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Die Herrschaft der Dinge

Maintainer: Heinz Weinhausen, Version 1, 18.09.2000
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

ZUR VERRÜCKTHEIT DER WARENGESELLSCHAFT

(1) Setzen Leute sich zusammen und lesen 'Das Kapital' von Karl Marx, fangen die Köpfe ob der Kompliziertheit des Kapitalismus schnell zu rauchen an. Dabei könnte Gesellschaft ganz einfach funktionieren.

(2) "Stellen wir uns einen Verein freier Menschen vor, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewußt als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben. Das Gesamtprodukt des Vereins ist ein gesellschaftliches Produkt. Ein Teil dieses Produkts dient wieder als Produktionsmittel. Es bleibt gesellschaftlich. Aber ein anderer Teil wird als Lebensmittel von den Vereinsmitgliedern verzehrt. Er muß daher verteilt werden." (Das Kapital S.93) Die Gesellschaftsmitglieder sprechen sich vor der Produktion darüber ab, was, wie, und wieviel sie herstellen wollen, produzieren dann und werfen schließlich alle Produkte gewissermaßen in den einen großen Vereinstopf. Aus diesem können sich dann alle nach selbst erstellten Verteilungsregeln nehmen. (Marxens Ideal: Jeder gibt nach seinen Fähigkeiten, jeder nimmt nach seinen Bedürfnissen.) So einfach durch-sichtig wäre die direkte Vergesellschaftung. Ob die Durchführung und die Umsetzung der direkten Absprachen auch so einfach ablaufen würde, steht auf einem anderen Blatt.

(2.1) 23.10.2003, 11:16, Reinhard A. N. Watzke: Leider hat der "liebe Karl" vergessen, das der Bauch grösser ist als die Moral und die schrankenlosen Bedürfnisse, die begrenzten Fähigkeiten bei weitem überragen. Was dieser Verein also produzieren würde - und die SU bewies es ja auch - ist MANGEL!

(2.1.1) 25.01.2004, 18:00, Jan Wetzel: Soso, in der SU gab es also Ansätze eines Verteilungsprinzips nach dem Grundsatz "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen"... das wäre ein durchaus origineller Ansatz, wäre er von ideologisch motivierter Seite nicht schon zu Tode geritten.

(3) Wo Dinge für den Verkauf hergestellt werden - in der Warengesellschaft, ist die Situation höchst verzwickt und nur mit fast übermenschlicher Denkkraft zu enträtseln (Danke, Karl). Die indirekte Vergesellschaftung funktioniert echt verhaltensgestört. Die Mitglieder dieses Vereins tun einfach so, als könnten alle anderen sie am A. lecken. Sie sehen sich als unabhängige voneinander getrennte Privatproduzenten. Dabei schaffen sie es natürlich nur einige nützliche Dinge herzustellen und haben nun das große Problem, wie sie an all die schönen Gebrauchsdinge rankommen können, die das Leben erst ermöglichen oder versüßen. Ohne groß darüber nachzudenken, was das bedeutet, fangen sie an ihre erstellten Produkte zu tauschen. Gibst Du mir den Rasenmäher, gebe ich Dir ein Radieschen, usw. Was aber ist beim Tausch gerecht? Wieviel Rasenmäher sind so viel wert wie ein Radieschen? Oder umgekehrt? Unsere Warenbesitzer stellen sich auch gar nicht der grundsätzlichen Problematik (wie noch Aristoteles), daß Rasenmäher und Radieschen gar nicht vergleichbar sind, da nur verschieden. Sie machen einfach los und stellen nach zig Millionen und Milliarden Tauschvorgängen fest, daß das eine Produkt soviel wert ist und das andere so und so viel wert ist. Und stellen weiter fest, daß jedes Produkt ein Geld-Ding geworden ist, jede Ware einen Preis bekommen hat. Die Verhaltensgestörten werden noch gestörter, weil sie feststellen, daß die Waren ein Eigenleben haben, unvorhersehbar billiger oder teurer werden wie gerade das Benzin. Es sind die eigenen Produkte, "unter deren Kontrolle die Warenbesitzer stehen, statt sie zu kontrollieren. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden." (S.89)

