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Entscheidungs- und Demokratiemodell

Maintainer: Sven Cronenberg, Version 1, 19.09.2001
Projekt-Typ:
Status: Archiv

(1) In der Selbstbeschreibung des Jukßes heißt es "mit herschaftsfreien Strukturen und basisdemokratischer Entscheidungsfindung zu experimentieren". Ich hoffe, dass wir als Vorbereitungsgruppe Ideen für Neuerungen bzw. Veränderungen des Demokratiemodells Jukß ausformulieren und im Jukß einbringen können. Toll wäre natürlich, eine rege Diskussion unter den TeilnehmerInnen anzustoßen.

(2) Um Entscheidungen effektiv und basisdemokratisch zu treffen, muss den Bezugsgruppen bzw. Interessensgruppen eine große Bedeutung zukommen. Als Motivation für ihr Zusammenfinden sollten gemeinsame Interessen gelten. Anders als bei Bezugsgruppen bei Aktionen steht hier nicht nur, das gegenseitige Kennenlernen, Vetrtrauen finden und Absprachen für das eigene Verhalten im Vordergrund, sondern aus diesen Gruppen sollten Ideen, Lösungsvorschläge, halt Impulse für den Kongreß kommen.

(3) Wenn die Gruppen sich über Interessen bilden, ist es wahrscheinlicher, dass bei Entscheidungssituationen, die keinen in der Gruppe interessieren, sie sich nur kurz oder gar nicht mit dem Prozeß beschäftigen; oder andere Gruppen sich viel intensiver mit einem Thema beschäftigen, weil sie persönlich betroffen sind.

(3.1) Bezugsgruppen am realen Geschehen ausrichten, 16.10.2001, 00:29, Jörg Bergstedt: Das reale Leben mit den Entscheidungsvorgängen verbinden, heißt: Bezugsgruppen als Entscheidungs-/Diskussionsplattform sind die Zusammenhänge, die die Menschen selbst eingehen, die ihren realen Alltag prägen und die sich selbst als Bezugsgruppe definieren (nicht im Sinne einer fremdbestimmten Einteilungslogik). Das heißt: Jede AG, jede spontane Gruppe, jede Aufgabengruppe oder jede für eine Frage zusammenkommende Gruppe kann sich als Bezugsgruppe fühlen und dann am Entscheidungslauf beteiligen ... insgesamt oder nur für eine bestimmte Fragestellung.

(4) Die Personen einer Gruppen können bei Änderung ihres Hauptinteresses auch die Gruppen wechseln. Beispiele für solche Gruppen wären, die "alten" Mitmachgruppen, Aktionsvorbereitung, Gruppen aus bestimmten Städten, die sich finden wollen, reine Frauen / Männergruppen ... mit dem Freiraum, bei auftretenden Themen neue zu bilden. Ich glaube, dass sich auf den letzten Jukßen schon viele Bezugsgruppen über gemeinsame Interessen gebildet haben. Ich halte es nur für unheimlich wichtig, dieses ganz klar zu machen. Eine Interessensgruppe "Utopien" wird die Leute ansprechen, die mehr theoretisch diskutieren wollen. Sie verstricken sich aber nicht in ermüdende Diskussionen, wenn "durch Zufall" ein richtiger Realo in der Gruppe wäre (gebe ja zu - ein plattes Beispiel).

(4.1) Das geht noch konsequenter ..., 16.10.2001, 00:30, Jörg Bergstedt: Die ganzen Abläufe können noch gefördert werden, in dem der Rahmen aktiv Kommunikation und soziale Interaktion zwischen den Teilen fördert: z.B. Streit: Streitzeiten organisieren, Streit positiv nutzen, öffentlich machen und die Auseinandersetzung organisieren als Prozeß (z.B. direkte Treffen, Fish Bowl, Streitzeiten, Speakers Corner - Streit usw.) z.B. Planspielelemente integrieren, d.h. direkten Kontakt zwischen Gruppen, die sich ähnlich sind oder unterstützen könnten, fördern, um der Gefahr des Nebeneinanders zu begegnen. Auch sinnvoll: Eine Infowand zu "Suche(n) Tipps/Hilfe/Infos zu ..." und "Habe(n) Wissen/Erfahrung in ...", damit es zu sozialer Interaktion kommt, die Potentiale des gegenseitigen Helfens, der freien Kooperation genutzt werden können.

