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Copyfarleft -- eine Kritik

Maintainer: Stefan Meretz, Version 1, 09.01.2008
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

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(1) Die folgende Kritik von Dmytri Kleiners Aufsatz »Copyfarleft und Copyjustright« (Orginal erschienen im Mute-Magazin) hat drei Teile. Zunächst diskutiere ich die allgemeinen theoretischen Grundlagen, dann die Übertragung dieser Grundlagen auf den Bereich der Informationsgüter und anschließend das Copyfarleft-Konzept. Eine zusammenfassende Kritik folgt zum Abschluss.

(1.1) Wert verstehen, 09.01.2008, 13:57, Thomas Kalka: Vielleicht verstehe ich doch irgendwann die Werttheorie ... Die knappe Zusammenfassung einiger Begriffe im Folgenden Aufsatz könnte dazu ein Aufhänger sein. Wo gibt es noch weitere kurze Texte, die dazu helfen könnten ?

1. Eigentum als Schlüssel?

(2) Dmytri Kleiner verwendet eine sehr schlichte Version eines traditionell-marxistischen Ansatzes, den ich hier manches Mal in Schutz nehmen muss, obwohl ich ihn inhaltlich selbst kritisiere. Es mag sein, dass die Schlichtheit aus der Absicht resultierte, verständlich zu bleiben. Gleichwohl muss ich diese schlichte Argumentation zugrunde legen. Sie geht so:

(2.1) Re: 1. Eigentum als Schlüssel?, 09.01.2008, 21:28, Wolf Göhring: "Eigentum ist Diebstahl":

Diesen slogan benutzte schon Proudhon, evtl. sogar als buchtitel. Marx stellte dazu fest, dass es ein geschickt aufruettelnder slogan war, aber theoretisch voellig daneben.

(2.1.1) Re: 1. Eigentum als Schlüssel?, 21.01.2008, 17:41, Stefan Meretz: Jüngst benutze ihn inhaltlich Paul Cockshott in einem Artikel: http://www.jungewelt.de/2008/01-21/014.php -- allerdings spricht er nicht von "Diebstahl", sondern "Schwindel und Betrug", was aufs gleiche rauskommt. Ich schließe mich auch für diesen Fall deinem Urteil an: Theoretisch völlig daneben.

(3) Mit »Eigentum« ist das Privateigentum an Produktionsmitteln gemeint, es wird im Text nur an zwei Stellen eher nebenbei erwähnt. Ein affirmativer Bezug auf David Ricardo muss dafür herhalten, um ein sogenanntes »ehernes Lohngesetz« zu behaupten, jedoch nicht zu begründen. Ricardo wird damit zitiert, dass es einen »natürlichen Preis der Arbeit« gäbe, der der Subsistenz des Arbeiters und der Klasse entspreche. Den darüberhinaus gehenden Ertrag, den der »Eigentümer« einstreicht, nennt der Autor »Rente«.

(3.1) natuerlicher preis, 09.01.2008, 21:43, Wolf Göhring: Der begriff eines "natuerlichen preises" ist ein paar tage aelter als Ricardo. Man kann ihn ausfuehrlich bei A. Smith im "Wealth of Nations" nachlesen. Das adjektiv "natuerlich" besagt nicht, dass es etwa gegen die natur verstiesse, wenn der preis ein anderer als der "natuerliche" sei. Smith meint damit lediglich einen durchschnittspreis (... average rate of both of wages and profit ... This rate is naturally regulated ... The natural price, therefore, is, as it were, the central price, to which the prices of all commodities are continually gravitating.(Chap. VI)) Die wirklich gezahlten preise sind die "market prices". Daneben nennt Smith den durch die menge an arbeitszeit bestimmten preis den "real price", den in geld ausgedrueckten den "nominal price".

(4) Puh, da steckt eine Menge an Unverständnis drin. Ich versuche mich an der Entschlüsselung.

(5) Es gibt keinen »natürlichen Preis der Arbeit«. Der Autor muss ebenso wie Ricardo ein solches Konstrukt behaupten, um erklären zu können, warum es überhaupt einen Anteil gibt, den der »Eigentümer« für sich behalten kann. In Wirklichkeit versteht der Autor weder den Unterschied zwischen Arbeitskraft und Arbeit, noch den zwischen Wert und Preis, noch den zwischen Rente und Profit. Diese drei Begriffspaare seien im Folgenden erklärt.

1.1. Arbeitskraft und Arbeit

(6) Der »Eigentümer« kauft die Arbeitskraft (also das »Tun«) und nicht die Arbeit (also das »Getane«). Die Arbeitskraft ist eine Ware, deren Wert eine Größe ist, die gesellschaftlich-durchschnittlich beim Tausch Ware gegen Geld -- Arbeitskraft gegen Lohn -- gebildet wird und den Wieder-/Herstellungskosten dieser Ware entspricht.

(6.1) Eigentümer, 09.01.2008, 14:00, Thomas Kalka: Mit »Eigentümer« ist hier der Produzent einer Ware gemeint?

(6.1.1) Re: Eigentümer, 10.01.2008, 14:27, Stefan Meretz: Ja. Die Langfassung heisst eigentlich »Privateigentümer der Produktionsmittel« (Maschinen, Büros etc.)

(6.2) Re: 1.1. Arbeitskraft und Arbeit, 09.01.2008, 14:02, Thomas Kalka: Für ein Lohn-Arbeitsverhältnis sehe ich diesen Zusammenhang. Wie ist dies jedoch bei Akkord-Arbeit, oder ähnlichem (Freiberufler, Ärzte, generell alle die für eine Leistung bezahlt werden , IchAgs etc) ? Wird da nicht die Leistung selbst bezahlt ? Wieviel Arbeitkraft da reingeht ist dem Abnehmer doch egal.

(6.2.1) Freiberufler, Ich-AGs, 09.01.2008, 22:05, Wolf Göhring: In "Theorien ueber den Mehrwert" (MEW 26.1) geht Marx hierauf ausfuehrlich ein, vor allem im vierten kapitel "Theorien ueber produktive und unproduktive arbeit" (p. 122-277)

"... und A. Smith hat die sache selbst begrifflich erschoepft, den nagel auf den kopf getroffen, ... dass er die produktive arbeit als arbeit bestimmt, die sich unmittelbar mit dem kapital austauscht (Marx hebt hervor), d.h. durch austausch, womit die produktionsbedingungen der arbeit und wert ueberhaupt, geld und ware, sich erst in kapital verwandeln (und die arbeit in lohnarbeit im wissenschaftlichen sinn).
Damit ist auch absolut festgesetzt, was unproduktive arbeit (M. hebt hervor) ist. Es ist arbeit, die sich nicht gegen kapital, sondern unmittelbar (M. hebt hervor) gegen revenue austauscht, also gegen salair oder profit (natuerlich auch gegen die verschiednen rubriken, die als copartners am profit des kapitalisten partizipieren, wie zins und renten. ...
Ein schauspieler ... ist hiernach ein produktiver arbeiter, wenn er im dienst eines kapitalisten arbeitet ..., dem er mehr arbeit zurueckgibt, als er in der form des salairs von ihm erhaelt, waehrend ein flickschneider, der zu dem kapitalisten ins haus kommt und ihm seine hosen flickt, ihm einen blossen gebrauchswert schafft, ein unproduktiver arbeiter ist. Die arbeit des erstren tauscht sich gegen kapital aus, die des zweiten gegen revenue. Die erstre schafft einen mehrwert; in der zweiten verzehrt sich eine revenue."

(6.2.1.1) Re: Freiberufler, Ich-AGs, 13.01.2008, 00:47, Maike Arft-Jacobi: Dies bedeutet u.a., dass die Arbeit einer Krankenschwester in einem öffentlichen Krankenhaus unproduktiv ist und die in einem privatisierten Krankenhaus produktiv. Das wirft ein Licht auf die Herkunft des Mehrwerts. Der Mehrwert entstammt nicht der praktischen Tätigkeit der Krankenschwester.

(6.2.2) Re: 1.1. Arbeitskraft und Arbeit, 10.01.2008, 14:31, Stefan Meretz: Akkord-Arbeit ist Lohnarbeit. Freiberufler und andere Selbstverwerter haben sozusagen beide Rollen in einer Person inne: »Kapitalist« und »Arbeiter«. Grundlage für die »Geschäfte« sind zumeist Verträge. Verträge verdecken, was wofür aufgewendet wird. Dem Abnehmer ist das in der Tat egal. Hier geht es allerdings darum, die Ökonomie dahinter zu verstehen. Da ist es einfacher, zunächst mit »klaren« Rollen zu denken.

(7) Die Ware Arbeitskraft hat zwei Besonderheiten. Erstens hängen die Wieder-/Herstellungskosten vom gesellschaftlich-kulturellen Niveau der Reproduktion ab. Heute gehören dazu z.B. Computerspiele, die es vor 100 Jahren nicht gab etc. Die Teilhabe an diesen gesellschaftlich-kulturellen Möglichkeiten fällt den Arbeitskraftverkäufern jedoch nicht automatisch in den Schoß, sondern muss -- teilweise heftig umkämpft -- ökonomisch (Arbeitskämpfe) und politisch (Politikteilnahme) durchgesetzt werden. Manche nennen das Klassenkampf.

(7.1) 09.01.2008, 14:05, Thomas Kalka: Ich verstehe das so: Die Arbeitskraft ist eine Ware, wie andere auch. Für alle Waren gilt: - Der Wert einer Ware ist gleich dem gesellschaftlich durchschnittlichen Preis, der für sie erzielt wird. - Dieser Preis entspricht den Wieder-/Herstellungskosten dieser Ware.

