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Orakelpleite

Maintainer: Olaf Boerger, Version 1, 21.11.2005
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

Die Pleite des Orakels

(1) November 2005 - die Bankrott-Ballade wird eifrig weitergeträllert (Frankfurter Allgemeine Zeitung, (FAZ), 15.11.2005): “GM-Anleihen (die ohnehin schon unter “Ramsch“ laufen; so genannte “Junk-Bonds“) fallen auf Rekordtief“ – „Derivatehändler setzen verstärkt darauf, dass der amerikanische Automobilkonzern General Motors (GM) dem Zulieferer Delphi und der Fluggesellschaft Delta Airlines in die Insolvenz folgen wird.“ – Ja, da kommt doch richtig Freude auf: Der weltgrößte Automobilkonzern, der – ganz nebenbei erwähnt – läppische 300 Milliarden Dollar an Schulden aufgetürmt hat, kollabiert. Was das für die über 300.000 Beschäftigten bedeutet (nicht zu vergessen, die ca. drei Mal so große Zahl bei Zulieferern – und natürlich auch die “Ausfallquote“ für die tollen “Gläubiger“, schön zu sehen am Beispiel Argentiniens) kann mensch am Beispiel des erwähnten Zulieferers Delphi, einer ehemaligen Tochter von GM, ersehen: Nachdem der sich, wie der größte Teil der “amerikanischen“ “Wirtschaft“, in “Kapitel 11“ des Insolvenzrechtes geflüchtet hatte (siehe auch Projekt `USA`), gab das tolle Management den “Sanierungsplan“ bekannt: Abertausende entlassen und den Lohn der in den USA tätigen Mitarbeiter um bescheidene 63 Prozent kürzen. Verdienten diese bislang 27 Dollar, so werden es demnächst nur noch knapp über 9 Dollar sein. Darüber hinaus stehen bei dem weltweit zweitgrößten Zulieferer (185.000 Angestellte) noch drastische Kürzungsorgien in Sachen Beihilfen für Gesundheitsvorsorge und der auch hierzulande immer wieder beschworenen “Betriebsrente“ an. Den tollen “Gewerkschaften“ fiel dabei nicht mehr ein, als weinerlich zu monieren, dass damit die Löhne auf Dritte-Welt-Niveau fallen würden. Kein Wunder, sind sie doch selber Teil der globalen Blutsaugerei, wie das Bordell, äh, der VW-Konzern nun auch im ach so “seriösen“ “Deutschland“ wohl mehr als deutlich belegt. Tja, somit hat sich dann also kein Jahr später das bestätigt, was sich im Projekt `Globaalaballa` noch so las: „Nachtrag: Welch korrupte Gestalten die so genannten “Arbeitnehmervertreter“ in Wirklichkeit sind, lässt sich aus einem FTD-Artikel vom 15.10.2004 ersehen. In dem Artikel geht es um das schwedische SAAB-Werk, das im Zuge der “Restrukturierungspläne“ von GM ebenfalls auf der Abschussliste steht. Zwar zielt der Artikel auf die schwedische Metallgewerkschaft, doch wer mal wieder MEINT, das gebe es “hier“ nicht, dem/der ist auch nicht mehr zu helfen: „Die Zurückhaltung ist auch damit zu erklären, dass die schwedische Metallgewerkschaft derzeit in einen Veruntreuungsskandal verwickelt ist. Führende Funktionäre sollen Mitgliedsbeiträge für Trinkgelage und Nachtklubs ausgegeben haben. Der Vorstand der Gewerkschaft trat wegen der Vorwürfe am Mittwochabend geschlossen zurück.“ “ – Geil!!!

I.

