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Attac-Positionspapier
Alternative Weltwirtschaftsordnung (2)

Maintainer: Michael Kox, Version 4, 05.10.2004
Projekt-Typ:
Status: Archiv

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III. Wege zu einer alternativen Weltwirtschaftsordnung

(2) 1. Weltwirtschaftsordnung im ökologischen Gleichgewicht

(3) Eine dem Ziel der Nachhaltigkeit verpflichtete ökologische Wirtschaftspolitik hat als Zielmarke die Reduzierung des Umweltverbrauchs um 80-90% gegenüber heute. Der Zwang der Entwicklungsländer, ihre Naturreichtümer zu verschleudern, muss aufgehoben werden. Dazu sind ihre Schulden zu erlassen und die entfesselten Fi- nanzmärkte zu re-regulieren. Die Subsistenzrechte lokaler und indigener Gemein- schaften haben Vorrang vor externer Nutzung. Dieses Vorrecht betrifft insbesondere die von diesen Gemeinschaften genutzte und gepflegte biologische Vielfalt.

(4) Internationale Handelsregeln müssen eingehend auf potentielle ökologische und soziale, insbesondere Gender-bezogene Folgen überprüft werden. Das Verursacher- prinzip ist durchzusetzen, d.h. effektive Haftungssysteme und Schadensausgleich. Multilaterale Umweltabkommen müssen über das Handelsregelwerk gestellt wer- den. Ebenso wie für die Handelsverträge müssen sie Bindungswirkung für IWF und Weltbank haben, die Strukturanpassungsprogramme des heutigen IWF müssen beseitigt werden. Auch muss der Handlungsspielraum der Staaten, Umweltgesetze zu erlassen, gegenüber der WTO wieder gestärkt werden.

(5) Solche Veränderungen erfordern natürlich einen tiefgreifenden Wandel auch in der Beschäftigungspolitik, der Steuerpolitik und den sozialen Sicherungssystemen, de- ren Finanzierung bislang auf permanentem Wachstum beruht. Von entscheidender Bedeutung, um den Wandel möglich, akzeptabel und nicht nur „sozialverträglich", sondern gemeinwohlfördernd zu gestalten, wird es sein, eine gerechte Verteilung des Volkseinkommens zu erzielen und den Trend zur sozialen Schere umzukehren. Arbeitszeitverkürzungen sowie die verstärkte Einbeziehung höherer Einkommen und Vermögen in die Finanzierung der sozialen Sicherung sind hier zu nennen.

(6) 1.1 Der ökologische Umbau

(7) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:

(8) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:

(9) Position Abschied vom Wachstum: Eine wachstumsorientierte Wirtschafts-, Fi- nanz-, Geld- und Zinspolitik wird abgelöst durch eine selektive Wachstums- und Schrumpfungspolitik, die insgesamt auf einen Gleichgewichtspfad ohne Zwang zum Wachstum (vgl. II.1.1) einschwenkt.

(10) 2. Beschränkung der Macht transnationaler Konzerne

(11) Die Aufhebung der Herrschaft von Menschen über Menschen und damit die Auf- hebung der Ausbeutung und Unterdrückung, der Übergang von der Fremd- zur Selbstbestimmung ist eine alte Forderung demokratischer Partizipationsbewegun- gen. Die Demokratisierung unternehmerischer Macht ist ein tragender Baustein für die Humanisierung der Wirtschaft insgesamt; wir setzen uns ein für die Regulie- rung und Einschränkung der Macht transnationaler Konzerne und ökonomischer Machtzusammenballungen durch Kartelle und Fusionen.

(12) Die einseitig auf die Interessen der KapitalgeberInnen bzw. AnteilseignerInnen aus- gerichteten Entscheidungsprozesse transnationaler Konzerne (TNK) müssen über- wunden werden. Wir fordern umfassende Mitsprache und Mitbestimmung der Be- troffenen („Stakeholder") und ihrer InteressenvertreterInnen auf allen Ebenen - im Unternehmen, national und international. Zu den Stakeholdern gehören die Be- schäftigten, aber auch die in der Umgebung Lebenden, die von Rohstoffgewinnung und anderen Produktionsauswirkungen Betroffenen und die VerbraucherInnen bzw. entsprechende Umwelt- und soziale Organisationen. Die betriebliche Mitbe- stimmung umfasst auch eine direkte Mitbestimmung („participation directe") der Arbeitsgruppen am Arbeitsplatz, sowie einen Abbau der hierarchischen Arbeitsor- ganisation und so weit wie mögliche Ersetzung durch Einrichtung selbstorganisier- ter bzw. teilautonomer Arbeitsgruppen. Die bisherigen, vielfach zu unverbindlichen Mitspracheregelungen auch des deutschen Mitbestimmungsrechts sind im Lichte dieser Forderungen qualitativ zu verbessern.

(13) Bei der Verfolgung einer gegen die Übermacht der großen nationalen und transna- tionalen Unternehmen bzw. Konzerne gerichteten Politik muss Attac die kritisch- solidarische Kooperation mit den nationalen und internationalen Gewerkschaftsor- ganisationen suchen und sich für die Stärkung ihrer Rechte einsetzen.