(5) Was beim letzten Jukß immer in den Abendtreffen nach dem Plenum passiert ist (z.B. Planung RTS), könnte mensch so schon in seiner Interessensgruppe ausarbeiten. Ich glaube, dass so eine eigene Dynamik und mehr Effektivität entstehen könnte. Wenn ich zurückdenke, saßen wir nach 20 Minuten in der Bezugsgruppe und haben nur belanglos gequatscht (was natürlich auch schön sein kann) und ich mußte warten, bis meine Mitmachgruppe sich traf. Warum also nicht gleich in die Gruppe gehen, wo meine Interessen liegen. Themen, die mehr Leute ansprechen, als in der Interessensgruppe sind, können eigene Treffzeiten vereinbaren.

(6) Vorschlag für den Jukß: Bezugsgruppen finden sich über gemeinsame Interessen, wir könnten einige Ideen schon vorher sammeln ("Utopien", "Anarchie", "Wasser", "Stop A17", "Pressearbeit"...), bzw. die Mitmachgruppen als solche darstellen. Wichtig ist die Motivation der TeilnehmerInnen, sich einem Thema anzunehmen und die Chance zu erkennen, mit Gleichgesinnten an (neuen) Ansätzen, Ideen, Wünschen etc. weiter zu arbeiten.

(7) Jetzt ein recht starker Änderungsvorschlag. Es gibt nur große (für alle) Infoplenas, die keine generelle Entscheidungbefugnis haben. Sie dauern nur kurz. In ihnen werden Informationen weitergegeben und bei auftretenden Problemen, Diskussionen oder Entscheidungen diese erläutert und nur in ihrem Umfang dargestellt. Im Infoplenum gibt es keine Diskussionen oder Entscheidungen. Diese werden nach dem I-Plenum in Betroffenenplenas erörtert. An diesen nehmen nur Leute teil, die Betroffen sind, allgemeines Interesse an dem Thema haben oder zur Lösung / Planung beitragen möchten.

(7.1) 21.09.2001, 20:53, katrine löwe: --ich halte es für sehr wichtig, Themen im grossen Plenum anzudiskutieren. Dies kann in Form einer Statementdiskussion sein und einen begrenzten Zeitraum haben. Hiermit wird das Thema allen vorgestellt und und verschiedene Meinungen, Bedürfnisse und Vorschläge werden anschaubar. --Ich finde es auch gut den weiteren Diskussionsprozess in eine "DISKUSSIONSRUNDE" (Interessierten- und Betroffenenrunde) zu geben, die anschliessend ans Plenum statt findet. Diese Diskussionsrunde hat dann den Auftrag die Bedürfnisse und Meinungen anzuschauen und einen Umgang (mit dem Konflikt) zu finden und ggf einen KonsensVORSCHLAG zu erarbeiten. (-- das ist nix neues, so wars in Gö.)

(7.1.1) Wichtiger: Transparenz und Autonomie, 16.10.2001, 00:31, Jörg Bergstedt: Wichtiger wäre das Schaffen von Transparenz (z.B. über einen Info-"Marktplatz") und eine positive Akzeptanz von Autonomie und Vielfalt. In der Regel ist ein Konsens ebenso wie eine Mehrheitsentscheidung völlig überflüssig. Oft würde es zwei oder drei Lösungen geben, die auch neben- bis miteinander umgesetzt werden können. Sich selbst ständig den Zwang aufzuerlegen, daß alle eine Entscheidung tragen müssen (und in der Regel auch zusammen entscheiden müssen - Akzeptanz über Masse), ist oft der grundlegende Fehler.

(8) Dies hätte den Effekt, das (meistens) ergebnisorientierter gearbeitet werden kann. Bisher besteht das Problem, das die meisten das Gefühl haben "beteiligt zu sein" ohne selber etwas tun zu müssen, bzw. sich als nicht Betroffene/r ganz raushalten können. Das widerspricht meiner Ansicht nach, einem basisdemokratischen (emanzipatorischen) Anspruch des Jukßes !? Außerdem gibt es durch "geschickte" Redner in Großplena viel Raum für Manipulationen, bzw. viele trauen sich nicht, vor so großen Gruppen zu sprechen. Bei den Betroffenenplena werden die Gruppen meistens kleiner sein und, wenn ich hier bin, um mich einzubringen, sinkt vielleicht die Hemmung, dieses auch zu tun.