(7.1.1) Ware Arbeitskraft, 10.01.2008, 14:32, Stefan Meretz: Genau. Gesellschaftlich durchschnittlicher Preis stimmt aber nur dann, wenn Wert=Preis gilt. Das ist nicht immer der Fall.

(7.2) 09.01.2008, 14:07, Thomas Kalka: Die Wieder-/Herstellungskosten scheinen aber sehr weit gefasst. Dazu gehört die komplette Aufzucht und Ausbildung der Arbeiter und der gesamte Apparat, der sie daran glauben lässt, arbeiten zu müssen ?

(7.2.1) Wiederherstellungskosten der Ware Arbeitskraft., 10.01.2008, 14:34, Stefan Meretz: So ist es. Im Text schrieb ich vom kulturellen Niveau, was da eingeht.

(7.3) 09.01.2008, 14:08, Thomas Kalka: Das die Produktivität vom gesellschaftlich-kulturellen Niveau der Reproduktion abhängt -- gilt das nicht für alle Waren?

(7.3.1) Produktivität und Kultur, 10.01.2008, 14:35, Stefan Meretz: Nicht eins-zu-eins. Bei normalen Waren wäre das Analoge das gesellschaftlich-durchschnittliche Produktivitätsniveau. Bei der Arbeitskraft spielen die Bedürfnisse und die Möglichkeiten ihrer Befriedigung mit rein.

(7.3.1.1) Re: Produktivität und Kultur, 13.01.2008, 13:19, Juli Bierwirth: Ja, so würde ich das auch umschreiben. Um den Unterschied etwas genauer zu beschreiben: Die Arbeitskraft hat mit anderen Waren gemein, das es auf das technisch-wissenschaftliche Niveau der Produktion ankommt. Also etwa darauf, wieviel Zeit gebraucht wird um Käse und Brot zu produzieren. Das ist die technische Seite. Dazu kommt die kulturelle, also etwa die Frage, ob ein oder zwei Kinobesuche in der Woche dazugehören. Das ist variabel und eben (auch) von gesellschaftlichen Auseinandersetzungen abhängig. Im Gegensatz zur Frage der Produktivität, die sich "hinter dem Rücken" der Beteiligten durchsetzt...

(7.4) zu Klassenkampf, 09.01.2008, 14:11, Thomas Kalka: Wer ist/sind denn die Gegenspieler der Arbeitskraftverkäufer ? Irgendwie hört sich das so an, als würde es scharf umrissene Klassen geben. Ist aber nicht jeder in verschiedenen Rollen dabei ? Also immer gleichzeitig Arbeitskraftverkäufer und Kapitalist ?

(7.4.1) Re: zu Klassenkampf, 10.01.2008, 14:37, Stefan Meretz: Ja, das ist schon eine wesentliche Erkenntnis: »Klasse« ist keine personale Zuordnung, sondern eine ökonomische Rolle. Die kann ich dauerhaft innehaben oder nicht, ich kann sie zeitweise oder teilweise vollziehen etc. Marx sprach von »Charaktermasken«. Viele personalisieren das dennoch immer wieder.

(7.4.2) Re: zu Klassenkampf, 13.01.2008, 13:21, Juli Bierwirth: Gegenspieler der ArbeitskraftverkäuferInnen wären diejenigen, deren Aufgabe es ist, das Kapital in den Unternehmen zu verwalten und zu mehren.

(7.5) 09.01.2008, 14:15, Thomas Kalka: Die "eigene Produktivkraft" -- damit meine ich das Verhältnis von eingesetzter Zeit im Tausch gegen Wert bei verschiedenen Akteuren -- ist abhängig von der Teilhabe an verschiedenen "Klassen" oder Kulturen ?

(7.5.1) Eigene Produktivität, 10.01.2008, 14:41, Stefan Meretz: Statt »eigener Produktivkraft« würde ich eher von »eigener Produktivität« oder »eigener Leistungsfähigkeit« sprechen. So allgemein kann man sagen, dass sie von der ökonomischen Rolle abhängt, weil sie u.a. über die Verfügungsmöglichkeiten über Produktionsmittel oder andere Arbeitskräfte bestimmt. Und auch von der Kultur, die zum Beispiel die Fähigkeit formt, sich selbst in den entsprechenden kulturellen Milieus zu bewegen und sich zu verkaufen.

(8) Zweitens ist die Arbeitskraft als einzige Ware in der Lage, mehr Produkte bzw. Wert zu produzieren als zu ihrer eigenen Wieder-/Herstellung erforderlich sind. Diesen Anteil nennt man Mehrprodukt, oder als Wert formuliert Mehrwert. Die Formulierung als Wert ist hier zutreffender, weil die Arbeitskraftverkäufer ja nicht die von ihnen hergestellten Güter erhalten, sondern den in Geld ausgedrückten Wert der erfolgreich verkauften Produkte. Doch es sei noch einmal betont: Die Arbeitenden erhalten nicht den Wert ihrer Arbeit, sondern den Wert ihrer Arbeitskraft als Lohn.

(8.1) Mehrwert, 09.01.2008, 14:21, Thomas Kalka: Hier scheint mir der wichtigste Punkt meines Unverständnisses zu liegen. Woher kommt denn dieser Mehrwert, der in einer Ware steckt ?

(8.1.1) Re: Mehrwert, 10.01.2008, 14:51, Stefan Meretz: Der Mehrwert ist die Differenz zwischen gekaufter Arbeitskraft und geleisteter Arbeit. Arbeitskraft ist die Möglichkeit, Arbeit zu leisten, also das Arbeitsvermögen, das (einsetzbare) »Tun«. Arbeit hingegen ist die realisierte Möglichkeit, das »Getane«. Der Kapitalist kauft das (einsetzbare) »Tun« und bezahlt seinen Wert (das sind die Wieder-/Herstellungskosten). Das »Getane« ist nun mehr Wert als das »Tun« -- das ist der Mehrwert. Nur die Arbeitskraft hat diese besondere Eigenschaft: Sie produziert mehr als sie selbst wert ist.

(8.1.2) Beispiel Maschine, 10.01.2008, 14:57, Stefan Meretz: Vielleicht zur Verschaulichung das Beispiel Maschine, denn statt Arbeitskraft könnte der Kapitalist ja auch eine Maschine kaufen. Was passiert hier? Mit der Maschine kauft der Kapitalist »Getanes« und bezahlt dafür den Wert (immer im Mittel gedacht). Hier wird sofort klar, dass da nicht »mehr« rauszuholen ist als das, was die Maschine wert ist und was ohnehin schon bezahlt wurde. Was hier beim Einsatz der Maschine geschieht, ist eine schrittweise Übertragung des Werts auf die damit hergestellten Produkte. Danach ist die Maschine abgenutzt und muss erneuert oder ersetzt werden. Also: Aus Maschinen kommt kein Mehrwert.

(8.1.2.1) Re: Beispiel Maschine, 13.01.2008, 00:36, Maike Arft-Jacobi: Das habe ich noch nie verstanden - und hoffe jetzt, dass es mir nach 25 Jahren endlich gelingen wird ...

Dass der Kapitalist bei der Maschine "Getanes" kauft, trifft im Durchschnitt zu. Zu Beginn einer technischen Entwicklung ist es durchaus möglich, »mehr« aus einer Maschine rauszuholen, weil man eine Zeit lang in der Herstellung unter dem erforderlichen Durchschnittsaufwand liegt.

Angenommen, die Maschine herzustellen hat 100.000 € gekostet und stellt Waren X her, die für 150.000 € verkauft werden können. Dann wären die 50.000 € ein "Ausdruck" für eine Art Mehrwert. Nun würde es im Kapitalismus aber so gehen, dass die 50.000 € nach und nach "verschwinden", weil die Preise im Schnitt nicht höher liegen als dem in einer Gesellschaft erforderlichen Durchschnittsaufwand zur Herstellung von X entspricht - sofern kein Monopol besteht. Die Einführung der Maschine führt gerade zur Senkung des Durchschnittsaufwands.

Jetzt Arbeiter: Einen Arbeiter herzustellen, koste 100.000 €. Der Arbeiter produziere Waren, die sich für 150.000 € verkaufen lassen. Die zusätzlichen 50.000 € drücken den Mehrwert aus. Wie bei der Maschine müsste doch auch hier das Plus von 50.000 € "verschwinden"? Wenn es nicht verschwindet: Läge das nicht wie bei Maschinen an einer Monopolbildung (Macht der Arbeiterklasse)? Woher kommt der Mehrwert, den Menschen im Unterschied zu Maschinen schaffen können sollen?

(8.1.2.1.1) Re: Beispiel Maschine, 13.01.2008, 09:55, Benni Bärmann: Arbeiterinnen werden ja nicht auf herkömmliche Weise hergestellt. Sie sind kein kapitalistisches Produkt sondern Produkt eines ausserkapitalistischen Vorgangs. Teile ihrer Herstellungskosten werden natürlich trotzdem vom Kapital bezahlt, dass sind die Kosten die bei der Herstellung von Arbeiterinnen anfallen: Nahrung, Wohnung, Lehrergehalt, Kinderartztgehalt, ...

Dennoch wird da immer ein Rest bleiben, nenn es Liebe oder Fürsorge oder meinetwegen auch nur Rund-um-die-Uhr-zur-Verfügung-stehen-und-dabei-nicht-wahnsinnig-werden. Das bezahlt niemand.

Tatsächlich könnte man das vielleicht als Begründung anführen warum es einen Nanny-Kapitalismus (also einen der sämtliche Fürsorgetätigkeit einsaugt) nicht geben kann: Die Menschen wären dann wirklich nur noch Maschinen und das funktioniert nicht.