(14) Die Balance zwischen den Anwälten der öffentlichen Anliegen und denen der Pri- vatwirtschaft müssen wieder hergestellt werden. Soziale Verantwortung der Unter- nehmen zielt darauf, international verbindliche Standards zu schaffen in den Berei- chen Menschenrechte, Demokratie, Ökologie, Arbeit und Soziales (ILO- Konventionen) und Gleichberechtigung von Frauen und Männern, insbesondere gleiche Bezahlung. Diesen müssen sich TNK als Verhaltenskodizes verpflichten und unterwerfen. Freiwillige Standards oder Verhaltenskodices sind in diesem Zusam- menhang ein wichtiger erster Schritt, reichen aber nicht aus. Ziel muss die Schaf- fung rechtsverbindlicher internationaler Regeln mit effektiven Überwachungsme- chanismen und Sanktionsmöglichkeiten sein. Dazu muss die Rolle der Zivilgesell- schaft gestärkt werden, durch einklagbare Transparenzregeln gegenüber den TNK und durch umfassende Mitbestimmung aller Stakeholder an den Entscheidungs- prozessen innerhalb der TNK. Bei einer echten paritätischen Mitbestimmung wür- den nicht - wie gegenwärtig - die Anteilseigner de facto in der Mehrheit sein.

(15) Darüber hinaus unterscheiden sich die Vorstellungen der öko-sozialen Marktwirt- schaft, der ökologischen Wirtschaftsdemokratie und der Position Demokratisches Wirtschaften (vgl. II.3) darin, welche gesellschaftliche Rolle den TNK zukommen kann. Diese Kontroverse macht sich maßgeblich an den Möglichkeiten der Demo- kratisierung der TNK fest:

(16) Position Demokratisierung der (Groß-)Unternehmen verwirklichen: Die For- derung nach verbindlichen Verhaltenskodizes für TNK ist richtig, reicht aber nicht aus. Zentrale Voraussetzung, um die durch Eigentum erworbene oder ge- steuerte Macht zu beschränken, sind Änderungen in der Struktur der TNK selbst. Eine grundlegende Voraussetzung für eine wirksame demokratische Kontrolle von Unternehmensmacht ist die Entflechtung von TNK. Für den Ausbau der Un- ternehmensmitbestimmung gilt: Im Aufsichtsrat, der auch den Vorstand wählt, muss es eine Minderheitsposition der Anteilseigner geben und eine Mehrheit für die abhängig Beschäftigten und die betroffene Bevölkerung. Die Gruppe Bevöl- kerung soll nicht durch den Staat oder durch Staaten vertreten sein, auch opposi- tionelle Kräfte müssen Einfluss haben. Weitere Möglichkeiten sind die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt (die Aktien würden dann zu Anleihen) oder eine Auflösung der bestehenden Aktiengesellschaften in Mikrokapital, das nur natürlichen Personen gehören kann. Ein weitergehendes Ziel, das zur Demo- kratisierung notwendig sein kann, ist die Umwandlung des Privateigentums in demokratisches Gemeineigentum (Vergesellschaftung, nicht Verstaatlichung; z.B. Mitarbeitergesellschaften) und eine Ausweitung der Mit- zur Selbstbestim- mung.
Resultat einer solchen Demokratisierung ist eine Stärkung der Rechte der Beleg- schaft (und Bevölkerung), die darüber befindet, ob Missmanagement vorliegt oder gute Arbeit geleistet wurde, und die Manager und Aufsichtsräte entlassen kann. Beispiele für Managementmodelle der Selbstorganisation sind das Semco- System („Management ohne Manager") von Ricardo Semler und das von Koldo Saratxaga für die weltgrößte Industriekooperative Mondragón Corporación Cooperativa entwickelte Management-System.

(17) Position Demokratisches Wirtschaften - gesellschaftliche Wahl der wirtschaft- lichen Akteure durchsetzen: Die Forderungen nach Demokratisierung bzw. Vergesellschaftung der Großunternehmen sind richtig, lassen aber ein zentrales Problem unbeantwortet: Solange der Markt die Beziehungsebene zwischen den demokratisch geführten Unternehmen bestimmt, zwingt der ruinöse Verdrän- gungswettbewerb zur Profitausrichtung der Unternehmen, zur Selbstausbeu- tung, zur Entfremdung und zur Vernichtung konkurrenz- und profitschwacher Betriebe und Arbeitsplätze. Daher ist zusätzlich neben der innerbetrieblichen Demokratisierung eine Demokratisierung zwischen den Unternehmen erforder- lich, um gesamtwirtschaftlich die Produktion und Verteilung bedarfsorientiert auszurichten. Wenn Marktmechanismen bestehen bleiben, unterhöhlen sie eine solche gesellschaftliche Steuerung (vgl. die Erfahrungen der Kooperativ- und ArbeiterInnenselbstverwaltungs-Bewegung). Nicht der Markt, sondern die Be- völkerung soll über Leitlinien und Akteure der Produktion entscheiden Für solch eine Form demokratischen Wirtschaftens ist es wichtig, dass sich die Menschen in ihren lokalen Solidargemeinschaften mündig machen und lernen, (ba- sis-)demokratisch über komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge mitzuent- scheiden.

