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Eigentum und Produktion am Beispiel der Freien Software

Maintainer: Stefan Merten, Version 1, 06.07.2002
Projekt-Typ:
Status: Archiv

Eigentum und Produktion am Beispiel der Freien Software

(1) ToDo: .

(1.1) Re: Eigentum und Produktion am Beispiel der Freien Software, 06.07.2002, 17:40, Benni Bärmann: Was genau war noch mal die Aufgabenstellung? Wann ist Einsendeschluss?

(1.1.1) Re: Eigentum und Produktion am Beispiel der Freien Software, 06.07.2002, 19:49, Benni Bärmann: Siehe: http://www.rosaluxemburgstiftung.de/preise/rls_preis2003.htm

(1.2) Grundsätzliches zu meinen Kommentaren, 26.07.2002, 14:45, Stefan Meretz: Ich finde den Entwurf schon sehr gelungen! Besonders die Unterscheidung Eigentum-Besitz ist Klasse. Dennoch ist es IMHO noch weit bis zu einem "fertigen" Essay. Meine Kommentare mögen als Unterstützung dienen, den Text dahin zu entwickeln. Insgesamt klingen die Kommentare vielleicht sehr kritisch, aber das liegt einfach daran, das ich da nur die Kritik hingeschrieben habe.

(1.3) Zu den Begriffen, 26.07.2002, 14:48, Stefan Meretz: Ich halte es für sehr wichtig, mit den Begriffen sauber umzugehen. Dort, wo eigene benutzt werden, sie abzuleiten oder zu definieren, dort wo Bedeutungen z.B. aus dem RLS-Text verändert werden, dies zu explizieren. Dies betrifft z.B. die Begriffe "emanzipatorische Vision", "Interesse", "Vergesellschaftung", "vergesellschaftete Produktion", "Entfremdung", "Produktivkraft(entwicklung)" und noch andere.

(1.4) Wie weiter mit dem Text, 26.07.2002, 14:55, Stefan Meretz: Ich kann mir zwei weitere Vorgehensweisen vorstellen: (1) du nutzt unsere Kommentare und verbesserst den Text in neuen Releases; (2) du nimmst Ko-AutorInnen auf und stellst mit diesen einen gemeinsamen Text her. Variante (1) ist einfacher: Du entscheidest, du formulierst, du nimmst die Ideen auf. Variante (2) ist anstrengender, aber möglicherweise ertragreicher: die Ko-Autoris machen deinen Text zu ihrem Text. Hier geht es um Formulierungen, Argumentationen etc. über die man sich einigen muss. Ich kann dir von mir aus beides anbieten.

Begriffsklärungen

(2) Vor einer direkten Befassung mit dem Thema dieses Textes möchte ich gerne die Begriffe klären, die verwendet werden. Neben der Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses scheint mir dies auch die Möglichkeit zu geben, diese teils sehr alten Begriffe in einem neuen Licht zu betrachten, das in einer emanzipatorischen Vision auf eine neue Vergesellschaftungsform jenseits alter Konfliktlinien hindeutet.

(2.1) Re: Begriffsklärungen, 26.07.2002, 09:33, Stefan Meretz: Die angedeuteten "alten Konfliktlinien" würde ich wenigstens stichwortartig anreissen. Im Text kommen sie wohl sonst nicht vor. Der Satz beginnend mit "Neben..." ist sprachlich unglücklich. Trotz mehrfachen Lesens konnte ich den Bezug des relativen "das" nach dem Komma nicht auflösen.

Individuelles Eigentum

Eigentum als formales Konstrukt

(4) Der Begriff Eigentum ist an sich schon ein sehr vielschichtiger Begriff. Eine eingehende Betrachtung des Begriffs kann im Rahmen dieses Textes nicht geleistet werden. Wichtig ist jedoch, daß Eigentum eine soziale Form ist, die nicht ohne eine formale Festlegung auskommt. In der bürgerlichen Gesellschaft wird diese Festlegung i.d.R. in Verträgen festgehalten. Die Notwendigkeit einer formalen Festlegung deutet aber schon an, daß es sich beim Eigentum nicht um eine selbstverständliche soziale Praxis handelt. Vielmehr ist es eine Form, die notfalls mit Gewalt durchgesetzt werden muß.

(4.1) Re: Eigentum als formales Konstrukt, 26.07.2002, 09:40, Stefan Meretz: Erste beide Sätze besser so: "Der Begriff Eigentum ist sehr vielschichtig. Ein eingehende Betrachtung seiner Bedeutung kann...". Das "an sich" ist mir nämlich unklar und dreimal "Begriff" ist zuviel. Auch im nächsten Satz eine Dopplung: Form - formale Festlegung. Dann im nächsten nochmal: Festlegung - festgehalten. Dann nochmal "Festlegung".

(5) Mit Blick auf eine emanzipatorische Vision ist es sinnvoll, dem Eigentum den Begriff Besitz entgegenzustellen. Im Gegensatz zum Eigentum beschreibt Besitz ein Verhältnis zwischen Menschen und Dingen, das einer bestimmten sozialen Praxis entspricht: Ein Mensch be-sitzt genau dann etwas, wenn eine direkte Nutzung des Dings durch die BesitzerIn erfolgt.

(5.1) 26.07.2002, 09:47, Stefan Meretz: "...sinnvoll, die Begriffe Eigentum und Besitz zu unterscheiden." - Es geht ja nicht um eine konstruierte Entgegenstellung, sondern um eine Klärung von Bedeutungen vorhandener Begriffe. Deswegen würde ich dazuschreiben, dass im Alltagsgebrauch beide Begriffe synonym verwendet werden. Vielleicht kannst du damit sogar anfangen und dann begründen warum "es jedoch sinnvoll (ist), die Begriffe..." usw.

(5.2) 26.07.2002, 09:50, Stefan Meretz: Generell finde ich es eine gute Idee, dass von dieser begrifflichen Unterscheidung her aufzuziehen. Darin steckt nämlich der Gegensatz von verselbstständigter fetischistischer Form - dessen Ausdruck die Rechstform "Eigentum" ist - und der sozialen Praxis "Besitz", die gegen diese Form steht oder ihr unterworfen ist.

(5.3) 26.07.2002, 09:59, Stefan Meretz: Da du im folgenden mit dem Begriff Handlungsmöglichkeit operierst, ist es sinnvoll diesen mit dem Begriff der "Verfügung" zu begleiten. Denn der grundsätzliche Zusammenhang ist ja der: Ich kann je meine Handlungsmöglichkeiten in dem Maße erweitern, wie ich über meine Lebensbedingungen verfügen kann. Je ich besitze also die Dinge und allgemein: Angelegenheiten, über die ich verfügen kann. Dabei bedeutet "verfügen" wie insbesondere bei der Freien Software deutlich wird, "kollektives verfügen". Dort ist der Zusammenhang ja gerade so beschaffen, dass ich meine individuellen Handlungsmöglichkeiten nur durch kollektive Verfügung erweitern kann.

(6) Aus diesem kleinen Unterschied ergeben sich erhebliche Konsequenzen. So ist die Menge von Dingen, für die ein einzelner Mensch als EigentümerIn auftreten kann, nicht nur grundsätzlich unbegrenzt, sondern auch jenseits vertraglicher Festlegungen nicht unbedingt ersichtlich. Die Menge von Dingen, die ein Mensch direkt nutzt, ist hingegen nicht nur verhältnismäßig begrenzt, sondern auch im sozialen Kontext vergleichsweise einfach erkennbar.

(7) Ein Beispiel aus unserer alltäglichen Lebenspraxis macht diese Unterscheidung augenfällig: Die MieterIn einer Wohnung ist deren BesitzerIn, da sie die Wohnung direkt nutzt. Die VermieterIn ist hingegen die EigentümerIn der Wohnung, die nur indirekten Nutzen aus der Wohnung zieht - eben die Miete.

Eigentum wozu?

(8) Wollen wir den Begriff Eigentum in einer emanzipatorischen Vision verwenden, so ist zu klären, welchen konkreten Nutzen Eigentum eigentlich hat. Nur so können die wünschenswerten Teile eines solchen Begriffs in eine neue Vergesellschaftungsform hinübergenommen werden.

(9) Naheliegend ist der Nutzen der Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten, die durch Eigentum gegeben sind. Per Definition vergrößert Eigentum die Handlungsmöglichkeiten der EigentümerIn, weil es ihr mehr oder weniger unbeschränkte Verfügungsmöglichkeiten über das Eigentum gewährt - bis hin zur Zerstörung des Eigentum. Eine Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten ist aber zunächst stets eine Erweiterung von Freiheit, so daß diese Qualität von Eigentum in einer emanzipatorischen Vision erhalten bleiben muß.

(9.1) 26.07.2002, 10:07, Stefan Meretz: Nicht "in einer", sondern "für eine" emanzipatorische Vision, denn diese ist ja kein Topf mit Deckel.

(10) Auf der anderen Seite schränkt Eigentum natürlich auch Handlungsmöglichkeiten und damit Freiheit ein - nämlich gerade für die Nicht-EigentümerInnen. Wenn eine EigentümerIn die Verfügungsgewalt über ein Eigentum hat, so hat sie damit natürlich auch die Möglichkeit andere von der Nutzung des Eigentums auszuschließen.

(10.1) 26.07.2002, 10:17, Stefan Meretz: Hier fehlt IMHO der Bezug zu einer Sache, denn es geht hier ja nicht um das Eigentum oder die EigentümerIn als solche, sondern um das Eigentum an bzw. die EigentümerIn einer Sache. Dann kommt auch die Dopplung "EigentümerIn die Verfügungsgewalt über ein Eigentum hat" raus. Und die Natur würde ich ganz raus lassen. Also so etwa: "Auf der anderen Seite schränkt Eigentum an einer Sache auch Handlungsmöglichkeiten und damit Freiheit ein - nämlich gerade für die Nicht-EigentümerInnen an dieser Sache. Wenn eine EigentümerIn die exklusive Verfügungsgewalt über eine Sache hat, so hat sie damit die Möglichkeit, andere als Besitzende von der Verfügung über diese Sache auszuschließen."

(11) Dieser Ausschluß der Nutzung durch andere kann einerseits inhaltliche Gründe haben. Dies ist inbesondere dann gegeben, wenn die direkte Nutzung des Eigentums - der Besitz also - nicht anders als durch Ausschluß anderer gewährleistet werden kann.