(3.1) Dinge werden nicht verkauft und herrschen nicht, 24.06.2003, 23:18, Raimund Köhn: Diese Anmerkung ist primär begrifflicher Art, genauer, ich kritisiere die unpräzise Verwendung des Begriffs "Ding". Ding ist an sich die umgangssprachliche oder polemische Verwendung des Begriffs Gegenstand/Sache. Um den eigentlichen Aspekt, auf den es mir ankommt, gleich am Anfang zu nennen, Lukacs hatte diesen Fehler bereits in "Die Verdinglichung und das Proletariat" gemacht, als er Entfremdung und Verdinglichung gleich setzte. Dabei unterlag er selbst dem Fetischismus, weil er den Umstand, daß Arbeiter ihre einzig handelbare Ware (die Verpflichtung zur produktiven Tätigkeit) gegen Geld an Arbeitnehmer (Kapitalisten) veräußern, als ein Zur-Sache-Werden der Arbeiter mißverstand. Wird er aber nicht, im Gegenteil, der Arbeiter ist die lebendige Produktivkraft, die als einzige mehr Wert produziert, als sie selbst kostet.
Das weißt du aber, weil du ganz offensichtlich Marx nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hast.
Aber nochmal, warum stört mich das mit dem Ding. Dinge werden nicht für den Verkauf hergestellt. Für den Verkauf werden Waren hergestellt. Die Begriffe "Verkauf" und "Ware" setzen aber das System der Warengesellschaft bereits voraus, so wie Tausch die Tauschgesellschaft. Mit dem System unterliegt die Produktion der Gebrauchswerte bereits dem Fetischmus und der besteht grad darin, daß in vermeintlichen Gegenständen (Herrschafts-)Verhältnisse verschleiert werden, nämlich das (bürgerliche) Recht des Arbeitskraft-Käufers die Produkte der für ihn Arbeitenden als seine verkaufen zu dürfen. Marx hat diesen Zusammenhang in die "Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses" als Umkippen des Äquivalententausches bezeichnet. Das ist aber ein anderes Problem. Wenn ich jedoch unter diesen Aspekten noch mal dein Zitat von S. 89 lese (MEW Bd. 23???: "Es sind die eigenen Produkte, "unter deren Kontrolle die Warenbesitzer stehen, statt sie zu kontrollieren."") finde ich nur: "Ihre eigene gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, statt sie zu kontrollieren." Das ist doch genau der Fehler. Was bei Marx eine gesellschaftliche Bewegung ist, die die Form (Schein) einer Bewegung von Sachen hat, wird bei dir zur Sachherrschaft der Produkte über die Warenbesitzer (wäre selbst im Fall "Produzenten/Arbeiter" falsch). Und dann kommst du zu der falschen Aussage "Herrschaft der Dinge", die ein gesellschaftliches Verhältnis darstellt, die Produktionsverhältnisse ...
Bitte nicht mißverstehen, ich finde den Beitrag wirklich gut, sonst hätte ich hier nix rein geschrieben.

(3.1.1) Re: Dinge werden nicht verkauft und herrschen nicht, 23.10.2003, 11:24, Reinhard A. N. Watzke: Was macht den Arbeiter produktiv? Wodurch wird er zu einer Produktivkraft? Durch Wissen und Information. Mittels dieser kann er die Natur "informieren" und in Dinge umwandeln. Und woher kommt die Information? Aus dem Hirn. Aus den kleien grauen Zellen, die kollektiv Intelligenz schaffen. Könnte man diesen Prozess vom Menschen ablösen, also z. b. auf Roboter übertragen, dann hätte man Dinge die Dinge herstellen.

