auch neu.

(9.6) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:44, Stefan Merten: [Artikel] Freie Software wird nicht nur auf Computern benutzt und über das Internet verteilt, sondern auch mit Hilfe von Computern und Internet entwickelt. Computer allgemein und speziell ihre Anwendung in Form des Internet sind die zentralen Produktionsmittel für die Entwicklung Freier Software. Diese Produktionsmittel gehören ebenfalls zu den am weitesten entwickelten Produktionsmitteln, die die Menschheit bisher ersonnen hat.

(9.6.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:51, Stefan Merten: Sollte ein eigener Punkt in der Kladde werden.

(9.7) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:45, Stefan Merten: [Artikel] Im Gegensatz zu Produktionsmitteln voran gegangener Produktivkraftepochen sind Computer und Internet auf Grund ihrer Universalität nicht auf Produktion digitaler Güter festgelegt, sondern können beispielsweise auch zum Spielen eingesetzt werden. Die Produktionsmittel Freier Software sind zunehmend Teil der allgemeinen Infrastruktur der sich am Horizont abzeichnenden Informationsgesellschaft.

(9.7.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:51, Stefan Merten: Sollte ein eigener Punkt in der Kladde werden.

(9.7.2) Re: Das Besondere an Freier Software, 08.10.2004, 08:43, Franz Nahrada: Das "Spiele" Beispiel dementiert gerade das, worum es in der Argumentation geht; ich würde dringend ein anderes nehmen!!

(9.7.2.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 08.10.2004, 16:33, Stefan Meretz: Warum? Ich finde es passend: Allgemeine Infrastruktur für alle möglichen Aspekte des Lebens.

(9.7.2.1.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 08.10.2004, 17:37, Franz Nahrada: Das sind Spiele gerade nicht!! "Spiel" ist geradezu ein Synonym für "Simulation". Aus der Tatsache daß es Computerspiele gibt entnehme ich gerade nicht daß der Computer mehr ist als ein "Spielzeug". Als solches wird er denn auch sehr häufig beschimpft.# Inhaltlich richtig ist daß Spiel Realität vorwegnimmt. Aber darum geht es hier nicht, es geht um den "realisierenden" Aspekt per se. Also daß der Computer gerade mehr erzeugt als digitale Realitäten. Und Computerspiele sind nun mal digitale Realitäten. Hier wäre alles mögliche andere angebracht, etwa daß Computer "Häuser drucken", wie unlängst im Spiegel stand, daß sie Stoffe weben können etc.

(9.7.2.1.1.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 09.10.2004, 13:45, Benni Bärmann: Du verwechselst Deine eingeschränkte Sicht der Welt der Computerspiele mit der Realität. Spiele produzieren nicht nur Simulationen und Digitale Realitäten, sondern auch Kommunikation, Gemeinschaften, Interaktion, soziale Netzwerke. Das alles ist genauso real wie "ausgedruckte Häuser". Ja, ich würde sogar so weit gehen, dass sie realer sind als ausgedruckte Häuser - und das sage ich ausdrücklich und gerade als jemand, der seit über einem Monat auf dem Bau schuftet und sich mit Spielen aller Art wahrlich auskennt. Die gewebten Stoffe schliesslich waren schon lange vor dem heutigen Universalcomputer informationstechnisch automatisiert (Jaquard-Webstuhl), umgekehrt war sogar der automatische Webstuhl ein Vorläufer des Computers und nicht etwa umgekehrt.

Kommt doch endlich mal weg von eurem Materie-Fetisch und seht die wirklichen materiellen Einschränkungen des Wissens-Kommunismus. Scheiß doch auf den Spiegel - die wussten noch nie Bescheid.

(9.7.2.1.1.1.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 12.10.2004, 13:06, Franz Nahrada: Hey Benni, in dem Absatz oben gehts ziemlich präzise um die Frage "bringt ein Computer nur digitale Güter hervor" oder letztlich auch mehr. Das ist zu beweisen und da gehts meiner Ansicht nach woanders lang als mit Spielen.

(9.7.2.1.1.1.1.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 13.10.2004, 11:46, Ano Nym: Ja, und? Genau das hab ich ja betont. Aber Du hast schon recht, ohne eine weitere Verdeutlichung ist das Spiele-Beispiel vielleicht etwas irreführend. Trotzdem finde ich es gerade deswegen prima, weil es nicht um den techno-utopischen Kram mit Häuserausdrucken geht, der sich vielleicht im Spiegel gut macht, auf meiner Baustelle aber überhaupt nicht weiterhelfen würde. Spiele hingegen sind ein Beispiel dafür wie mittels Computer auch das weite Feld der immateriellen Arbeit abgedeckt werden kann. Und wenn die These stimmt, dass immaterielle Arbeit die neue hegemoniale Form ist, dann bringt das mehr als der hundertste Fabber-Kram.

(9.7.2.1.1.1.1.1.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 13.10.2004, 11:47, Benni Bärmann: das war natürlich nicht Ano Nym, sondern ich. Hab verpeilt mich einzuloggen.

(9.7.2.1.1.1.1.1.2) Re: Das Besondere an Freier Software, 14.10.2004, 12:33, Franz Nahrada: Aber es hilft einfach nicht weiter zu sagen "die immaterielle Arbeit wird immer bedeutsamer und gestaltet unser Verhältnis zur Materie völlig um". Das ist abstrakt völlig richtig, aber es muß ausgeführt werden. Ich bin mit Dir einer Meinung: der Fabber-Kram vernebelt mehr als er aufhellt, die Universalmaschine ist nicht die Realisierung der immateriellen Arbeit. Und auch das Häuserdrucken auf Großbaustellen mit instant-freeze Betonschleim ist nicht unbedingt die Form die ich mir vorstelle, aber deswegen wären ja jetzt auch die (guten!) Beispiele aus allen Bereichen der materiellen Produktion so gefragt.

(9.7.2.1.2) Re: Das Besondere an Freier Software, 11.10.2004, 20:49, Stefan Merten: So wie Stefan es verdeutlicht, war es gemeint: Alle möglichen Aspekte des Lebens. Eine nicht mehr weg zu denkende allgemeine Infrastruktur, die - buchstäblich - für alles mögliche genutzt werden kann. Spiele fand ich da einen guten Kontrapunkt zur Produktion. Ohne das jetzt ausführlich diskutieren zu wollen - was das Thema aber durchaus verdient hätte - ging es mir hier darum, dies der LeserInnenschaft zu verdeutlichen. Und für die ist Spiel erst in dritter Lesart Simulation und in erster Lesart Entspannung.

(9.7.2.1.2.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 12.10.2004, 13:08, Franz Nahrada: Wierso brauchts hier einen Kontrapunkt zu Produktion, ich lese das so daß es hier einen Kontrapunkt zu digitalen* Produkten braucht. Also durchaus im Sinn der Brötchenfrage.

(9.7.2.1.2.1.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 14.10.2004, 22:38, Stefan Merten: Bei nochmaligem Lesen meines Satzes verstehe ich, wie du es gelesen hast. Da steht aber tatsächlich "Im Gegensatz zu Produktionsmitteln voran gegangener Produktivkraftepochen sind Computer und Internet auf Grund ihrer Universalität nicht auf Produktion digitaler Güter festgelegt, ...". Das finde ich immer noch richtig. Mit Computern kannst du keine Autos bauen. Du brauchst die - Computer-gesteuerten - Roboter als Aktoren und Sensoren. Von denen war hier aber nicht die Rede und sollte es m.E. in diesem Text zumindest an dieser Stelle nicht sein.
Mein Wunsch wäre aber ja ohnehin, diesen Anlass des Jahrbuchs dazu zu nutzen, die Kladde generell zu überarbeiten und auch gleich einen ausführlichen Text dazu zu haben. Spätestens in diesem Rahmen wäre so etwas ausführlicher zu thematisieren.

(9.8) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:45, Stefan Merten: [Artikel] Diese allgemeine Infrastruktur ist heutzutage so billig und gleichzeitig breit nützlich geworden, dass in den hochindustrialisierten Regionen bereits viele Privatleute über sie verfügen. Die Produktionsmittel, auf denen Freie Software beruht, befinden sich also in breiter privater Verfügung. Auch dies ein Aspekt, der für Produktionsmittel voran gegangener Produktivkraftepochen nicht gilt.

(9.9) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:45, Stefan Merten: [Artikel] Die Teilnahme an Freie-Software-Projekten ist nicht an Staaten oder Kulturkreise gebunden. Ganz selbstverständlich finden sich alle Interessierten an einem Projekt via Internet und kooperieren um ein Produkt zu erstellen, dass ihnen entspricht. Entwicklung Freier Software ist transnational. Sie bezieht sich bestenfalls über die Lizenzen auf die nationalstaatlichen Rechtssysteme der früheren Produktivkraftepochen und definiert somit einen eigenen Raum jenseits der Nationalstaaten.

(9.9.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:52, Stefan Merten: Sollte ein eigener Punkt in der Kladde werden.

(9.9.2) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:53, Stefan Merten: Sollte in der Kladde auch "transnational" heißen.

(9.9.3) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:53, Stefan Merten: So habe ich das bisher auch nicht im Kopf gehabt.

(9.10) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:46, Stefan Merten: [Artikel] Bemerkenswert ist auch, dass das gesamte Phänomen Freier Software aus der Zivilgesellschaft kommt. Weder staatliche Agenturen noch Firmen haben Freie Software erfunden. Erst in neuerer Zeit, nachdem Freie Software bereits erhebliche Erfolge erzielt hat, beginnen staatliche Einrichtungen und die Wirtschaft auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Diese Unabhängigkeit von den Agenten des alten Produktivkraftmodells erschöpft sich aber nicht in der Herkunft, sondern auch heute entwickelt sich Freie Software unabhängig weiter. Anstatt dass Staat oder Wirtschaft die Kontrolle übernehmen, gibt es viele Beispiele dafür, dass sie sich den Gegebenheiten Freier Software anpassen.