(18) 3. Neuordnung des Welthandels

(19) 3.1 Mechanismen der Welthandelsordnung Die verschiedenen Aufgabenbereiche, welche internationale Lösungen erfordern, sollten jeweils eigenen Organisationen zugeordnet bleiben, etwa Arbeitsstandards der ILO, Umweltpolitik der UNEP, Entwicklungspolitik der UNDP. Die Kontrolle dieser UN-Organisationen sollte dabei durch die Bevölkerung erfolgen. Es ist falsch, diese Aufgaben in die WTO zu ziehen, wie es in vielen Bereichen geschehen ist.

(20) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:

(21) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:

(22) Position Globalisierung gerechter gestalten: Das Verhältnis zwischen Außen- und Binnenhandel ergibt sich aus den Bedingungen eines öko-sozial regulierten Marktes. Hierzu wird eine Welthandelsorganisation benötigt, welche auf der Grundlage von Fairness und gegenseitigem Respekt organisiert ist. Daher treten wir ein für eine Reform der WTO: Die Großen müssen glaubhaft machen, dass sie sich dem multilateralen System unterordnen und dies dauerhaft zur zentralen Instanz weiterentwickelt werden soll. Daher sind Verfahrensregeln zu vereinba- ren, die allen Beteiligten ausreichend Zeit und Möglichkeit geben, sich in den Verhandlungsprozess einzubringen. Dazu soll ein Moratorium genutzt werden.

(23) Position Entglobalisierung: Wirtschaftskreisläufe sollten regional sein und der Binnenhandel eine eindeutige Priorität vor dem Außenhandel genießen. Wir leh- nen allgemeine Abkommen ab, welche ausländischen Anbietern einen Rechtsan- spruch auf Marktzugang geben. Weltwirtschaftsbeziehungen sollen durch ein pluralistisches System von internationalen und regionalen Institutionen und Or- ganisationen geordnet werden, welches die Verschiedenheit von nationalen und regionalen Entwicklungen anerkennt und schützt. Das Projekt weiterer Deregu- lierung der Weltmärkte muss aufgegeben werden, wozu ein Moratorium für die gegenwärtige Welthandelsrunde nur ein Einstieg wäre.

(24) Position Lokalisierung: Die in II.2.3 genannten Prinzipien der Subsidiarität und Self-Reliance lassen sich nur in kleineren Wirtschaftsräumen durchsetzen und überprüfen. Dazu bedarf es keiner weltumspannenden Organisation wie der WTO. Stattdessen sind andere Prioritäten gefordert, u.a. Landwirtschaft vor In- dustrie, und Vorrang für kleinbäuerliche Produktion. Produzenten- Konsumenten-Vereinigungen können Kleinproduzenten ein regelmäßiges Ein- kommen und den Konsumenten gesunde Nahrung und andere Produkte sichern. Sie können vor allem wieder so etwas wie Verantwortung für die Erde bei beiden - Produzenten und Verbrauchern - herstellen. Die Verbreitung von Lokalgeld und entsprechenden Initiativen kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

(25) 3.2 Neuordnung des Warenhandels

(26) Das bis 1995 geltende GATT-Abkommen (vgl. I.3.5) stellte nur scheinbar eine trag- bare, entwicklungsfähige Grundlage für den internationalen Warenhandel dar. Es gab sowohl Liberalisierungsinstrumente als auch Beschränkungsmechanismen. We- gen der besseren Ausstattung der reicheren Länder gegenüber den sogenannten Entwicklungsländern konnten diese aber nicht gleichermaßen genutzt werden. Auch deshalb beklagten sogar die Regierungen jener Länder, dass sie regelmäßig übervorteilt wurden.

(27) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:

(28) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:

(29) Position Entglobalisierung/Lokalisierung: Eine Verringerung der Mengenströ- me von Ex- und Importen gehört zu einer Politik des ökologischen Umbaus. Ein Wirtschaftsmodell, das im Zuge einer konsequenten ökologischen Steuerreform (vgl. II.1.1) Naturverbrauch bezahlen lässt, wird eher kleinformatige Produkti- onsweisen mit einem höheren Anteil an menschlicher Arbeit befördern.

(30) 3.3 Neuordnung des internationalen Dienstleistungsverkehrs
Wir fordern einen sofortigen Stopp der Dienstleistungsverhandlungen (GATS). Von der EU und der Bundesregierung verlangen wir, sofort alle bereits eingeleiteten Verhandlungsschritte und die damit verfolgten Zielsetzungen offen zu legen. So- weit internationaler Dienstleistungshandel vereinbart wird, sollte er folgenden Be- dingungen genügen:

(31) 3.4 Weltagrarmarkt

(32) Im Rahmen der gleichgeordneten Ziele von (1) Recht auf Nahrung, (2) Nahrungs- mittelsicherheit und (3) Ernährungssouveränität ist der internationalen Agrarhandel ein mögliches Instrument und ihnen untergeordnet. Das fundamentale Recht auf gesunde und kulturell angemessene Nahrung, wie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bereits verankert, darf nicht von internationalen Marktregeln in Frage gestellt werden.
Das Konzept der Ernährungssouveränität wurde in den Ländern des Südens entwi- ckelt und wird zunehmend auch von europäischen Agrarbündnissen übernommen. Es ist die Voraussetzung, um eine ausreichende und sichere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln in allen Regionen eines Landes zu verwirklichen. Ernährungssou- veränität meint das Recht auf selbstbestimmte, eigene und unabhängige Nah- rungsmittelproduktion und auf die Unterstützung lokaler Märkte und Produzenten.