(11.1) 26.07.2002, 10:18, Stefan Meretz: Das verstehe ich nicht - was meinst du damit?

(12) Andererseits gibt es aber auch indirekte Gründe, die einen Nutzungsausschluß der Nicht-EigentümerInnen für die EigentümerIn attraktiv machen. Die bürgerliche Gesellschaft ist geradezu darauf gegründet, durch Ausgrenzung der Nicht-EigentümerInnen deren Bedürfnisbefriedigung unter Bedingungen zu stellen. Bei Waren schlägt sich dies im Kaufpreis nieder, der als Bedingung für die Übertragung des Eigentums gestellt wird.

(12.1) 26.07.2002, 10:21, Stefan Meretz: Wenn "einerseits" inhaltliche Gründe sind, dann müssen "andererseits" formale Gründe sein - sonst passt es nicht. Oder eben direkt - indirekt. Ist "formal", ich weiss, aber ich stolpere über sowas regelmäßig.

(13) ToDo: Link zu Lizenzen, die keine Eigentumsübertragung darstellen, sondern lediglich ein Nutzungsrecht einräumen?

(13.1) 06.07.2002, 17:31, Benni Bärmann: das sind IMHO alle, ansonsten hiesse es ja "Kaufvertrag" und nicht "Lizenzvertrag". Insofern lauert da auch eine juristische Problematik, da so weit ich weiss, "geistiges Eigentum" zumindestens nach deutschem Recht und in Form des Urheberrechtes nicht übertragbar ist, übertragbar sind nur Nutzungsrechte - also "Besitz".

(13.2) 26.07.2002, 10:32, Stefan Meretz: IMHO ist hier rauszuarbeiten, dass mit der Immaterialität die Kopplung von Ding und juristischer Form "Eigentum" und damit auch von "Besitz" und "Eigentum" aufgehoben ist. Die Exklusion anderer geschieht Eigentumsübertragungen stofflicher Dinge durch ihre eindeutige physische Präsenz an nur einem Ort (inklusive ihrer Nichtkopierbarkeit), über den der Eigentümer verfügen muss. Die Lösung dieser "Entkopplungsproblematik" ist die Lizenz, die Nutzung gewährt, die dann übrigens nicht nur auf immaterielle Dinge angewendet werden kann (vgl. Miete oder Leasing stofflicher Produkte).

(14) Zusammen mit der formalisierten und in auf Eigentum gegründeten Gesellschaften mit Gewalt bewehrten Eigenschaft der Unbegrenztheit, eignet sich Eigentum hervorragend, um neben einer direkten Nutzung auch indirekte, entfremdete Nutzungsarten zu ermöglichen.

(14.1) 06.07.2002, 17:33, Benni Bärmann: Du benutzt den Entfremdungsbegriff sehr hoppladihopp obwohl Du darauf ziemlich drauf aufbaust, es gibt aber ganz unterschiedliche Entfremdungsbegriffe, Du solltest also vielleicht schon etwas genauer sagen, wovon Du sprichst.

(14.2) 26.07.2002, 10:41, Stefan Meretz: Der Satz ist sehr verschraubt formuliert. Ich musste ihn zehnmal lesen, bis ich kapierte, was du meinst. Und ich stimme Benni zu: Entfremdung muss als Begriff in seiner Bedeutung eingeführt werden. Das folgende Beispiel kann erst kommen, nachdem du ausgeführt hat, worum es dir geht (ein Beispiel erklärt nichts, sondern illustriert nur bereits Erklärtes).

(15) Das Beispiel der Mietswohnung zeigt dies: Während die MieterIn eine direkte Nutzung der Wohnung betreibt, hat die VermieterIn nur ein entfremdetes, nämlich geldförmiges Interesse an der Wohnung. Dieses entfremdete Interesse ist aber der zentrale Antrieb für den Erwerb von Eigentum.

(16) Mit dem Entfremdungspotential von Eigentum geht ein erheblicher Teil der negativen Eigenschaften einher, die in einer emanzipatorischen Vision überwunden werden müssen.

(16.1) 26.07.2002, 10:45, Stefan Meretz: Weil du die ganze Entfremdungsproblematik nicht ausführst, wirst du hier normativ. Wenn etwas so oder so sein "muss", dann ist was faul. Du musst begründen, warum es so oder so ist, warum also eine emanzipatorische Vision Entfremdung logisch (und nicht normativ) ausschliesst.

(17) In der bürgerlichen Gesellschaft wird Eigentum insbesondere dazu eingesetzt, um Knappheit zu erzeugen. Besonders augenfällig wird dies heute in den Debatten um geistiges Eigentum. Während durch die historisch neue Möglichkeit der digitalen Kopie Informationen heute praktisch zum Nulltarif beliebig reproduzierbar sind, müssen sie zur Erhaltung der Wareneigenschaft künstlich verknappt werden - denn nur knappe Güter können sinnvoll verkauft werden und erst dadurch Wareneigenschaft bekommen. Scheint bei Gütern mit nennenswerten Produktionskosten eine Verknappung noch durch die stofflich gegebene begrenzte Verfügbarkeit gerechtfertigt, so ist im Fall der Verknappung digitaler Kopien offensichtlich, daß die künstlich herbeigeführte Knappheit ausschließlich entfremdeten Geldinteressen dient.

(17.1) 26.07.2002, 10:49, Stefan Meretz: Relativ "nebenbei" führst du hier die "Immaterialität" ("geistiges Eigentum") ein. Das würde ich vorher auf jeden Fall explizit machen (vielleicht bei den Lizenzen, s.o.), so dass du hier Bezug darauf nehmen kannst.

(17.2) 26.07.2002, 10:53, Stefan Meretz: Was ist ein "sinnvoller Verkauf"?? Den Halbsatz "und erst dadurch Wareneigenschaft bekommen" bitte streichen, denn er ist (a) doppelt und (b) mindestens missverständlich: Wareneigenschaft bekommen Produkte durch ganz andere Bedingungen. "Erhaltung der Wareneigenschaft" ist präziser und ausreichend.

(17.3) 26.07.2002, 10:56, Stefan Meretz: Wieso ist eine durch die "stofflich gegebene begrenzte Verfügbarkeit" Verknappung "gerechtfertigt"?? Solche Begriffe würde ich meiden, auch wenn du sie mit "scheinen" kombinierst. Vielleicht besser "nachvollziehbar"? Oder "auf der Hand zu liegen"?

(18) Neben der Verknappung begünstigt die durch Eigentum mögliche Entfremdung aber noch einen weiteren, subtileren Aspekt. Die EigentümerIn ist nicht mehr primär an den stofflichen Qualitäten des Eigentums interessiert; vielmehr dienen diese nurmehr als Vehikel für die entfremdete Nutzung als Ware. Auf einem Markt, auf dem sich nur WarenanbieterInnen treffen, wird also tendenziell nicht die maximale, sondern nur noch die für eine Vermarktung gerade eben nötige stoffliche Qualität von Gütern erreicht. Für eine emanzipatorische Vision ist aber die Orientierung auf eine maximale Güterqualität unabdingbar, so daß auch von dieser Perspektive her eine Überwindung der Entfremdungspotentiale von Eigentum angezeigt ist.

(18.1) 26.07.2002, 11:00, Stefan Meretz: Ein "Aspekt", ein "subtiler" gar, kann IMHO nicht "begünstigt" werden. Es gilt, ihn zu beachten - oder so was.

(18.2) 26.07.2002, 11:02, Stefan Meretz: Das "mehr" streichen: "Die EigentümerIn ist nicht primär an den stofflichen Qualitäten des Eigentums (besser: der Sache, des Guts) interessiert."

(18.3) 26.07.2002, 11:07, Stefan Meretz: Auch hier ist mir die eV zu normativ vorgestellt: "unabdingbar", "angezeigt ist". Das ist nicht notwendig, da sich diese Forderungen als immanente Resultate zeigen lassen.

(19) Steht der direkte Nutzen eines Gutes zur Debatte, so ist die direkte NutzerIn zweifellos diejenige, die dies am besten beurteilen kann - auch wenn sie die entsprechenden Gütereigenschaften vielleicht nicht immer selbst erzeugen kann.

(19.1) 06.07.2002, 17:39, Benni Bärmann: das stimmt zwar oft, aber nicht immer. Mir fallen z.B. Medikamente ein, wo oft (aber nicht immer) ein Arzt besser weiss was gut ist. Es geht dabei nicht um Expertokratie, da ja die Nutzerin auch in vollem Wissen was sie tut auf die Ärztin vertrauen kann und diese ihr so viel wie möglich erklärt. Im Computerbereich gibt es sowas auch z.B. bei Systemadministration. Generell kann man vielleicht sagen, dass jede Form von Arbeitsteilung immer auch schon einen Teil von "selber nicht genau wissen, was gut für einen ist" enthält. Das macht Deine Argumentation nicht unbedingt falsch, nur sollte man diesen Anteil berücksichtigen, weil das sonst zu simpel ist.

(19.1.1) 26.07.2002, 11:11, Stefan Meretz: Nein, auch und gerade bei Medikamenten weiss die NutzerIn am besten, was gut für sie ist: Sie spürt das doch. Sie weiss zwar vorher nicht, was es für Möglichkeiten gibt - dazu braucht sie die Ärztin - aber sie kennt die Wirkung. Dito bei der Systemadmin. Das Problem ist also nicht das "selber nicht genau wissen, was gut für einen ist", sondern "nicht genau wissen, welche Möglichkeiten ich habe".

(19.1.1.1) 26.07.2002, 15:30, Benni Bärmann: Stimmt, Du hast Recht. Ich hab noch ein kleines "aber": Ist es nicht bei sehr arbeitsteiligen Prozessen so, dass es oft so ist, dass man vielleicht noch die Handlungsmöglichkeiten erkennt aber eben gerade ihre Auswirkungen nicht. Man vertraut dann oft der Expertin. Ich finde schon, dass da ein Rest bleibt von "nicht wissen, was gut für einen ist". Oder besser formuliert: Ich weiss zwar was gut für mich ist, kann aber oft nicht wirklich beurteilen welche meiner Handlungsmöglichkeiten dorthin führt. Selbstentfaltung bedeutet dann eben gerade gemeinsam mit dem Experten in einem kommunikativen Prozess rausfinden, was a) meine Handlungsmöglichkeiten sind, was b) gut für mich ist und c) welche meiner Handlungsmöglichkeiten mich von a) nach b) führen. So wie Du es formulierst gibt es da keine gemeinsame Schnittstelle zwischen Expertin und Anwender.