(9.10.1) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:54, Stefan Merten: So habe ich das bisher auch nicht im Kopf gehabt.

(9.10.2) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:54, Stefan Merten: Sollte auch in die Kladde.

(9.10.3) Re: Das Besondere an Freier Software, 07.10.2004, 21:54, Stefan Merten: Der Punkt "Hat hohen gesellschaftlichen Nutzen" ist hier noch nicht verarbeitet.

Freie Software ist keine Ware

(10)

Freie Software ist so wertlos wie die Luft zum Atmen

Nur Waren können einen (Tausch)wert haben
Der Gebrauchswert ist aber davon unabhängig

(10.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:36, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(10.2) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 17:58, Stefan Meretz: [Artikel] Eine Ware ist ein Produkt, das zum Zwecke des Tausches ("Verkauf") hergestellt wird. Dabei ist der Preis nicht relevant: Es gibt auch Waren mit dem Preis 0, z.B. Freeware. Freeware ist keine Freie Software. Freie Software zeichnet sich durch freie Verfügung (vgl. die "vier Freiheiten"), nicht aber notwendig durch ihre Kostenfreiheit aus. Entscheidender bei Freier Software ist, dass sie nicht für einen Tausch hergestellt wird.

(10.2.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 18:23, Benni Bärmann: Diese Formulierung ist etwas irreführend. Freeware wird auch nicht getauscht. Wogegen denn? Gegen Aufmerksamkeit und Marktzugang anderer Produkte? Das kann ich genauso auch mit Freier Software haben. Da gibt es ja inzwischen vielfältige Beispiele. Freeware ist eigentlich auch keine Ware. Oder ist der Kugelschreiber mit dem Firmenlogo eine Ware? Nicht wirklich, oder?

(10.2.1.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 08.10.2004, 16:14, Stefan Meretz: Öhm, tja, hast du recht. Freeware ist ein unpassendes Beispiel. Freeware ist IMHO im Grenzbereich: Es wird in der Regel für einen Markt hergestellt, aber nicht um einen Preis zu erzielen, sondern andere Zwecke durchzusetzen (z.B. Vorherrschaft und Komination mit Bezahlprodukten, Bsp. InternetExplorer). Ich wollte halt das Ding mit "Kein-Preis ist nicht das Kriterium" drin haben.

(10.2.1.1.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:49, Stefan Merten: Die Melodie kommt in meiner Variante dieses Abschnitts vor in der umgedrehten Lesart vor: 10.6.3.

(10.3) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 17:59, Stefan Meretz: [Artikel] Weil Freie Software keine Ware ist, muss sie auch nicht knapp sein. Freie Verfügung bei Software bedeutet: Sie ist im Überfluss vorhanden, jede und jeder kann sich einfach ein Exemplar nehmen ("kopieren"). Einzig technische Einschränkungen wie etwa der Zugang zum Internet begrenzen die "Entnahme". Das betrifft besonders Länder mit einer schlechten Infrastruktur, doch auch hier gibt es Lösungen zur Verbreitung der Freien Software (Computer-Zentren, CD-Verbreitung).

(10.3.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:49, Stefan Merten: "Entnahme" finde ich ein schlechtes Wort. Das hat so diesen Touch von anschließend ist es weg. Den sollten wir dringend vermeiden.

(10.3.2) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:51, Stefan Merten: Ich wäre - in diesem Text - für Ignorieren der schwach industrialisierten Länder. Zumindest sollten wir uns einig sein, ob oder ob nicht.

(10.4) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 18:00, Stefan Meretz: [Artikel] Weil Freie Software keine Ware ist, können ihre Quellen jedem offen zugänglich sein. Die Offenheit befördert die kooperative Entwicklung. Es lädt NutzerInnen ein, die Software zu benutzen und Fehler und Wünsche zu melden, und es lädt EntwicklerInnen ein, Verbesserungen und Erweiterungen einzubringen. Jeder auch noch so kleine Beitrag bringt alle voran. Freie Software "saugt" Kreativität und Wissen an. Nicht nur bei der "Entnahme" herrscht Überfluss, auch die "Hineingabe" ist potenziell unbegrenzt. Freie Software funktioniert nach einem Inklusionsmodell.

(10.5) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 18:00, Stefan Meretz: [Artikel] Weil proprietäre Software in der Regel eine Ware ist, kann sie sich viele Freiheiten nicht gönnen. Sie muss die "Entnahme" begrenzen, ob wohl es dafür keinen wirklichen Grund gibt. Knappheit muss künstlich erzeugt werden. Sie muss die "Hineingabe" beschränken, denn nur ausgewählte EntwicklerInnen dürfen in den Quelltext sehen. Geheimniskrämerei und unsichere Software sind oft die Folge. Proprietäre Software basiert auf einem Exklusionsmodell.

(10.6) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:55, Stefan Merten: Hupps! Jetzt gibt es doch eine Kollision ;-) . Na, sehen wir mal.

(10.6.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:56, Stefan Merten: [Artikel] Jenseits der Ware

(10.6.2) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:56, Stefan Merten: [Artikel] Wollen wir ermessen, inwiefern sich Freie Software vom vorherrschenden Produktivkraftmodell der Marktwirtschaft unterscheidet, so ist es sinnvoll, Freie Software mit einem der zentralen Elemente der Marktwirtschaft zu vergleichen: der Ware. Unter Ware verstehen wir in diesem Kontext Güter, die primär zum Zwecke des Verkaufs auf einem Markt produziert werden und sich also von Gütern unterscheiden, die primär aus anderen Gründen produziert werden - z.B. weil sie nützlich sind.

(10.6.3) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:56, Stefan Merten: [Artikel] Eines der hervorstechenden Merkmale Freier Software ist, dass das eigentliche Produkt keinen Preis hat, sondern unentgeltlich zur Verfügung steht. Viele, die an die geldbasierte Gesellschaft gewöhnt sind, sind zunächst einmal skeptisch gegenüber dieser Tauschfreiheit. Sind sie doch daran gewöhnt, dass Güter, für deren Erhalt sie nichts oder unverhältnismäßig wenig zurück geben müssen, entweder Teil der Werbung sind oder sonst einen Pferdefuß haben. Freie Software ist aber weder Werbung noch hat sie sonst einen Pferdefuß. Freie Software ist von Anfang bis Ende jenseits des Tauschprinzips angesiedelt. Auch wenn die Teilnahme an einem Freien-Software-Projekt Geben und Nehmen beinhaltet, so ist der Erhalt von Leistungen jedoch nicht an die Erbringung von Leistungen gekoppelt. Tatsächlich werden die allermeisten NutzerInnen Freier Software wenig oder gar nichts zu deren Weiterentwicklung leisten, und können sie doch völlig uneingeschränkt nutzen.

(10.6.3.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:51, Stefan Merten: Erster Satz besser: "Eines der hervorstechenden Merkmale Freier Software ist, dass das in vielen Fällen das eigentliche Produkt keinen Preis hat." Bessere Vorschläge willkommen.

(10.6.4) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:56, Stefan Merten: [Artikel] Auf Grund der Konkurrenz sind in der Warenproduktion Betriebsgeheimnisse unerlässlich. Sie schützen die Marktteilnehmer, indem sie für eine bestimmte Produktion unerlässliches Wissen vor der Konkurrenz verbergen. Auch die Idee der Patente zielt in diese Richtung, wobei die Geheimhaltung hier durch einen staatlichen Monopolschutz ersetzt und somit künstlich verknappt wird. Bei Freier Software liegen die Quellen jedoch offen vor, so dass es gar keine Geheimnisse geben kann. Alle Interessierten können jederzeit das gesamte Know-How verwenden, dass in einer bestimmten Software enthalten ist. Die vier fundamentalen Rechte Freier Software erwähnen die Möglichkeit des Lernens aus fremden Quellen sogar explizit.

(10.6.4.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:56, Stefan Merten: Das Ding mit der Verknappung von Produktivwissen durch Betriebsgeheimnisse und Patente hatte ich so klar auch noch nicht. Passt aber ganz gut in den allgemeinen Diskurs.

(10.6.5) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:57, Stefan Merten: [Artikel] Tatsächlich entspricht Konkurrenz, wie wir sie zwischen Warenproduzenten erleben, auch nicht dem Modell, das in Freier Software die Regel ist. Wo es für eine bestimmte Problemstellung mehrere Programme gibt, so beziehen sie sich nicht konkurrenzförmig, also negativ aufeinander. Entweder es besteht gar keine Beziehung zwischen den Projekten oder es gibt eine mehr oder weniger starke Kooperation zwischen den Projekten.

(10.6.6) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:57, Stefan Merten: [Artikel] Nun hat es in der Vergangenheit immer mal wieder Produktionsformen gegeben, die nicht vom Warenmarkt ausgegangen sind. Nicht selten sind Produkte zunächst im Hobby-Bereich ersonnen worden und die Wirtschaft hat diese Entwicklung aufgegriffen. In solchen Fällen ist dem Hobby-Bereich bestenfalls eine Nische geblieben. Anders bei Freier Software. Wurde auch Software in der Frühzeit der Computer nicht als eigenständige Ware begriffen, so begann sich dies in den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu ändern und mit rasanter Geschwindigkeit etablierte sich ein Warenmarkt für Software. Freie Software, die auf einem anderen Produktivkraftmodell als die Warenproduktion beruht, trat nun in direkte Konkurrenz zur proprietären Software. Im Gegensatz zu allen früheren Beispielen konnte sich Freie Software aber nicht nur eine Nische sichern, sondern wächst im Gegenteil immer weiter und wird nach und nach zu einer ernsten Bedrohung für die proprietäre Software. Das neue Produktivkraftmodell, das wir in Freier Software erkennen können, hat offenbar das Zeug dazu, das etablierte Produktivkraftmodell der Warenproduktion nieder zu konkurrieren.