(8.1.2.1.1.1) Re: Beispiel Maschine, 15.01.2008, 01:57, Maike Arft-Jacobi: Wir sind auf dem Weg, Maschinen zu werden. Die ersten Angestellten haben Chips implantiert. Sterbende werden als Materialbanken ausgeschlachtet. Kinderkörper werden wie Schrauben behandelt, indem man sie mit BMI-Toleranzbereichen vergleicht und bei Abweichungen repariert. In den Krankenhäusern werden Fließbänder eingeführt, die PatientInnen werden zu Werkstoffen. Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit werden als psychiatrische Störung definiert und chemisch beseitigt.

Was wird dann aus dem Mehrwert? Könnte die Verwandlung der Menschen in Maschinen das sein, was sich aus der Krise des Kapitalismus ergeben muss, wenn man den Kapitalismus nicht aufhebt?

"In der Bestimmung, daß der Arbeiter zum Produkt seiner Arbeit als einem fremden Gegenstand sich verhält, liegen alle diese Konsequenzen. ... je mehr der Arbeiter sich ausarbeitet, um so mächtiger wird die fremde, gegenständliche Welt, die er sich gegenüber schafft, um so ärmer wird er selbst, seine innere Welt, um so weniger gehört ihm zu eigen." (Karl Marx, Pariser Manuskriptfragmente des Jahres 1844)

(8.1.2.1.1.1.1) Re: Beispiel Maschine, 15.01.2008, 11:00, Benni Bärmann: Klar ist das ein denkbares Szenario. Aber die Cyborgs haben ja durchaus auch emanzipatives Potential, siehe den Posthumanismus einer Donna Haraway zB. Die entscheidende Frage ist wie immer nicht welche Technik kommen wird, sondern wer sie kontrolliert mit welchen Zielen.

Einen Kapitalismus ganz ohne menschlichen Anteil könnte es vielleicht mit Erfindung einer starken KI geben. Die wird aber schon sehr lange versprochen und bisher ist nichts in Sicht und das obwohl rein von der Rechenleistung her die Gehirnkapazität sehr wohl langsam in Sicht kommt.

(8.1.2.1.2) Re: Beispiel Maschine, 13.01.2008, 13:40, Juli Bierwirth: Also "die Maschine" stellt glaube keine Waren her. Das tut die Arbeiterin, während sie die Maschine benutzt. Zunächst sieht es natürlich so aus, als wäre es die Maschine, die diesen Wert geschaffen hat. Schließlich wird der Gewinn ja meist größer, wenn die Maschinen besser werden. Aber selbst wenn es wahr wäre, dass das Unternehmen 150.000 € auf die neuen Produkte für die Maschine "anrechnet", obwohl sie nur 100.000 € gekostet hat - dann wäre nicht viel gewonnen. Das wäre letztlich Betrug - er hätte mehr Geld gekriegt als ihm zusteht. Und an anderer Stelle würde das Geld fehlen. Insgesamt ändert sich also nix, die Summe bleibt gleich.

Für Marx, (für Stefan und für mich wohl auch) macht das ganze wenig Sinn. Warum? Weil der Wert keine natürliche Substanz ist, die aus den Dingen quasi rausfließt. Wert ist vielmehr ein gesellschaftliches Verhältnis. Alle arbeiten für sich (privat) und stellen sich dann ihre Arbeitsprodukte zur Verfügung. Nichts anderes ist Wert: die zur Produktion dieser privaten Arbeiten benötigte gesellschaftliche Durchschnittszeit. Und weil der Wert so ein gesellschaftliches Ding ist, kann der Mehr-Wert natürlich auch nur etwas gesellschaftliches sein.

Marx erklärt sich das Phänomen so (Stefan hats ja schon beschrieben, ich versuche es mal in anderen Worten): Eine Ware hat immer einen Gebrauchswert und einen (Tausch-)Wert. Für die Arbeitskraft heißt das: Das Unternehmen kann sie nutzen (Gebrauchswert), und zwar für einen Tag. Dafür zahlt es an die Besitzerin der Arbeitskraft (also die Arbeiterin) Geld. Und zwar so viel Geld wie die Arbeiterin braucht,um auch am näxten Tag wieder auf der Matte zu stehen. (da kommt dann der technisch-kulturelle Durchschnitt von oben wieder ins Spiel.) Nun braucht die Arbeiterin aber nur den halben Tag, um alles das zu erwirtschaften, was sie für für die Widerherstellung der Arbeitskraft braucht. Sie hat sich aber einen ganzen Tag verpflichtet (Gebrauchswert: ein Tag arbeiten). Drum bleibt sie noch da und der Rest geht als Mehrwert in das Eigentum des Unternehmens über. Es ist, wie Wolf unten schreibt, keine Ungerechtigkeit, sondern ein besonderes Glück für den Kapitalisten.

Alle Klarheiten beseitigt?

(8.1.2.1.2.1) Re: Beispiel Maschine, 15.01.2008, 00:50, Maike Arft-Jacobi: Ja! Vielen Dank!!!!

(8.1.2.1.3) Re: Beispiel Maschine, 13.01.2008, 22:23, Konrad Stoeber: Die Produktionsmittel – Rohmaterial und Arbeitsmittel einschließlich der Maschine sind nichts als tote Gegenstände. Irgendeiner muß diesem ganzen Kram in zweckmäßiger Weise "Leben einhauchen" und am Leben erhalten. Wo und wie auch immer – das passiert durch Arbeit. Ob da jemand in der Schaltwarte sitzt, oder im Blaumann an der Drehbank, tut nichts zur Sache. Die Frage, der Marx – und vor ihme andere Ökonomen nachgegangen sind – besteht schlicht darin, wie die sich vor unser aller Augen abspielende Zunahme des Reichtums an Waren zuwege kommt, ohne die Gesetze des Äquivalententauschs zu verletzen. Die Vermehrung des gesellschaftlichen Reichtums (sowohl gebrauchswert- als auch wertseitig) kann ja nicht dadurch zustandekommen, dass der eine den anderen bescheißt. Was der eine mehr hat, hat der andere dann weniger. Das kann also nur die Verteilung des Reichtums betreffen. Frage also, wie funktioniert das, dass, obwohl Äquivalente getauscht werden, mehr Wert produziert wird. Weiteres vorstehend.

(8.1.2.1.4) Re: Beispiel Maschine, 14.01.2008, 21:31, Stefan Meretz: Viele Antworten, auch noch eine von mir zu deinem Beispiel. Zur Maschine: Die Situation, die du beschreibst (Beginn einer technischen Entwicklung mit einem Vorsprung) ist eine Abweichung vom Durchschnitt. Wenn es individuell gelingt über der durchschnittlichen Produktivität zu liegen (weil neue Maschine im Einsatz), wenn also die eigenen Produkte billiger als die der Konkurrenz produziert werden können, und wenn diese Waren -- sagen wir -- den Durchschnittpreis erzielen, dann haben wir folgendes:

(8.1.2.1.5) relativer Mehrwert, 14.01.2008, 21:32, Stefan Meretz: a) Die Arbeitszeit der ArbeiterInnen zur Bezahlung ihrer Arbeitskraft konnte verkürzt werden und die Mehrarbeitszeit entsprechend verlängert; Marx nennt das (Erhöhung der) Produktion relativen Mehrwerts.

(8.1.2.1.5.1) Re: relativer Mehrwert, 15.01.2008, 21:13, Wolf Göhring: a) Ein fabrikant von kraftwerksturbinen hat eine neue maschine eingesetzt, mit der die produktion von turbinenschaufeln beschleunigt werden konnte. Wieso und ggf. um wieviel konnte dann die arbeitszeit der arbeiterinnen zur bezahlung ihrer arbeitskraft verkuerzt werden?

b) Ein hosenfabrikant hat eine neue maschine, mit der pro 8-stunden-schicht und mit gleichviel arbeitern die produktion von hosen verdoppelt werden konnte. Wieso und ggf. um wieviel konnte dann die arbeitszeit der arbeiterinnen zur bezahlung ihrer arbeitskraft verkuerzt werden?

(8.1.2.1.5.1.1) Re: relativer Mehrwert, 16.01.2008, 11:51, Stefan Meretz: Marx (MEW 23, S. 543) erklärt es so: "Wert der Arbeitskraft und Mehrwert wechseln in umgekehrter Richtung zueinander. Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit, ihre Zunahme oder Abnahme, wirkt in umgekehrter Richtung auf den Wert der Arbeitskraft und Arbeitskraft und in direkter auf den Mehrwert." Zum Rechnen hab ich keine Lust und finde das auch nicht wichtig.

(8.1.2.1.5.1.1.1) Re: relativer Mehrwert, 16.01.2008, 21:16, Wolf Göhring: Unter (8.1.2.1.4) hast du einen fall benannt und unter (8.1.2.1.5) eine folgerung behauptet. Ich hab den fall in 2 beispiele (kraftwerksturbine und hosen) aufgeteilt und nachgefragt, wie sich deine behauptung ergibt. Das Marx-zitat ist keine antwort, denn es bezieht sich darauf, dass die produktivitaet generell zunimmt. Du behandelst den besonderen fall, dass bei einem kapitalisten die produktivitaet zunimmt. Ich warte immer noch auf deine antwort.