(19.1.1.1.1) 26.07.2002, 19:02, Stefan Meretz: Ja, genau, es geht darum, gemeinsam die Handlungsmöglichkeiten herauszufinden. Das geht aber IMHO letztlich nur, indem mich die ExpertIn in die Lage versetzt, es herausfinden und beurteilen zu können, indem sie mir hilft, den von dir genannten Rest von "nicht wissen..." zum Verschwinden zu bringen. Oder anders formuliert: Es geht darum, tendenziell die Trenunng zwischen Expertin und AnwenderIn aufzuheben, mich also zur "MitexpertIn" zu machen. Das ist natürlich ein Prozess.

Besitz als emanzipatorische Form von Eigentum

(20) Verstehen wir Besitz also als das, was der direkten Nutzung durch die BesitzerIn unterliegt, so beinhaltet es die positive Eigenschaft von Eigentum (Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten), während es die negativen Qualitäten (Einschränkung von Bedürfnisbefriedigung der Nicht-EigentümerInnen, Entfremdungspotential mit Tendenz zu Verknappung und suboptimaler Qualität) vermeidet. In der Konsequenz können wir also unter emanzipatorischem Blickwinkel Eigentum als das verstehen, was wir heute als Besitz kennen.

(21) Ob es sich bei solchem Eigentum um individuelles oder kollektives Eigentum handelt ist nach diesen Definitionen unerheblich. Wenn von einer direkten Nutzung ausgegangen wird, dann unterscheidet sich kollektives Eigentum von individuellem dadurch, daß es der direkten Nutzung einer Gruppe von Menschen unterliegt anstatt eines einzelnen Individuums.

(22) Allerdings tritt bei kollektivem Eigentum Konfliktpotential auf, da die Individuen des Kollektivs unterschiedliche Ansichten über die bezogen auf die kollektive Nutzung je angemessene Behandlung des kollektiven Eigentums haben können. Diese Frage liegt im Bereich der Konfliktösung in Kollektiven und ist eine eigene Diskussion wert. Festzuhalten bleibt aber, daß das Konfliktpotential in den meisten Fällen erheblich entschärft sein dürfte, wenn entfremdete Nutzungen des kollektiven Eigentums gar nicht erst möglich sind, sondern es nur noch um eine Optimierung des konkreten Nutzens geht.

(22.1) 06.07.2002, 17:47, Benni Bärmann: Das gilt nur, falls das Kollektiv sich über die Bewertung des konkreten Nutzens einig ist. Das ist aber in den seltensten Fällen der Fall. Meistens treten Konflikte genau dann auf, wenn sich unterschiedliche Menschen einen unterschiedlichen konkreten Nutzen des gemeinsamen Beitzes wünschen. Es gibt dann aber prinzipiell keine gemeinsame Skala an der das zu messen wäre und an der man entscheiden könnte, was jetzt die objektiv bessere Nutzung ist. Das geht soweit, dass auch ohne Eigentum durchaus die Erfahrung von "Entfremdung" vorherrschen kann, wenn mämlich sich im Kollektiv eine andere Vorstellung des konkreten Nutzes durchsetzt, als je ich es habe. Dann entfremde ich mich vom kollektiven Besitz.

(22.1.1) 26.07.2002, 11:18, Stefan Meretz: Das ist, wenn man sich die Fälle mal konkret anschaut (WG oder so), meist ein Ausfluss überlagerter Eigentumskonflikte. In der Regel gibt es dann die Option des Fork nämlich nicht. Damit hat die EigentümerIn nicht die Notwendigkeit, Konflikte zu entschärfen.

(22.1.2) 26.07.2002, 11:21, Stefan Meretz: Besitz, so wie Stefan es hier definiert, bedeutet Nutzung, hier eben kollektive Nutzung. Es kann mir durch die Nutzung anderer schwer oder unmöglich werden, diese Nutzung aufrechtzuerhalten. Ich kann also den Besitz verlieren. Das ist aber was anderes als Entfremdung (so wie Stefan es hier verwendet, wenn auch nicht definiert hat): Besitz kann ich verlieren, ich kann mich aber nicht davon entfremden.

(23) Im Sinne einer emanzipatorischen Vision ist es also zunächst sinnvoll, auf den aus der bürgerlichen Gesellschaft tradierten Begriff Eigentum zu verzichten, und stattdessen vielmehr auf den aus einer sozialen Praxis gewachsenen Begriff Besitz einzugehen. Dies fällt deswegen leicht, weil Besitz die für eine emanzipatorische Vision wesentlichen Qualitäten des Begriffs Eigentum umfaßt, während es andere, eher hinderliche Qualitäten vermeidet.

(24) ToDo: Besitz und Verantwortung => Stellt sich automatisch ein

(25) ToDo: Wenn Knappheit überwunden wird, wird Eigentum überflüssig.

Vergesellschaftete Produktion

(26) Ist Eigentum ein recht vielschichtiger Begriff so scheint der Begriff Produktion wesentlich leichter greifbar zu sein: Vorgänge, in denen Naturstoffe oder Vorprodukte in andere Produkte umgewandelt werden. Dabei ist es von einem sachlichen Standpunkt aus unerheblich, wer bestimmte Teile einer Produktion konkret zuwege bringt (Maschine, Mensch oder auch ein Naturprozeß). Weiterhin ist es unerheblich, ob es sich bei dem Produkt um ein stoffliches oder geistiges Produkt handelt.

(26.1) Re: Vergesellschaftete Produktion, 06.07.2002, 17:53, Benni Bärmann: Ich denke nicht, dass ein solcher Begriff von Produktion ausreicht. Immaterielle Produktion (insbesondere in den Formen der informationellen und affektiven Arbeit - siehe dazu mein Empire-Projekt: http://www.opentheory.org/fs_empire/text.phtml) besteht nicht im einfachen Umwandeln von Vorprodukten in Produkte sondern eher im Erkennen und Variieren von gesellschaftlich-kommunikativen Vorgängen. Was genau sind die Vorprodukte eines Nr.1-Hits oder eines "guten Gefühls"?

(27) Sprechen wir von vergesellschafteter Produktion, so ist damit zunächst eine Produktionsweise gemeint, bei der nicht einzelne Menschen oder kleine Gruppen autonom die Produktion je ihrer Gütern regeln, sondern bei denen der Produktionsprozeß über die Gesellschaft verteilt ist. Hierbei gilt es mehrere Aspekte zu unterscheiden.

(27.1) 26.07.2002, 11:33, Stefan Meretz: Das "über die Gesellschaft verteilt" würde ich auch "gesamtgesellschaftlich vermittelt" nennen. Ich stimme dir in dieser Def. zu, die so erstmal unabhängig von der gesellschaftlichen Form ist (Kapitalismus ist damit vergesellschaftete Produktion sui generis). Aber die Ausschreibung meint - ganz traditionell - etwas anderes: Vergesellschaftung meint soviel wie "nicht mehr in privatem Eigentum", sondern "in den Händen der Gesellschaft" (wie auch immer). Zwar wird die Verstaatlichung kritisiert, aber trotzdem an diesem altertümlichen Vergesellschaftungsbegriff festgehalten. Das muss uns nicht stören, nur sollten wir diese Lesart bedenken.

Ausführung der Produktion

(28) Die Produktion komplexer Produkte, wie sie auf dem erreichten Stand der Produktivkraftentwicklung die Regel sind, wird nicht von einzelnen Menschen oder kleinen Gruppen zuwege gebracht. Vielmehr fließt in komplexen Produkten eine Vielzahl elementarer Produktionsprozesse zusammen, die von ganz unterschiedlichen Akteuren beigesteuert werden. Heute sind die Akteure dabei durchaus über den gesamten Globus zerstreut.

(28.1) Re: Ausführung der Produktion, 26.07.2002, 11:35, Stefan Meretz: s/zerstreut/verteilt/

(29) Die ungeheure Arbeitsteiligkeit moderner Produktion ist ein unmittelbares Ergebnis einer ständig steigenden Komplexität des Gesamtproduktionsprozesses an sich. Diese steigende Komplexität ist ihrerseits ein Ausfluß der technischen Entwicklung, die immer zahlreichere und immer differenziertere technische Vorgänge ermöglicht, die für die Produktion relevant sind.

(29.1) 26.07.2002, 11:38, Stefan Meretz: Auch Ungeheuer würde ich rauslassen. Ebenso die "an-sich"s.

(30) Ein mögliches Ergebnis dieser Technikentwicklung ist die immer stärkere Automatisierung, in der Produktionsprozesse von Menschen auf Maschinen verlagert werden. Automatisierung kann überall dort stattfinden, wo die spezifischen Fähigkeiten von Menschen durch maschinelle Prozesse ersetzt werden können. Dieses Potential von Automatisierung erhöht die Handlungsmöglichkeiten von Menschen, da diese dann die Wahl haben, ob sie den automatisierbaren Prozeß selbst ausführen wollen, oder ob sie ihre Zeit und Energie lieber mit anderen Dingen zubringen wollen. Daher muß eine weitere Steigerung von Automatisierung in einer emanzipatorischen Vision von zentraler Bedeutung sein.

(30.1) 26.07.2002, 11:41, Stefan Meretz: Du sprichst zwar von "mögliches Ergebnis", aber dann ist die Möglichkeit weg, und die Menschen haben die Wahl. Faktisch ist das aber nicht so: Die Menschen haben höchst selten die Wahl. Du meintest eigentlich: So könnte es sein, es ist eine Potenz. Dann musst du das aber auch deutlicher so schreiben (und auch hier hat IMHO das normative "muss" in der eV nix zu suchen).

(30.2) 26.07.2002, 11:44, Stefan Meretz: AFAIK kann man die Automatisierung nicht steigern, sondern nur auf nichtautomatisierte Bereiche ausweiten. Steigern kann man den Automatisierungsgrad.