(33) Dafür tritt Attac kurzfristig ein:

(34) In langer Sicht vertreten Attac-Mitglieder unterschiedliche Positionen:

(35) Position Globalisierung gerechter gestalten: Schutzrechte und gezielte Förde- rung zur Stärkung lokaler Agrarsysteme und Märkte sollen Regionen die Ent- wicklung eines Agrarsystems ihrer Wahl ermöglichen. Zumindest solange Billig- importe aus anderen Ländern, die subventioniert und nicht nachhaltig produ- ziert wurden, ein lokal erwünschtes Nahrungssystem bedrohen, bleibt das Recht auf Schutzmechanismen bestehen, bis dieses wettbewerbsfähig ist. Langfristig wird sich so ökologische und sozial faire Produktion durchsetzen und Schutzme- chanismen unnötig machen. Die Zugangsschranken zu den Märkten der Indust- rieländer müssen überarbeitet werden in Hinsicht auf die Ziele Ökologie und Armutsrelevanz. Eine internationale Handelsaufsicht mit Sanktionskompetenz kontrolliert die Fairness des Marktsystems unter spezieller Berücksichtigung der Entwicklungsbedürfnisse der einzelnen Regionen. Insbesondere verhindert sie die heutige Machtstellung von Agrarkonzernen und deren unlautere Vertrags- formen, die das Marktrisiko auf die Bauern abwälzen.

(36) Position Lokalisierung: Landwirtschaft vor Industrie: Da die Nahrung immer noch aus der Erde kommt und lokal und regional erzeugt werden soll, kann Landwirtschaft nicht dem Industrie-Modell heutiger Prägung folgen. Dieses ist auf die Bedienung des Weltmarktes ausgerichtet. Die Kleinbauern müssen ge- stärkt werden. Sehr viel mehr Menschen als heute können Arbeit in der Land- wirtschaft finden. Durch konsequente Förderung lokaler Nahrungssysteme wird die heutige globale Handelsform zurückgedrängt. Handel dient nur noch dem Verkauf von Überschüssen nach guten Ernten sowie dem Kauf bei Missernten. Agroindustrielle Produktionsformen werden unnötig. Nach einer Umverteilung des Landes findet Ressourcenmanagement basisdemokratisch nach Wunsch der betroffenen Gemeinschaft statt. Der Import auch lokal produzierbarer Agrarpro- dukte wird durch Zölle verhindert, und Arme erhalten ausgleichende Unterstüt- zung bei ihrer Versorgung.

(37) 3.5 Geistiges Eigentum und Technologietransfer

(38) Wissen hat zwei besondere Eigenschaften: Es wird durch Teilung nicht weniger, d.h. das Lesen derselben Internetseite, das Hören derselben Musik, das Verwenden desselben Rezeptes usw. ist davon unberührt, ob eine, zwei oder sehr viele Perso- nen davon Gebrauch machen. Und Wissen ist komplementär, d.h. es kann umso einfacher neues Wissen aufgenommen oder geschaffen werden, je umfangreicher der bereits erworbene Wissensstand ist.
Der gleichberechtigte Wissenszugang für Arme und Reiche, für Frauen und Männer ist zu gewährleisten. Die bildungsbezogenen Millenniumsziele sind dazu ein richti- ger, aber nicht ausreichender Schritt. Die Verwirklichung gleicher Schulbildung für Frauen und Männer weltweit muss erste Priorität erhalten.

(39) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:

(40) Dafür tritt Attac Deutschland langfristig ein:

(41) 4. Für eine andere EU und faire Handelsverträge

(42) 4.1 Regionale Handelsblöcke und bilaterale Verträge

(43) In den vorangehenden Abschnitten wurde aufgezeigt, wie Demokratie, Chancen- gleichheit und Geschlechtergerechtigkeit, Vielfalt, das Leitbild der Nachhaltigkeit und andere Ziele der menschlichen Entwicklung international verwirklicht werden können. Dies gilt in gleicher Weise für die Regionalblöcke wie die EU, eine mögliche Integration der beiden Amerikas und die entsprechenden Initiativen in Afrika und Asien. Ganz besonders gilt es für die bilateralen Handelsabkommen, bei denen ü- bermächtige Länder wie die EU, USA oder Japan mit armen Partnern wie z.B. den AKP-Staaten verhandeln.