(4) Menschen, die an Zauber glauben, nehmen es als Wahrheit, daß bestimmte Gegenstände Macht über sie haben. Für sie ist das Realität, an sich sind diese Gegenstände aber nur banale Dinge. Entzaubern wir die merkwürdige Realität unserer warenproduzierenden Vereinsmitglieder. Die Produkte sind hier für sie mehr als einfache Gebrauchsdinge. Es wurde privat (nicht gesellschaftlich) und individuell verschieden gearbeitet. (Auf dieser allgemeinen Abstraktionsstufe läßt Marx die Kapitalisten noch weg, die arbeiten lassen und denen es nur noch um die Plusmacherei geht.) Und nur das konkret gearbeitet wurde, ist all den vielfältigen Produkten gemeinsam. Damit dieses jeweils verschiedene Arbeiten vergleichbar werden kann, muß es selbst unterschiedslos werden; egal was und egal wie, nur das überhaupt gearbeitet wurde, gilt: abstrakte Arbeit, gemessen in Zeit. Das private Arbeiten wird so erst im Nachhinein, beim Verkauf in gesellschaftliche Arbeit verwandelt. Bezogen auf ein Produkt gilt dann nur noch die "gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit". Dies ist "Arbeitzeit, erheischt (benötigt) um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich-normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit herzustellen." (S.53) Und was durchschnittlich ist, stellt sich erst durch die Realität der unzähligen Ware - Geld - Tauschakte ein.

(4.1) 23.10.2003, 11:31, Reinhard A. N. Watzke: Gibt es einfache Gebrauchsdinge? Kannst du einen Hammer betrachten, ohne ihn mit der Geschichte aller anderen Gebrauchsgüter in Beziehung zu setzen? Der Gebrauch eines Dinges ist selbst schon ein gesellschaftlicher Vorgang und so etwas wie einen reinen Gebrauchswert gibt es gar nicht.

(5) In dieser Normierung der Arbeitszeit ist übrigens die Aussonderung und Ausgrenzung der vielen Menschen angelegt, die diese durchschnittliche Leistung nicht erreichen. Früh eingeübt wird diese Unmenschlichkeit bereits im Noten-Schulsystem. Auf der anderen Seite hat das stete, zwanghafte Produktivitäts-Wettrennen um die bessere Technologie hier seinen Ursprung, weil es den Gewinnern als Extraprofit die Kasse klingeln läßt.

(6) Privates Arbeiten konkreter gefaßt bedeutet auch nicht nur die eine Person, sondern eine Produktionseinheit mit bornierten Sonderinteressen. "Ein Privatproduzent im Sinne kapitalistischer Vergesellschaftung muß nicht eine natürliche Person, etwa ein dickbäuchiger Kapitalist, sondern kann auch eine Aktiengesellschaft, ein multinationaler Konzern, ein selbstverwalteter Betrieb oder ein volkseigenes Kombinat sein. Entscheidend für den Charakter als Wertproduzent sind seine isolierte Stellung, die einem blinden Zusammenhang entspricht, und sein Sonderinteresse gegenüber andern Betrieben und der Gesamtgesellschaft, sein notwendiger Blick auf die eigene Verwertung und nicht auf die gesellschaftlichen Folgen." (Johanna W. Stahlmann / Geplanter Markt-Die Quadratur des Kreises in Krisis 8/9)

(7) Was wird nun substantiell getauscht? Abstrakte Arbeit, gemessen in Zeit, bezogen auf ein Produkt oder Produkte wird nun getauscht gegen abstrakte Arbeit, gemessen in Zeit, bezogen auf ein anderes Nutztding/Dinge. So kann nun jeder unserer Privaten Güter bekommen, die er selber nicht herzustellen vermochte. Die Warenproduzenten wissen nun nicht, daß sie genau das tun. Sie sagen vielmehr beispielsweise: "Der Tisch hier ist 100 DM wert".