(30.3) 26.07.2002, 11:54, Stefan Meretz: IMHO ist es auch nicht sinnvoll, in allen Bereichen die Automatisierung weiter zu steigern, sondern eher, sie zurückzuführen. Ich denke an Bereiche wie Landwirtschaft oder Kunst. Eben nicht mehr an abstrakt-entfremdeten Zwecken, sondern den eigenen Bedürfnissen orientiert.

(31) Weiter ist festzuhalten, daß die hohe Arbeitsteiligkeit eine ungeahnte Menge an Gebrauchswerten hervorbringt, die mit weniger Arbeitsteilung nicht erreicht werden kann. Die Arbeitsteilung ist dabei auch eine Folge der ständig steigenden Komplexität der gesamtgesellschaftlichen Produktion sowohl hinsichtlich der Vielzahl von Produktionsprozessen als auch hinsichtlich ihrer inneren Differenziertheit und Kompliziertheit. Aus diesem Grund kann eine emanzipatorische Vision einer vergesellschafteten Produktion nicht ohne guten Grund hinter den erreichten Grad an Arbeitsteiligkeit zurückfallen.

(31.1) 26.07.2002, 11:46, Stefan Meretz: s/weniger/geringerer/

(31.2) 26.07.2002, 11:56, Stefan Meretz: Hier verwendest du "vergesellschaftete Produktion" entgegen deiner eigenen Def. synonym zu eV, also ganz klassisch.

(32) ToDo: Spezialisierung und Zentralisierung

Organisation der Produktion

(33) Findet die Produktion eines Guts nicht in einer sozialen Einheit (z.B. Betrieb) statt, so benötigen die über die Gesellschaft verstreuten ProduzentInnen eine Organisation, die den konkreten Ablauf und das möglichst reibungslose Ineinandergreifen verschiedener Produktionen regelt.

(34) In geldbasierten Gesellschaft geschieht diese, in einer arbeitsteiligen Produktionsweise objektiv notwendige Organisation durch die "unsichtbare Hand des Marktes", die sich allerdings bekanntlich nicht an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, sondern vielmehr an Kapitalströmen orientiert ist. Folgerichtig funktioniert diese Organisation gar nicht, wenn in einer geldbasierten Gesellschaft der Faktor Geld aus dem einen oder anderen Grund herausgenommen wird. Tauschringe belegen z.B. eindrucksvoll, wie nach wie vor auf Tausch fixierte Geldmonaden eine echte Produktion in der Regel gar nicht und wenn dann nur auf niedrigstem Niveau hinbekommen.

(34.1) 26.07.2002, 11:59, Stefan Meretz: Der Begriff "geldbasierte Gesellschaft" ist unscharf, dazu könnte man auch vorkapitalistische Gesellschaften zählen. Entweder definieren oder stattdessen den Begriff "warenproduzierende Gesellschaft" nehmen.

(34.2) 26.07.2002, 12:02, Stefan Meretz: Statt "an Kapitalströmen" würde ich "an der abstrakten Geldvermehrung" schreiben. Ich würde allerdings auch vorher zwischen W-G-W-Gesellschaften und G-W-G'-Gesellschaften unterscheiden. Vielleicht kannst du das für eine Definition verwenden (G': abstrakte Geldvermehrung etc.).

(35) Eine emanzipatorische Vision hätte also Lösungen für dieses Organisationsproblem zu benennen.

(35.1) 26.07.2002, 12:03, Stefan Meretz: Ist das ein Merker, oder soll das so stehen bleiben? Gerade da muss Butter bei die Fische!

Entscheidung über die Produktion

(36) Der dritte Aspekt einer vergesellschafteten Produktion, der mit der Frage der Organisation zwar zusammenhängt, aber dennoch getrennt davon zu betrachten ist, ist die Frage, wer darüber entscheidet, was wann produziert werden soll. In einer emanzipatorischen Vision ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Produktion sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Entscheidungen über die Produktion müssen sich daher einerseits an den Nutzungsbedürfnissen der Menschen orientieren. Andererseits müssen sie die Bedürfnisse der Menschen in der Produktion selbst berücksichtigen.

(37) Fallen entfremdete Interessen wie das Geldinteresse weg, so reduzieren sich die möglichen Konflikte in solchen Entscheidungsprozessen auf unterschiedliche Einschätzungen sachlicher Aspekte. Die Entscheidungen über den Einsatz z.B. von Naturressourcen wird dadurch sicher nicht wirklich leicht, aber sicher wäre schonmal viel gewonnen, wenn wir immer auf der sachlichen Ebene einer Entscheidung bleiben könnten und nicht sachfremde, entfremdete Interessen inhaltlich sinnvolle Lösungen blockieren würden.

(37.1) 06.07.2002, 18:02, Benni Bärmann: siehe oben. "Sachliche Ebene" ist eine Fiktion der instrumentellen Vernunft. Wo Menschen beteiligt sind gibt es meistens mindestens so viele "sachliche Ebenen" wie Beteiligte.

(37.2) 26.07.2002, 12:12, Stefan Meretz: Mit "sachlich" würde ich hier nicht argumentieren, denn bei der selbstbezüglichen Wertverwertung handelt es sich um genau das: Um eine "Bewegung von Sachen" (wie Marx das nannte), die die Sozialität der Menschen konstituiert. In der Warenproduktion geht es um nix anderes als um "sachliche Aspekte". Es geht ja gerade darum, nicht irgendeine abstrakte Sachlichkeit bestimmen zu lassen, sondern die Menschen selbst. Anders gesagt: Was "Sache ist", also inhaltlich sinnvoll, gewünscht etc., bestimmen die Menschen und nicht ein "Prinzip". Sonst liest es sich so, als wolltest du ein abstraktes Prinzip (G') durch ein anderes ersetzen.

Universelle Entwicklung der Individuen

(38) Einfach ist die Antwort auf die Frage, was unter der universellen Entwicklung der Individuen zu verstehen ist: Selbstentfaltung.

(38.1) Re: Universelle Entwicklung der Individuen, 06.07.2002, 18:04, Benni Bärmann: Anmerkung zum Stil: Du sagst ziemlich oft, dass Dinge einfach sind. Das kommt ein bisschen Oberlehrerhaft daher, finde ich. Wenn etwas einfach ist, dann wird es der Leser schon merken, auch ohne das man ihm das unter die Nase hält.

(39) Der Begriff der Selbstentfaltung geht dabei über den individualisierenden Begriff der Selbstverwirklichung hinaus, indem er ständig das gesellschaftliche Sein eines Menschen im Blick behält. Gleichzeitig ist Selbstentfaltung ein Wachstumsprozeß, der erst mit dem Tod des Individuums endet.

(40) Die Inhalte von Selbstentfaltung - was also ein Individuum als Selbstentfaltung begreift - sind dabei so verschieden wie die Individuen selbst. Insbesondere ist es durchaus möglich, daß Tätigkeiten, die einem Menschen zuwider sind, anderen Freude bereiten und damit Teil ihrer Selbstentfaltung sind.

(41) Ein Teil von Selbstentfaltung ist die Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln, da eine entfaltete Persönlichkeit ohne ein Bewußtsein von Verantwortung undenkbar ist. Aus einer solchen Annahme von Verantwortung wird auch die Erledigung ungeliebter Notwendigkeiten ein Teil von Selbstentfaltung - wobei dann die Abschaffung solcher Notwendigkeiten ebenso ein Ziel von Selbstentfaltung sein wird.

(41.1) 26.07.2002, 12:16, Stefan Meretz: Das ist ein seh zentraler Punkt, den ich viel ausführlicher bringen würde. Wie du weisst, scheiden sich hier die Geister, weil hier auf Ontologisierungen zurückgegriffen wird (Mensch als genuiner Egoist, Wolf, etc.).

(41.2) 26.07.2002, 12:18, Stefan Meretz: Wie auch bekannt, bin ich der Meinung, dass es eines zusätzlichen "Add-ons Verantwortung" nicht bedarf, sondern dass es ein "Feature" von Selbstentfaltung ist: Sich selbst zu entfalten ist Verantwortung zu übernehmen. Das muss aber ausführlich begründet werden.

(41.2.1) 26.07.2002, 15:43, Benni Bärmann: Steht doch genauso da: " Ein Teil von Selbstentfaltung ist die Übernahme von Verantwortung..."

(41.2.1.1) 26.07.2002, 19:06, Stefan Meretz: Ich les es halt so: "Ein Teil von Selbstentfaltung ist die Übernahme von Verantwortung...". Besser fände ich: "Selbstentfaltung bedeutet immer auch gleichzeitig Übernahme von Verantwortung..." oder so in die Richtung. Begründung muss dann aber dazu.

(42) ToDo: Ausführlicher

Universelle Entwicklung der Gesellschaft

(43) Individuelle Selbstentfaltung so verstanden eröffnet in einer emanzipatorischen Vision die Möglichkeit einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder nicht mehr strukturell oder unmittelbar zwingen muß, sondern wo sich die individuelle Unterschiedlichkeit der Menschen zu einem komplexen Ganzen verwebt. In einer solchen gesellschaftlichen Formation wird die individuelle Selbstentfaltung genauso die Voraussetzung für die Entfaltung der Gesamtgesellschaft, wie die Entfaltung der Gesamtgesellschaft Lebensgrundlage und Mittel für die individuelle Selbstentfaltung bietet.

(43.1) Re: Universelle Entwicklung der Gesellschaft, 26.07.2002, 12:21, Stefan Meretz: Das Verweben zu einem "komplexen Ganzen" ist ein etwas dünner Platzhalter für die Frage, wie denn die gesamtgesellschaftliche Vermittlung, die Vergesellschaftung, aussehen wird.

(44) Eine Gesellschaftsformation in der das Gesamtinteresse und das individuelle Interesse so stark übereinstimmen, wird viele Probleme, die heute aus der (erzwungenen) Konkurrenz von Gesellschaftsmitgliedern erwachsen, gar nicht erst haben.

(44.1) 06.07.2002, 18:08, Benni Bärmann: Das Argument ist in dieser Formulierung zirkulär. Wenn Gesamtinteresse und Einzelinteresse zusammenfallen, gibt es keinen Widerspruch mehr zwischen ihnen. Logisch. Aber nicht über die ursprüngliche Aussage hinausweisend.