(44) Dafür tritt Attac kurzfristig ein:

(45) Dafür tritt Attac in langer Sicht ein:

(46) 4.2 Eine andere EU - sozial, ökologisch und antimilitaristisch

(47) Trotz der unrühmlichen Rolle der EU bei der neoliberalen Umgestaltung Europas sehen wir ein vereintes Europa als eine große Herausforderung. Europa bietet eini- ge günstige Voraussetzungen für eine Politik, die die entfesselten Kräfte des freien Marktes eindämmt: Es bildet einen wirtschaftlich relativ einheitlichen und nur in relativ geringem Maße von den Handelsbeziehungen zu anderen Kontinenten ab- hängigen Wirtschaftsraum.
Wir setzen uns für ein anderes Europa ein: Für eine Union, welche die Vorherr- schaft demokratischer Willensbildungsprozesse über die Kräfte des Marktes wie- derherstellt; dazu gehört die wirksame Kontrolle der EU-Handelspolitik durch die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament.
Wir fordern einen sofortigen Stopp der europaweiten Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen Die progressiven Ansätze im Bereich sozialer Standards und sozia- len Ausgleichs müssen ausgebaut und verbessert werden.
Europa muss sich international für eine demokratische Kontrolle und eine Re- Regulierung der Finanzmärkte und für eine solidarische Weltwirtschaftsordnung einsetzen, ohne dabei selbst in Großmachtgehabe zu verfallen. Die EU muss das Projekt einer EU-Interventionstruppe zur Sicherung ihrer globalen Machtansprüche aufgeben zugunsten einer zivilen und präventiven Politik der Konfliktbewältigung.

(48) Wir setzen uns für eine gründliche Umgestaltung der Währungsunion ein. Anstatt der einseitigen Fixierung auf die Preisstabilität muss die Zinspolitik der Europäi- schen Zentralbank in erster Linie der Bekämpfung von Erwerbslosigkeit und sozia- ler Ausgrenzung und dem ökologischen Wirtschaften verpflichtet sein.
Die Erzwingung weiterer Kürzungen der öffentlichen Ausgaben durch den sankti- onsbewehrten Stabilitätspakt lehnen wir ab. [Diese Position zum Stabilitätspakt ist strittig; vgl. I.3.6] Statt dessen muss es einen europäischen Pakt für soziales und öko- logisches Wirtschaften geben, mit dem sich die EU-Mitgliedstaaten quantifizierbar und verbindlich zur Senkung der Erwerbslosigkeit, zur Umverteilung zwischen Arm und Reich, zum Nord-Süd-Ausgleich und zu einer nachhaltigen Wirtschafts- entwicklung verpflichten.

(49) Unterschiedliche Einschätzungen gibt es bei Attac über die Rolle des Euro:
Position Globalisierung gerechter gestalten: Die währungspolitische Bedeutung des Euro muss genutzt werden, um die einseitige Ausrichtung des internationa- len Finanz- und Währungssystems auf die Interessen der Kapitalanleger mit dem US-Dollar als Leitwährung zu beenden und wirtschaftlich schwächeren Ländern eine Neuausrichtung ihrer Währungspolitik zu ermöglichen. Europa muss auf eine Koordinierung der Wechselkurse zwischen Dollar, Euro und Yen hinarbei- ten (vgl. III.5.2.1).

(50) Steueroasen innerhalb der EU müssen sofort geschlossen werden - auch um ein Zeichen gegen anderen Steueroasen zu setzen (vgl. III.5.4). Weil fallende staatliche Einnahmen auch durch den unfairen Wettbewerb der gesamten Steuersysteme ver- ursacht werden, muss es eine europaweite Mindestbesteuerung von Kapital- und Unternehmenserträgen geben. Zur Abschöpfung von Spekulationsgewinnen und zur Stabilisierung der internationalen Finanzmärkte fordern wir zudem, dass die EU eine Vorreiterrolle bei der weltweiten Durchsetzung einer „Tobin-Steuer" (siehe III.5.1.3) einnimmt, indem sie eine Steuer auf alle Transaktionen mit dem Euro ein- führt.

(51) Ziel der europäischen Agrarpolitik muss eine nachhaltige Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsweisen im ländlichen Raum sein. Exportsubventionen werden ein- gestellt; Fördermittel müssen zielgerichtet an die der Nachhaltigkeit verpflichtete, ökologische Landwirtschaft vergeben werden. Nur so können die gesellschaftlichen Anliegen wie die Gesundheit der Verbraucher, der Schutz von Böden, Grundwasser und Kulturlandschaften und das Wohl von Nutztieren mit einer gesicherten berufli- chen Perspektive der Bäuerinnen und Bauern vereinbart werden.

(52) 5. Neuordnung der Währungs- und Finanzbeziehungen

(53) 5.1 Finanzbeziehungen

(54) 5.1.1 Entschuldung

(55) Wir treten ein für ein neues Verfahren der Bewältigung von untragbaren Auslands- schulden. Zu diesem gehören eine unparteiische Entscheidungsfindung, ein Anhö- rungsrecht für alle Betroffenen und die Sicherstellung eines Existenzminimums für Staaten vor dem Zugriff der Gläubiger (Insolvenzrecht für Staaten).