(7.1) 23.10.2003, 11:41, Reinhard A. N. Watzke: Abstrakte Arbeit ist nur ein anderes Wort für Information. Was getauscht wird ist Information, mittels der das Produkt "informiert" wurde. Und das in zweifacher Hinsicht. Den das Geld beinhaltet Information über Mangel an bestimmten Gütern. Steigen die Preise für Tische, dann bedeutet das nichts anderes, als das eine entsprechende Verknappung von Ressourcen und Design-Information vorliegt.

(8) Das Verrückte ist also, daß sie nicht einfach Zeit mit Zeit verrechnen können, sondern daß Dinge an sich einen Wert zu haben scheinen, dieser gewissermaßen in ihnen haust. "Als Werte sind Waren nur bestimmte Maße festgeronnener Arbeitszeit." (S.54) Zeit kann aber nicht wirklich räumliche Dimension annehmen, kann nicht wirklich Körper werden. So muß Marx zum Beschreiben des Wertes selbst die Sprache der Magie benutzen: "gespenstige Gegenständlichkeit", "sinnlich übersinnliches Ding", "ein bloße Gallerte (oder farbloses Gelee-He) unterschiedsloser menschlischer Arbeit", "Kristalle dieser gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz".

(8.1) 23.10.2003, 11:45, Reinhard A. N. Watzke: Hier jagt der gute alte Karl seinem eigenen Phantom nach. Der, auf Zeit gegründete, Arbeitswert einer Sache ist reine Fiktion. Der Wert der Dinge an sich ist eben die in ihnen enthaltene Design-Information und nicht die bloße bornierte Anzahl der Arbeitsstunden.

(9) Anders formuliert: daß Produkte einen Wert 'haben', drückt nur aus, daß zwar wirklich konkret materiell gearbeitet wurde, allerdings genau in der entfremdeten privaten Form. Wo Produkten also ein Preis aufgeklebt wird, herrscht noch der Autismus (jeder für sich) vor, ist der Warenfetisch noch nicht überwunden, werden die Menschen von den hinter ihrem Rücken selbst geschaffenen Marktgesetzen getrieben statt selbst ihre Geschicke lenken zu können. Einige Konsequenzen dieser Kapitalismusanalyse lauten:

Um allerdings zu solchen Schlußfolgerungen zu kommen, um Gesellschaft verändern zu können, braucht es mehr Einsicht als nur die Empörung über den Reichtum der Reichen und die Armut der Armen. "So bekannte der englische Sozialistenführer William Morris (1834-1896) freimütig, daß es ihm nicht gelungen sei, die Marxsche 'Mehrwerttheorie' zu verstehen. Das halte ihn freilich nicht davon ab, sich für einen Sozialisten zu erklären, denn so fuhr er fort, ihm genüge es, "so viel von Nationalökonomie zu begreifen, um zu verstehen, daß die müßige Klasse reich und die arbeitende Klasse arm ist, und daß der Wohlstand der Reichen auf der Beraubung der Armen beruht. Das weiß ich, weil ich es mit eigenen Augen sehe. Ich brauche kein Buch zu lesen, um mich davon zu überzeugen. Das ganze System ist ungeheuerlich und unerträglich." (aus Peter Klein - Die Illusion von 1917)

(10) Den Reichtum anders verteilen zu wollen, ist löblich, wird vom blinden Konkurrenz-System aber immer wieder unterlaufen. Konsequenterweise muß das ganze Betriebssystem von Grund auf geändert werden. Wert, Ware, Geld, Markt und deren Staat gehören ins historische Museum. Sich aus den heute noch so fest sitzenden Fesseln der Herrschaft der Geld-Dinge samt ihren verrückten Besitzern zu befreien, steht dringendst auf der Tagesordnung, weil der Irrsinn schon die Existenz der ganzen Menschheit und der Mitwelt bedroht. Was dazu zunächst ansteht, hat Carl Amery treffend formuliert: "Was bleibt, wenn man nicht resignieren will (und Resignation ist keine Handlungsgrundlage), ist die Ortung von Haarrissen im Beton des machtvollen Stumpfsinns und ihre Erweiterung mit der Geduld des hartnäckigen Ausbrechers."