(44.2) 26.07.2002, 12:27, Stefan Meretz: IMHO kommt es auf die tendenzielle Identität von Gesamt- und individuellem Interesse nicht an, sondern auf die Bewegungsform der Austragung von Widersprüchen zwischen beidem. Und da gibt es zwei grundsätzliche Bewegungsmodi: auf Kosten anderer (dann bekommen individuelle Interessen den Charakter von Partialinteressen und Konkurrenz ist die Austragungsform) oder in individueller Selbstentfaltung mit den Anderen (dann sind individuelle Interessen Antrieb für die Entfaltung aller und "Spiel" im Benni'schen Sinne ist die Austragungsform).

(45) ToDo: Herrschaftsmodell als universelle Entfaltung der Gesellschaft?

(46) ToDo: Staat?

Bedingungen einer emanzipatorischen Vision

(47) Nach diesen Begriffsklärungen möchte ich nun eingehender zum Thema des Textes Stellung nehmen. Dabei ist unter anderem zu erörtern, ob die oft angenommene Widersprüchlichkeit "von individuellem Eigentum und vergesellschafteter Produktion" überhaupt sein muß. Es könnte ja durchaus sein, daß Verhältnisse, die gerade auf der Vereinbarkeit von individuellem Eigentum und vergesellschafteter Produktion gründen, die Voraussetzung einer emanzipatorischen Vision auf dem erreichten Stand der Produktivkraftentwicklung sind.

(47.1) Re: Bedingungen einer emanzipatorischen Vision, 26.07.2002, 12:31, Stefan Meretz: Wie oben: jetzt verwendest du "vergesellschaftete Produktion" im traditionellen Sinne. Ich würde gerade auch in direkter Auseinandersetzung mit der Fragestellung den Begriff kritisieren und dann die Frage neu aufwerfen.

(47.2) Re: Bedingungen einer emanzipatorischen Vision, 26.07.2002, 12:36, Stefan Meretz: Was du als "es könnte sein" anführst, ist doch gerade die Fragestellung der RLS. Da ist mehr Selbstbewusstsein angebracht:-)

(48) Als ständig wiederkehrendes Beispiel für ein modernes Phänomen, das einige dieser Verhältnisse keimförmig zeigt, soll in diesem Text die Freie Software dienen. Dazu zunächst einige Erläuterungen.

Freie Software

Zum Begriff Freier Software

(50) ToDo: Füllen

Zur Geschichte Freier Software

(51) ToDo: Füllen

Freie Software als Keimform

(52) Wenn wir von dem Phänomen Freie Software als Keimform einer neuen Vergesellschaftungsform sprechen, so betonen wir damit, daß an diesem Phänomen Aspekte studiert werden können, die in ihrer Tendenz auf eine Überwindung überkommener Formen der Geldgesellschaft verweisen. Damit ist weder ausgesagt, daß Freie Software als solche die Geldgesellschaft überwinden kann, noch daß es einen irgendwie gearteten historischen Automatismus gibt, der die Menschen von politischem Handeln befreit.

(52.1) Re: Freie Software als Keimform, 26.07.2002, 12:40, Stefan Meretz: Statt "politischem" würde ich "eigenem" schreiben, weil "Politik" die Austragungsform von Gegensätzen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft ist. Darin ist keinen Emanziaption erringbar. Sonst: Geldgesellschaft, s.o. (erwähne ich jetzt im weiteren nicht jedes Mal).

(53) Als Keimform zeigt Freie Software allerdings Formen menschlichen Handelns auf, die auf eine emanzipatorische Weise die Geldgesellschaft ganz praktisch in einigen Bereichen hinter sich lassen. Zwar gibt es viele historische Beispiele für Vorgänge, die ebenfalls die Geldgesellschaft hinter sich ließen, jedoch keines, das so unerwartet so erfolgreich geworden wäre und auch sonst so viele interessante Aspekte aufzuweisen hat:

(53.1) 26.07.2002, 12:46, Stefan Meretz: Vielleicht kannst du die folgende Aufzählung mit je einem Stichwort einleiten, was den Inhalt des Absatzes kennzeichnet. Also "* Stichwort: Blabla..."

(54) * Freie Software hat als Produkt einen hohen gesellschaftlichen Nutzen sowohl was die pure Verfügbarkeit für viele Menschen betrifft als auch die konkrete Qualität, die in Freier Software oft steckt. Dies erhöht die Handlungsmöglichkeiten vieler Menschen erheblich.

(54.1) 26.07.2002, 12:43, Stefan Meretz: "pure" weglassen, dafür ein paar Kommata einstreuen;-)

(54.2) 26.07.2002, 12:47, Stefan Meretz: Stichwort: Nützlichkeit

(55) * Freie Software wird von ganz normalen Menschen hergestellt, weil es zu deren unmittelbarer Selbstentfaltung gehört. Ideologische Überlegungen gehören dazu nur selten. Die Handelnden in diesem Prozeß sind also keine besseren, weiseren oder sonstwie übermäßig begnadeten Menschen. Oft sind sie aber auf ihrem Gebiet hervorragend.

(55.1) 26.07.2002, 12:44, Stefan Meretz: s/deren/ihrer/

(55.2) 26.07.2002, 12:48, Stefan Meretz: Stichwort: Selbstentfaltung

(56) * Die ProduzentInnen Freier Software organisieren sich nach je eigenem Gusto in verschiedenster, je ihren Bedürfnissen angepaßter Weise. Hier wird ganz selbstverständlich ein soziales Experimentierfeld genutzt, auf dem unterschiedlichste Formen nebeneinander existieren können.

(56.1) 26.07.2002, 12:48, Stefan Meretz: Stichwort: Selbstorganisation

(57) * Ganz praktisch unterläuft Freie Software die Geldform - nicht aus karitativen Gründen sondern unter anderem weil die Geldform die Effizienz der Produktion schmälern würde. Hier ist deutlich zu erkennen, wie die Entwicklung der Produktivkräfte beginnt über die Produktionsverhältnisse hinauszuwachsen.

(57.1) 26.07.2002, 12:49, Stefan Meretz: Stichwort: Wertfreiheit

(58) * Freie Software konnte sich in erheblichen Bereichen gegen einen etablierten Warenmarkt durchsetzen und die Entwicklung auf diesem Sektor ist noch lange nicht abgeschlossen. Insbesondere dieser Erfolg dürfte bislang noch keinem Produkt vergönnt gewesen sein, das auf ähnlichen Grundlagen wie Freie Software hergestellt wurde.

(58.1) 26.07.2002, 12:50, Stefan Meretz: s/erheblichen/wichtigen

(58.2) 26.07.2002, 12:51, Stefan Meretz: Stichwort: Erfolg

(59) * Freie Software wird mit hochmodernen technischen Mitteln erstellt, die die Spitze der Produktivkraftentwicklung darstellen. Immer öfter wird die Produktivkraftentwicklung selbst sogar von Entwicklungen in der Freien Software vorangetrieben. Das Internet als ein Ausfluß Freier Entwicklung hat mittlerweile sogar schon für - mittlerweile zusammengebrochene - Hypes auf den Geldmärkten gesorgt.

(59.1) 06.07.2002, 18:12, Benni Bärmann: Das Internet ist kein Ausfluß "Freier Entwicklung" sondern staatlicher Förderung. Wenn Du schon mit Finanzhypes argumentieren willst, dann nimm doch direkt den Open-Source-Hype. Aber ich würde das lieber weglassen, weil IMHO diese Hypes auf anderen Aspekten beruhen, die zwar schon mit dem hier dargestellten zusammenhängen aber eher indirekt.

(59.2) 26.07.2002, 12:52, Stefan Meretz: Stichwort: Produktivkraftentwicklung (den letzten Satz würde ich weglassen)

(60) * Die ProduzentInnen Freier Software kooperieren ganz selbstverständlich auf internationaler Basis. Dabei übertreffen sie locker die Bemühungen der mächtigsten Firmen der Geldgesellschaft, die mit der Zusammenführung unterschiedlichster Kulturen nach internationalen Übernahmen trotz teilweise erheblichem Mitteleinsatz oft riesige Schwierigkeiten haben.

(60.1) 26.07.2002, 12:53, Stefan Meretz: Stichwort: Global vernetzt

(60.2) 26.07.2002, 12:56, Stefan Meretz: "locker" streichen

(61) * Trotz des transkapitalistischen Gehalts Freier Software engagieren sich große Firmen wie IBM erheblich für dieses Entwicklungsmodell und staatliche Stellen von ganz unten (Kommunen) bis ganz oben (Bundestag) beginnen sich auf breiter Front für den Einsatz Freier Software zu interessieren. Gerade dieser Widerspruch scheint ein Hinweis auf die Keimformeigenschaft, da in ihr die ansatzweise die Synthese sichtbar wird, die eine Keimform aus These und Antithese der vorherigen Formation bilden muß, um erfolgreich als Muster für ein neues Modell gelten zu können.

(61.1) 26.07.2002, 12:54, Stefan Meretz: Stichwort: Keimform

(61.2) 26.07.2002, 12:56, Stefan Meretz: Die Keimformeigenschaft würde ich anders begründen (These/Antithese ist nicht erklärt, finde ich eh nicht gut diese Simpel-Dialektik). Der Einsatz von Staat und Kapitalfraktionen wirft eher die Frage auf, ob eine Integration möglich ist. Das sollte diskutiert werden.

Eigentum

(62) In den folgenden Betrachtungen spielt die Unterscheidung zwischen individuellem und kollektivem Eigentum eine untergeordnete Rolle. Ich lasse sie daher beiseite.

(63) Ich unterscheide im folgenden dagegen zwischen Informationsgütern und materiellen Gütern. Diese Unterscheidung kann zwar getroffen werden, seit die Menschheit existiert, jedoch ist die Bedeutung von Informationsgütern erst in unserer Zeit in ein entscheidend neues Stadium getreten.