(8.1.2.1.5.1.1.1.1) Re: relativer Mehrwert, 17.01.2008, 08:21, Stefan Meretz: Ich weiss nicht, was du willst. Wir sind hier auf der Ebene von Beispielen. Vgl. (8.3.2.1.1.1)

(8.1.2.1.5.1.2) Der relative Mehrwert hat sich eventuell nur im Fall b) verändert, 18.01.2008, 11:26, Christian Siefkes: Mir scheint, dass Wolf auf den Punkt hinauswill, dass der relative Mehrwert nur dann ansteigt, wenn die Produktion eines Gutes, dass die Arbeiter/innen zur Reproduktion ihrer Arbeitskraft benötigen, effizienter wird. Im Fall b) (Hosen) ist das der Fall: Arbeiter brauchen Hosen, die Hosen können jetzt mit weniger Arbeit hergestellt werden, somit arbeiten die Arbeiter jetzt etwas kürzer für sich selbst und etwas länger für den Kapitalisten.
Fall a) finde ich dagegen schwieriger zu entscheiden, weil ja nicht klar ist, wofür die Turbinen letztlich eingesetzt werden.
Einfacher wärs dagegen in einem Fall c), wo z.B. Panzer produziert werden. Da Arbeiter keine Panzer zum Überleben brauchen, ändert sich in diesem Fall bei Effizienzsteigerungen nichts an der Produktion des relativen Mehrwerts – die Arbeiter arbeiten immer noch so viel wie vorher für sich selbst und so viel wie vorher für den Kapitalisten.
Effizienzsteigerung sind also nicht unbedingt mit einer Erhöhung der Produktion des relativen Mehrwerts verbunden. Trotzdem profitiert der Kapitalist natürlich auch dann, wenn der relative Mehrwert unverändert bleibt, weil er jetzt seinen Marktanteil auf Kosten der Konkurrenten steigern kann (wenn er zu Preisen verkauft, wo sie nicht mithalten können) oder einen Extra-Profit einfahren kann (wenn er die Preise seiner Waren unverändert lässt, obwohl ihr Wert durch die Effizienzsteigerung gesunken ist).

(8.1.2.1.5.1.2.1) Re: Der relative Mehrwert hat sich eventuell nur im Fall b) verändert, 19.01.2008, 10:45, Konrad Stoeber: Es ist für die Frage der Relation von notwendiger Arbeit und Mehrarbeit absolut gleichgültig, ob Hosen, Panzer oder Turbinenschaufeln produziert werden. Es geht bei der Produktion von Mehrwert nur um das Verhältnis zwischen der Zeit, in der der Arbeiter das Äquivalent für seinen eigenen Lohn produziert, und die Zeit, in der er Mehrarbeit leistet. (Das heißt natürlich nicht, dass der Arbeitstag in zwei Teile zerfällt.)

(8.1.2.1.5.1.2.1.1) Es ist für die Frage der Relation von notwendiger Arbeit und Mehrarbeit absolut gleichgültig, ob Hosen, Panzer oder Turbinenschaufeln produziert werden, 20.01.2008, 14:22, Christian Siefkes: Klar. Für die Relation von notwendiger Arbeit und Mehrarbeit ist überhaupt nicht wichtig, was die Arbeiter produzieren. Stattdessen kommt es darauf an, ob sich der Wert der von den Arbeitern zur Reproduktion ihrer Arbeitskraft benötigten Güter verändert oder nicht. Im Falle b) ist das der Fall (Wert der benötigten Güter fällt, daher steigt der relative Mehrwert), im Falle c) nicht.

(8.1.2.1.5.1.2.1.1.1) Re: Es ist für die Frage der Relation von notwendiger Arbeit und Mehrarbeit absolut gleichgültig, ob Hosen, Panzer oder Turbinenschaufeln produziert werden, 24.01.2008, 16:33, Konrad Stoeber: Ja, das kann ich nachvollziehen. Ich bin mir aber nicht im klaren, ob man Waren, die der Arbeiter braucht, hinsichtlich Ihrer Wertbestimmung so säuberlich von denen trennen kann, die er nicht braucht - wie die Diskussion oben zeigt. Man gerät sofort in eine eher ideologische Diskussion, die nichts wesentliches zur Klärung des in Rede stehenden Problems der Produktion von Mehrwert beiträgt.

(8.1.2.1.6) Extra-Mehrwert/Profit, 14.01.2008, 21:33, Stefan Meretz: b) Der zusätzliche erzielte Mehrwert wird auch Extra-Mehrwert oder bezogen auf das eingesetzte Kapital Extra-Profit genannt.

(8.1.2.1.7) Werttransfer, 14.01.2008, 21:36, Stefan Meretz: c) Da die eigenen Waren billiger hergestellt, aber zum gesellschaftlich-durchschnittlichen Preis getauscht werden, findet ein "Werttransfer" statt. Das heisst, für den Vorreiter sind die Austauschrelationen günstiger geworden. Das bedeutet, dass die Konkurrenten für den Vorreiter mitarbeiten (lassen) müssen -- bis sie in der Produktivität nachgezogen haben. [thanx to IRC #freie-gesellschaft für die Beratung]

(8.1.2.1.8) Konkurrenz, 14.01.2008, 21:37, Stefan Meretz: d) In der Konkurrenz müssen die "Mitbewerber" (so nennen sich die Konkurrenten untereinander) möglichst schnell mitziehen, d.h. auch die neuen Maschinen einsetzen und die Produktivität erhöhen etc. Irgendwann hat sich das gesellschaftlich nivelliert, und der individuelle Vorsprung des einen und damit der Extra-Profit ist verschwunden.

(8.1.2.1.9) Beispiel Arbeiter, 14.01.2008, 22:01, Stefan Meretz: Nun ist der Fall der Maschine also relativ klar. Ist es nun beim Arbeiter genauso? Mal davon ab, dass auch im ersten Fall der Maschine da ja irgendwo gearbeitet wurde: Im Prinzip ja. Auch hier schwankt der Wert der Ware Arbeitskraft um ihren gesellschaftlichen Durchschnittswert. Wenn kämpferische Arbeiter mehr rausholen, können ihre Löhne über dem Durchschnitt liegen. Wird wie bei der Maschine das Plus verschwinden? Nein, sehr unwahrscheinlich. Dann gäb's keinen Mehrwert und keinen Profit mehr, und die Firma wäre schnell Pleite, weil sie im Konkurrenzkampf untergehen würde. Nehmen wir an, die Arbeiter setzen für ihre Firma trotzdem den gesamten Mehrwert als Lohnerhöhung durch, etwa weil ihnen die Fabrik gehört, was dann? Um zu Überleben, müsste die Firma massiv rationalisieren, um die Produktivität zu erhöhen, um die notwendige Arbeitszeit (=den Wert der Arbeitskraft produzierende Arbeitszeit) zu senken. Auch eine arbeitereigene Firma muss so handeln. Genau das ist auch empirisch zu beobachten gewesen (jetzt bei normalen Firmen): Nach Durchsetzung der Arbeitszeit-Verkürzung mit Lohnausgleich kam es zu Rationalisierungswellen. Das spricht weder gegen Lohnerhöhungen noch Arbeitszeitverkürzungen, aber so sehen die Zwangsgesetze der Konkurrenz aus.

(8.1.2.1.10) Mehrwert - woher?, 14.01.2008, 22:26, Stefan Meretz: "Woher kommt der Mehrwert, den Menschen im Unterschied zu Maschinen schaffen können sollen?" -- Darin steckt eine laxe Formulierung, die missverstanden werden könnte. Deshalb zur Klarheit: Maschinen schaffen nicht nur keinen Mehrwert, sondern gar keinen Wert. Niemals und nirgends. Nur die angewendete Arbeitskraft schafft Wert. Maschinen übertragen ihren Wert, das heisst, sie sind anschließend wertlos. Kein Wert wurde geschaffen. Der Mehrwert ist nun die Differenz von Wert der Arbeitskraft, die der Kapitalist gegen Lohn kauft, und Wert der Produkte, die die Arbeit herstellt. Maschinen spielen hier nur insofern rein, als sie die Produktivität der Arbeit erhöhen. Maschinen werden also nicht wegen ihres Werts eingesetzt (das ist sozusagen ein "Durchlaufposten"), sondern weil Arbeit damit produktiver wird und mehr Wert produziert und somit auch schneller ihren Wert erarbeitet und damit mehr Mehrwert schafft.

(8.3) Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 12.01.2008, 20:38, Wolf Göhring: Du schreibst: "die Arbeitskraftverkäufer (erhalten) ja nicht die von ihnen hergestellten Güter, sondern den in Geld ausgedrückten Wert der erfolgreich verkauften Produkte."

Seit wann ist das so?

(8.3.1) Re: Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 14.01.2008, 21:29, Stefan Meretz: Was oder ab wann? Was - den Wert ihrer Arbeitskraft. Ab wann - seit Durchsetzung des Kapitalismus? Weiss nicht, sag du es mir. In der Frühphase erhielten die Arbeiter teilweise wirklich Produkte des fabrikeigenen Ladens für ihre Arbeitskraft als Lohn.

(8.3.2) Re: Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 15.01.2008, 21:43, Wolf Göhring: Deine formulierung, die ich in (8.3) aufgegriffen hatte, besagt nicht mehr und nicht weniger, als dass die arbeitskraftverkaeufer den wert ihrer arbeit erhalten wuerden, denn das ist "der wert der erfolgreich verkauften produkte".

Wenn du mir eine fundstelle bei Marx verraetst, die genau dieses herleitet, dann glaub ich dir das sogar.

Oder ist zwischen dem wert der arbeit und dem wert der bei der arbeit hergestellten produkte ein unterschied? Wenn ja, wo find ich das bei Marx?

