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Positionspapier der bundesweiten attac AG Wissensallmende und freier Informationsfluss

Maintainer: tian 075, Version 11, 28.04.2004
Projekt-Typ:
Status: Archiv

1. Einleitung

(1) In unseren Gesellschaften wird Wissen immer wichtiger, wird ein immer größerer Teil der Arbeitskraft in die Erschaffung und Reproduktion von Wissen gesteckt. Dieser Übergang in die Wissensgesellschaft bietet Chancen und Risiken und stellt neue Herausforderungen an demokratische und solidarische Politikkonzepte. Die Chancen der Wissensgesellschaft liegen in der erhöhten Produktivität, die potenziell zu mehr Wohlstand, weniger Arbeit für jeden einzelnen und niedrigerem Ressourcenverbrauch führen kann. Risiken liegen in den Vertei-lungswirkungen neuer Technologien und darin, dass die Überwachungsgesellschaft in bisher ungeahntem Ausmaß technisch möglich wird.

(2) Für die Zukunft der Wissensgesellschaft gibt es zwei zentrale Leitbilder. Dass eine beruht auf der zunehmenden privaten Kontrolle über Wissen und Information, die auch durch staatliche Überwachung gestützt wird, ein Leitbild der Konzerne und Monopolgewinne, ein Leitbild, dass darauf angewiesen ist, alles in Geld zu fassen. Das andere Leitbild ist eines freier Koope-ration, eines, dass davon ausgeht, dass das Wissen wie auch das Leben und unser blauer Pla-net gemeinsames Erbe der ganzen Menschheit ist; ein Leitbild dass vielseitige menschliche Motivation zur Erkenntnis und Wissenschaffung erkennt und nutzt, ein Leitbild der dezentra-len Einheiten, von freier Software, freien Texten und freiem Saatgut, und, nicht zuletzt, ein Leitbild, in dem wesentlich weniger Kontrolle und Überwachung nötig und möglich ist.

(3) Wir sehen den Kernpunkt der derzeitigen Auseinandersetzung in dem Kampf um geistige Kontrollrechte (oft fälschlich als geistige Eigentumsrechte bezeichnet). Hier werden heute die Weichen gestellt dafür, wem das Wissen der Welt gehört. Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten geht zu immer stärkeren Kontrollrechten, aber es bildet sich zunehmend Gegenwehr und, vor allem im Bereich der freien Software, Alternativen. Diese Auseinandersetzung um die Ausweitung des Gemeineigentums an Wissen, der Wissensallmende ist für uns einer der zentralen Aufgaben sozialer Bewegungen für die nächsten Jahrzehnte, gleichrangig mit der Frage der Regulierung des Welthandels, der internationalen Finanzmärkte oder der Schulden der 2/3 Welt. Hier werden in diesen Jahren die Weichen für das 21. Jahrhundert gestellt.

(4) Wir sind uns dabei dem Paradox der Knappheit des Wissens bewusst: Einerseits sind Wissen und Information in sehr vielen Fällen, z.B. bei Software und Saatgut wenn einmal vorhanden praktisch kostenfrei vervielfältigbar und damit im Überfluß vorhanden, sofern es nicht künstlich knapp gehalten wird und andererseits gibt es in fast allen Bereichen eine Knappheit an Wissen in dem Sinne, dass neues Wissen gebraucht wird, nicht nur solches, dass nur noch kopiert werden muss. Neben der Verbreitung bestehenden Wissens steht daher für uns gleich-berechtigt die Schaffung von neuem.

(5) Eines der Instrumente zur Erhöhung der Anreize zur Schaffung neuen Wissens können dabei geistige Kontrollrechte sein, allerdings gibt es auch andere, oft wichtigere Möglichkeiten, die nicht die gravierenden Nachteile der geistigen Kontrollrechte haben., nicht zu unterschätzen ist hier die Freude an der eigenen Arbeit, aber auch die Anerkennung in Öffentlichkeit oder Peer-Group. Aber auch monetäre Anreize müssen keineswegs immer über geistige Kontrollrechte organisiert werden. Direkte öffentliche Finanzierung, Pauschalgebühren aber auch der direkte Eigennutz am entwickelten Wissen sind hier zu nennen. Wir sehen eine wesentliche Aufgabe für uns und die Gesellschaft allgemein darin, hier bestehende Ansätze zu fördern und neue zu entwickeln.