(64) Der eigenständige Charakter von Informationsgütern ergibt sich daraus, daß Informationsgüter zwar immer an ein materielles Substrat gebunden sind (z.B. Bücher, CDs, Gehirne), das Wesen des Guts aber nicht auf dieses materielle Substrat reduzierbar ist. Dies bedeutet insbesondere auch, daß das je verwendete Substrat austauschbar ist, solange die Information nur geeignet darauf repräsentiert werden kann. Mit der modernen Technikentwicklung entmaterialisiert dieses Substrat immer mehr. Beim Surfen durch das World Wide Web (WWW) ist - abgesehen von kurzlebigen Platten-Caches - spätestens nach dem Ausschalten des Surf-Computers die abgerufene Information wieder vollständig von jeglichem lokalen materiellen Substrat verschwunden. Selbst bei Mobiltelefonen ist das Substrat der Informationsübertragung nur noch mit aufwendigen Messungen überhaupt sichtbar zu machen.

Eigentum an Informationsgütern

Geistiges Eigentum in der Geschichte

(66) Historisch ist das Konzept des Eigentums an Informationsgütern - besser bekannt unter der Bezeichnung geistiges Eigentum - relativ neu. Tatsächlich deutet vieles darauf hin, daß dieses Konzept erst entstanden ist, als Informationsgüter an materielle Güter nicht nur gebunden wurden, sondern diese auch auf einem Markt verkauft werden konnten. Hierzu gibt es Beispiele sowohl aus dem Bereich der Bücher als auch der Musikmedien (Schallplatten und ihre Vorläufer).

(67) Das Interesse an dem Konzept des geistigen Eigentums liegt daher damals wie heute nicht so sehr bei den ProduzentInnen des geistigen Eigentums sondern vielmehr bei den Verlagen, die dieses geistige Eigentum aufbereiten, auf ein materielles Substrat übertragen und dieses Substrat vertreiben. Das Interesse der Verlage folgt unmittelbar daraus, daß dieses materielle Substrat als verkaufbare Ware dienen soll und daher sowohl das Substrat selbst als auch die auf ihm repräsentierte Information knapp sein und bleiben muß. Ist diese Knappheit nicht mehr gewährleistet, so ist die Verkäuflichkeit der Informationsware und damit die Profitgenerierung der Verlage bedroht.

(68) Die ProduzentInnen hatten und haben dagegen im allgemeinen kein besonderes Interesse an einer Verknappung. Sie stellen ja im Gegenteil das Informationsgut im allgemeinen vielmehr zur allgemeinen Benutzung her. Besonders deutlich wird dies in der Wissenschaft, wo seit jeher der Fluß von Informationen in der Wissenschaftsgemeinschaft als Fundament für die Weiterentwicklung angesehen wurde. Jede Verknappung behindert diesen Fluß und damit die Weiterentwicklung der Wissenschaft. Eine Verknappung von Information ist auch nicht durch eine Begrenzung begründet, da Information im Gegensatz zu materiellen Gütern die Eigenschaft hat, durch Verbreitung nicht weniger zu werden: Das Wissen, daß in meinem Kopf ist, wird nicht dadurch weniger, daß ich es anderen mitteile. Genausowenig wird die Information auf einer CD dadurch weniger nützlich, daß eine Kopie von ihr angefertigt wird.

(68.1) 06.07.2002, 18:19, Benni Bärmann: Es gibt Ausnahmen von dieser Regel. Es gibt Wissen, das sehr wohl seinen Wert verliert, wenn es verbreitet wird. Beispiel: Dein PGP-Private-Key. Allgemeiner jede Information die ihren Nutzen dadurch erhält, dass sie geheim gehalten wird, weil sie dem Nutzer einen Wissensvorsprung verschafft. Das Interesse an einem Wissensvorsprung ist natürlich oft entfremdeter Natur, aber nicht immer.

(69) Natürlich müssen in der Warengesellschaft auch WissenschaftlerInnen und z.B. KünstlerInnen ein Einkommen haben. Es ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, daß dieses Einkommen unmittelbar an die Erzeugung von Informationsgütern gebunden ist. Tatsächlich werden WissenschaftlerInnen in der Regel nicht für bestimmte Einzelleistungen bezahlt, sondern werden für ihre wissenschaftliche Arbeit im Ganzen entlohnt. Historisch ähnelt dies den Mönchen, deren Versorgung durch das Kloster sichergestellt war. Deren individuelle Leistung bei der Erzeugung von Informationsgütern wurde dagegen als so irrelevant betrachtet, daß heute oft nicht mal mehr zu ermitteln ist, wer bestimmte Leistungen tatsächlich vollbracht hat.

Geistiges Eigentum heute

(70) Betrachten wir die Entwicklung der Produktivkräfte, so läßt sich feststellen, daß die Bedeutung von Information immer stärker steigt. Dieser Trend, der von Marx als Verwissenschaftlichung bezeichnet worden ist, läßt sich in der Realität vielfach verorten: Eine moderne industrielle Produktionsstätte ohne Computer ist heute kaum noch vorstellbar - nicht zu reden von dem vielfältigen Geflecht von Lieferbeziehungen zwischen den Produktionsstätten.

(70.1) Re: Geistiges Eigentum heute, 26.07.2002, 13:03, Stefan Meretz: Du verwendest hier "Produktivkräfte" im alten, traditionellen Sinne von "Technik und Wissenschaft". Die neue Qualität ist aber der Mensch und seine Entfaltung (was Hardt/Negri "affektive Arbeit") nennen.

(71) Konsequenterweise verschiebt sich auch der Fokus bei den Eigentumsverhältnissen. Dabei verliert das Eigentum an materiellen Produktionsmitteln zunehmend an Bedeutung. Dies wird z.B. im Franchising sichtbar, bei dem nicht mehr konkrete Produktionsmittel im Vordergrund stehen, sondern nur noch Marken verkauft werden. Das Eigentum an Informationsgütern bzw. Informationswaren wird dagegen immer wichtiger. Es ist kein Zufall, daß die WIPO (World Intellectual Property Organization, http://www.wipo.org/) 1970 gegründet wurde, aber erst anläßlich des Copyright Treaty [http://www.wipo.int/treaties/ip/wct/] 1996 sowohl an Bedeutung als auch an öffentlicher Wahrnehmung gewann.

(72) Mit der digitalen Kopie betritt in dieser Situation eine technologische Entwicklung die Bühne der Geschichte, die mit ihren Möglichkeiten die Verbreitung (digitaler) Information so einfach macht wie nie zuvor. Auf der Grundlage der in den industrialisierten Staaten vorhandenen Infrastruktur ist das verlustfreie Erstellen von Kopien, mithin also die Reproduktion von Informationsgütern, mit vernachlässigbaren Kosten verbunden. Die besondere Eigenschaft von Informationsgütern durch Verbreitung nicht weniger zu werden, wird durch die digitale Kopie von einer grundsätzlichen Möglichkeit zur manifesten und alltäglichen Tatsache.

(73) Dazu kommt, daß die digitale Kopie universell gegenüber den Inhalten ist, da immer nur gleichförmig Bits kopiert werden. Sie läßt sich hier mit dem Elektromotor als einer der entscheidenden Erfindungen der industriellen Ära vergleichen. Wie der Elektromotor maschinelle Bewegungsenergie überall da für jeden beliebigen Zweck verfügbar macht, wo Strom zur Verfügung steht, so ist mit der digitalen Kopie überall da die Reproduktion von Informationsgütern möglich, wo die entsprechenden Kopiereinrichtungen - d.h. Computer und ggf. Netzwerke - zur Verfügung stehen.

(73.1) 26.07.2002, 13:06, Stefan Meretz: s/digitale Kopie universell gegenüber Inhalten/digitale Kopie unabhängig von der Art des Inhalts/

(74) Es liegt auf der Hand, daß hier ein Konfliktpotential entsteht. Auf der einen Seite sind die, die Verknappung von Informationsgütern benötigen, um die Wareneigenschaft der von ihnen gefertigten Informationsträger zu sichern. Diese Konfliktpartei braucht die durch geistiges Eigentum sichergestellte Verknappung überlebensnotwendig. Ein derzeit besonders öffentlichkeitswirksamer Konflikt spielt sich im Bereich der Musik ab, wo die Musikindustrie ein vitales Interesse daran hat, die überkommenen Formen von Erzeugung, Herstellung und Vertrieb von Musikwaren zu erhalten.

(74.1) 26.07.2002, 13:08, Stefan Meretz: Fehlt da ein Wort? "Auf der einen Seite sind die ?Kopien-Produzenten?, die..."

(75) Auf der anderen Seite stehen einerseits die (potentiellen) NutzerInnen der Informationsgüter, die die Verknappung durch die Anbieter von Informationswaren als Preis erleben, der durch die Möglichkeiten der digitalen Kopie erheblich gesenkt werden könnte. Ein weiteres Beispiel sind hier die Raubkopien, die Software-Waren praktisch zum Nulltarif reproduziert.

(76) Andererseits stehen auf der anderen Seite aber auch die ProduzentInnen der Informationsgüter selbst, die aus unterschiedlichen Gründen ein Interesse an der Verbreitung der Informationsgüter haben. In der Wissenschaft gibt es mittlerweile vielfältige Initiativen, die Ergebnisse wissenschaftlicher Tätigkeit allgemein zugänglich zu machen (s. z.B. die Public Library of Science [http://www.publiclibraryofscience.org/]).

(77) Doch auch in Bereichen, in denen die digitale Kopie nicht unmittelbar eine Rolle spielt, gibt es Bewegungen, die die künstliche Verknappung von Information durch Patente und/oder Copyright-Regelungen zunehmend in Frage stellen. Bekannt geworden ist insbesondere das Beispiel der Herstellung von Generika (s. z.B. http://www.genericsnow.org oder http://www.accessmed-msf.org/). Hier wird die Information über die stoffliche Zusammensetzung eines Medikaments direkt für die Produktion des materiellen Guts eingesetzt, deren Kosten im Einzelfall relativ niedrig sind.

Freie Software und geistiges Eigentum

(78) An vielen Stellen wird heute also die Legitimität zunehmend in Frage gestellt - kein Wunder, daß die entsprechenden Machtgruppen um so aggressiver auf einer Einhaltung des geistigen Eigentums bestehen. Gab schon bei Einführung des Patentregimes im 19. Jahrhundert heftige Diskussionen um diese Frage, so ist in der Tat heute immer weniger klar, inwieweit geistiges Eigentum einen positiven Beitrag zur Entfaltung der Menschheit leistet. Die heute durch technische Begrenzungen immer weniger begründete Verknappung dient allerdings der Sicherung der Profite einiger weniger.