(2) Überhaupt steht das Streichkonzert auch “in diesem, unserem Lande“ weiterhin hoch im Kurs (abzulesen an der sekundären Wachstumssimulation alias “Aktienkurse“). So hieß es am 15.11.2005 im ARD-Teletext, dass in der hiesigen Industrie in diesem Jahr erneut 90.000 Stellen oder ca. drei Prozent gestrichen worden sind. Die Zahl der derzeit noch in der Industrie Beschäftigten wird in dem Artikel mit 6 Millionen angegeben. Das heißt also, dass wenn mensch die noch ca. 500.000 in der Landwirtschaft Tätigen hinzurechnet, dass 6,5 Millionen Menschen die “Äquivalenz-Produktion“ alias “Geld“ für eine Gesamtbevölkerung von 82 Millionen Menschen bewerkstelligen müssen – wobei als Bezugsrahmen dieser “Wertschöpfung“ natürlich der “Weltmarkt“ gilt. Dumm nur: „Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann jener kaum in Jahren absorbieren. ... Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die altgerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen:“ – Das tut diese selbstredend nicht, sondern schmeißt im Zuge der finalen Plünderungsorgie kräftig Ballast über Bord, um die so “eingesparten“ Lohnkosten sodann als “Gewinn“ zu präsentieren. So fliegen bei VW mindestens 10.000 raus, plus deutliche Lohnkürzungen für die noch Verbliebenen, die sich schön tief und willig bücken, um noch ein bisschen weitergefickt zu werden. Die helle Freude wird auch im Leipziger VW-Werk herrschen, wo die 200 Mitarbeiter, die Vanity-Fair-Kiste “Phaeton“ zusammenschrauben (FAZ, 15.11.2005): “Phaeton verlässt Amerika“ – „Geplant war ein Absatz von 10.000 Stück. 2005 sind in Amerika aber nur 686 des VW-Luxusgefährts verkauft worden. Jetzt nimmt man ihn hier vom Markt.“ – So hat es also mit der “Planung“ alias “Ich-wünsch-mir-was“ nicht so ganz hingehauen. Allerdings läst sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, welche “Planungen“ jetzt anstehen – die 200 werden abserviert, und die “freiwerdende“ Kohle “für Nachtklubbesuche und Trinkgelage“ verbraten. Auch bei seiner “spanischenTochter“ Seat tritt der VW-Konzern kräftig auf die Würgebremse – “vorerst“ werden die Löhne und die Arbeitszeit um zehn Prozent gekappt (komisch: überall faseln die Sinns & Co. doch ständig von “Arbeitszeitverlängerung“); allerdings mit der Drohung versehen, dass, wenn das “Töchterchen“ in einem Jahr noch immer defizitär sein sollte (also: nicht genug angeschafft hat), die Schließung des Betriebes bzw. die Entsorgung der noch ca. 13.000 “faulen, gierigen Schweine“ anstehe. Ebenfalls “verkalkuliert“ hat sich VW im “8%-Prozent-El-Dorado“, China (siehe auch Projekte `China` und `Globaalaballa`, wo VW jetzt die Produktion von 1,6 Millionen auf unter 900.000 Stück runterfährt. Doch ist diese neue “anvisierte“ Stückzahl, wie selbst ein VW-Alphamännchen eingestehen musste, „mehr als wir verkaufen können.“ Mensch muss also noch nicht einmal bis eins zählen können, um zu verstehen, was das bedeutet: eine weitere Produktionskürzung – und damit verbunden: die üblichen Massenentlassungen und Lohnkürzungen.

II.

(3) Dass diese Entsorgungsorgien in der Automobilindustrie noch lange nicht beendet sind (so sind ja auch bei Mercedes 9.000 “fällig“, nachdem schon beim “Töchterchen“ Chrysler über 30.000 den Arschtritt kassiert hatten), verdeutlicht ein weiterer FAZ-Artikel vom 15.11.2005: “Forster von GM sorgt sich um Autokonjunktur“ – und weiter: „General Motors schließt eine Fortsetzung des Stellenabbaus in der westeuropäischen Autoindustrie nicht aus (selbstredend nicht nur in der westeuropäischen). ... Forster äußerte Zweifel, ob der begonnene Stellenabbau ausreiche, um die Herausforderungen der Globalisierung auch künftig meistern zu können.“ – Oh, ja – die korrupten Idioten, die keinen blassen Schimmer haben, was diese “Globalisierung“ denn eigentlich ist (siehe Projekt `Hoffentlich Allian-versichert`), schwadronieren von “meistern“. Und so heißt es abschließend: „Im März hatte GM bei Opel den Abbau von 9.500 der 32.000 Stellen beschlossen. (also gute 30 Prozent) Dafür erhielten die verbleibenden Mitarbeiter eine Arbeitsplatzgarantie bis 2010.“ – mit der sie sich, wie mensch zuvor lesen konnte, getrost den Arsch abwischen können.

III.