(6) Geistige Kontrollrechte hingegen sollten immer nur dort eingesetzt werden, wo sie anderen Methoden zur Förderung der Entwicklung von Wissen deutlich überlegen sind. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist hierbei, dass wir das Wissen als gemeinsames Erbe der Menschheit sehen. Ein Naturrecht auf geistige Kontrollrechte halten wir weder ethisch noch volkswirtschaftlich für begründbar. Für den Erhalt diese gemeinsamen Erbes wollen wir streiten.

2. Informationsgesellschaft

(7) Die aufkommende Informationsgesellschaft führt auch zu zahlreichen Herausforderungen an die Regulierung der freien Meinungsäußerung, der informationellen Selbstbestimmung und der staatlichen Veröffentlichungspolitik. Die häufig von PolitikerInnen vertretene Auffassung, alle Regelungen der Offline-Welt unbesehen auch auf das Internet zu übertragen, führt nicht weiter. Im Gegenteil müssen die Möglichkeiten der Informationsgesellschaft aktiv gefördert werden, oder sie werden verspielt. Ein weiteres wichtiges Thema sind auch die weltweiten Zugangsmöglichkeiten zum Internet. Global gesehen ist das Internet noch lange kein Massenmedium. Die Zugänge konzentrieren sich auf die Industrieländer und dort trotzt bedeutender Fortschritte der letzten Jahre immer noch schwerpunktmäßig auf Personen mit hohem Einkommen. Die Partizipation aller Menschen an der Informationsgesellschaft sollte aktiv gefördert werden. Damit dies erreicht werden kann, fordern wir:

2.1. Meinungsäußerung von Privatpersonen im Internet fördern:

(8) Das Internet bietet wie kein anderes Medium zuvor auch Privatpersonen die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern. Erst jetzt kann das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf freie Mei-nungsäußerung von großen Teilen der Bevölkerung wirklich effektiv genutzt werden. Jedoch ist diese Möglichkeit durch Massenabmahnungen sowie den Missbrauch des Wettbewerbs- und Urheberrechts in Gefahr. Es müssen gesetzliche Regelungen gefunden werden, die priva-te WebsitebetreiberInnen vor solchen, häufig existenzvernichtenden Klagen schützen und die Meinungsäußerung auch von Privatpersonen als Mittel einer partizipatorischen Demokratie aktiv unterstützen. Wir fordern:

2.1.1.

(9) Änderung des Wettbewerbsrechts, so dass es nicht mehr auf private Websitebetreibe-rInnen angewendet werden kann. Das Setzen eines Links auf ein Angebot allein soll in Zukunft bei Privatpersonen nicht mehr ausreichen, dass sie – juristische gesprochen - im „geschäftlichen Verkehr“ handeln und demnach umstandslos dem Wettbewerbsrecht unterstehen.

2.1.2.

(10) Verringerung des existenziellen Risikos bei Klagen von Unternehmen gegen Privatpersonen im Bereich des Internet für die Beklagten durch Schaffung von internet-spezifischen Selbstkontrollorganen, wo entsprechende Streitigkeiten zunächst geklärt werden sollen.

2.1.3.

(11) Änderung des Abmahnrechts (Verbot von Massenabmahnungen, kein Kostenersatzanspruch für die erste Abmahnung, Regelstreitwert)

2.1.4.

(12) Lockerung des Urheberrechts bei privaten, nichtkommerziellen Websites. Die Verwendung von fremden Texten, Fotos, Plänen und sonstigen Multimediainhalten sollte innerhalb bestimmter Grenzen zulässig sein. Die Urheber sollten hierfür durch Pauschalgebühren entschädigt werden.

2.2. Keine Zensur

(13) Das Internet vereinfacht die weltweite Kommunikation erheblich Das führt aber auch zu Konflikten mit unterschiedlichen nationalen Gesetzgebungen, die bestimmen, welche Inhalte veröffentlicht werden dürfen und welche verboten sind.