(78.1) Re: Freie Software und geistiges Eigentum, 26.07.2002, 13:10, Stefan Meretz: s/Legitimität zunehmend/Legitimität geistigen Eigentums zunehmend/

(79) Bei genauerem Hinsehen stellt sich auch das oft vorgebrachte Anreizargument als Scheinargument heraus: Wirklich innovative geistige Leistungen werden in aller Regel aus ganz anderen Motiven heraus vollbracht, als der Aussicht auf eine Vermarktung der in Warenform gegossenen Ergebnisse. Es gibt sogar Hinweise darauf, daß entfremdete Anreizsysteme wie Geld Motivation und damit kreative Leistung tendenziell gefährden (s. z.B. http://www.gnu.org/philosophy/motivation.html).

(79.1) 26.07.2002, 13:14, Stefan Meretz: s/Es gibt sogar Hinweise darauf/Untersuchungen zeigen/

(80) Mit der Freien Software ist seit knapp zwanzig Jahren nun ein Phänomen in der Entstehung begriffen, daß all diese Linien aufgreift und zu einer erfolgreichen Synthese vereinigt. Das staatliche Copyright-Regime wird bei Freier Software nur noch dazu benutzt, um es in sein Gegenteil zu verkehren: Copyleft. Das Konzept geistigen Eigentums ist für Freie Software insofern nicht mehr relevant, wie es zur Durchsetzung von Knappheit dient. Freie Software kann und soll vielmehr frei und ohne Behinderung fließen können. Dies umfaßt sowohl die direkt benutzbaren Programme als auch deren menschenlesbaren Quellen.

(81) Neben der Verfügbarkeit für potentielle NutzerInnen ist mit diesem Vorgehen auch ein maximaler Nutzen für die ProduzentInnen gewährleistet. Diese können auf freiwilliger Grundlage miteinander kooperieren und durch Code-Inspektion voneinander lernen, ohne daß sie durch eine künstliche Verknappung behindert würden. Sie tragen so gemeinsam zu einem ständig größer werdenden Pool Freier Informationsgüter bei, dessen gemeinsamer Nutzen ständig steigt.

(82) Dadurch, daß künstliche Verknappung ausgeschaltet ist, gibt es auch keinen entfremdeten Nutzen mehr, der aus Freier Software gezogen werden könnte. Dies schlägt sich unmittelbar in der Produktqualität nieder, die gerade im Vergleich mit als Ware produzierter proprietärer Software oft in vielfältiger Weise höher ist. Augenfällig wird demonstriert, daß wenn entfremdete Gründe für eine Produktion nicht mehr existieren, der unmittelbare Nutzen eines Produkts der wichtigste Grund für seine Produktion wird.

(83) Auf dem erreichten Stand der Produktivkraftentwicklung sind also sowohl die Handlungsmöglichkeiten von Individuen als auch eine überindividuelle Entfaltung maximal gewährleistet, wenn Informationsgüter allen Frei zur Verfügung stehen. Freie Software zeigt also keimförmig, wie im Bereich der Informationsgüter das Eigentum einer emanzipatorischen Vision aussehen muß: Es darf nicht existieren. Das Eigentumsregime in einer emanzipatorischen Vision hat im Bereich der Informationsgüter lediglich die künstliche Verknappung zu verhindern.

Eigentum an materiellen Gütern

(84) Nun steht der Replikator, der beliebige materielle Güter auf Wunsch reproduzieren kann, im Gegensatz zur digitalen Kopie noch nicht zur Verfügung. Die technische Entwicklung auch auf diesem Sektor ist zwar teilweise nur noch schwer von Science Fiction zu unterscheiden - Maschinen, die Materie auf Atomebene gezielt manipulieren, gibt es immerhin schon -, bis zum universellen Materiekopierer ist aber noch ein weiter Weg.

(85) Bis dahin unterliegen materielle Güter also anderen Gesetzen als Informationsgüter, da sie nicht mit wenig Aufwand aufgrund einer Vorlage reproduziert werden können. Könnten sie es, so wäre die Frage nach dem Eigentum an materiellen Gütern nicht mehr davon abhängig, wieviele Güter konkret zur Verfügung stehen. Vielmehr würden dann andere Faktoren wie Umweltverbrauch und ggf. Ressourceneinsatz entscheidende Faktoren werden.

Vorkommen, Begrenztheit, Knappheit

(86) ToDo: Überarbeiten

(87) Sprechen wir über Eigentum an irgendwelchen Gütern, so müssen wir immer auch über die Begriffe Vorkommen, Begrenztheit und Knappheit sprechen. Das Konzept des Eigentums macht wenig Sinn für Güter, die sowieso unbegrenzt zur Verfügung stehen: Das allgemeine Eigentum an Luft macht - bislang - noch keinen Sinn. Das Eigentum an Luft macht aber schon eher Sinn, wenn es sich um begrenzt vorhandene, spezielle Luft handelt - sei es Preßluft oder die gute Luft in einem Kurort. Aber wie sind die Verhältnisse genau?

(87.1) 26.07.2002, 13:15, Stefan Meretz: s/irgendwelchen/beliebigen/

(88) Zunächst können wir das Vorkommen eines Guts betrachten. Hier ist das absolute Vorkommen gemeint, das jenseits menschlicher Existenz auf der Erde existiert. Die genaue Größe des Vorkommens eines Guts - insbesondere von Naturstoffen - kann dabei in den seltensten Fällen exakt bestimmt werden.

(89) Tritt der Mensch hinzu, so ist ein Vorkommen begrenzt durch technische, soziale und andere Faktoren. Diese Begrenzungen, sind dabei nicht überhistorisch, sondern durch historische und gesellschaftliche Entwicklungen bestimmt. So ist z.B. Erdöl die meiste Zeit in der Geschichte des Menschen lediglich als Unrat betrachtet worden, während heute die begrenzte Menge an Erdöl zur Überlebensfrage eines bestimmten Zivilisationstyps wird. Das Verhältnis von Begrenztheiten zum absoluten Vorkommen ist einerseits durch die technischen Mittel bestimmt, die das Vorkommen real nutzbar machen (z.B. bestimmte Abbauverfahren bei Naturstoffen), andererseits kann es politische Entscheidungen geben, die die Nutzung erkannter Vorkommen verhindern (z.B. Schutz von Naturschutzgebieten).

(90) Die Begrenztheit von materiellen Produkten ist wesentlich dadurch bestimmt, wieviele Produkte hergestellt werden können. In einer konkreten Situation spielt es weiterhin eine Rolle, ob die benötigten Produkte auch am gewünschten Ort zur Verfügung stehen. Da die Verfügungsmöglichkeit über Güter - der Besitz - für die Selbstentfaltung von erheblicher Bedeutung ist, ist die Begrenztheit von Produkten ein wichtiges Problem. Eine auf Selbstentfaltung ausgerichtete emanzipatorische Vision hat also das Problem zu lösen, wie Produkte in ausreichender Menge zu den Menschen kommen, die sie für ihre Selbstentfaltung benötigen. Die schiere Existenzsicherung muß hierbei als Teil von Selbstentfaltung gesehen werden.

(90.1) 26.07.2002, 13:18, Stefan Meretz: Eine "schiere Existenzsicherung" gibt es nicht, sondern immer nur ein jeweiliges gesellschaftliches Niveau der Existenzsicherung. Wenn du den Leuten den Fernseher wegnehmen würdest, bräche der D-Laden zusammen. Das hat ausserdem so ein Touch in Richtung "echte/falsche Bedürfnisse". - Auch hier wäre wie vorne mehr Butter nötig;-)

(91) Wie oben schon angedeutet ist Knappheit dagegen ein Begriff, der - zumindest in diesem Text - ein Entfremdungsverhältnis zum Nutzen des verknappten Guts beschreibt. Knappheit ist im Gegensatz zu Begrenztheit also ein Konzept, das in einer emanzipatorischen Vision keinen Platz hat. Als Quintessenz muß ein emanzipatorisches Projekt also die Knappheit beseitigen und Formen finden, wie mit weiter bestehenden Begrenztheiten umgegangen wird.

(91.1) 26.07.2002, 13:20, Stefan Meretz: Ausführlicher, da sich hier ein Kern-Missverständnis dran aufhängt (nämlich der "natürlichen Knappheit"). Knappheit ist auch nicht nur ein "Konzept", es ist Resultat der warenproduzierenden Gesellschaft. Das ganze normative "müssen" für die eV kann dann entfallen.

Eigentum und Automatisierung

(92) Eine in der industriellen Phase sehr wichtige Größe für die Produktion war die Verfügbarkeit menschlicher Arbeitskraft. Daß diese Größe täglich unwichtiger wird, zeigen uns die epochalen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, bei dem menschliche Arbeitskraft auf historisch so hoher Stufenleiter durch Maschinen ersetzt wird, daß das gesamte, auf der Verwertung von Arbeitskraft gegründete System ins Wanken gerät.

(93) Die Automatisierung von Produktion hebt also eine wesentliche Begrenztheit auf. Eine emanzipatorische Vision wird sie daher als Aspekt mit zentraler Bedeutung enthalten müssen. Spielt die Begrenztheit von Produkten eine immer kleinere Rolle, so spielt das Eigentum an ihnen ebenfalls eine immer kleinere Rolle. Dadurch wird ein Konfliktpotential entschärft, daß die bürgerliche Gesellschaft bis in ihre Wurzeln geprägt hat.

(94) Tatsächlich stehen schon heute im Bereich des Rapid Prototyping zunehmend Maschinen (Fabber) zur Verfügung, die eine Automatisierung materieller Produktion auf einem ganz neuen Niveau ermöglichen. Diese Maschinen materialisieren mit verschiedenen Verfahren direkt aus digitalen Daten materielle Werkstücke. In ihrer Unmittelbarkeit und Universalität übertreffen sie dabei CNC-Maschinen und Industrieroboter, die ja ebenfalls aufgrund digitaler Daten materielle Werkstücke fertigen, um einiges. Die Losgröße Eins ist hier das Prinzip.