(56) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein

(57) Dafür tritt Attac Deutschland langfristig ein:

(58) 5.1.2 Entwicklungsfinanzierung

(59) Der seit langem beschlossene Anteil von 0,7% des BIP für Entwicklungshilfe muss endlich politische Praxis werden. Seit Beschluss dieser Quote haben die Industriena- tionen ihren Entwicklungshilfeansatz fortwährend nach unten bewegt auf z.Zt. ca. 0,23%.
Die weltweite - oder zunächst auch: europaweite - Einführung einer Tobin-Steuer könnte ein erhebliches Finanzvolumen realisieren (das Spahn-Gutachten nennt z.B. eine Summe von 17 Mrd. Euro, siehe unten), das für die Finanzierung von mensch- licher Entwicklung bzw. Armutsbekämpfung in den Ländern des Südens eingesetzt werden soll.
Der Zugang zur Entwicklungsfinanzierung diskriminiert in vielen Ländern die Frauen. Deshalb ist einerseits von der Geberseite aus auf eine geschlechtsneutrale Aufteilung von Entwicklungsmitteln zu achten, andererseits sind solche Instrumen- te einzusetzen, welche Frauen gezielt zukommen können (z.B. Mikrofinanzierung).

(60) Position Globalisierung gerechter gestalten: Derzeit ist für viele Entwicklungs- länder die Verletzung sozialer und ökologischer Standards ihr einziger Vorteil im weltweiten Konkurrenzkampf. Um die Umsetzung solcher Standards in Ent- wicklungsländern möglich zu machen, soll diesen eine Ko-Finanzierung angebo- ten werden, nach dem Vorbild des gleichnamigen EU-Instrumentes.
Als politisches Signal können Initiativen wie die Global-Marshall-Plan-Initiative gelten. Diese setzt sich für die Realisierung von Entwicklungshilfe, Ko- Finanzierung und Tobin-Steuer ein. Weiterhin wird beispielsweise eine Welt- handelsabgabe, die Terra-Tax, genannt.

(61) Position Entglobalisierung/Lokalisierung: Die Global-Marshall-Plan-Initiative ist ein Versuch aus Wirtschaft, Politik und Nicht-Regierungsorganisationen, im Namen der Nord-Süd-Solidarität den globalen Machtanspruch der EU politisch und ökonomisch zu unterstützen. Ausdrücklich soll die Entwicklungsfinanzie- rung einen weltweiten Wachstumsschub auslösen, auch zum Nutzen der europä- ischen Exportländer.
Eine Entwicklungsstrategie, die in erster Linie auf eine eigenständige Entwick- lung des Südens setzt statt auf europäisch-imperiale Machtansprüche, sollte sich an der Devise orientieren: „Weniger nehmen (im Sinne von ausbeuten) ist besser als mehr geben".

(62) 5.1.3 Tobin-Steuer und Re-Regulierung

(63) Es ist allgemein bekannt, dass Attac für die weltweite Einführung der als Tobin- Steuer bekannten Devisenumsatzsteuer eintritt. Als Einzelinstrumente sind die To- bin-Steuer oder die Spahn-Steuer selbstverständlich unzureichend, die Probleme auf den internationalen Finanzmärkten zu lösen. Finanzkrisen oder gar die neoliberale Globalisierung lassen sich mit einer Devisenumsatzsteuer alleine nicht aufhalten. Wir betrachten die „Tobin-Steuer" vielmehr nur als einen Einstieg in die Re- Regulierung der internationalen Finanzmärkte.

(64) Die Liberalisierung der Währungs- (siehe nächster Abschnitt) und Finanzmärkte wirkt keineswegs geschlechtsneutral. Insbesondere die gehäuft auftretenden Fi- nanzkrisen treffen Frauen überproportional, sei es durch Krisenabfederung durch unbezahlte, informelle Frauenarbeit, durch „Hausmädchenexport" oder durch Rückschläge bei der Gleichstellungspolitik.

(65) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:

(66) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:

(67) Position Globalisierung gerechter gestalten: Ein reformierter IWF muss die Un- terstützung der Liberalisierung von Kapitalmärkten aufgeben. Statt dessen soll die in der IWF-Satzung stehende Formulierung, „solche Kontrollen auszuüben, die notwendig sind, um internationale Kapitalbewegungen zu regulieren" (Art. IV, Abs. 3), zu einer zentralen Aufgabe werden.
Position Lokalisierung: Bei einer regional bzw. lokal ausgerichteten Wirtschafts- struktur zirkuliert das Geld lokal (vgl. die entsprechende Position in III.5.2.1). Damit wird den virtuellen, spekulationsorientierten Produkten der internationa- len Finanzmärkte der Boden entzogen; mit Austrocknen der internationalen Fi- nanzströme verschwindet auch der Bedarf für eine anonyme Mammutbehörde zu deren Aufsicht oder Koordination.