(10.1) 23.10.2003, 11:55, Reinhard A. N. Watzke: Da muss der gute, alte Karl und seine verstaubten Adepten wohl sehr weit in die menschliche Geschichte zurückfahren. Schon im Neolithikum gab es Arbeitsteilung und Tauschwirtschaft. Was auch ganz logisch ist. Der Markt repräsentiert eben eine Art von kollektiver Intelligenz, ohne die ein gesellschaftliches Leben unmöglich wäre und die zu ihrer Kontrolle wiederum des Staates bedarf. Jede Ökonomie ist eben eine politische Ökonomie.

Zitate zum Text:

(11) Es kann also nichts falscher und abgeschmackter sein, als auf der Grundlage des Tauschwerts, des Geldes, die Kontrolle der vereinigten Individuen über ihre Gesamtproduktion vorauszusetzen.
Karl Marx

(11.1) Re: Zitate zum Text:, 23.10.2003, 11:58, Reinhard A. N. Watzke: Und durch was, bitte schön, soll diese Kontrolle sonst ausgeübt werden. Wollen sie über die Größe der Tomaten abstimmen lassen? Oder soll sich die Produktion an irgendeinem platonischen Idealismus anlehnen?

(12) "Produzenten denken ja nun in der Regel nicht bei sich: Aha! Wenn ich meine Uhr gegen ein Bett tausche, sehe ich von den materiellen Eigenschaften beider Produkte ab und betrachte sie als gleichartig, als Ergebnis nicht nützlicher, sondern abstrakter Arbeit." Genau das tun die Leute - was immer sie denken mögen.
aus: 'Das Kapital für Anfänger', rororo

(13) Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbst-verständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, daß sie ein sehr vertracktes Ding ist voll meta-physischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken. Soweit sie Gebrauchswert, ist nichts Mysteriöses an ihr, ob ich sie nun unter dem Gesichtspunkt betrachte, daß sie durch ihre Eigenschaften menschliche Bedürfnisse befriedigt oder diese Eigenschaften erst als Produkt menschlicher Arbeit erhält. Es ist sinnenklar, daß der Mensch durch seine Tätigkeit die Formen der Naturstoffe in einer ihm nützlichen Weise verändert. Die Form des Holzes z.B. wird verändert, wenn man aus ihm einen Tisch macht. Nichtsdestoweniger bleibt der Tisch Holz, ein ordinäres sinnliches Ding. Aber sobald er als Ware auftritt, verwandelt er sich in ein sinnlich übersinnliches Ding. Er steht nicht nur mit seinen Füßen auf dem Boden, sondern er stellt sich allen andren Waren gegenüber auf den Kopf und entwickelt aus seinem Holzkopf Grillen, viel wunderlicher, als wenn er aus freien Stücken zu tanzen begänne.
Karl Marx in 'Das Kapital'

(13.1) 23.10.2003, 12:10, Reinhard A. N. Watzke: Woher kommen menschliche Bedürfnisse? Sind sie nicht kulturell geformt und gesellschaftlich vermittelt? Selbst bei einer so einfachen Sache wie Sex ist das offensichtlich. Der oben erwähnte Tisch existiert als "Ding an sich" ja gar nicht. Alles was der liebe Karl wahrnimmt, ist ein Schwarm von Elementarteilchen, die in seiner Denkzwiebel einen sinnlichen Reiz auslösen. Das ordinäre sinnliche Ding ist also nichts anderes, als eine Illusion, die auf bestimmten Verrechnungsprozessen im Gehirn des Betrachters zurückgeht. Durch die Informierung wird aus dem Holz ein Artefakt, ein kulturelle Abstraktum. Und ein Artefakt ist seiner Natur nach schon ein "sinnlich übersinnliches" Ding. Man muß schon ein bornierter Holzkopf sein, um dies nicht zu erkennen.


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