Auch versicherungspalaeste, bruecken, lokomotiven, bohrinseln usw. sind erfolgreich verkaufte produkte. Was hat deren wert damit zu tun, was die arbeitskraftverkaeufer erhalten?

(8.3.2.1) Re: Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 16.01.2008, 11:40, Stefan Meretz: Wolf, mach doch nicht immer so'n pädagogisierenden Umstand, sondern schreib' einfach, was du denkst. Schreib einfach auf, wenn du irgendwo eine Ungenauigkeit zu erkennen meinst. Ich bin dir (wie allen) dafür stets dankbar.

(8.3.2.1.1) Re: Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 16.01.2008, 21:24, Wolf Göhring: Ich hab ernst gemeinte fragen gestellt. Diese benennen deutlich mein bedenken.

(8.3.2.1.1.1) Wider den Pädagogisierungen, 17.01.2008, 08:14, Stefan Meretz: Sorry, ich weiss nicht, worauf du hinaus willst. Formuliere deine Bedenken als Bedenken und nicht als Fragen, deren Bedenkeninhalt ich erst erraten muss. Du hast doch nicht wirklich Fragen, sondern weisst schon wo du hin willst.

(8.3.2.1.1.1.1) Re: Wider den Pädagogisierungen, 18.01.2008, 12:58, Konrad Stoeber: Stefan, unter 8. schreibst: "Die Formulierung als Wert ist hier zutreffender, weil die Arbeitskraftverkäufer ja nicht die von ihnen hergestellten Güter erhalten, sondern den in Geld ausgedrückten Wert der erfolgreich verkauften Produkte." Das ist definitiv falsch. Nicht mehr und nicht weniger moniert Wolf. Siehe auch Christians 8.3.2.1.2

(8.3.2.1.1.1.1.1) Re: Wider den Pädagogisierungen, 18.01.2008, 14:14, Stefan Meretz: Wolf hat nichts moniert, sondern Fragen gestellt, deren Zwecks ich erraten muss und die ich nicht als wirkliche Fragen empfinde, sondern als (pädagogisierende) Weise mich vorzuführen. Im übrigen habe ich die Fragen aus 8.3 beantwortet und eine Aufforderung formuliert, mich aufzuklären -- was Wolf übergeht, sondern stattdessen neu fragt (8.3.2.). Deine Aussage "Das ist definitiv falsch" hingegen verstehe ich sofort. Inhaltlich: Ja, du hast recht. Das habe ich jedoch in 8.3.1. schon auf Wolfs erste Frage klar gestellt. Ich fände es auch ganz gut, wenn Wolf mal die Fragen an ihn beantworten würde, z.B. die von Juli in 11.1.1. Das interessiert mich nämlich auch.

(8.3.2.1.2) Re: Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 18.01.2008, 11:46, Christian Siefkes: Hm, eigentlich hat Wolf es doch schon recht klar gesagt: im Text steht, dass die Arbeitskraftverkaufer den "Wert der erfolgreich verkauften Produkte" erhalten, was impliziert, dass die den Wert ihrer Arbeit erhalten (denn die Produkte sind ja Ergebnis ihrer Arbeit). Tatsächlich erhalten sie natürlich nicht den Wert ihrer Arbeit, sondern der Wert ihrer Arbeitskraft, wie ja im nächsten Satz auch nochmal hervorgehoben wird. Im Allgemeinen werden die Arbeiter also weniger als den "Wert der erfolgreich verkauften Produkte" erhalten (der Wert der Arbeitskraft ist i.A. geringer als der Wert der Arbeit, andernfalls lohnt sich die Produktion für den Kapitalisten ja nicht), in Einzelfällen können sie jedoch auch mehr erhalten (wenn sich der Kapitalist verkalkuliert hat).
Die Formulierung im Text impliziert dagegen, dass sie genau den "Wert der erfolgreich verkauften Produkte", d.h. den Wert ihrer Arbeit erhalten. Was nicht der Fall ist, wie der nächste Satz ja auch explizit betont. Daher ist mir auch nicht ganz klar, was die Formulierung mit dem "Wert der erfolgreich verkauften Produkte" soll. Einfach ein Versehen, oder willst auf etwas anderes hinaus, was weder Wolf noch ich kapieren?

(8.3.2.1.2.1) Re: Was erhalten die arbeitskraftverkaeufer?, 18.01.2008, 14:10, Stefan Meretz: Nein, ich will auf nichts anderes hinaus. Deine Aussage kann ich verstehen und feststellen: "Jepp, da hat der Christian recht, das ist eine Formulierung, die so nicht richtig ist." Wolf hingegen hat mir Fragen gestellt, wo ich nicht weiss, worauf er hinaus will (Belege bei Marx für meine falsche Formulierung - häh?). Solche Art des "Vorführens" (was ich dann auch Pädagogisieren bezeichnet habe) kann ich nicht leiden.

(8.4) Wert der arbeitskraft und wert der arbeit, 12.01.2008, 22:44, Wolf Göhring: Marx: "Der umstand, dass die taegliche erhaltung der arbeitskraft (beispielsweise, W.G.) nur einen halben arbeitstag kostet, obgleich die arbeitskraft einen ganzen tag wirken, arbeiten kann, dass der wert, den ihr gebrauch waehrend eines tages schafft, doppelt so gross ist als ihr eigner tageswert, ist ein besondres glueck fuer den kaeufer, aber durchaus kein unrecht gegen den verkaeufer." (MEW 23, p. 208)

(9) Der Tausch Lohn gegen Arbeitskraft ist durchaus gerecht. Es handelt sich ökonomisch gesehen um einen Äquivalententausch. Das gilt -- immer in gesellschaftlich-druchschnittlicher Sicht -- für jeden Warentausch. Eine Kritik des Warentausches als "ungerecht" geht also am Problem vorbei. Das gilt auch dann, wenn man die unglaubliche Ungleichverteilung der Ressourcen weltweit aufzeigt wie das der Autor tut. Der Skandal besteht also nicht darin, dass der Kapitalismus ungerecht sei, sondern darin, dass gerechter Tausch systematisch Ungleichheit produziert.

1.2. Wert und Preis

(10) Um die systematische gerechte Produktion von Ungleichheit verstehen zu können, muss man unumgehbar den Unterschied zwischen Wert und Preis begreifen. Das ist nicht einfach, ignoriert die traditionelle Wirtschaftswissenschaft den Wert doch völlig und argumentiert ausschließlich in Begriffen des Preises. Solche suggestiven Beispiele wie die des berühmten Glases Wasser in der Wüste verleihen der Anschauung hohe Plausibilität, dass der Preis nur durch Angebot und Nachfrage entstehe. Das ist auch nicht völlig falsch, ist jedoch nur der kleinere Teil der Wahrheit.

(11) Hauptschwierigkeit beim Verstehen von Wert ist die Tatsache, dass Wert keine dingliche auch nur irgendwie an die Materialität des Gutes oder seiner Verteilungsumstände gebundene Eigenschaft ist. Wert ist Ausdruck für ein Verhältnis. Im Sandkastenfall wie ihn Marx durchgespielt hat, lautet die Formel »x Ware A = y Ware B«. Eine Ware A drückt ihr Wertsein in Proportionen von Ware B aus. Überträgt man dies auf alle Waren, dann drücken sich alle Waren gegenseitig ineinander wertmäßig aus.

(11.1) wert, 12.01.2008, 20:45, Wolf Göhring: Du schreibst: "Wert ist Ausdruck für ein Verhältnis."

Marx hat tauschwert, wert und wertgroesse, bzw. mass des werts auseinandergehalten:
"Der tauschwert (ich hebe hervor) erscheint zunaechst als das quantitative verhaeltnis (ich hebe hervor), die proportion, worin sich gebrauchswerte einer art gegen gebrauchswerte anderer art austauschen, ein verhaeltnis, das bestaendig mit zeit und ort wechselt. ...
Eine gewisse ware, ein quarter weizen z.b. tauscht sich ... mit andern waren in den verschiedensten proportionen. Mannigfache tauschwerte also hat der weizen statt eines einzigen. Es folgt daher erstens: Die gueltigen tauschwerte derselben ware druecken ein gleiches aus. Zweitens aber: Der tauschwert kann ueberhaupt nur die ausdrucksweise, die 'erscheinungsform' eines von ihm unterscheidbaren gehalts sein.
Betrachten wir nun das residuum der arbeitsprodukte. Es ist nichts von ihnen uebriggeblieben las dieselbe gespenstige gegenstaendlichkeit, eine blosse gallerte unterschiedsloser menschlicher arbeit, d.h. der verausgabung menschlicher arbeitskraft ohne ruecksicht auf die form ihrer verausgabung. Diese dinge stellen nur dar, dass in ihrer produktion menschliche arbeitskraft verausgabt, menschliche arbeit aufgehaeuft ist. Als kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen substanz sind sie werte - warenwerte. ...
Ein gebrauchswert oder gut hat also nur einen wert, weil abstrakt menschliche arbeit in ihm vergegenstaendlicht oder materialsiert ist. Wie nun die groesse seines werts messen? Durch das quantum der in ihm enthaltenen 'wertbildenden substanz', der arbeit. Die quantitaet der arbeit misst sich an ihrer zeitdauer, ..." (MEW 23, p. 50-53)

(Nota bene: Marx schreibt hier "abstrakt menschliche arbeit", beileibe nicht "abstrakte menschliche arbeit". Dieses kleine 'e' macht einen himmelweiten grammatikalischen und folglich auch sprachlichen unterschied. Wird leider an anderer stelle von einigen wert-kritikern grandios uebersehen.)