(68) 5.2 Währungsbeziehungen

(69) 5.2.1 Wechselkurse stabilisieren

(70) Das sogenannte Über- bzw. Unterschießen der Wechselkurse ist eines der schwer- wiegendsten Probleme. Es wurde durch die Liberalisierung der Finanzmärkte ver- ursacht, die praktisch unkontrollierte Währungstransaktionen und andere internati- onale Kurzfrist-Finanzgeschäfte ermöglicht. Eine Re-Regulierung kurzfristiger Fi- nanzströme mit dem Ziel ihrer Eindämmung und Kontrolle ist deshalb dringend geboten (bis hin zur Möglichkeit von Kapitalverkehrskontrollen). Hierin ist ein wichtiger Hebel gegen die Währungsspekulation zu sehen. Kontrovers diskutiert wird bei Attac die Frage, ob die Kurse zwischen verschiedenen Währungen poli- tisch festgelegt werden können:

(71) Position Wechselkursfestlegungen durch die öffentliche Hand: Wir treten für die Einführung von Wechselkurszielzonen zwischen den drei Hauptwährungen (Yen, Euro, Dollar) ein, die in der Verantwortung einer internationalen Organisa- tion, z.B. eines IWF-Nachfolgers, geführt werden sollten.
Position Gegen Wechselkursfestlegungen durch die öffentliche Hand: Es gibt bisher keine praktische Lösung, wie Wechselkurse angemessen politisch festge- legt werden können. Es darf nicht verkannt werden, dass falsche Wechselkurspo- litik eine der Ursachen von Finanzkrisen ist. So finanzierte der IWF oft Wechsel- kurse, die sich schließlich als unhaltbar erwiesen. Dadurch wurde Banken und Kapitaleignern „das Fluchttor aufgehalten", während die Menschen dieser Län- der anschließend einer umso schlimmeren Währungskrise überlassen wurden (das sogenannte Bail-Out). Festlegungen von Wechselkursen sind immer mit er- heblichen Risiken verbunden; sie tragen oft zur Entstehung des Problems bei, das sie lösen sollen.

(72) Einen Ausweg aus der Wechselkursproblematik bieten grundsätzlich andere Geld- arrangements. Einerseits fallen Wechselkurse durch die Einführung einer gemein- samen Währung weg: Dafür sind die Währungsunionen west- und zentralafrikani- scher Länder sowie der Euro ein Beispiel. Die entgegengesetzte Strategie setzt auf Lokalgeld:
Position Lokalisierung (Lokale Geldkreisläufe machen Währungstransaktio- nen teilweise überflüssig): Es kann nicht wegdiskutiert werden, dass die Geld- und Währungsstrukturen nicht alleinige, aber wesentliche Ursache diverser gra- vierender Missstände sind. Eine Re-Regulierung der entfesselten Kapitalmärkte allein reicht nicht aus. Deshalb müssen Forderungen nach alternativen (komple- mentären) Geldsystemen, die Tauschgerechtigkeit ermöglichen, erhoben werden. Konkrete Schritte sind vor Ort möglich; angefangen vom eigenen Anlageverhal- ten (langfristige Aktien- und Geldanlage, zinslose Geldanlagen) bis hin zur Ein- führung komplementärer lokaler und regionaler Währungen sowie Tauschringen und Spar- und Leihgemeinschaften tut sich hier ein breites Feld möglicher Betä- tigungen auf. Entsprechende Initiativen (etwa Regiogeld-Systeme wie der Chiemgauer) sind zu unterstützen.

(73) 5.2.2 Leistungsbilanzausgleich und Geldpolitik

(74) Z.Zt. wird die Aufgabe des Zahlungsbilanzausgleichs einseitig den Schuldnerlän- dern aufgebürdet. Dem könnte eine solidarische Leitwährung entgegen wirken, die nicht zugleich nationale Währung wäre. Sie müsste so konzipiert werden, dass sie nicht nur Verrechnungseinheit bleibt, sondern auch auf den Ausgleich internationa- ler Leistungsbilanzen und mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel hinwirken würde. Eine Währung mit Demurrage (siehe unten) wäre ein Mechanismus, der auch die Gläubigerländer in die Verantwortung nimmt. Die Form des Leistungsbi- lanzausgleiches steht in Wechselwirkung mit der jeweiligen Geldpolitik: Diese darf nicht einseitig festgelegt, sondern muss gesellschaftlich eingebunden sein.

(75) Dafür tritt Attac Deutschland kurzfristig ein:

(76) Dafür tritt Attac Deutschland in langer Sicht ein:

(77) 5.3 Internationale Organisationen und Institutionen

(78) Für einen zukunftsfähigen Entwicklungspfad ist eine internationale, öffentliche Entwicklungsbank erstrebenswert, die als Finanzier auftritt für Projekte und Pro- gramme, die vor Ort entwickelt werden. Auch kann eine internationale Organisati- on zur Unterstützung einer makroökonomischen Steuerung (z.B. bei Zahlungsbi- lanzproblemen) sinnvoll sein, die plurale Wirtschafts- und Gesellschaftskonzepte fördert, welche in partizipativen Verfahren entwickelt werden.
Damit internationale Organisationen und Institutionen zur Zukunftsfähigkeit bei- tragen, muss das neoliberale Leitbild überwunden werden, dem IWF und Weltbank heute verpflichtet sind.