(94.1) 26.07.2002, 13:22, Stefan Meretz: s/, um einiges//

(95) Schon heute gibt es zahlreiche Firmen, die auf der Grundlage solcher Maschinen Lohnproduktion betreiben (siehe z.B. http://www.rpd-news.de/). Es wäre denkbar, daß solche Maschinen zukünftig so einfach bedienbar werden, daß der Betrieb solcher Maschinen auch für Privatpersonen oder Gruppen von Privatpersonen attraktiv wird. Damit würden sie dezentral über die Möglichkeit verfügen, Produkte herzustellen, die exakt auf ihren Zweck zugeschnitten sind.

(96) ToDo: Verhältnis zur Spezialisierung / Zentralisierung / Arbeitsteilung?

(97) Bei diesem Typ der Produktion verschiebt sich der Schwerpunkt endgültig auf den Sektor der Information. Die Produktionsmaschinen sind lediglich noch ausführendes Organ der sie steuernden Computer und ihre Bedeutung ist gegenüber der komplexen Maschinerie der industriellen Ära wesentlich reduziert.

(98) Damit verschiebt sich aber der Schwerpunkt auch der materiellen Produktion auf die Produktion von Informationsgütern, deren spezielle Eigenschaften wir oben untersucht haben. Konkret wäre im obigen Szenario vorstellbar, daß die BesitzerInnen der Fabber sich Freie Baupläne für ein gewünschtes Produkt über das Internet besorgen, ggf. mit Hilfe der heimischen Freien Simulations-Software eine individuelle Konfiguration vornehmen, und die Produktion dann veranlassen.

(99) Der verbreitete Besitz solcher Produktionsmittel wäre also in einer emanzipatorischen Vision ein wichtiges Ziel.

Vergesellschaftete Produktion

(100) Wie bereits festgestellt ist eine vergesellschaftete Produktion auch in einer emanzipatorischen Vision von großer Bedeutung, da nur sie in der Lage ist, die Güter zu erzeugen, die auf dem erreichten Stand der Produktivkraftentwicklung möglich und wünschenswert geworden sind.

(100.1) Re: Vergesellschaftete Produktion, 06.07.2002, 18:33, Benni Bärmann: Die Formulierung klingt so, als ob es auch eine nicht-vergesellschaftete Produktion geben könnte, das kann aber aufgrund der gesellschaftlichen Natur des Menschen nicht sein. Was Du wahrscheinlich meinst, ist eine Produktion in großer Arbeitsteilung.

(100.2) Re: Vergesellschaftete Produktion, 06.07.2002, 20:59, Benni Bärmann: Außerdem habe ich jetzt - nachdem ich die RLS-Ausschreibung gelesen habe - das Gefühl, dass Du und die RLS etwas anderes unter diesem Begriff verstehen. Bei der RLS ist damit - zumindestens in historischer Perspektive - die Vergesellschaftung der Produktionsmittel gemeint, wärend Du eigentlich eher von gesellschaftlicher Produktion sprichst. Es kann schon Sinn machen diese andere Sichtweise einzunehmen, nur sollte man das dann schon behandeln. Von den Preisen der RLS ist ja bekannt, dass man sie am ehesten gewinnt, wenn man auf inspirierende Weise das Thema verfehlt ;-)

(100.3) Re: Vergesellschaftete Produktion, 26.07.2002, 14:28, Stefan Meretz: Hier pendelst du wieder zurück zur Bedeutung deiner Definition. Also: Das muss konsequent nach einer Richtung geändert werden.

(101) Das Beispiel der Freien Software zeigt in großartiger Weise, wie eine gesellschaftliche Produktion jenseits staatlicher oder geldförmiger Eingriffe nicht nur funktionieren kann, sondern auch bemerkenswert erfolgreich ist.

Ausführung der Produktion

(102) Freie Software wird von sehr vielen Leuten produziert, die irgendwo auf diesem Planeten sitzen und typischerweise einen Zugang zum Internet haben. Es handelt sich dabei durchaus nicht nur um ProgrammiererInnen, sondern eine Vielzahl von Fähigkeiten ist hier gefragt (z.B. für Dokumentation incl. Übersetzung, Gestaltung von Web-Sites oder Design).

(103) Da diese ProduzentInnen in aller Regel nicht bezahlt werden, kommen als Motivation für ihre ja durchaus auch anstrengende Tätigkeit nur verschiedene Sorten von Selbstentfaltung in Frage. Die Freude daran, ein gutes Produkt zu schaffen, dürfte dabei eine der wichtigsten sein.

(103.1) 06.07.2002, 18:35, Benni Bärmann: Wie wir ja erst kürzlich auf der Liste diskutiert haben, gibt es eine Vielfalt von Anreizen zwischen Bezahlung und Selbstentfaltung. Die Reduzierung auf nur zwei Alternativen, wie Du sie hier schilderst, greift also zu kurz.

(104) Deutlich ist hier zu sehen, wie bei einer veränderten Grundlage von Produktion sich die Ziele von Produktion verschieben. Während bei marktorientierter, mithin also entfremdeter Produktion lediglich die Verkaufbarkeit zählt, ist bei Freier Produktion wie z.B. Freier Software das unter emanzipatorischen Gesichtspunkten zu fordernde Ziel einer maximalen Produktqualität direktes Ziel der Produktion. Dies muß nicht verordnet werden, sondern stellt sich offensichtlich ein, wenn enthusiastische Menschen (Hacker), die Freie-Software-EntwicklerInnen oft sind, genügend Spielraum haben.

(105) Allen ProduzentInnen Freier Software ist gemeinsam, daß sie Art und Umfang ihrer Tätigkeit frei bestimmen. Niemand sagt ihnen, wann oder wo sie sich beteiligen sollen oder können. Da hier weder direkte noch strukturelle (z.B. geldförmige) Zwänge vorliegen, führt das natürlich auch dazu, daß wünschenswerte Entwicklungen nicht oder nicht wunschgemäß stattfinden. Allerdings kann aufgrund der offenen Stuktur der Projekte, vor allem aber aufgrund der vorliegenden Quellen jedeR dazu beitragen, daß ihre Wünsche erfüllt werden. Dazu kann jedeR entweder selbst tätig werden, oder notfalls auch strukturelle Zwangsmittel wie Geld einsetzen, um von anderen das Gewünschte zu bekommen.

(105.1) 06.07.2002, 18:36, Benni Bärmann: " Allen ... ist gemeinsam ... frei bestimmen." ist offensichtlich falsch.

(105.2) 26.07.2002, 14:30, Stefan Meretz: Den letzten Satz verstehe ich nicht, weder inhaltlich, noch warum du hier von strukturellen Zwangsmittel schreibst.

(106) Anhand des Beispiels Freier Software kann geschlossen werden, daß eine emanzipatorische Vision die Ausführung von Produktion also denen überlassen sollte, die diese ohnehin übernehmen wollen. Aufgrund der individuellen Unterschiedlichkeit der Menschen und damit auch der individuell unterschiedlichen Arten ihrer Selbstentfaltung, sollten erhebliche Teile von bedürfnisbefriedigender Produktion auf diese Weise abzuwickeln sein. Die restlichen Anteile an Produktion, für die sich nicht automatische Menschen finden, die sie übernehmen wollen, die aber für die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse notwendig ist, müssen möglichst beseitigt werden. Hierzu bietet es sich einerseits an, nach alternativen Wegen der Bedürfnisbefriedigung zu suchen, andererseits sollte die offensichtlich unangenehme Produktion so weit wie möglich automatisiert werden. Insbesondere letzteres ist wiederum eine Aufgabe mit erheblichem Selbstentfaltungspotential.

(106.1) 06.07.2002, 18:39, Benni Bärmann: "Anhand des Beispiels ... kann geschlossen werden." Das funktioniert so nicht. Aus einem Beispiel kann man garnichts positiv schliessen. Ok, das ist vielleicht etwas zu streng logisch gedacht, aber ich denke das sollte man auf jeden Fall anders formulieren.

(106.2) 26.07.2002, 14:33, Stefan Meretz: Erster Satz "in einer emanzipatorischen Vision" vermutlich. Aber Benni hat Recht: Aus einem Beispiel kann gar nix geschlossen werden (zu jedem Beispiel gib es ein Gegenbeispiel).

(106.3) 26.07.2002, 14:35, Stefan Meretz: s/automatische Menschen/automatisch Menschen/ - hihi;-) Der Begriff "automatsch" passt hier aber sowieso nicht so toll, vielleicht besser "selbstständig"?

(107) ToDo: Bedürfnis vs. gesellschaftliche bestimmte Art der Befriedigung?

(107.1) 26.07.2002, 14:36, Stefan Meretz: Das ist ein wichtiges Thema, was die "Natur des Menschen" und alle Ontologisierungen, die da dranhängen, berührt.

(108) ToDo: Verbessern

Organisation der Produktion

Entscheidung über die Produktion

(110) * Bedürfnisbefriedigung als Richtschnur

(111) Eine emanzipatorische Vision hat von den bestehenden Bedürfnissen auszugehen, denn eine Vision, die den Menschen ihre Bedürfnisstruktur vorschreibt, kann nicht emanzipatorisch sein. Dies ist kein Widerspruch dazu, daß Bedürfnisse zueinander in Konflikt geraten können. Solche Konflikte sind in emanzipatorischer Weise zu regeln.

(111.1) 26.07.2002, 14:40, Stefan Meretz: Das ist alles normativ und zudem ein Widerspruch in sich: Per eV vorzuschreiben, den Menschen ihre Bedürfnisstruktur nicht vorzuschreiben. Auch eine noch so "positive" Vorschrift ist eine Vorschrift. Eine "Vision" muss aber vorschriftslos und antinormativ sein, sondern kannst du es knicken.

(112) * Materieller Ressourcenverbrauch

(113) * Frage der politischen Steuerung

Offen

(114) Konsens?

Universelle Entwicklung der Individuen

(115) Individuelle Selbstentfaltung als Voraussetzung der kollektiven Selbstentfaltung und umgekehrt

(116) Automatisierung und Selbstentfaltungspotential ("Kreativitätsmaschinen")

Universelle Entwicklung der Gesellschaft

(117) * Staat?

(118) * Offene Strukturen als Garant für Partizipation

(119) - Das MaintainerInnen-Prinzip

Was tun?

(120) * Eigentum an Informationsgütern abschaffen!

(120.1) Re: Was tun?, 06.07.2002, 21:01, Benni Bärmann: (Über-)Leben unabhängig von Arbeit gewärleisten


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