2.2.1.

(14) Um diesen Konflikt zu lösen, verpflichtete die Bezirksregierung Düsseldorf als Medienaufsichtsbehörde einige Internetzugangsprovider, den Zugriff auf ausländische Websites von der Bundesrepublik aus zu sperren, wenn ihre Inhalte deutschen Vorschriften widersprechen. Sollte dieses Beispiel in anderen Ländern Schule machen, ist zu erwarten, dass der internationale Charakter des Internets verschwindet und es in nationale Netzwerke zerfällt. Wir lehnen deshalb die Sperrungsverfügungen gegen ausländische Websites durch deutsche Regierungsbehörden ab. Nichtsdestotrotz sprechen wir uns für das Verbot des Betreibens von antisemitischen, rassistischen und ähnlichen Webseiten im Geltungsbereich deutscher Gesetze aus.

2.2.2.

(15) Der internationale Charakter des Internet führt auch zu Konflikten mit unterschiedlichen nationalen Schutzsystemen, die Jugendliche vor Gewalt- und Sexualitätsdarstellungen abschirmen sollen. Diese Konflikte bieten aber die Chance, eine breite gesellschaftliche Diskussion über den Sinn oder Unsinn dieser Schutzsysteme zu führen. Es wäre zu überlegen, ob nicht die Förderung von Medienkompetenz bei Jugendlichen der bessere Weg ist und gesetzliche Verbote tendenziell zurückgenommen werden können. Wir fordern: Keine Zensur unter dem Vorwand des Jugendschutzes.

2.3. Informationsfreiheit und staatliche Veröffentlichungen

2.3.1.

(17) Verabschiedung eines Informationsfreiheitsgesetzes auf Bundesebene. Es sollten nur wenige gesperrte Ausnahmebereiche vorgesehen sein, der Zugriff auf Akten und sonstige staatliche Informationen sollte schnell ermöglicht werden und für die BürgerInnen nur geringe Kosten verursachen. Der Datenschutz muss dabei gewährleistet bleiben.

2.3.2.

(18) Förderung der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse von Universitäten und Forschungseinrichtungen auf öffentlich zugänglichen Wissenschaftsservern unter Beibehaltung der Peer-Review. Hierdurch würden herkömmliche wissenschaftliche Fachzeitschriften überflüssig, für die Universitätsbibliotheken gegenwärtig exorbitant hohe Preise zahlen müssen.

2.3.3.

(19) Keine Patente auf Forschungsergebnisse, die durch öffentliche Mittel gefördert wurden. Das Hochschulpatentgesetz muss entsprechend geändert werden.

2.4. Informationelle Selbstbestimmung

2.4.1.

(21) Starke Kryptographie sollte uneingeschränkt auch für Privatpersonen zulässig bleiben. Wir fordern daher: Keine verpflichtende Schlüsselhinterlegung bei Geheim- und sonstigen Sicherheitsdiensten

2.4.2.

(22) Wir lehnen eine verpflichtende Vorratsdatenspeicherung der Verbindungsdaten ab.

2.4.3.

(23) Das Recht auf anonyme Nutzung des Internet muss erhalten bleiben. Wir lehnen ein Kontroll-Internet mit verpflichtender Useridentifikation ab.

2.4.4.

(24) Keinen flächendeckenden, unkontrollierten Einsatz von sog. RFID-Chips, also Funkidentifikationschips zur Warenwirtschafts und -verkehrsüberwachung.

2.5. Förderung der allgemeinen Teilnahme an der Informationsgesellschaft

2.5.1.

(26) Entsprechend den Forderungen der Länder der Dritten Welt auf dem Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) sollten die Industrieländer Entwicklungshilfe bereit-stellen, um den weltweiten „Digitalen Graben“ zu schließen und auch den Menschen im Süden die Teilnahme an der Informationsgesellschaft zu ermöglichen.

2.5.2.

(27) Besondere Förderung der Partizipation von Frauen und Mädchen an der Informationsgesellschaft.

2.5.3.