(11.1.1) Re: wert, 13.01.2008, 13:45, Juli Bierwirth: Worauf willst du hinaus? Also, macht es einen Unterschied in der Sache, was du zitierst - oder wolltest du nur auf eine ungenaue Formulierung verweisen? (was ja auch okay wäre, is mir nur nicht klargeworden...)

(11.1.2) Re: wert, 18.01.2008, 13:08, Konrad Stoeber: Kannst Du zu Deinem Nota bene mal noch zwei Sätze schreiben? Ich rede selbst immer von (Kurzform) abstrakter Arbeit.

(11.1.2.1) abstrakt(e) arbeit, 19.01.2008, 22:13, Wolf Göhring: Irgendwo in band 3 des kapitals taucht bei Marx auch abstrakte arbeit auf, sonst jedoch abstrakt arbeit, vor allem dort, wo er wert bestimmt. Ob die formulierung in bd. 3 der unvollstaendigen ausarbeitung, dem diktat von Engels in reinschrift oder einem sonstigen lapsus geschuldet ist oder von Marx so gemeint war, das weiss ich nicht.

In bd. 1 wird abstrakt gebraucht, wie von mir zitiert. Der grammatikalische unterschied zu abstrakte ist, dass das letztere ein adjektiv ist und somit eine eigenschaft der arbeit selbst bezeichnet. Abstrakt ist adverb und kennzeichnet nicht die geleistete arbeit, sondern einen ausserhalb der arbeit liegenden abstraktionsprozess, der an der konkreten und unveraenderbar geleisteten arbeit vorgenommen wird: es wird die nur tatsache beachtet, dass ueberhaupt gearbeitet wurde, egal was und wie.

Ich finde bei Marx keine 2 sorten von arbeit, konkrete und abstrakte, die irgendwie in einander verschachtelt geleistet werden, sondern nur die konkrete, die fritzchen mueller leistet, wenn er zb. eine hose naeht. Fuer den austausch bleibt von diesem arbeitsprozess nur die hose uebrig und die tatsache, dass dieser prozess nicht zeitlos war, sondern zeit gekostet hat. Die konkrete arbeit "gilt" (Marx) im austausch nur im hinblick auf diese zeit (und selbst diese nicht, wenn andre leute hosen in kuerzerer zeit naehen).

Das ist die abstraktion, die man im austausch von der konkreten arbeit macht. Dadurch wird die konkrete arbeit keine abstrakte arbeit, sondern man betrachtet die arbeit abstrakt, "als solche" (Marx).

(11.1.2.1.1) Re: abstrakt(e) arbeit, 20.01.2008, 13:28, Konrad Stoeber: Vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Dieser Unterschied ist mir so noch gar nicht in den Sinn gekommen, ist aber sehr wichtig zum Verständnis dafür, dass es sich bei "abstrakt" und "konkret" um unterschiedliche Reflexionsformen des gleichen Prozesses - der Arbeit - handelt.

(12) Das, was in der Gleichung verglichen wird, muss etwas allen Waren Gemeinsames sein. Es ist die Arbeitszeit, die zur Herstellung der Waren erforderlich ist. Um sich das Vergleichen zu vereinfachen, wurde eine spezielle Ware aus der Vergleicherei »ausgekoppelt« und diente nun allen anderen Waren als Maßstab, als allgemeines Äquivalent. Das ist das Geld. Es ist selbst nichts wert, kann aber Wert darstellen. Das ist schick, denn mit Geld kann man alles, was Wert, halt: was einen Preis hat, kaufen.

(13) Wert als solchen gibt es nicht. Um sich auszudrücken, braucht Wert Waren. Eine Ware ist ein solches Gut, dass für den Tausch hergestellt wird. Der Wert drückt dann das im Tausch realisierte Wertverhältnis aus. Trotzdem entsteht der Wert nicht im Tausch, sondern -- obgleich bloßes Verhältnis -- ist er schon vorher »da«. Denn das, was dort verglichen wird, ist gleiche menschliche Arbeit oder Arbeitszeit, die in die Produkte gesteckt wurde. Im Tausch wird nur realisiert, was vorher schon »da« war. Kommt es nicht zum Tausch, dann wird der potenzielle Wert nicht realisiert, sondern verfällt. Die »verfallene Arbeitszeit« muss nun auf die anderen Produkte rechnerisch draufaddiert werden, denn Wert ist nicht bloß ein einzelnes Sandkasten-Verhältnis wie oben gezeigt, sondern ein allgemeines oder gesellschaftliches Verhältnis. Kurz: Beim Wert geht's um die gesellschaftlichen Durchschnitte gleicher menschlicher Arbeiten in den Produkten, die im Tausch verglichen werden.

(13.1) verfallene Arbeitszeit, 19.01.2008, 15:28, Konrad Stoeber: Wird das Produkt nicht verkauft, ist es keine Ware, hat keinen Wert. Die verausgabte Arbeitszeit ist -ökonomisch gesehen- keine Arbeitszeit. Der möglicherweise schon gezahlte Lohn hat m.E. den gleichen ökonomischen Status, wie ein Geldgeschenk - betrifft also nur die Verteilung. Vermittels welchen Zusammenhangs sollte die verfallene Arbeitszeit in die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit eingehen?

(13.1.1) Re: verfallene Arbeitszeit, 21.01.2008, 10:31, Stefan Meretz: Vermittels des üblichen gesellschaftlichen Gesamtvergleichs, den der Wert ja darstellt. Die "verfallene Arbeitszeit" ist Teil der Gesamtarbeitszeit der Waren, deren Wert erfolgreich realisiert wurde. Wem es also z.B. gelingt, die Verkaufquote zu erhöhen (weniger wegzuschmeissen), der hat erfolgreich die individuell notwendige Arbeitszeit gesenkt und kann ggf. einen Extra-Mehrwert einstreichen -- ein ähnlicher Mechanismus wie bei einer Produktivitätserhöhung, nur dass es hier natürlich eine absolute Grenze gibt (100%). Und schaut man sich die Branchen an, dann entsteht eine Art "gesellschaftlich durchschnittlicher Ausschuss", ab dem es sich nicht mehr rechnet, noch mehr in einer Erhöhung der Verkaufsquote zu setzen. Bei Lebensmitteln liegt diese Quote bei 25%, bei Werkzeugmaschinen vermutlich unter 1%.

(13.1.1.1) Re: verfallene Arbeitszeit, 22.01.2008, 18:14, Konrad Stoeber: Wieso ist die "verfallene Arbeitszeit" Teil der Gesamtarbeitszeit. Man sollte m.E. bei der Bestimmung kapitalistischer Lohnarbeit bleiben, und zu dieser gehört, dass deren Resultat Waren sind. Andernfalls wäre jede Verausgabung von Hirn-Muskel-Nerv Arbeit.

(13.1.1.1.1) Re: verfallene Arbeitszeit, 22.01.2008, 21:13, Stefan Meretz: Das ist doch der Witz: Deren Resultat sind Waren. Es ist nicht möglich, einzelne Arbeitsaufwände aus der Wertbestimmung beliebig herauszunehmen, sondern der Gesamtaufwand ist zu betrachten -- es geht immer um die gesellschaftlichen Durchschnitte. Es ist nicht zuschreibbar, welcher (verfehlte) Handgriff, in welchem einzelnen Ding (nicht) steckt. Der einzelne Kapitalist, der 1% seiner Waren perfekt und unschlagbar günstig herstellt bei 99% Ausschuss wäre schnell vom Markt gefegt.

(13.1.1.1.1.1) Ausschuss vs. Fehlproduktion, 23.01.2008, 09:20, Christian Siefkes: Mir scheint, ihr redet etwas aneinander vorbei, weil ihr über zwei unterschiedliche Arten von "verfallener Arbeitszeit" sprecht: Stefan redet von normalem Ausschuss – dem Anteil der Produktion, der auch bei optimaler Produktionsweise gemäß dem jeweiligen Stand der Produktivkräfte in den Müll wandern muss, weil er den Qualitätskriterien nicht entspricht oder weil er verdirbt, bevor er zum Kunden kommt. Ein gewisses Maß an Ausschussproduktion ist wahrscheinlich im gesellschaftlichen Durchschnitt immer nötig und geht somit in die wertbildende Arbeitszeit ein (weil die Konkurrenten es auch nicht besser können).
Konrad redet dagegen von Fehlproduktion: Produktion, die aufgrund von suboptimaler Produktionsweise nicht zu verkaufbaren Produkten führt (weil z.B. qualitativ mangelhaft oder überteuert); oder deren Produkte sich nicht verkaufen lassen, weil nicht genügend zahlungskräftige und -willige Nachfrage besteht. Solche Fehlproduktion ist tatsächlich kein Teil der wertbildenden Arbeitszeit – hier wurde kein Wert produziert, sondern nur Geld in den Sand gesetzt. Das führt dann gern dazu, dass der betroffene Kapitalist pleite geht oder zumindest herbe Verluste einfährt – er hat Arbeitskraft eingekauft, aber sie nicht, oder nur suboptimal, zur Produktion von Wert eingesetzt, und bei solchen "Vergehen" schlagen die Gesetze der kapitalistischen Konkurrenz unerbittlich zu.

(13.1.1.1.1.1.1) Re: Ausschuss vs. Fehlproduktion, 24.01.2008, 16:06, Konrad Stoeber: Ich denke, das trifft es.

(13.1.1.1.1.2) Re: 99% ausschuss, 27.01.2008, 21:54, Wolf Göhring: Dazu gibts ein empirisches gegenbeispiel, naemlich die mikroelektronik. Zumindest in der vergangenheit war es so, dass bei einer neuen produktionslinie im rahmen von Moores gesetz monatelang die ausschussquote bei 99% lag. Der rasante preisverfall setzte ein, wenn diese rate auf 90% oder noch weniger gedrueckt werden. Die rate der guten gueter verzehnfachte sich dabei (oder noch ein bisschen mehr).