(10.6.6.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 08.10.2004, 16:40, Stefan Meretz: "...nieder zu konkurrieren"? Wie meinst du das? Das ist sehr stark erklärungsbedürftig, da es ja nicht um eine Konkurrenz auf dem Gebiet der Warenproduktion geht ("eine bessere Ware"), sondern - wenn die These stimmt - ist es ja eher eine "System-Konkurrenz".

(10.6.6.1.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:51, Stefan Merten: Du hast sehr schön meine Schwierigkeit formuliert, die ich beim Schreiben auch hatte. In der Tat geht es hier um eine Systemkonkurrenz - was aber in diesem Kontext reichlich missverständlich ist. Vielleicht können wir aber gerade das irgendwie formulieren?

(10.6.7) Re: Freie Software ist keine Ware, 07.10.2004, 21:57, Stefan Merten: [Artikel] Nicht zuletzt ist Freie Software im Überfluß vorhanden. Allein dies ist ein nachhaltiges Hindernis, Freie Software zu einer Ware zu machen. Ware kann nämlich nur existieren, wenn sie knapp ist. Ist ein Gut nicht knapp, steht es allen zur Verfügung, so kann es nicht mehr verkauft werden.

(10.6.8) Re: Freie Software ist keine Ware, 08.10.2004, 16:16, Stefan Meretz: Vielleicht können wir einen Merge machen. Was ich bei deinem Teil problematisch finde, ist die Betonung des "unentgeltlich". IMHO ist das nicht der Punkt. In der GPL ist sogar explizit von einer Gebühr die Rede. Niemand verbietet, Freie Software zu verkaufen.

(10.6.8.1) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:51, Stefan Merten: Du hast recht mit dem unentgeltlich. Ich habe einen anderen Vorschlag gemacht.

(10.6.8.2) Re: Freie Software ist keine Ware, 11.10.2004, 20:51, Stefan Merten: Unsere beiden Herangehensweisen scheinen verschieden zu sein. Ich komme von der Ware und zähle Eigenschaften der Ware auf, die bei Freier Software nicht gelten. Du sagst Freie Software ist keine Ware und deshalb gelten die Wareneigenschaften für sie nicht. Ich finde meine Argumentationsrichtung überzeugender, da sie ohne vorherige Setzung - Freie Software ist keine Ware - auskommt.

Stichwort: Knappheit

(11)

Knappheit ist kein Naturgesetz

(11.1) Re: Stichwort: Knappheit, 19.09.2004, 14:54, Stefan Merten: Hier sollte nochmal kräftig drüber nachgedacht werden. Das Problem an diesen Begriffen ist, dass mit Vorkommen eigentlich nur unmittelbare Naturgüter abgedeckt sind. Der (viel größere) Bereich der Produkte - also alles, was durch Menschenhand behandelt wird - ist dadurch aber noch nicht ausreichend abgedeckt. Insbesondere wäre zu klären, wie Produkte, Begrenztheit und Selbstentfaltung zusammen hängen.

(11.1.1) Re: Stichwort: Knappheit, 07.10.2004, 18:28, Benni Bärmann: Produkte entstehen durch Arbeit (oder Selbstentfaltung) aus Vorkommen. Wenn die Arbeit (also das Geld) oder die Selbstentfaltung knapp ist, wird das Produkt knapp sein. Die Bereitschaft zu arbeiten hängt davon ab, ob ich dafür Geld kriege. Die Bereitschaft sich selbst zu entfalten, hängt von der inneren Natur des Menschen ab und ist somit eigentlich auch eine Art Vorkommen.

(11.1.1.1) Re: Stichwort: Knappheit, 11.10.2004, 20:52, Stefan Merten: Sehr interessanter Ansatz! Ich spinne mal ein bisschen weiter. Das mit der inneren Natur als Vorkommen dehnt zwar den Begriff "Vorkommen" ein bisschen, aber diese Benutzung hat interessante Konnotationen. Z.B. wird so produktive Tätigkeit - darunter würde ich Arbeit und produktive Selbstentfaltung subsumieren - wieder mit einem wertvollen Gut konnotiert.

(11.1.1.2) Re: Stichwort: Knappheit, 11.10.2004, 20:52, Stefan Merten: Was nicht so bruchlos stimmt, ist "Wenn die Arbeit (also das Geld) oder die Selbstentfaltung knapp ist, wird das Produkt knapp sein.". Hier ist noch die Produktivität dazwischen, die die produktive Tätigkeit quasi mit einem Multiplikator versieht.

(11.1.2) Re: Stichwort: Knappheit, 08.10.2004, 08:20, Franz Nahrada: Hier rächt sich, daß die Krisis den Arbeitsbegriff tutto completto weggeschmissen hat.# Vorkommen, die Existenz von Naturstoffen als Grundlage gesellschaftlicher Entwicklung, war immer schon gekoppelt an menschliche Tätigkeit der Verfügbarmachung.
Die Ökologie hat zu Recht gezeigt, daß sich die Vorkommen grundlegend unterscheiden in "reproduktive" und "nicht reproduktive Ressourcen."# In der Epoche der Automation gewinnt die Formveränderung der Naturstoffe im Sinn des Kreislaufes eine endgültige Dominanz gegenüber der "Aneignung" von Vorkommen.# Auf diesem Hintergrund ist das Knappheitsproblem abzuhandeln: reproduzierbare Rohmaterialien sind nicht per se knapp. Wissen ist seiner Natur nach ebenfalls eine reproduzierbare Ressource.# So wird der gesellschaftliche Reproduktionsprozeß zunehmend vom qualitativen Beitrag zum gesellschaftlichen Wissen abhängig. Anstatt abgeschafft zu werden, tritt die Arbeit in ihr teleologisches Endstadium: Als unbeschränkt produktive Tätigkeit, die zukünftige Arbeit am Naturstoff erspart. Dabei kommt es nicht mehr auf die Quanität der Arbeit an, sondern auf die Qualität. Hier sachgemäßer Übergang zur Selbstentfaltung!

(11.1.2.1) ein Zusatz, 08.10.2004, 08:26, Franz Nahrada: Vielleicht ist auch die platte Analogie nicht ganz blöd:

Industrie = große Maschine = massenhafte Fremdbestimmung
Automation = Entelechie = massenhafte Selbstbestimmung

(11.1.2.1.1) Erklärung Entelechie, 08.10.2004, 08:33, Franz Nahrada: Soll heißen, daß die Produkte "ihren Zweck eingebaut haben" - kybernetische Steuerung, Programmierung.
Produkte der späten Industrie enthalten "Aktionsfähigkeit" (Tofflers Beispiel der Schwangerschaftstest "enthält" das Was vorher nur Ärzte tun können). Die von den Individuen angeeignete Aktionsfähigkeit erweitert potentiell ihren Handlungsspielraum (Vom Konsumenten zum Prosumenten). Hier liegt die neue Steigerung gesellschaftlicher Produktivkraft, nicht mehr in der Supermaschine! Viele Mißverständnisse resultieren darin, daß sich unter PK etwas falsches vorgestellt wird.

(11.1.3) Re: Stichwort: Knappheit, 08.10.2004, 17:11, Stefan Meretz: Ich habe dazu gerade eine Kolumne zum Stichwort Knappheit für die "Streifzüge" fertiggestellt, wo ich die Klärung nochmal versucht habe.

(11.2) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:36, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Sollte sein.

Freie Software = Selbstentfaltung + Internet

(12)

Digitale Kopierbarkeit ist eine neue Qualität

(12.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:37, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(12.2) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:42, Stefan Merten: [Artikel] Digitale Kopie als technologische Grundlage

(12.3) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:42, Stefan Merten: [Artikel] Wir haben erläutert, dass bei der Entwicklung Freier Software die Selbstentfaltung den individuell-sozialen Aspekt der Produktivkraftentwicklung bildet. Als technologische Seite dieser Entwicklung tritt die digitale Kopie hinzu. Während der Aspekt der Selbstentfaltung als gesellschaftliche Potenz schon immer da gewesen ist, handelt es sich bei der digitalen Kopie um eine historisch neue Potenz. Erst durch diesen technologischen Fortschritt ist die Entfaltung der Selbstentfaltung möglich geworden.

(12.4) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:43, Stefan Merten: [Artikel] Die digitale Kopie, die Möglichkeit also, digitale Informationen zu reproduzieren, hat im technologischen Sinne einige Eigenschaften, die sie älteren Technologien gegenüber voraus hat.

(12.5) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:44, Stefan Merten: [Artikel] Während analoge Reproduktionen von Information immer mit Verfälschungen zu kämpfen haben, liefert die digitale Kopie eine exakte Reproduktion des Originals: Original und Kopie sind nicht zu unterscheiden. Steht digitale Kopie zur Verfügung, kann eine digital vorliegende Information also beliebig oft reproduziert werden - vom Original oder von einer beliebigen Generation seiner Kopien. Mit diesem technologischen Fortschritt werden Begrenzungen der Verfügbarkeit digitaler Informationen nachhaltig beseitigt: Steht ein Informationsgut erst einmal digital zur Verfügung, steht seiner Verbreitung nichts mehr im Wege.