(28) Damit alle BürgerInnen in der BRD an der Informationsgesellschaft teilnehmen können, sollte ein kostengünstiger Breitbandinternetzugang zum Bestandteil der Telekommunikations-Grundversorgung werden. Er sollte flächendeckend angeboten werden, insbesondere auch in ländlichen Gebieten. Gegebenenfalls ist die entsprechende Infrastruktur – analog zum ÖPNV - staatlich zu subventionieren.

3. Urheberrecht

3.1. Kein DRM

(30) DRM (Digital Rights Management) in seinen unterschiedlichen Ausprägungen wie TCPA, TPM, Palladium, NGSCB etc. führt in letzter Konsequenz zu einer Totalüberwachung der KonsumentInnen, einer künstlichen Verknappung von Kulturgütern, einer Zementierung der Macht der großen Unterhaltungskonzerne und zu einer Benachteiligung von oppositionellen Inhalten im Internet. Bei einer flächendeckenden Durchsetzung von DRM kann der eigene PC der nicht mehr als Universalmaschine genutzt, sondern von der Unterhaltungsindustrie ferngesteuert werden. Deshalb fordern wir:
• Aufhebung des gesetzlichen Verbots der Umgehung technischer Schutzmechanismen
• Keine staatliche Förderung von DRM-Technologien
• Verbot des Einsatzes von DRM-Technologien, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beschneiden.
• Verbot der Diskriminierung von freier Software unter dem Vorwand von DRM.

3.2. Keine weitere Verschärfung des Urheberrechts

(31) Gegenwärtig ist geplant, das Urheberrecht weiter zu verschärfen. Die Privatkopie soll vollständig abgeschafft und das unautorisierte Kopieren digitaler Inhalte zu einem Verbrechen erklärt werden. Die Inhaber der Urheberrechte sollen ein Auskunftsrecht gegenüber den ISPs bekommen, um User von P2P-Netzwerken mit existenzvernichtenden Zivilklagen überziehen zu können. Wir lehnen weitere Verschärfungen des Urheberrechts entschieden ab. Sie würden große Teile der Bevölkerung kriminalisieren und zu einem weiteren Abbau der Grundrechte führen.

3.3. Pauschalgebühren

(32) Um die KünstlerInnen im digitalen Zeitalter angemessen entschädigen zu können, sollten Modelle gefunden werden, die ihnen einerseits Einkommenssicherheit gewähren, aber ande-rerseits ohne die flächendeckende Überwachung der User auskommen. Eine Möglichkeit wä-ren Pauschalgebühren z.B. auf Internetzugänge und Computerhardware, die vergleichbar zu den bestehenden Gebühren in angemessener Höhe erhoben werden müssten. Im Gegenzug sollten digitale Privatkopien und der Austausch von Inhalten z.B. über P2P-Netzwerke zum Privatgebrauch ausdrücklich erlaubt werden, solange damit keine Gewinne erzielt werden sollen. Die Pauschalgebühren sollen an die KünstlerInnen nach einem gerechten System aus-geschüttet werden, um Einnahmeausfälle aus dem herkömmlichen Verkauf von Werkstücken auszugleichen, die durch digitale Privatkopien und P2P-Netzwerke entstehen. Das Urheberrecht muss entsprechend eingeschränkt werden.

3.4. Kürzere Schutzfristen

(33) Die Schutzfristen des Urheberrechts enden erst 70 Jahre nach dem Tod des Autors und sind damit unverhältnismäßig lang. Die Erstreckung des Urheberrechts über den Tod hinaus kann nicht mehr damit begründet werden, die Erschaffung neuer Werke anzuregen. Wir fordern deshalb:
• Die Schutzfristen des Urheberrechts sollten im Interesse der Allgemeinheit deutlich verkürzt werden.
• Da Software sehr schnell veraltert, sollten ihre Schutzfristen nochmals deutlich kürzer sein als die für andere Werkgattungen.
• Wird Software nicht mehr gewartet, ist ihr Sourcecode - unter Berücksichtigung von Rechten dritter - freizugeben.