(9) Es müßen Sicherheiten für die Transparenz dieser Unterplena geschaffen werden. Als Übergang zu diesem neuen Entscheidungssystem könnte es die Möglichkeit geben, Entscheidungen ins Vollplenum zurück zu holen, aber der Grundgedanke bleibt, dass nur Betroffene bzw. Interessierte die Entscheidungen treffen. Auf den ersten Blick scheint sich die Struktur zu verkomplizieren, aber "was passiert" wird klarer und die Entscheidungsfindung einfacher.

(10) Nachteile der Interessensplena sind eventuell höherer Zeitaufwand, mehr Veranstaltung und Ausschlußgefahr (eine Person kann nur an einem Plena gleichzeitig teilnehmen). Hier habe ich das Gefühl, das an diesem Modell noch weitergearbeitet werden muß, aber es einen klaren Effektivitätsgewinn gibt und sich die Diskussionsstruktur verbessern würde.

(11) Um die Unterplena bzw. aufgetretende Fragestellungen deutlich darzustellen, gibt es die Idee eines TagesordnungshelferIn, die ständig wichtige Punkte des Prozesses im Informationsplenum gut sichtbar (z.B. große Tafel oder Overhead) mitschreibt. Von dieser Übersicht könnte auch ein Protokoll entstehen, welches kurz nach dem Plenum in schriftlicher Form ausliegt, bzw. in die Interessensgruppen gegeben wird.

(12) Die Interessensgruppen sind die Grundstruktur der Jukß-TeilnehmerInnen. Hier findet mensch Kontakte zu Gleichinteressierten. Sie können, müßen jedoch nicht die Basis für Entscheidungen sein. Je nachdem, in welchem Umfang eine Entscheidung die Leute betrifft, kann es mal sinvoll sein, das ein Thema in allen Interessensgruppen behandelt wird, oder nur von wenigen Leuten in einem Betroffenenplenum.

(13) Jetzt ein paar Gedanken zum Konsensmodell (4 Stufen Abstimmung: vorbehaltslos Ja, mit Vorbehalten Ja, Nein toleriere Entscheidung, Veto). Das Veto ist ein unheimlich starkes Instrument Minderheiten zu schützen. Besteht dieser Schutz wirklich (es gibt Beispiele: wenn "unerfahrende" Personen ein Veto einlegen, sie von redegewandten Leuten zerpflückt werden) oder ist das Veto eher ein Mittel für Manipulationen (ein plattes Beispiel: ich will die Fenster schließen, mein Partner stellt die Frage, ob die Fenster offen bleiben sollen und ich lege ein Veto ein)?

(14) Muß ein Veto begründet werden? Wenn ja, wie geht mensch mit Aussagen "Das ist meine Meinung und ich habe kein Bock darüber zu diskutieren" um? Was passiert nach einem Veto (weiter Diskussion, Fragestellung abändern, Frage zurück in die Interessensgruppen)?

(15) Bei einer Abstimmung sollte klar sein, wie es, bei bestimmten Ausgängen, weitergehen kann. Ein Vorschlag ist, eine "Nein, in dieser Form nicht" (so nicht) Stufe einzuführen. Bisher ist eine Ablehnung nur über ein Veto möglich. Es kann nicht zwischen "Ich habe ein grundsätzliches Problem mit der Entscheidung" und "es sollte noch etwas wichtiges ergänzt werden, dann ist es für mich OK" unterschieden werden. Diese Unterscheidung würde klären, ob die Frage (nur kurz) weiterdiskutiert werden sollte oder ob sie zurück in die Interessensgruppen geht / fallen gelassen wird. Ein "so nicht" ist eine produktive Störung ohne den Absolutheitsgrad eines Vetos. Ein Veto sollte nur von Betroffenden kommen (Betroffenheit muß begründet werden?). Es macht keinen Sinn, dass ein Veto, z.B. wegen Militanz, eine Gruppe des Jukßes blockiert, die in der nächsten Stadt einen Naziladen "besuchen" möchten.

(15.1) 21.09.2001, 21:07, Katrine ??: ich finde die So-Nicht-Stufe nicht praktisch. Die Frage nach Bedenken und Ergänzungen sollte VOR der Abfrage der Stufen gestellt werden.