(12.5.1) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:44, Stefan Merten: Wir müssten uns auch nochmal über den genauen Unterschied zwischen (digitaler) Reproduktion und Produktion im Marx'schen Sinne klar werden. Jedesmal wenn ich von digitaler Reproduktion schreibe, frage ich mich, wo jetzt exakt der begriffliche Unterschied zur Produktion an einem hochautomatisierten Fließband liegt.

(12.6) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:45, Stefan Merten: [Artikel] Zwei weitere Tatsachen moderner Technologieentwicklung geben der digitalen Kopie aber erst richtig Sprengkraft. Einerseits ist diese Reproduktionstechnik nämlich mittels Computern für sehr viele Menschen täglich und selbstverständlich verfügbar. Diese breite Verfügbarkeit führt dazu, dass die digitale Kopie kaum noch Einschrängen unterliegt und völlig in der individuellen Verfügung liegt. DRM-Technologien sind so gesehen nichts anderes als der (krampfhafte) Versuch, diesen Basisaspekt moderner Technologie wieder einzuschränken, denn tatsächlich sind die beiden Basisoperationen von Computern ja die Manipulation und die Kopie digitaler Daten.

(12.7) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:45, Stefan Merten: [Artikel] Andererseits steht mit dem Internet, das nichts anderes als eine planetenumspannende Fernkopiereinrichtung ist, eine Einrichtung zur Verfügung, die es ermöglicht, dass Informationsgüter auf einfachste Weise global verfügbar gemacht werden können. Das Internet verbindet die individuelle Verfügung über Informationsgüter mit dem allgemeinen Zugang zu ihnen und hebt damit die digitale Kopie auf eine historisch neue Stufe der Technologieentwicklung.

(12.8) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:45, Stefan Merten: [Artikel] Ein weiterer, eher subtiler Aspekt digitaler Kopie ist ihre Universalität: Der Inhalt, die Bedeutung des zu kopierenden Informationsguts ist für eine digitale Kopie völlig unerheblich. Texte, Bilder, Musik, Programme können mit der gleichen Technologie reproduziert werden, sobald sie als Byte-Strom vorliegen. So wie die Kraftmaschinen der industriellen Ära (Dampfmaschine, vor allem aber Elektromotor) eine Basistechnologie für beliebige Anwendungen mechanischer Kraft und damit für die Industriegesellschaft bilden, so bildet die digitale Kopie eine Basistechnologie für die Informationsgesellschaft.

(12.9) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:46, Stefan Merten: [Artikel] Auf dieser Grundlage ist das Internet von Beginn an auch als Kommunikationsmittel genutzt worden. Wie keine Kommunikationseinrichtung zuvor hat das Internet ermöglicht, dass Menschen, die irgendwo auf diesem Planeten sitzen, miteinander gemeinsame Interessen verfolgen. Vor dem Internet setzte eine kooperative Tätigkeit entweder eine gewisse Lokalität der kooperierenden Gruppe voraus, damit die Beteiligten sich in persönlichen Treffen organisieren konnten. Diese Lokalität bedeutete aber gleichzeitig auch immer eine erhebliche Einschränkung der für eine Kooperation verfügbaren Tätigkeiten. War die Lokalität der Gruppe nicht gegeben, so musste die Kooperation mittels vergleichsweise langsamer Kommunikationsmittel organisiert werden.

(12.9.1) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:46, Stefan Merten: Dieser Aspekt steht noch nicht in der Kladde.

(12.9.2) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 11.10.2004, 20:52, Stefan Merten: Das "entweder" ist mittlerweile falsch.

(12.10) Re: Freie Software = Selbstentfaltung + Internet, 27.09.2004, 22:47, Stefan Merten: [Artikel] Das Internet ermöglicht dagegen globale Kommunikation in Echtzeit. Es ist jetzt möglich, dass Menschen mit gleichen Interessen unabhängig von ihrem Standort in dem Tempo kommunizieren, dass ihnen und ihrer Tätigkeit angemessen ist. Diese Kooperationsmöglichkeit ist wie die digitale Kopie selbst eine unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung Freier Software.

Stichwort: Keimform

(13)

Freie Software hat Charakteristik einer Keimform

(13.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:37, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(13.2) Re: Stichwort: Keimform, 09.10.2004, 12:34, Stefan Meretz: Das habe ich inhaltlich bereits unter der Überschrift "Produktionsweise Freier Software" geschrieben. Die Hier genannten "Merkmale" sind ja nicht grundsätzlich allgemeine Merkmale, sondern sie sind die besonderen Merkmale, die wir bei Freier Software zu sehen glauben. Daher schlage ich vor, den allgemeinen Teil zu "Keimform" beim "Fünfschritt" zu behandeln.

(13.2.1) Re: Stichwort: Keimform, 11.10.2004, 20:53, Stefan Merten: Ok.

Stichwort: Fünfschritt

(14)

Freie Software ist im dritten Schritt

(14.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:38, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(14.2) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 12:43, Stefan Meretz: [Artikel] Eine der umstrittenen Thesen im Oekonux-Projekt ist die These von der Freien Software als Keimform einer neuen Gesellschaft. Im Grunde gruppiert sich das gesamte Projekt um diese Fragestellung - entweder, um Argumente dagegen oder um Argumente dafür zusammenzutragen.

(14.2.1) Re: Stichwort: Fünfschritt, 12.10.2004, 21:08, Stefan Merten: FranzN hat (auf [ox]) recht: Der letzten Satz ist ein bisschen zu stark. Wir sollten ihn ein bisschen abschwächen.

(14.3) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 12:49, Stefan Meretz: [Artikel] Der Begriff "Keimform" stammt aus dem sog. "Fünfschritt-Modell", das in allgemeiner Weise begrifflich erfasst, wie es innerhalb von Entwicklungen zu qualitativen Übergängen kommt. Es erklärt, wie Neues entsteht und sich schließlich durchsetzen kann. Das "Fünfschritt-Modell" kommt ursprünglich von der Kritischen Psychologie aus der Analyse qualitativer Entwicklungsschritte in der Evolution.

(14.4) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 12:52, Stefan Meretz: [Artikel] Die fünf Schritte sind:
- Entstehung der Keimform
- Krise der alten Form
- Keimform wird zur wichtigen Entwicklungsdimension innerhalb der alten Form
- Keimform wird zur dominanten Größe
- Umstrukturierung des Gesamtprozesses

(14.5) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:04, Stefan Meretz: [Artikel] Alles, was es selbstverständlich und allgegenwärtig gibt, ist irgendwann einmal etwas Neues, ganz und gar nicht Selbstverständliches gewesen. Über mehrere Schritte hat sich das Neue schließlich durchgesetzt. Dieses Neue, dass später einmal Altes wird, nennt man "Keimform". Keimformen können in Nischen und Sonderbereichen entstehen. Sie leben vom Alten, besitzen aber schon Formen des Neuen. Sie dürfen allerdings nicht mit dem "Neuen überhaupt", mit dem entfalteten Neuen verwechselt werden. Sie sind also nicht "Keim", der dem Bild nach bereits alles enthält, sondern nur "Keimform". Keimformen haben Merkmale des Neuen, sind aber nicht "das Neue".

(14.6) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:24, Stefan Meretz: [Artikel] Keimformen erlangen nur Bedeutung, wenn das Alte in die Krise gerät. Das Alte kann aus im wesentichen zwei Gründen in die Krise geraten. Zum Einen können sich äußere Bedingungen so dramatisch oder so schnell verändern, dass das alte Prinzip darauf nicht mehr angemessen reagieren kann. Zum Anderen kann sich das Alte selbst "erschöpft" haben, wenn alle Entwicklungspotenzen ausgereizt sind. Stagnation wäre eine Reaktionsform, Zerfall eine andere.

(14.7) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:24, Stefan Meretz: [Artikel] Unter den Bedingungen der Krise des Alten, kann die Keimform die Nischen verlassen und sich quantitativ ausbreiten. Sie wird zu einer wichtigen Entwicklungsdimension innerhalb der noch dominanten alten Form. Diese "Etablierung" kann zwei Richtungen einschlagen: Sie führt zur Integration in das Alte und Übernahme seiner Prinzipien, oder sie behauptet sich aufgrund der neuen Prinzipien immer besser im und neben dem Alten. Im ersten Fall geht der Keimform-Charakter verloren, im zweiten Fall wird das Neue gestärkt. Das Alte kann in beiden Fällen von einer integrierten oder gestärkten Keimform profitieren und Krisenerscheinungen abmildern.

(14.8) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:24, Stefan Meretz: Im vierten Schritt wird die frühere minoritäre Keimform zur dominanten Form der Entwicklung. Das Neue setzt sich durch, weil es "besser" ist. Damit endet der Keimform-Charakter des Neuen. Nun sind seine Prinzipien bestimmend und verdrängen nach und nach (oder auch schlagartig) die überkommenen, nicht mehr funktionalen Prinzipien des Alten. Das Neue wird das selbstverständliche Allgegenwärtige.

(14.8.1) Re: Stichwort: Fünfschritt, 18.10.2004, 22:29, Stefan Merten: Hier fehlt ein [Artikel].

(14.9) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:38, Stefan Meretz: [Artikel] Im fünften Schritt schließlich strukturieren sich alle Aspekte des Gesamtprozesses in Bezug auf das bestimmende selbstverständlich Neue hin um. Das betrifft vor allem auch solche Prozesse, die nicht bestimmend sind. Mit diesem Schritt ist nun potenziell wieder der erste Schritt eines neuen Fünfschrittes erreicht: Keimformen können auftreten, das "alte Neue" gerät in die Krise usw.