4. Freie Software

(34) Das wichtigste Merkmal von Freier Software ist, dass ihr Quellcode der Allgemeinheit zu-gänglich ist. Lizenzen wie die GPL sorgen dafür, dass diese Offenheit dauerhaft erhalten bleibt. Freie Software erleichtert die Anpassung von Anwendungen an die eigenen Bedürfnisse, macht User unabhängiger von den Verkaufsinteressen der Softwarekonzerne, fördert offene Standards und macht Software sicherer und fehlerfreier. Zudem darf sie kostenlos kopiert werden. Die Gesellschaft sollte die Produktion Freier Software nicht nur ermöglichen, indem die Patentierbarkeit von Software und Geschäftsmethoden abgelehnt wird, sondern ihre Verbreitung sollte aktiv gefördert werden. Zu diesem Zweck fordern wir:

4.1. Einsatz freier Software

(35) Der Einsatz Freier Software in Verwaltungen, Schulen und Hochschulen spart nicht nur Geld, denn sie darf beliebig oft kopiert werden, sondern der offene Quellcode ermöglicht auch die Anpassung an spezifische Bedürfnisse der jeweiligen Organisation. Diese Weiterentwicklun-gen können dann auch an alle anderen interessierten Stellen weitergegeben werden. Der Ein-satz freier Software an Schulen ermöglicht es den SchülerInnen, viel mehr über Software zu lernen, als nur auf bestimmte Menüpunkte zu klicken. Wir fordern:
• Einsatz von Freier Software in Verwaltung, staatseigenen Betrieben, Schulen und Hochschulen, solange dadurch keine gravierenden Nachteile entstehen.
• Alle im Auftrag der öffentlichen Hand geschriebene Software sollte soweit wie möglich unter der GPL oder einer entsprechenden Lizenz veröffentlicht werden.
• Öffentliche Förderung der Erstellung freier Software.
• Aufklärung über die Vorteile freier Software.

(35.1) Re: 4.1. Einsatz freier Software, 01.05.2004, 00:02, alex ??: Aufklärung über die Vorteile und Nachteile freier Software. - Aufklärung ohne Nachteil ist nicht glaubwürdig.

4.2. Offene Standards

(36) Die in der Softwarewelt genutzten Standards und Schnittstellen sollten möglichst offen und diskriminierungsfrei von allen Programmen verwendet werden dürfen. Diese Standards, z.B. bestimmte wichtige Dateiformate, sollten demnach auch für Freie Software ohne Lizenzie-rungskosten und Geheimhaltungsverpflichtungen verfügbar sein. Hierdurch wird eine Monopolbildung einzelner Firmen erschwert. Wir fordern:
• Förderung offener und freier Standards
• die freie und unentgeltliche Benutzbarkeit auch wichtiger proprietärer Standards für Freie Software, die gegebenenfalls offen gelegt werden müssen.
• Zertifizierungsstellen sollen einer öffentlichen Kontrolle unterliegen oder direkt durch die öffentliche Hand betrieben werden.

4.3. Voraussetzungen für die Entwicklung von Freier Software verbessern

(37) Freie Software wird zu einem bedeutenden Teil von zahlreichen ProgrammiererInnen in ihrer Freizeit geschrieben. Die Produktion freier Software könnte daher durch eine deutliche Ar-beitszeitverkürzung und eine allgemeine Grundsicherung, die ein Leben in Würde ermöglicht, zusätzlich angeregt werden. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Forderungen von attac.

5. Softwarepatente

(38) Ursprünglich sollte mit Patenten die frühzeitige Veröffentlichung und Verbreitung des techni-schen Wissens gefördert werden. Der Patentschutz auf Software aber würde die zugrundelie-gende Idee zum Monopol einer Firma oder Institution machen. Solche Softwarepatente sind häufig trivial und ohne Innovation, sie nützen nur dem Patentinhaber und schaden allen anderen. Für freie Software wären Softwarepatente das Ende bedeuten. Der Schutz von Software durch das Urheberrecht – unter Berücksichtigung der in Abschnitt 3 geforderten Beschrän-kungen – sollte den ProgrammiererInnen auch ohne Softwarepatente genügend Rechtssicher-heit gewähren. • Wir lehnen Softwarepatente ab. • Die in der Vergangenheit bereits beim Europäischen Patentamt angemeldeten Softwarepatente müssen widerrufen werden.