Die konkurrenz lief u.a. darum, wer schneller ueberhaupt mit der neuen technologie am markt ist und wer dann schneller hohe qualitaet erreichte. (Dass die "guten" perfekt sein muessen, ist selbstredend, sonst stuerzt freund computer ab.)

Das sagt nichts darueber, dass ein tuerkischer hemdenfabrikant seinen auftrag fuer karstadt weitgehend perfekt liefern muss, sonst ist er weg vom fenster.

(14) Da der Wert ein gesellschaftliches Verhältnis ausdrückt, hat noch niemand den Wert einer Transaktion gesehen oder berechnet. Um eine einzelne Transaktion vollziehen zu können, gibt es den Preis. Der Preis ist sozusagen der Zahlenausdruck des Werts. Hier kommen nun Angebot und Nachfrage ins Spiel, also die Umstände beim Tausch. Der Preis kann vom Wert abweichen, und meistens tut er das wohl auch. Gesamtgesellschaftlich (also heute global) und über die Zeit der Warenproduktion (wer weiss wie lange noch) gerechnet muss gelten: Wertsumme = Preissumme. Ok, das können wir als konkrete Rechenaufgabe also knicken.

(15) Wichtig ist nur: Der Preis muss sein Fundament im Wert haben, er kann sich nicht grundsätzlich vom Wert entkoppeln. Lokal und zeitlich verschoben kann er es allerdings schon. Deswegen kann das Glas Wasser in der Wüste extrem teuer sein, während es anderswo umsonst zu haben ist. Deswegen können Aktienkurse in die Höhe gehen (als Option auf zukünftige Wertrealisierung), auch wenn aktuell nur heisse Luft im Angebot ist. »Luftrauslassen« aka »Krise« bringt Wert und Preis aktuell wieder in die Nähe zueinander.

(16) Um nun das Rätsel der weltweiten Ungleichverteilung aufzulösen: Die Ungleichverteilung ist nicht Ausdruck der Umstände des Tausches aka »terms of trade«, ist also keine Frage der Preisbildung, keine Frage Un-/Gerechtigkeit, keine Frage der globalen Regulation, keine Frage der Politik und auch keine Frage des Eigentums (dazu komme ich noch), sondern eine Frage der unterschiedlichen Produktivität. -- Huch, wieso das?

(17) Vorher habe ich von dem Faktor Produktivität abgesehen, also von der Frage, wieviele Güter je Arbeitszeit produziert werden. Im Tausch wird in Wahrheit nicht Arbeitszeit unabhängig von der Produktivität miteinander verglichen. Es gilt also nicht »eine Stunde x = eine Stunde y«, sondern z.B. »eine Stunde x = zehn Stunden y«, wobei x und y bei unterschiedlicher Produktivität verausgabte Arbeitszeiten sind. Zeigt die Gleichung »1 Std. x = 10 Std. y« einen durchschnittlichen, wertmäßig äquivalenten, also gerechten Tausch, dann werden in dieser Zeit vom gleichen Produkt gleiche Mengen hergestellt, also gleiche Mengen Arbeit in einen Produkt vergegenständlicht. Handelt es sich um unterschiedliche Produkte, dann kommt es zu den stofflich absurden, aber ökonomisch gerechten Austauschrelationen von »ein Traktor = 500 Sack Getreide« (mit historisch zunehmender Getreidemenge), wie sie in jedem Schulbuch zu finden sind.

1.3. Rente und Profit

(18) Das alles kennt Dmytri Kleiner nicht, oder es interessiert ihn nicht. Für ihn sind Arbeitszeit und Arbeit anscheinend das Gleiche. Wahrscheinlich würde er bestreiten, dass die Arbeitszeit im Mittel gerecht entlohnt wird. Und er kennt auch nicht den Begriff Mehrwert (surplus value) für den Wertanteil der Produkte, den die Arbeitskraft mehr hergestellt, als sie selber wert ist. Zur Rehabilitierung des traditionellen Marxismus muss das aber klar gestellt werden.

(19) Bezieht man den Mehrwert auf das investierte Kapital, so nennt man den Mehrwert Profit. Statt des Begriffs Mehrwert oder Profit, den sich der Eigentümer als Ertrag aus dem Mehrprodukt aneignet, verwendet der Autor den Begriff »Rente«. Hier war ich mir allerdings unsicher bei der Übersetzung von »rent« (was wörtlich eher »Miete« oder »Mietzins« bedeutet).

(20) »Rente« wird vom Autor eingeführt als »ökonomische Einnahme für das Überlassen des Eigentums zur Nutzung durch Andere«. Bezieht man diese Formulierung etwa auf den Boden, so wird damit halbwegs sinnvoll die »Grundrente« definiert. Bezieht man es jedoch auf die Vernutzung von Arbeitskraft und meint mit »Eigentum« die Produktionsmittel, ist die Formulierung unsinnig.

(21) Der »Eigentümer« (der Produktionsmittel) überlässt keineswegs sein Eigentum zur Nutzung durch die Arbeiter, sondern umgekehrt kauft er die Ware Arbeitskraft ein, um sie an seinen Produktionsmitteln einzusetzen. Und nur weil es seine Produktionsmittel sind und nicht die der Arbeiter, kann er sich auch den geschaffenen Wert aneignen und auf dem Markt realisieren (d.h. die Waren verkaufen). Aus dem realisierten Wert wird schließlich die Ware Arbeitskraft bezahlt (=Lohn), und aus dem geschaffenen Mehrwert ggf. ein Rentier, der seinen Boden zur Verfügung stellt (=Grundrente). Den Ertrag des »Eigentümers« der Produktionsmittel ist jedoch keine »Rente«, sondern »Profit«.

(22) Damit kann auch die »Rente« genauer bestimmt werden: Es ist die Bezahlung einer Leistung aus anderswo geschaffenem Wert. Denn im Fall des Bodens schafft der Boden keinen Wert, sondern der Bodeneigentümer muss aus dem »anderwo«, nämlich aus der Vernutzung von Arbeitskraft in der Produktion, geschaffenem Wert bezahlt werden.

2. Übertragung auf Informationsgüter

(23) Vielleicht hat Dmytri Kleiner den Begriff »Rente« undifferenziert für jegliche »Einnahme« von »Eigentümern« verwendet, weil sie schließlich doch wieder relativ gut auf die Übertragung auf Informationsgüter passt. Die eingesparte Differenzierung erlaubt die Benennung einer einheitlichen Ursache: Das Eigentum ist schuld. Damit befindet sich der Autor -- trotz aller theoretischer »Eigenheiten« vorher -- wieder im gemeinsamen Boot mit seriösen Kritikerinnen und Kritiker, die in traditionell-marxistischer Perspektive argumentieren.

(24) »Eigentümer« sind im Fall der Informationsgüter die Kontrolleure der Mittel zur Verwertung -- statt wie vorher die Kontrolleure der Produktionsmittel. Per Vertrag treten die Produzenten alle Verwertunsgrechte an die »Eigentümer« (hier: der Verwertungsmittel) ab, die ihre nur die »Subsistenzmittel«, also die Reproduktionskosten ihre Arbeitskraft, ausbezahlen. Also irgendwie wie gehabt, »ehernes Gesetz« oder so -- genauer wird das nicht begründet.

(25) Vor der Kritik, die unten folgt, sei hier angemerkt: Das ist einfach empirisch falsch. Die übergroße Zahl etwa der Künstler erhalten keineswegs die »Subsistenzmittel«, sondern so wenig, dass es selbst zum bloßen physischen Überleben nicht ausreichen würde. Andererseits gibt es eine sehr kleine Künstlergruppe, die extrem hohe Einnahmen erzielt, trotz des Abtretens aller Verwertungsrechte an die Mittlerindustrie. Es gibt einfach keinen inhaltlich-strukturellen Bezug von Einkunft und Reproduktionskosten wie im Falle des Verkaufes von Arbeitskraft. Hier wird keine Arbeitskraft verkauft, sondern es werden Verträge zwischen Rechtssubjekten, zwischen Unternehmen geschlossen. Dass dabei die Mittlerindustrie eine große ökonomische Macht hat, Bedingungen zu diktieren, steht auf einem anderen Blatt -- das trifft genauso z.B. auf die Beziehungen von VW zur seinen Zuliefern zu.

(26) Da nun das Copyleft nicht das »Eigentum« tangiert, kann es das angeblich auch hier bestehende »eherne Gesetz« der »ungerechten« Teilhabe am Reichtum genauso wenig ändern wie Copyright oder »Copyjustright« (etwa die Creative Commons Lizenzen). Im Gegenteil: Da Copyleft nur die Nutzung regelt, können auch die »Eigentümer« die Produkte nutzen.

(27) Da Ursache schon bestimmt ist -- das »Eigentum« --, liegt auch die Lösung nahe: Ändern der Eigentumsverhältnisse. Die Arbeiter müssen selbst die Betriebe besitzen und über die Produktions- und Verwertungsmittel verfügen. Nur so kann eine gerechtere Verteilung erreicht, weil die Arbeiter als Eigentümer dann selbst über die Verteilung des Reichtums entscheiden können. Daran müssen schließlich auch die Lizenzen gemessen werden, und weil die bisherigen Lizenzen alle samt das »Eigentum« und damit die Reichtumsverteilung nicht berühren, muss eine neue Lizenz her.