(14.10) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:39, Stefan Meretz: [Artikel] Alle Phasen können über längere Zeiträume laufen. Jederzeit kann es Rückschritte geben. Nichts ist vorgegeben oder determiniert. Vollständig begriffen kann ein Fünfschritt der Entwicklung erst, wenn er vollzogen wurde. Erst im Nachhinein kann man die frühere Keimform sicher identifizieren. Mitten im Entwicklungprozeß begriffen kann das Fünfschrittmodell helfen, die Sinne zu schärfen, um handlungsfähiger zu werden. Die umstrittene These im Oekonux-Projekt lautet nun: Bei Freier Software haben wir es mit einer Keimform einer neuen Gesellschaft zu tun.

(14.11) Re: Stichwort: Fünfschritt, 09.10.2004, 13:50, Stefan Meretz: [Artikel] Wie oben beschrieben, zeichnet sich Freie Software durch Wertfreiheit, Selbstentfaltung, Selbstorganisation und Globalität aus. Das alte Prinzip der Warengesellschaft basiert demgegenüber auf dem Wertgesetz, Selbstverwertung, Entfremdung und Inter-/Nationalität. Die alte Form, die Warengesellschaft ist in der Krise. Demgegenüber hat sich Freie Software als neue Form etabliert. Umstritten ist, ob Freie Software bereits eine "wichtige Entwicklungsdimension innerhalb der alten Form" (dritter Schritt) geworden ist, oder noch eine "Nischenexistenz" im Meer der krisenhaften alten Gesellschaft (erster/zweiter Schritt) hat.

Kritik: Keimformthese

(15)

JedeR soll sich ein eigenes Urteil bilden

(15.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:38, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

Der Weg in die GPL-Gesellschaft

(16) Die Möglichkeiten sind angedeutet: GPL-Gesellschaft bezeichnet eine Gesellschaftsformation, die auf den Prinzipien der Entwicklung Freier Software beruht. Die Utopie ist bisher nur in groben Umrissen vorstellbar:

Freiheit des Einzelnen wird zur Bedingung der Freiheit aller

Dies gilt auch umgekehrt

(16.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:39, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja, wobei die Position im Text noch unklar ist.

(16.2) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:15, Stefan Merten: [Artikel] GPL-Gesellschaft - die Utopie

(16.3) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:15, Stefan Merten: [Artikel] In der Diskussion um die gesellschaftlichen Potenzen des Entwicklungsmodells, das in Freier Software keimförmig vorgeführt wird, kam der Begiff GPL-Gesellschaft auf. Er bezeichnet eine (mögliche zukünftige) Gesellschaftsformation, die auf den Prinzipien der Entwicklung Freier Software beruht. Es ist aus verschiedenen Gründen nicht seriös möglich, ein detailliertes Bild einer solchen Utopie zu entwerfen, an Hand der Prinzipien der Entwicklung Freier Software lassen sich aber einige Rahmenelemente fest stellen.

(16.4) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:15, Stefan Merten: [Artikel] Eine wichtiges Element der Entwicklung Freier Software ist die Tatsache, dass die verwendeten Produktionsmittel vergleichsweise vielen Menschen Selbstentfaltung ermöglichen. Der innere Grund dafür ist, dass Computer als universelle Information verarbeitende und programmierbare Maschinen unendlich viele Freiheitsgrade haben. Diese Freiheitsgrade können von Menschen zur Entfaltung ihrer individuellen Kreativität genutzt werden.

(16.5) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:15, Stefan Merten: [Artikel] In einer GPL-Gesellschaft wäre diese Eigenschaft tendenziell auf alle Produktionsmittel übertragen. Dies bedeutet, dass der Maschinenpark, den die Industriegesellschaft für die Nutzung unter den entfremdeten Bedingungen der Lohnarbeit hervor gebracht hat, umgearbeitet oder neu entworfen werden muss: Die Arbeit an einem Fließband dürfte z.B. nur für die allerwenigsten Menschen zur Selbstentfaltung führen weswegen sie endgültig verschwinden müssten.

(16.6) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:15, Stefan Merten: [Artikel] Es gibt bereits in der Industriegesellschaft verschiedene Versuche, die Selbstentfaltung in die Produktion zu integrieren. Auch wenn diese Versuche die strukturelle Schranke der Entfremdung des Arbeitsprozesses nicht überwinden können, gibt es einzelne Modelle wie Gruppenarbeit oder flexible Arbeitszeitregelungen, die für eine GPL-Gesellschaft weiter gedacht werden können.

(16.7) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:15, Stefan Merten: [Artikel] Auch die weitere und noch beschleunigte Automatisierung von Arbeitsprozessen ist ein Mittel, um maximale Selbstentfaltung zu gewährleisten. Arbeitsprozesse, die im Kern von Maschinen übernommen werden, müssen nicht mehr von Menschen erledigt werden, so dass diese sich den Aufgaben zuwenden können, die nicht von Maschinen erledigt werden können.

(16.8) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:16, Stefan Merten: [Artikel] Wie wenige andere Beispiele zeigt Freie Software, dass Selbstentfaltung nicht sinn- und zweckfreies Tun sein muss, wie es uns die Freizeitindustrie weis machen will. Vielmehr ist das Ergebnis der Entwicklung Freier Software ein nützliches Produkt, dass vielen Menschen nützlich ist. Selbstentfaltung hat also nicht nur für das Individuum eine positive Funktion, sondern nutzt der gesamten Gesellschaft. In einer GPL-Gesellschaft hätten noch sehr viel mehr Tätigkeiten diesen Charakter der unmittelbaren Verknüpfung von individuellem und gesellschaftlichem Nutzen.

(16.8.1) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 11.10.2004, 20:53, Stefan Merten: Hat diese unmittelbare Verknüpfung eigentlich etwas mit der Unmittelbarkeit zu tun, die Petra kritisiert?

(16.9) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:16, Stefan Merten: [Artikel] Nicht zu vergessen ist, dass existierende Freie Software Frei verfügbar ist. Diese Eigenschaft ist einerseits eine Folge des offenen Entwicklungsprinzips, das die maximale Inklusion aller Interessierten zum Ziel hat. Unter den Bedingungen der universellen digitalen Kopierbarkeit führt dies zusammen mit dem Copyleft tendenziell zu Freier Verfügbarkeit der Produkte. Andererseits ist diese Freie Verfügbarkeit auch Voraussetzung für die blühende Freie-Software-Landschaft. Immerhin setzen ja auch die EntwicklerInnen Freier Software auf von anderen entwickelter Freier Software auf.

(16.10) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:16, Stefan Merten: [Artikel] Die Freie Verfügbarkeit ist also sowohl Folge als auch Voraussetzung des gesamten Entwicklungsmodells. Diese enge Verschränkung wäre in einer GPL-Gesellschaft ausgedehnt auf alle Informationsgüter sowie auf materielle Güter. (Auf diese enge Verschränkung bezieht sich übrigens auch das große "F", dass wir dem Wörtchen "frei" an vielen Stellen geben.)

(16.10.1) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:19, Stefan Merten: Diese enge Verschränkung habe ich erst jetzt so entdeckt. Und endlich habe ich jetzt eine gute Begründung für das große "F" ;-) .

(16.11) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:16, Stefan Merten: [Artikel] In einer GPL-Gesellschaft wären folglich viele Einrichtungen der Arbeitsgesellschaft überflüssig. Wo Güter Frei verfügbar sind, ist der Begriff der Ware nicht mehr zu halten, der davon lebt, dass Güter künstlich verknappt werden. Werden keine Waren mehr - wohl aber Güter - produziert, so ist auch kein Geld mehr notwendig, das die Vergleichbarkeit von Waren vermittelt. Wo Güter Frei zur Verfügung stehen, ist auch Tausch eines Guts gegen ein anderes zur überflüssigen Handlung geworden. Nicht zuletzt würde unter den Bedingungen der GPL-Gesellschaft Entfremdungspotential an vielen Stellen tendenziell abgeschafft.

(16.12) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:16, Stefan Merten: [Artikel] Die wichtigste Produktivkraft einer GPL-Gesellschaft wäre die menschliche Selbstentfaltung.

(16.12.1) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:16, Stefan Merten: Das müsste noch näher erläutert werden.

(16.13) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:17, Stefan Merten: [Artikel] In einer GPL-Gesellschaft würde die Selbstentfaltung der Individuen zur unmittelbaren Voraussetzung für die Selbstentfaltung aller: Nur wenn sich die Individuen entfalten können, entstehen Produkte, die für alle nützlich sind. Gleichzeitig sind diese nützlichen Produkte und deren Freie Verfügbarkeit die Grundlage für die individuelle Tätigkeit: Die Selbstentfaltung aller ist also die unmittelbare Voraussetzung für die Selbstentfaltung der Individuen. Wir haben es also mit einem sich selbst verstärkenden Prozess zu tun, der die langfristige Tragfähigkeit einer GPL-Gesellschaft in einem günstigen Licht erscheinen lässt.

(16.13.1) Re: Der Weg in die GPL-Gesellschaft, 29.09.2004, 23:21, Stefan Merten: Diesen sich selbst verstärkenden Prozess, diese positive Rückkopplung der gegenseitigen Voraussetzungen habe ich zumindest bisher nie so formuliert. Intuitiv gespürt habe ich sie aber wohl schon länger - was Grund für das sein mag, was mir zuweilen als Optimismus vorgeworfen wird ;-) .

Freie Informationsgüter

(17) Welche Hinweise gibt es heute schon?

Die Idee Freier Informationsgüter bekommt Zulauf

(17.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:39, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Sollte sein.

Freie materielle Güter

(18) Konkrete Projekte:

Informationsgesellschaft schafft fundamental neue Situation

GPL-Gesellschaft bringt Informationsgesellschaft auf den Begriff

(18.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:39, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Sollte sein.