(79) Dafür tritt Attac kurzfristig ein:

(80) Position Globalisierung gerechter gestalten: Eine Reform wird verfolgt, nach der Weltbank und IWF die o.g. Aufgaben übernehmen können. Zentraler Ansatz hierfür sind interne demokratische Strukturen. Dazu bedarf es einer Neuord- nung der Stimmrechte, die zwar die ökonomische Dimension eines Landes be- rücksichtigt, aber auch Bevölkerungszahl, menschliche Entwicklung u.ä. Neben den Regierungen sind die Zivilgesellschaften zu beteiligen. Ein derart reformier- ter Fonds könnte auch wieder Verantwortung bei der Koordination der Wäh- rungspolitik, der Kapitalverkehrsregulierung und der Krisenprävention (Liquidi- tätsprobleme) und Krisenbekämpfung übertragen bekommen.
Position Entglobalisierung: Anstelle einer Stärkung von IWF und Weltbank durch Reformbemühungen wird eine Strategie der Entmachtung oder Abschaf- fung von IWF und Weltbank zugunsten regionaler Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte verfolgt. Grundlage der regionalisierten Finanzordnungen soll die demokratische Kontrolle durch die jeweiligen Bevölkerungen sein. Als Alter- native zu IWF und Weltbank wird der Aufbau entsprechender internationaler Regionalorganisationen angestrebt, die miteinander kooperieren.

(81) 5.4 Steuerpolitik
Für eine gleichmäßige Beteiligung der Kapitaleinkommen an den öffentlichen Auf- gaben ist eine grundlegende Bekämpfung der Steuerflucht erforderlich. Kernpunkt ist die internationale Durchsetzung des Wohnsitzprinzips bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften, zunächst innerhalb der EU in Kooperation mit den USA. Die Steueroasen müssen und können mit einfachen Mitteln unter Druck gesetzt werden, sich diesen Standards anzuschließen. Gleiches gilt für Regeln im Bereich Geldwä- sche und Standards der Finanzmarktaufsicht.
Ein anderer wesentlicher Punkt ist die Einführung einer weltweit einheitlichen Ge- winnsteuer, um die Erpressbarkeit von Regierungen zu verringern und Buchungs- tricks wie Firmensitzverschiebungen in andere Länder oder Übertragungen von Gewinnen auf Tochtergesellschaften sinnlos zu machen.

(82) 6. Strategien und Bündnisse auf dem Wege zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung

(83) Das Netzwerk Attac als Teil der globalen sozialen Bewegungen benötigt geeignete Strategien und Bündnisse, um seine Anliegen voranzutreiben. Gleichwohl soll mit diesem Positionspapier nicht suggeriert werden, dass wir den richtigen Weg wüss- ten.

(84) Es ist keinesfalls ein fixes, lediglich der Umsetzung harrendes Programm. Vielmehr stellt das Positionspapier wichtiges Orientierungswissen dar. Es wäre kontrapro- duktiv, Wege zu sehr festzulegen. Denn das für soziale Bewegungen gerade in die- sen scheinbar alternativlosen Zeiten wichtige Öffnen von Denk- und Handlungs- räume findet in sehr vielfältiger Form statt. „Fragend gehen wir voran" (preguntan- do caminamos) sagen die mexikanischen Zapatistas, was gerade nicht Beliebigkeit, sondern Offenheit, strategische Klugheit und die permanente Suche der Auswei- tung von Bündnissen bedeutet.

(85) Beim gegenwärtigen Zustand der parlamentarischen Systeme und großer Teile der Massenmedien können solche kohärente Alternativen ausschließlich durch breite Koalitionen von sozialen Bewegungen außerhalb des Parlaments zur Diskussion gestellt werden. Diese Bewegungen können sich auf die Massenbewegungen gegen den Krieg, auf die Bewegung gegen den Sozialabbau, auf die Umweltbewegung, aber auch auf die entwicklungspolitischen Netzwerke, auf die Gewerkschaften und nicht zuletzt auf den ökumenischen Prozess stützen, indem sie die kritischen Analy- sen dieser Bewegungen vertiefen und erweitern und praktisch an Aktionsformen anknüpfen, die sich in den letzten Jahren wieder herausgebildet haben.

(86) Die Notwendigkeit von Alternativen steht außer Frage. Die sozialen Bewegungen, Zivilgesellschaften und die globalisierungskritischen Organisationen müssen sich für eine andere Welt - und das heißt auch: für eine andere Lebensweise - einsetzen und dafür kämpfen. Dazu gehören der Aufbau und die Vernetzung von Selbstorga- nisationen, z.B. Kooperativen, die neue Wirtschaftsformen erproben. Daraus entwi- ckelt sich die Unterscheidung von Produktiv- und Destruktivkräften. Diese Krite- rien können die Basis für eine Beurteilung kapitalistischer Produktionsstätten und den daraus abzuleitenden notwendigen Umbau- bzw. Rückbauprozessen sein.

(87) Vier Aspekte sind in diesem Zusammenhang entscheidend, die wiederum in die Entwicklung spezifischer Strategien, Organisierungsprozesse und Bündnisse ein- fließen müssen:

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