(4) Nicht minder düster sieht es bei einem weiteren “Blue-Chip“, Siemens, aus. Hier steht die IT-Dienstleistungs-Sparte, SBS, ganz oben auf der Abschussliste, und somit 10.000 Zielscheiben. Zwar heißt es wie immer, „man wolle die Sparte durch Abspalten fit für den Wettbewerb“ machen, doch da selbst der weltweit zweitgrößte IT-Dienstleister, EDS, schon wieder 20.000 gefeuert hat (siehe Projekt `Globaalaballa`), wird nur allzu deutlich, was von diesen Phrasendreschereien zu halten ist. Nebenbei entsorgt Siemens auch noch andere “Minus-Macher“

IV.

(5) Doch es kommt noch besser (Die Welt, 16.11.2005): “Infineon-Aufsichtsrat berät die Zerschlagung des Konzerns“ – heißt es da schlicht und ergreifend in Hinsicht auf die ehemalige “Siemens-Tochter“. Nicht nur, dass die Schließung des Münchner Werkes besiegelt ist (1.000 adios), nein, auch das Dresdner Werk mit 5.500 Beschäftigten soll zügig vertickt werden, was natürlich aufgrund der globalen Überproduktion und der heute angesagten 300-Millimeter-Wafer-Technik nichts Anderes bedeutet als: bye, bye. Lustig ist dabei vor allem, dass das Dresdner Werk gerade mal im Jahr 2001 eröffnet wurde und irgendwelche korrupten Lakaienfressen alias “Politiker“ von einem “Technologie-Cluster“ bzw. “Leuchtturm-Projekt“ faselten – der aber nun zu einem Häufchen fauler Rosinen mutiert bzw. für das das Licht jetzt schon wieder ausgeht. Auch andere Sparten werden ad acta gelegt (FAZ, 15.11.2005): “Siemens VDO kauft Werk von Infineon“ – „Der Halbleiterhersteller hat sich vom größten Teil seines verlustreichen Glasfaser-Geschäfts getrennt.“ (Sieh’ da, nicht nur die “umsatzstarke“ Speicherchip-Sparte ist ein “Minusmacher, nein, auch die High-Tech-Strippen bringen’s nicht. Also, weg damit – denn “Umsatz“ heißt noch lange nicht “Profit“. Und da es lautet: „Der Zweck der kapitalistischen Produktion ist aber Verwertung des Kapitals, d.h. Aneignung von Mehrarbeit, Produktion von Mehrwert, von Profit.“ – sowie: „Die Profitrate ist die treibende Macht in der kapitalistischen Produktion, und es wird nur produziert, was und soweit es mit Profit produziert werden kann.“, ist eben Adios angesagt: „Infineon (wohl doch eher “Finished“) hatte im Januar einen Teil des Glasfasergeschäfts an Finisar in Kalifornien verkauft, im August ein weiteres Segment an EZ-Conn in Taiwan und Ende September die Glasfaserentwicklung in Berlin eingestellt. Von dem Geschäft mit einst (“einst“ à la “R.I.P.“) 1.200 Mitarbeitern hat der Münchner Konzern nur einen kleinen Teil für die Automobilsparte behalten.“ – aber sicher auch nur noch für kurze Zeit.

V.

(6) Unvermindert hält auch der freie Fall des “Goldenen Bodens“ alias “Handwerk“ an. Nachdem im letzten Jahr 170.000 über die Klinge sprangen, sind es dieses Jahr erneut ca. 140.000. Auch in der Baubranche kreist die Abrissbirne weiter auf Hochtouren: 70.000 für 2005. Im so genannten “Handel“ sind es 35.000, die bei der Reise nach Jerusalem erneut auf der Strecke bleiben, und auf der staatlichen Ebene entzückte der “Deutsche Städtetag“ mit der Ankündigung, dass die Kommunen und Städte bis 2010 300.000 Stellen streichen werden. Apropos “staatliche Ebene“: Wurde 2003 in Sachen “Rente“ noch geheuchelt, „man überlege die Verschiebung der Erhöhung“, so konnte mensch Anfang November zur besten Sendezeit aus dem Meuchel-Mund des Plünder-Vasallen Steinbrück erstmals von “drastischen Rentenkürzungen“ hören – was natürlich dann schon sehr bald kommen wird. In diesem Sinne schon mal einen “Guten Rutsch“ – ins Massengrab.


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