Stichwort: Automatisierung

(19)

Automatisierung wird sehr viel mehr sein

Automatisierung ist noch behindert

(19.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:39, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

Stichwort: Bedürfnis

(20)

Andere Gesellschaft - andere Bedürfnisse

(20.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:40, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

Kritik: GPL-Gesellschaft

(21)

Ist teilweise erst historisch entscheidbar

(21.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:40, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

Handlungsmöglichkeiten

(22) Hier haben wir uns noch nicht so viele Gedanken gemacht:

(22.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:40, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:

(23) Begriffe

(23.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:41, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nur das Stichwort "Maintainer-Prinzip".

(23.1.1) Re: Im Aufsatz enthalten, 13.10.2004, 20:34, Stefan Merten: Dem Thema würde ich mich dann nochmal annehmen.

(23.1.2) Re: Im Aufsatz enthalten, 15.10.2004, 21:58, Stefan Merten: Hupps! #23.2 - #23.12 sind natürlich alles [Artikel]

(23.2) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:39, Stefan Merten: Das Maintainer-Prinzip

(23.2.1) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 15.10.2004, 11:40, Benni Bärmann: Ich finde es unnöttig und irreführend das Maintainer-Prinzip in den Vordergrund zu stellen gegenüber anderen Organisationsprinzipien. Wie schon mehrfach aufgeführt, gibt es kaum größere Projekte, die nach diesem Prinzip funktionieren. Linux ist da eher die Ausnahme als die Regel. Sinnvoller wäre es einen allgemeinen Absatz darüber zu machen, dass die Rahmenbedingungen Freier Software, die auch freiwillig produziert wird, bei jedem Organisationsmodell zu offeneren Strukturen führen. Siehe Freie Kooperation: Wichtig ist nicht das konkrete Organisationsmodell sondern die Verhandlungsmacht der Beteiligten.

(23.2.1.1) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 18.10.2004, 22:28, Stefan Merten: Nun, ich finde immer wieder dass das Maintainer-Prinzip sehr oft verwirklicht ist - selbst dann wen außen Demokratie dran steht. Relativ aktuelles Beispiel ist Apache, wobei die Folien des entsprechenden Vortrags von der OOoCon2004 leider noch nicht im Netz sind :-( .

(23.2.1.2) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 18.10.2004, 22:28, Stefan Merten: Deine Kritik finde ich aber insofern gerechtfertigt, dass es bei nochmaligem Nachdenken vielleicht gar nicht so sehr um die MaintainerInnen geht, sondern das konsensbasierte Modell, dass dem Maintainer-Prinzip letztlich zu Grunde liegt. Wenn ich "Konsensorientiertes Organisationsmodell" als Überschrift haben wollte, dann ginge aber vermutlich ein Schrei der Entrüstung durch die Reihen.

(23.2.1.2.1) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 19.10.2004, 13:16, Benni Bärmann: Da ist nix konsensorientiert. Glaubst Du im Ernst Debian oder Linux entstehen im Konsensmodell? Es geht nicht um eine konkrete Entscheidungsform sondern um die Rahmenbedingungen. Wenn Dir FK nicht in den Kram passt, nenn was anderes was spezifisch auf die Rahmenbedingungen bezug nimmt, Konsens ist es nicht, weil es eine konkrete Entscheidungsform ist. Konsens kann gut laufen oder schlecht, das hängt nur von den Rahmenbedingungen ab. Das Beste was man vielleicht über das Konsensprinzip sagen kann, ist, dass es einen auf die rohen Bedingungen der Kooperation reduziert und nicht irgendwelche Blendraketen ala "Abstimmung" oder "Chef" dazwischen wirft.

(23.2.1.3) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 18.10.2004, 22:28, Stefan Merten: Im Kern liberale Modelle wie "Freie Kooperation" - auch die Liberalen finden gleiche Verhandlungsmacht einen wichtigen Faktor und akzeptieren dafür sogar einen Staat - halte ich hier allerdings nicht für am Werke. Gleiche Verhandlungsmacht ist dann notwendig, wenn du dich bereits im Entfremdungsverhältnis befindest. In einem nicht-entfremdeten Verhältnis geht es den Beteiligten aber auch um die Selbstentfaltung der anderen als Grundlage ihrer eigenen Selbstentfaltung und Verhandlungsmacht a la Repressionsmacht / Gewalt wie Christoph Spehr es konstruiert, ist da nur destruktiv und treibt letztlich alle in die Entfremdung. Oder - besser - in die Spaltung.

(23.2.1.3.1) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 19.10.2004, 13:14, Benni Bärmann: Ich denke es ist unstrittig, dass FS-Lizenzen - allen voran die GPL, aber selbst für Public Domain gilt das noch in eingeschränktem Maße - genau diese gleiche Verhandlungsmacht zum Ziel haben (jeder kann den Code mitnehmen). Deswegen nur mal ein Gedankenexperiment: Was wäre FS ohne Lizenzen? Was wäre FS ohne Maintainerprinzip? Was ist also wichtiger?

(23.2.1.4) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 18.10.2004, 22:29, Stefan Merten: @StefanMz: Du wolltest den Punkt mit diesem Stichwort gerne drin haben. Was denkst du?

(23.3) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:39, Stefan Merten: Wer länger in der Software-Entwicklung tätig ist, weiß, dass es bei Software-Projekten der soziale Prozess eine wesentliche Rolle spielt. Ist der soziale Prozess schlecht oder gar nicht organisiert, versinkt das interessanteste Projekt im Chaos und Kreativität und Produktivität der Aktiven wird nachhaltig gestört. Wie ist dieser Prozess in Freie-Software-Projekten, genauer in Projekten Doppelt Freier Software organisiert?

(23.4) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:39, Stefan Merten: Der entscheidende Unterschied zwischen der Entwicklung Doppelt Freier Software und anderer Software-Entwicklung besteht darin, dass alle ProjektteilnehmerInnen ausschließlich freiwillig an dem Projekt teilnehmen. Sie sind durch keinerlei entfremdete Anreize wie zum Beispiel Entlohnung an das Projekt gebunden. Genau so freiwillig, wie die Aktiven an einem Projekt teil nehmen, können sie das Projekt auch wieder verlassen.

(23.5) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:39, Stefan Merten: So wie die Teilnahme nicht durch dem Projekt äußerliche Aspekte bestimmt ist, ist es auch das gesamte Projekt nicht. Keine äußeren Vorgaben wie Termine oder Markterfolg bestimmen das Projekt - jedes Projekt kann und muss sich also selbst Ziele setzen. Diese Ziele beziehen sich dabei ausschließlich auf das Produkt und dessen Qualität.

(23.6) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:40, Stefan Merten: Die Bedingungen Freiwilligkeit der Aktiven und Selbstorganisation des Projekts bilden also den Rahmen, in dem sich jede Organisation eines Doppelt Freien Software-Projekts abspielen muss. Wie dieser Rahmen in der Praxis gefüllt wird ist nicht fest gelegt. In sehr vielen Projekten gibt es aber das Maintainer-Modell. Das Wort Maintainer ist dabei leider nur schwer ins Deutsche zu übersetzen. Am ehesten würde wohl "KümmererIn" passen.

(23.7) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:40, Stefan Merten: Das Maintainer-Modell unterscheidet im wesentlichen zwei Rollen: den oder die MaintainerIn und andere TeilnehmerInnen. Die Aufgaben der MaintainerIn bestehen im Wesentlichen darin, das Projekt generell auf Kurs zu halten. Die MaintainerIn entscheidet verbindlich über die generelle Richtung, in die die Software des Projekts weiter entwickelt werden soll. Sie kümmert sich um die Einhaltung projektinterner Standards und dafür, dass das Projekt sich überhaupt weiter entwickelt. Nicht selten bündelt die MaintainerIn auch die Außenkontakte für das Projekt. Sie organisieren im Allgemeinen jedoch nicht die anderen TeilnehmerInnen - vielmehr übernehmen diese freiwillig Aufgaben im Projekt.

(23.7.1) Rollen in freien Projekten, 19.10.2004, 09:47, Franz Nahrada: Ich glaub es gibt einegntlich viel mehr Rollen....eine auf online-communities bezogene Typologie haben wir hier erarbeitet:#
http://www.wikiservice.at/gruender/wiki.cgi?RollenBilder
ich hab dort die maintainerrolle eingebracht.

(23.8) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:40, Stefan Merten: Hören sich diese Aufgaben - abgesehen von der Personalorganisation - nach generellen Leitungsaufgaben an, so führen die speziellen Rahmenbedingungen Doppelt Freier Software doch zu Strukturen, die sich wesentlich von den bekannten Leitungsformen unterscheiden. Da die TeilnehmerInnen freiwillig am Projekt teilnehmen, müssen sie den wesentlichen Entscheidungen zustimmen können, zumindest müssen sie aber mit ihnen leben können. In dieser Situation können Entscheidungen nur getroffen werden, wenn der Konsens der wichtigen TeilnehmerInnen erreicht wird. Konsens meint hier nicht, dass alle zustimmen müssen. Es genügt vielmehr, wenn sie einer Entscheidung nicht widersprechen müssen. Abstimmungen, wie sie in einigen Projekten vorgesehen sind, sind meist nur Mittel um ein Stimmungsbild zu erzeugen.

(23.9) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:40, Stefan Merten: Schafft es eine MaintainerIn in wichtigen Fragen nicht, einen Konsens herbei zu führen, so wird sie bald ohne TeilnehmerInnen da stehen. Gleichzeitig sind die TeilnehmerInnen darauf angewiesen, dass es Personen gibt, die die Aufgaben der MaintainerIn übernehmen. Würden sie nicht übernommen, so wäre das Projekt genauso erfolglos wie in dem Fall, dass die TeilnehmerInnen das Projekt verlassen. Und erfolglose Projekte machen keinem Menschen Spaß.