3. Copyfarleft

(28) Eine »linke« Copyleft-Lizenz muss zwischen zwei Arten von »Eigentum« unterscheiden: Arbeiter-Eigentum und »Eigentümer«-Eigentum. Oder anders formuliert: Zwischen jenen, die selbst arbeiten und jenen, die Lohnarbeit einsetzen: »(E)s muss für Arbeiter möglich sein, Geld zu verdienen durch Anwendung eigener Arbeit auf gegenseitig genutzes Eigentum. Es soll aber unmöglich sein für Eigentümer, Geld durch Nutzung von Lohnarbeit zu verdienen.«

(29) Die Arbeiter-Eigentümer sollen sich dabei aus dem Allgemeingüter-Bestand (den »Commons«) bedienen können, weil sie Teil der Commons sind. Die Arbeiter-Eigentümer pflegen also einen gemeinsamen Pool an Informationsgüter, der jedoch für »Eigentümer«, die Lohnarbeit anwenden, nicht zugänglich sein soll. Die Arbeiter-Eigentümer sollen also »drinnen« sein (»endogen«) dürfen, während die »Eigentümer« draußen bleiben müssen (»exogen«).

(30) Das heisst: »Eine Copyfarleft-Lizenz muss eine allgemeingüterbasierte kommerzielle Nutzung erlauben, während gleichzeitig die Fähigkeit Lohnarbeit auszubeuten abgelehnt wird.« Das leistet bisher keine andere Lizenz, denn: »"Nicht-kommerziell" ist keine passsende Weise, die notwendigen endogen-exogene Grenze zu beschreiben. Jedoch gibt es keine andere Commons-Lizenz, die einen verwendbaren rechtlichen Rahmen für allgemeingüterbasierte Produzenten bietet.«

(31) Copyfarleft ist also der Versuch, über eine rechtliche Kodifizierung zwei Ökonomien zu schaffen: Eine allgemeingüterbasierte und eine lohnarbeitsbasierte Ökonomie.

4. Kritik

(32) Zentaler Fehler von Dmytri Kleiner ist die Nicht-Unterscheidung von Arbeitskraft und Arbeit. Ich bin nicht gut in der Geschichte der Theorie der Arbeiterbewegung, aber meiner Erinnerung nach war es Ferdinand Lassalle, der ähnlich wie der Autor den »unverkürzten Arbeitsertrag»« einforderte. Das wurde -- auch soweit in erinnere -- von Karl Marx in der »Kritik am Gothaer Programm« zerlegt. Auch der Begriff »ehernes Lohngesetz«, der inhaltlich auf Ricardo zurückgeht, wurde von Lassalle geprägt und verwendet, um eine gesetzliche Festlegung einer Art Mindestlohn zu fordern.

(33) Insgesamt scheint sich der Autor trotz einiger »linker« Rhetorik doch eher an der vormarxschen und bürgerlichen Ökonomietheorie zu orientieren. Trotzdem formuliert er eine Eigentumskritik, wie sie in der Arbeiterbewegung weit verbreitet war und noch immer vom traditionellen Marxismus vertreten wird: Wenn erst die Produktionsmittel in den Händen der Arbeiterklasse sind, dann kann diese auch über den Wert inkl. des Mehrwertes selbst verfügen und für eine gerechtere Verteilung sorgen.

(34) Traditionell gab es zwei Wege, das Ziel der Verfügung über die Produktionsmittel und damit die Arbeitsresultate zu erlagen: Revolution und Reform. Beide orientierten auf die politische Machterringung des Staates, ob über einen »Umsturz« (wie auch immer) oder über Wahlen. Der Autor hingegen schlägt vor, schrittweise die Betriebe in »Arbeitereigentum« zu überführen, die untereinander über die gemeinsam gepflegten Allgemeingüter (Commons) miteinander verbunden sind. Helfen soll dabei die Copyfarleft-Lizenz, die die entsprechende rechtliche Absicherung liefert.

(35) Ich finde hier weniger interessant, ob die Vorstellung, die Eigentumsverhältnisse über eine Lizenz zu verändern, »naiv« genannt werden kann. Wichtiger ist mir, hier klar zu sehen, dass sich der Autor nicht wesentlich von anderen Kritiker/innen des Eigentums unterscheidet: Er will zwar die Eigentumsverfügung verändern, aber keineswegs die warengesellschaftliche Logik, auf der mit dem Eigentum opriert wird antasten.

(36) Mit warengesellschaftlicher Logik meine ich den »Mechanismus«, dass getrennte Privatproduzenten -- egal, ob individuelle oder kollektive -- ihre Produkte als Waren auf den Markt bringen müssen, um ihren Wert zu realisieren. Wie traditonell üblich wird die »Produktion« als etwas Neutrales angesehen, während einzig um die Verteilung des Mehrwerts (fälschlich als »Rente« bezeichnet) gestritten wird. Das ändert unterm Strich -- gar nichts.

(37) Auch das angebliche »eherne Lohngesetz« -- also die Tatsache, dass der Lohn den notwendigen Reproduktionsmitteln entspricht -- wird nicht verändert. Auch ein arbeitereigenes Unternehmen muss sich um die Verwertung ihrer Produkte als Waren kümmern, muss in der Konkurrenz mithalten, muss investieren, muss mit Partnern kooperieren, muss Konkurrenten ausstechen -- und kann nur den Wert der Ware Arbeitskraft bezahlen. Solche »arbeitereigenen« Hightech-Firmen wie etwa die Telekommunisten hat denn auch schon gegeben.

(38) Prominentes Beispiel ist die Berliner Firma PSI, eines der inzwischen wirklich großen Consultingunternehmen in D-Land. Nun allerdings nicht mehr »arbeitereigen«: Schrittweise wurde die kollektive Bestimmung zur bloßen Mitbestimmung und schließlich zum stinknormalen Unternehmen abgebaut. Das musste auch so kommen, die Gründe der »effektiveren Unternehmensführung« waren keinesfalls bloß vorgeschoben, sondern entspringen direkt der Verwertungslogik und der Konkurrenz.

(39) Die Entwicklung, dass sich die Produkte menschlicher Tätigkeit sich »verselbstständigen«, sobald sie als Waren produziert werden und die Marx mit dem Begriff »Fetischismus« gefasst hat, ist eines der am meisten miss- oder unverstandenen Teile der Marxschen Theorie. Diese Verselbstständigung -- Marx sprach vom automatischen Subjekt und meinte damit das sich selbst verwertende Kapital -- ist ein paradoxes Resultat der Produktion von Gütern als Waren. Paradox ist es, weil wir es ja sind, die das tun, die das herstellen, was uns dann als Getanes, als Fremdes, als Sachzwang wieder gegenübertritt.

(40) Um mal ein nicht so häufig verwendetes Zitat von Marx anzuführen: »So leben die Agenten der kapitalistischen Produktion in einer verzauberten Welt, und ihre eigenen Bedingungen erscheinen ihnen als Eigenschaften der Dinge, der stofflichen Elemente der Produktion.« (K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 503). Mit dem Begriff »Agenten« zielt Marx darauf ab, dass wir Ausführende, eben Agenten, einer unabhängig von uns, aber doch durch uns hergestellten Logik sind. Deren zwei wesentliche und innerhalb der Logik gegensätzliche Rollen sind die von »Eigentümer der Produktionsmittel« aka »Kapitalist« und Produktionsmittellosen aka »Arbeiter«. Der Klassenkampf ist vor diesem Hintergrund ein Verteilungskampf um den Mehrwert. Der tastet die Grundlage des Ganzen, die Warenproduktion, nicht an.

(41) So ist der Autor nicht nur weit davon enfernt, den grundsätzlichen Zusammenhang der Warenproduktion zu kritisieren -- dann notwendig eingeschlossen Tausch, Markt, Geld, Staat --, sondern er weisst eine solche Überlegung explizit zurück. Als ich ihn hier fragte, ob er »den Tauschwert retten wolle«, antwortete er: »Ich will nicht den Tausch abschaffen, ich will Eigentumsprivilegien abschaffen«. Das ist konsistent mit dem hier besprochenen Aufsatz.

(42) Dmytri Kleiner will trotz aller radikalen Rhetorik die Grundlagen der Warenproduktion nicht antasten, sondern er will auf der Grundlage der Warenproduktion eine etwas gleichmäßigere Verteilung des Reichtums haben. Das wollten viele, das haben viele ausprobiert und wollen trotz aller Niederlagen immer noch viele: Sie werden es nicht bekommen. Es reicht schlicht nicht aus, die Verfügung über die Produktionsmittel zu erlangen, wenn sie weiter im gleichen Operationsmodus eingesetzt werden. Die Produktion ist eben nicht neutral, die scheinbar für beliebige Zwecke einsetzbar ist, sondern sie als Produktion voneinander getrennter Privatarbeiten ist sie notwendig Warenproduktion, deren Vermittlung erst ex post über den Wertvergleich geschieht -- mit allem drum und dran (von Markt bis Staat bis Klimakatastrophe).

Fazit

(43) Eine Eigentumskritik verbunden mit einer bloßen Mehrwertkritik greift entschieden zu kurz, erst eine Wertkritik kann die Grundlagen unserer Vergesellschaftung ins Visier nehmen (zum Verhältnis von Mehrwert- und Wertkritik vgl. Mehrwert und Verwertung). Denn genau darum geht es: Um eine neue Art und Weise der gesellschaftlichen Produktion unseres Lebens. Was eine Produktion jenseits der Verwertungslogik bedeuten kann, zeigt die Freie Software. Das Copyleft genau in der jetzigen Form hält ihr dabei den Rücken frei -- nicht mehr, aber auch nicht weniger.


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