6. Bio Agrar Pharma

6.1 TRIPS-Abkommen und internationaler Rahmen

(40) Wir lehnen das TRIPS-Abkommen ab und fordern dessen Abschaffung. Solange das TRIPS noch in Kraft ist, muss es möglichst entwicklungsländerfreundlich ausgelegt werden, insbesondere was den Patentschutz von Organismen betrifft. Seine Ausnahmeklauseln sollen ausgeweitet werden.

6.1.1.

(41) Das TRIPS-Abkommen ist mit Bezug auf allgemeine Menschenrechte und entwick-lungspolitischen Zielen so auszulegen, dass die Versorgung der Menschen mit Nahrung und Medizin nicht behindert und den Entwicklungsländern eine nachholende Entwicklung nicht erschwert wird.

6.1.2.

(42) Das TRIPS-Abkommen muss klarere und weitreichender Ausnahmevorschriften für Entwicklungsländer und insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder enthalten. Dies gilt insbesondere für Patente von lebenswichtige Medikamente in den Entwicklungsländern.

6.1.3.

(43) Aus dem TRIPS-Abkommen dürfen keine juristischen Hürden für die traditionelle Landwirtschaft in den Ländern des Südens aufgebaut werden. Saattausch und Nachbau müssen legal bleiben. Die sui-generis-Klausel des TRIPS-Abkommens ist so auszulegen, dass auch ein nationales Schutzsystem analog UPOV-78 (Züchtervorbehalt, Landwirteprivileg) nach TRIPS zulässig ist.

6.2. Patente auf Leben

(44) In den letzten Jahren häufen sich Bestrebungen, Gensequenzen von Menschen, Tieren und Pflanzen patentierbar zu machen. Dies hätte ähnlich fatale Folgen wie die Softwarepatente. Eine solche Entwicklung würde nur wenigen großen Biotechnikkonzernen nutzen, die Medikamente ganz erhelblich verteuern und den medizinischen Fortschritt abwürgen.

6.2.1.

(45) Wir lehnen Patente auf Gensequenzen ab. Das Patentrecht darf im Bereich der medizinischen und pharmazeutischen Forschung nicht weiter ausgebaut werden.

6.2.2.

(46) Neben das Patentrecht müssen andere Systeme zur Förderung neuer medizinischer Erkenntnisse treten, etwa in Form von stärkerer öffentlicher Forschungsfinanzierung.

6.2.3.

(47) Die Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung müssen der Öffentlichkeit zugute kommen – in Form freier Texte oder freiem Zugangs zu Produktionsverfahren etwa.

6.2.4.

(48) Traditionelles Wissen der indigenen Völker muss vor enteignender Ausräuberung durch Biopiraterie der Pharmakonzerne geschützt werden. Es ist als Quelle neuer pharmazeutischer Erkenntnisse und auch an sich bewahrenswert und zu schützen, aber nicht durch geistige Kontrollrechte, sondern dadurch, dass der freie Zugang zu diesem Wissen und seinen Ableitungen für die gesammte Menschheit sichergestellt wird.

6.3. Landwirtschaft

(49) Durch geistige Kontrollrechte und genverändertes Saatgut geraten Landwirte immer stärker in Abhängigkeit von multinationalen Saatgutfirmen, die ihre hohen Profite v.a. durch ein juristisch durchsetzbares Nachbauverbot für Saatgut erreichen. Wir fordern:

6.3.1.

(50) Keine Nachbauverbote und -gebühren im Sortenschutzrecht für Saatgut oder durch das Patentrecht

6.3.2.

(51) Das Recht der BäuerInnen, Pflanzen zu züchten, darf durch das Patentrecht nicht beeinträchtigt werden.

6.3.3.

(52) Verbot der Teminatortechnologie, die das Saatgut der ersten Pflanzengeneration unfruchtbar macht.

6.3.4.

(53) {Das Sortenschutzrecht ist so zu ändern, dass es die Biodiversität nicht gefährdet.}


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