(23.10) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:41, Stefan Merten: Es ergibt sich eine gegenseitige Interessenabhängigkeit zwischen MaintainerIn und anderen TeilnehmerInnen. Alle gemeinsam sind daran interessiert, im Projekt ihrer Selbstentfaltung nachzugehen. Dazu gehört bei vielen Menschen, dass sie auf das Produkt ihrer Tätigkeit stolz sein können, dass es also qualitativ hochwertig ist. Dieses gemeinsame Ziel verfolgen MaintainerIn und andere TeilnehmerInnen nach besten Kräften gemäß ihrer jeweiligen Rolle. An diesem Ziel muss sich jede Teilnahme an einem Freie-Software-Projekt messen lassen.

(23.11) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:41, Stefan Merten: MaintainerInnen werden sehr oft nicht nach irgendwelchen demokratischen Verfahren gewählt. Die meisten MaintainerInnen dürften zu ihrer Rolle einfach dadurch gekommen sein, dass sie sie ausgefüllt haben. In sehr vielen Fällen sind die GründerInnen eines Projekts die ersten MaintainerInnen.

(23.12) Re: Was fehlt in der Kladde bzw. im Text? Stichworte:, 14.10.2004, 22:41, Stefan Merten: Das Maintainer-Prinzip hat sich aus den Projekten selbst ergeben. Es gab keine vorherige Diskussion über die Frage, wie ein Freies-Software-Projekt zu organisieren ist. Es kann daher vermutet werden, dass das Maintainer-Prinzip jenseits ideologischer Grabenkämpfe dasjenige Modell ist, mit dem Projekte unter Bedingungen von Selbstorganisation und Freiwilligkeit und ohne Entfremdung in der Praxis am besten organisieren werden.

(24) Handlungsmöglichkeiten

(24.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:41, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Nein.

(25) Historischer Schritt (nach "materielle Produkte")

(25.1) 19.09.2004, 16:38, Stefan Merten: [Artikel]Wenn wir davon ausgehen, dass Freie Software ein Hinweis auf einen fundamentalen Schritt in der [Glossar]Produktivkraftentwicklung[/Glossar] ist, so kann ein Vergleich mit dem letzten fundamentalen Schritt in dieser Entwicklung interessante Hinweise geben. Die letzte fundamentale Änderung in der Produktivkraftentwicklung war der Umbruch von den feudal geprägten Gesellschaften des Spätmittelalters zu den industriell geprägten Gesellschaften der Neuzeit ab der Aufklärung. Die gerade erfundenen Industriemaschinen erforderten für ihren Betrieb hinsichtlich Technik und Organisation von Menschen eine völlig neue Produktionsweise. Dies verwob sich mit sozialen und ideologischen Entwicklungen, so dass innerhalb eines historisch relativ kurzen Zeitraums diese Entwicklung der Produktivkräfte zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung der Gesellschaft führte.

(25.2) 19.09.2004, 16:38, Stefan Merten: [Artikel]Einerseits wurden damals menschliche, tierische und einige wenige natürliche Kraftquellen (Wasser, Wind) durch moderne Kraftquellen (Dampf, Elektrizität) abgelöst. Andererseits wanderte das Know-How über die Arbeitsprozesse von den sie ausführenden Menschen in die mechanische Konstruktion der Maschinen, so dass menschliche Arbeitskraft nur noch als Ergänzung zu den Maschinen benötigt wurde. Das Ergebnis dieser Umstellung waren eine Fülle neuer, nützlicher Produkte sowie Großprojekte, die ohne Einsatz industrieller Methoden nicht denkbar gewesen wären.

(25.2.1) 13.10.2004, 20:35, Stefan Merten: [Artikel] Gleichzeitig strukturierte sich die Lebensweise der Menschen tiefgreifend um. Die Art und Weise wie Menschen in der feudalen, subsistenzorientierten Produktionsweise ihr Leben organisiert haben, war für die industrielle Produktionsweise in vielerlei Hinsicht ungeeignet. Um nur ein Beispiel heraus zu greifen, war der vorindustrielle Umgang mit Zeit weit gehend an den Hell-/Dunkelphasen und den konkreten, unmittelbaren eigenen Notwendigkeiten orientiert. Dies ging so weit, dass in manchen Klöstern die Länge einer Stunde über den Jahreslauf variierte. Für industrielle Produktion, bei der der Zeittakt durch die Maschinen vorgegeben wird, waren dies völlig unbrauchbare Verhältnisse. Es soll nicht verschwiegen werden, dass diese Umstrukturierung der Lebensweise durchaus nicht immer freiwillig geschah, sondern in erheblichem Ausmaß auch mit dem Einsatz von Gewalt einher ging.

(25.2.2) 13.10.2004, 20:35, Stefan Merten: [Artikel] Auch beim Übergang von der feudalen Gesellschaftsformation zur bürgerlichen Gesellschaftsformation lassen sich Keimformen ausmachen. So kann beispielsweise das Handelskapital, dass sich bereits im Frühmittelalter auszubilden begann, als frühe Keimform betrachtet werden, bei der sich der kapitalistische Umgang mit Geld enwickelte. Die frühindustrielle Textilindustrie war für diesen Schritt in der Produktivkraftentwicklung die Keimform, in der schon viele Formen der späteren Industriearbeit auftauchten. Insbesondere traten hier sowohl die standardisierte Massenproduktion als auch der massenhafte Einsatz von bezahlten Arbeitskräften auf.

(25.2.3) 13.10.2004, 20:35, Stefan Merten: [Artikel] Es lässt sich an diesem Beispiel auch sehr schön betrachten, wie die feudalen Stukturen sich an diese Entwicklung anpassten und sie auch nutzten. Die gesamte Kriegsproduktion, die die Fürsten für die Führung ihrer Kriege brauchten, war von der subsistenzorientierten Produktion vollständig entbettet. Kriegsproduktion, in der auch industrielle Formen relativ früh auftauchten, war nur mit Geld überhaupt zu bewerkstelligen. Das dafür notwendige Steuersystem trieb das Geldwesen weiter an, das sich als eine entscheidende Grundlage nach-feudaler Gesellschaftsformation heraus stellen sollte. Söldnerwesen sowie stehende Heere können als frühe Form bezahlter "Arbeitskraft" betrachtet werden.

(25.2.4) 13.10.2004, 20:35, Stefan Merten: [Artikel] Heute wissen wir, dass diese Entwicklung, die in frühen Keimformen bereits erkennbar war, zu einer grundlegenden Umwandlung der Gesellschaftsformation geführt hat. Auch wenn die Fürsten die Aufklärung und die mit ihr verbundene industrielle Produktionsweise teilweise begrüßten oder sogar voran trieben, so stellte sich doch heraus, dass die feudale Produktionsweise industrieller Produktion unangemessen war. Die industrielle Produktionsweise musste sich also neue Grundlagen schaffen, die durch Geldwirtschaft und Lohnarbeit gekennzeichnet sind. Auch der gesamte gesellschaftliche Überbau folgte nach und nach dieser Entwicklung der Produktivkraft - am sichtbarsten in der Gründung bürgerlicher Nationalstaaten.

(25.3) 19.09.2004, 16:38, Stefan Merten: [Artikel]Heute sind wir an einem Punkt angekommen, wo die mechanische Konstruktion von Maschinen sich immer weiter von einem konkreten Arbeitsprozess ablöst. Industrieroboter, [Glossar]Fabber[/Glossar], etc. sind nicht durch ihre Konstruktion auf einen bestimmten Arbeitsprozess festgelegt, sondern ihre mechanische Konstruktion steckt nur noch den Rahmen der Möglichkeiten ab. Die Produktion konkreter Gegenstände ist bei diesen Maschinen bereits Gegenstand von Software, womit das Know-How über die Arbeitsprozesse zum reinen Informationsgut wird. Computer verwenden dieses Informationsgut als Programme in automatisierten Prozessen, so dass menschliche Arbeitskraft nur noch dafür benötigt wird, die Informationsgüter selbst zu erstellen.

(25.3.1) 13.10.2004, 20:36, Stefan Merten: [Artikel] Während beim Übergang zu den bürgerlichen Gesellschaften der Schwerpunkt der Produktion sich von der Nutzung des Bodens zur Produktion materieller Güter verlagerte, so verschiebt sich der Schwerpunkt der Produktion beim Übergang in die heraufziehende Informationsgesellschaft zu Informationsgütern. Der Wechsel zur Industrieproduktion erforderte einen fundamentalen Wechsel in der Gesellschaftsformation. Informationsgüter, die in fast allen Aspekten anderen Bedingungen unterliegen als materielle Güter, erfordern eine ebensolche Umstrukturierung, so dass eine grundlegende Änderung der Gesellschaftsformation unabdingbar erscheint.