(15.2) Entscheidungsform nicht allgemein festlegen, 16.10.2001, 00:32, Jörg Bergstedt: Den Gruppen sollte selbst überlassen sein, wie sie Entscheidungen treffen. Es ist denkbar, daß es "Bezugsgruppen" mit Konsens, mit Veto, mit Mehrheitsdemokratie gibt, aber auch welche, die intern Vielfalt zulassen usw.

(16) Sollen Entscheidungen mit vielen Personen getroffen werden schlage ich eine SprecherInnenrat in Form einer Fishbowl vor. Hier wird diskutiert, die Entscheidungen aber durch das (erweiterte) Konsensmodell getroffen. SprecherIn ist eine Person aus den Interessiertengruppe, die sich beteiligen. Die Basisgruppen sollten "wissen was sie wollen", damit ihre SprecherInnen einen höheren Handlungsspielraum durch Kenntnis der Rahmenbeding ihrer Gruppen haben. (Dieses System hat auf dem letzten Jukß schlecht funktioniert. Ich hatte den Eindruck, dass der SprecherInnenrat als Zusatz zum Plenum und "nur" als höherer Aufwand gesehen wurde.)

(16.1) 21.09.2001, 21:09, Ano Nym: ??was unterscheidet die Interessierten Gruppen von der Basisgruppe??

(16.2) fishbowl, 21.09.2001, 21:21, Katrine Löwe: ein weiterer Vorteil einer Fishbowl-Dis.(-kussion) ist, dass eine Bezugsgruppendis. im Wechsel mit der Plenumsdis. stattfinden kann. Die SprecherInnen brauchen sich nur umzudrehen.

(17) Die SprecherInnen der Interessensgruppen sitzen im inneren Kreis. Sie sind durch Personen ihrer Gruppen austauschbar und gehen für Absprachen zurück in ihre Gruppen. SprecherInnen können / sollten wechseln. Wenn die Methode als Entscheidungsfindung (Prozeß, nicht Abstimmung) im Plenum funktionieren soll, muß es freie Stühle im Innenkreis für Außenstehende (nicht in Gruppen organisierte) geben. Die Stühle sind aber genauso dafür geeignet, Ideen von Einzelpersonen einzubringen, ohne den (umständlichen) Weg über ihrer/s SprecherIn zu gehen. Das Verfahren funktioniert wahrscheinlich nur bei "harten" Themen. Bei Fragestellungen, wo sich alle einig sind, bringt es nichts. Ein grundsätzlicher Vorteil der Fishbowl ist das klare Aufzeigen von Dominanzen, die Leute im Innenkreis sind in ihrer Anzahl begrenzt, diskutieren miteinander und halten keine Reden (Ergebnis orientierter), es ist für schüchterne Personen leichter sich einzubringen (besteht die Möglichkeit, den Innenkreis sofort wieder zu verlassen). Der Aufbau der Fishbowl sollte optisch klar abgegrenzt werden, der Außenkreis kann wahrscheinlich nicht zu groß werden, weil sonst die Redner in der Mitte nicht mehr zu verstehen sind (Mikrofone?).

(17.1) 23.09.2001, 21:51, Ano Nym: Wie sieht es mit der Übertragung des vorgestellten Modells auf virtuelle Verhältnisse aus? An einem solchen realen Treffen kann man ja auch nur mittels physischer Anwesenheit teilgenommen werden und auch immer nur im festgeltem Zeitrahmen (der wo alle anwesend sind). In einem virtuellen Äquivalent könnten sich Personen auch für verschiedene Interessen (Gruppen) engagieren und dies auch noch zeitlich viel Unabhängiger, es müssten nur noch zeitliche Grenzen wo nötig festgelegt werden.

(17.2) Ergänzung, 16.10.2001, 00:33, Jörg Bergstedt: Ergänzung zum ersten Satz: Das Gute daran ist, daß die Debatte kontinuierlich läuft, d.h. wenn die/der VertreterIn zur Bezugsgruppe zurückkehrt, geht die sonstige Debatte weiter. Es kann auch in jeder Bezugsgruppe parallel diskutiert werden und dann die/der VertreterIn immer wieder ausgetauscht werden, um neue Ideen/Positionen einzubringen. Fish-Bowl ist ein Prozeß - ganz anderes als übliche Plena, die eine Aneinanderreihung von Statements sind (was Dominanz und Redenschwingen fördert).


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