(25.3.1.1) Bedeutung des Bodens, 14.10.2004, 12:27, Franz Nahrada: Hier ist ein schöner Anwendungsfall für McLuhans viertes Gesetz der Medien, das "retrieval". Während die Nuzung des Bodens in der industriellen Gesellschaft immer unbedeutender wird, weil sich die zentralen Warenproduktionsaggregate auch in der industrialisierten Landwirtschaft in immer weniger Situationen noch rentabel betreiben lassen, wird die Verlagerung auf Informationsgüter dem Boden, sprich der unmittelbar vorhandenen materiellen Umgebung, eine neue Bedeutung geben. McLuhan selbst hat dies festgestellt, wenn er Industrialisierung mit einer zentralen Einheit gleichsetzt und Automatisierung mit der "Rückkehr" der produktiven Intelligenz in unsere Lebenszusammenhänge. Natürlich können wir von "Informationsgütern" nicht leben, aber dezentrale Produktionsintelligenz verspricht ein völlig anderes, symbiotischeres und intensiveres Verhältnis zur Natur. Wenn Marx schon gegenüber dem Gothaer Programm gegen die schon damals recht umtriebigen Arbeitsfetischisten auf die Natur als Quelle des Reichtums hinweisen mußte, so gilt dies in genau analoger Weise und in einer völlig neuen Bedeutung heute, wo die Gefahr eines gewissen "informationsfetischismus" nicht zu leugnen ist. Sehr schön hat diese Symbiose Kevin Kelly in "Out of Control" dargestellt: die Technologie wird biomorpher und findet daher auch immer mehr Schnittstellen zum Biologischen. Potentiell, die Realität der Sache hängt auch von uns und unseren Entwürfen ab.

(25.3.1.1.1) Re: Bedeutung des Bodens, 15.10.2004, 09:53, Helmuth Supik: Muni Howda, 35, ein indischer Bauer erzählt: Ich möchte nicht wissen, wie oft ich meine Produkte schon zum Selbstkostenpreis verkauft habe, obwohl ich eigentlich viel mehr hätte verlangen können. Inzwischen finde ich den Sincumputer ziemlich gut, ich kann damit auch Informationen über Düngemittel oder den Wetterbericht abfragen. http://www.brandeins.de/home/inhalt_detail.asp?id=1427&MenuID=130&MagID=49&sid=su66249641788265822 Da er jetzt auch die Marktpreise abfragen kann, muß er nicht unter dem Selbstkostenpreis sein Getreide verkaufen. www.bytesforall.org

(25.3.1.1.1.1) Re: Bedeutung des Bodens, 16.10.2004, 13:06, Helmuth Supik: bitte korrigieren: richtig ist Simputer falsch ist Sincumputer http://www.simputer.org/

(25.3.1.1.2) Re: Bedeutung des Bodens, 15.10.2004, 21:57, Stefan Merten: "die Technologie wird biomorpher und findet daher auch immer mehr Schnittstellen zum Biologischen" soll wohl bedeuten, dass ich meinem Compi hoffentlich bald per Schläfeninterface steuern kann und nicht mehr auf die langsamen Eingabemethoden via Finger oder - noch umständlicher - Sprache angewiesen bin. In dieser Richtung sehe ich jedenfalls viele Entwicklungen schon heute und mit Cyberpunk ist da ja literarisch so einiges vorweg genommen.

(25.3.1.1.3) Re: Bedeutung des Bodens, 15.10.2004, 21:58, Stefan Merten: Alles in allem würde ich denken, dass wenn ein neues Verhältnis zum Boden entstehen sollte, dies vor allem daran liegt, dass der Überfluss dies zulässt. Mir für meinen Teil wäre auf jeden Fall daran gelegen, mir die lästige Natur möglichst weit vom Leib zu halten. Ich würde es z.B. extrem schick finden, einen Teil des Jahres in einer Umlaufbahn zu verbringen. Insofern finde ich, dass ein anderer Umgang mit dem Boden vielleicht der Selbstentfaltung einiger entspricht, als generelle Entwicklungslinie kann ich das aber nicht erkennen.

(25.4) 19.09.2004, 16:38, Stefan Merten: [Artikel]Die Nutzung von Industriemaschinen erforderte auf Grund deren Beschränktheit eine Anpassung der Menschen an die Notwendigkeiten der Maschinerie, was in vielerlei Hinsicht letztlich eine Unterwerfung bedeutete. Die Produktion von Informationsgütern ist hingegen ein kreativer Prozess, bei dem gerade die schöpferischen Qualitäten des Menschen gefragt sind, die durch Unterwerfung vernichtet werden. Zog die beginnende [Glossar]Industriegesellschaft[/Glossar] eine Unterwerfung der Menschen nach sich, so erfordert die beginnende [Glossar]Informationsgesellschaft[/Glossar] eine Freisetzung von Menschen.

(25.5) 19.09.2004, 16:39, Stefan Merten: ...to be continued...

(25.5.1) 13.10.2004, 20:37, Stefan Merten: So, dass wär's erstmal. Müsste sicher noch ein bisschen geglättet werden.

(25.6) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:41, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(26) Einfach / Doppelt Freie Software

(26.1) Im Aufsatz enthalten, 26.09.2004, 10:42, Stefan Merten: Im Aufsatz enthalten: Ja.

(26.2) 30.09.2004, 22:39, Stefan Merten: [Aufsatz] Einfach und Doppelt Freie Software

(26.3) 30.09.2004, 22:39, Stefan Merten: [Aufsatz] In der Freien-Software-Bewegung wird von verschiedenen Seiten immer wieder betont, dass Freie Software Bestandteil von Geschäftsmodellen sein kann. Mit anderen Worten soll es laut diesen Thesen möglich sein, mit Freier Software Geld zu verdienen.

(26.4) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Nun ist klar, dass Geschäftsmodelle, die mit einer Verknappung eines fertigen Produkts operieren, bei Freier Software nicht funktionieren können. Verknappung von Informationsgütern ist unter den Bedingungen der weltweiten digitalen Kopie allgemein nur zu erreichen, wenn den NutzerInnen das Recht genommen wird, selbst das Informationsgut weiter zu geben. Die Grundrechte Freier Software - uneingeschränkte Einsatzmöglichkeiten, Einsicht in und Möglichkeit zur Anpassung der Quellen, unbeschränkte Weitergabe originaler oder veränderter Versionen - erlauben dies jedoch nicht.

(26.5) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Ist es zwar nicht möglich, fertige Produkte direkt zu verkaufen, so gibt es verschiedenen Dienstleistungen rund um Freie Software, die verkauft werden können: Beispielsweise Wartung, Installation oder Zusammenstellen von Distributionen. Diese Geschäftsmodelle arbeiten zwar mit vorhandener Freier Software, verkauft wird aber letztlich die Dienstleistung. Auch die verschiedenen Merchandising-Produkte rund um einzelne Freie-Software-Projekte oder auch Bücher zu Freier Software verkaufen nicht Freie Software, sondern eben Plüschpinguine.

(26.6) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Ist mit fertiger Freier Software selbst kein Geschäftsmodell zu begründen, so gilt das nicht für Freie Software, die noch nicht existiert. Es sind durchaus Geschäftsmodelle möglich, bei denen Freie Software im Auftrag erstellt wird. Solche Geschäftsbeziehungen unterscheiden sich bei Projekten ohne eine Community von proprietärer Software lediglich durch die Lizenz, unter der das fertige Produkt später steht. Ebenfalls in diese Kategorie fällt die Weiterentwicklung Freier Software, die in Firmen für eigene Zwecke durchgeführt wird.

(26.7) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Gegenüber der klassischen Freien Software, wie sie ein Richard Stallman oder ein Linus Torvalds entwickeln, gibt es bei den genannten Geschäftsmodellen jedoch einen wichtigen Unterschied. Wie, wohin und wie schnell sich Freie Software entwickelt, die ohne externen Auftrag entsteht, liegt allein in der Entscheidung des jeweiligen Projekts. Zu den Freiheiten, die die Lizenzen den NutzerInnen gewähren, tritt in diesen Fällen die Freiheit der EntwicklerInnen, die nicht durch irgendwelche Weisungen von Auftraggebern gebunden sind. In Fällen, wo allein die Selbstentfaltung der EntwicklerInnen den Fortgang des Projekts bestimmt, sprechen wir von Doppelt Freier Software.

(26.8) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Demgegenüber sprechen wir von Einfach Freier Software, wenn die EntwicklerInnen in ihren Entscheidungen nicht frei sind, sondern an einen Auftraggeber gebunden. Die EntwicklerInnen entfremden sich in solchen Projekten von ihrem Produkt, da sie auch Entscheidungen des Auftraggebers berücksichtigen müssen, die aus ihrer Sicht für das Produkt schädlich sind. Alle, die die technische Seite von Software-Produktion im Auftrag kennen, kennen unzählige Beispiele für vom Marketing bestimmte Terminpläne, technisch überflüssige Hochglanz-Features, etc. Hier zeigt sich deutlich die Entfremdung vom Produkt, die mit der Erfüllung des dem Produktnutzen äußerlichen Zwecks der Verwertung entsteht.

(26.9) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Betrachten wir Freie Software als erfolgreiche Keimform, so tritt aber gerade die freie Entscheidung der EntwicklerInnen in den Vordergrund. Nicht getrieben von Marktvorgaben können sich die EntwicklerInnen auf die bestmögliche Qualität der Software konzentrieren. U.a. ist es möglich - wie jüngst bei Gimp geschehen - sich eine zweijährige Auszeit zu nehmen, in der lediglich die historisch gewachsene Code-Basis auf ein neues, qualitativ hochwertigeres Fundament gesetzt wird. Anstatt neue Features zu implementieren wird hier die langfristige Qualität in einer Weise gesichert, wie man sie sich von bekannten proprietären Software-Produkten wünschen würde.

(26.10) 30.09.2004, 22:40, Stefan Merten: [Aufsatz] Wie gezeigt ist dieser qualitative Vorsprung Doppelt Freier Software struktureller Natur und kann auf Grund der in Einfach Freier Software angelegten Entfremdung von dieser nicht eingeholt werden. Dieser qualitative Vorsprung ist es aber letztlich, der dem Produktivkraftmodell Doppelt Freier Software den entscheidenden Vorteil vor dem Einfach Freier oder proprietärer Software gibt.


Valid HTML 4.01 Transitional