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Ohne Herrschaft ginge vieles nicht – und das wäre gut so!

Maintainer: Jörg Bergstedt, Version 2, 09.09.2002
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

Vorweg

(1) Dieser Text ist geschrieben als Kapitel 2 des neuen Buches „Nachhaltig, modern, staatstreu?“, einer kritischen Auseinandersetzung mit den politischen Ideologien und Vorschlägen politischer Gruppen – von der Stärkung des Nationalstaates über Schutzgebiete bis zur Tobin Tax. Er kann und soll aber auch weiterentwickelt werden als Beitrag zum neuen Projekt „Freie Menschen in Freien Vereinbarungen“ (Gegenbilder II, siehe auch www.opentheory.org/buchprojekt), das auf der 2. Oekonux-Konferenz am 1.-3. November startet.

(1.1) Re: Vorweg, Kommentar zur alten Version:, 09.09.2002, 22:26, Jörg Bergstedt: Re: Vorweg, 11.08.2002, 13:33, Stefan Merten: Mich stört der zuweilen militaristische Sprachgebrauch ("angreifen"). Ein Text, der Gewalt tendenziell abschaffen will, sollte m.E. selbst damit beginnen.

Ohne Herrschaft ginge vieles nicht – und das wäre gut so!

1. Vorweg: Worum geht es?

(3) Eine Gesellschaft „Freier Menschen in Freien Vereinbarungen“ ist eine Utopie, deren genaue Form nicht abgeschätzt werden kann. Zu groß ist der Unterschied zu den herrschaftsförmigen Gesellschaften der Gegenwart und Vergangenheit - und damit zu schwierig die Vorhersagbarkeit des individuellen und sozialen Verhaltens von Menschen ohne Zwangsverhältnisse. Anzunehmen ist, ist nach einem Prozeß des Abbau bekannter Herrschaftsverhältnisse noch weitere zum Vorschein kommen – die Emanzipation, d.h. die Loslösung und Überwindung von Zwängen, von Herrschaft und Beherrschung aller Art, wird ein langer, wahrscheinlich immerwährender Prozeß. Der Entwurf einer einheitlichen Utopie als zukünftiger Gesellschaftsform im herrschaftsförmigen Hier und Jetzt würde eine Vorgabe sein, die eher eine Beschränkung als einer Befreiung gleich käme. Daher sind Zukunftsentwürfe nur Möglichkeiten, jedoch ihre Beschreibung wichtig, da sie beschreiben – wenn auch aus der aktuellen Perspektive -, daß schon jetzt herrschaftsärmere Entwicklungen denkbar und erstrebenswert sind.

(4) Eine abschließende Diskussion über die Details, über Machbarkeit und notwendige Vereinbarungen in der Zukunft wird angesichts des durch Herrschaftsverhältnisse beschränkten Horizontes, der eigenen Zurichtung auf herrschaftsförmige Wahrnehmung von Menschen und Gesellschaft sowie der nicht vorhandenen Erfahrungen kaum zu führen sein. Viele Möglichkeiten werden aus der heutigen Sicht gar nicht vorstellbar sein, so daß eine Festlegung einer Selbstbeschränkung gleich käme. Zudem muß noch ein weiteres Hindernis in der Diskussion ausgeräumt werden. Eine Analyse von Herrschaft und der Entwurf von Ideen und Konzepten einer herrschaftsfreien Gesellschaft muß nicht zu einer perfekten Welt führen. Es reicht, gegenüber dem heutigen Zustand erstens eine spürbare Abnahme von gewaltförmigen Beziehungen zwischen Menschen zu erlangen und zweitens die Situation so zu gestalten, daß ein immerwährender Prozeß möglich ist. Das würde reichen, um die Entwürfe als erstrebenswert zu empfinden und dafür einzutreten.

(5) Die Fragestellung nach einer herrschaftsfreien Gesellschaft ist also nicht die nach dessen exakter Form: Wie sieht eine utopische Gesellschaft aus? Sondern der nach den Verhältnissen: Was fördert heute und in herrschaftsförmigen Gesellschaften die Konkurrenz und untergräbt Kooperation? Oder umgekehrt für die gewollte Utopie: Welche Rahmenbedingungen fördern kooperatives und behindern konkurrierendes Verhalten? Unter welchen Bedingungen gehen Menschen so mit sich und anderen um, daß sie ihre Potentiale entwickeln, das gleichberechtigte Miteinander bevorzugen und die eigene Selbstentfaltung so organisieren, daß sich die anderen Menschen auch selbst entfalten können?

(6) Bei der Beantwortung solcher Fragen kommen viele Menschen zu der Auffassung, daß nur eine starke Moral den Menschen bändigen kann. Der Egoismus des Menschen stehe der Neigung zur Kooperation gegenüber – als Gegenmittel werden der Staat als aufklärerisch-kontrollierender Überbau, eine Religion oder der Appell an die Selbstzügelung genannt. Doch hinter diesen Auffassungen verbergen sich zwei entscheidende Irrtümer:

(7) - Alle Versuche, statt dem vom Egoismus angetriebenen Menschen ein soziales und am Interesse anderer Wesen zu schaffen, sind Formen der Fremdbestimmung – selbst wenn appellativ an das Gute im Innern angeknüpft werden sollte. Denn schlechtes Gewissen ist Fremdbestimmung, es orientiert sich an Erwartungshaltungen anderer, an Angst und normativen Setzungen. Gesetze, Moral, Esoterik und Religion sind ohnehin Wertesysteme, die von außen kommen und den Menschen steuern.

(8) - Den Egoismus überwinden zu wollen, bedeutet den Verzicht auf den impulsivsten, energiegeladensten Antrieb des Menschen. Der Versuch wird meistens scheitern, weil der Egoismus zu stark ist. Wo er gebrochen wird, bleibt oft ein kraftloses, persönlichkeitsschwaches Wesen zurück.

(9) Tatsächlich wäre wichtig, genau das stark zu machen und kooperativ zu nutzen, was den Menschen im Kern antreibt: Sein Egoismus, der Wille nach einem besseren Leben, das Bedürfnis nach Sicherheit bzw. Geborgenheit, Lust und Befriedigung, Selbstentfaltung und Innovation – alles also Ziele, die vom Egoismus gespeist werden. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen so sein, daß diese Motivation die freie Kooperation fördert. Wenn es besser für ein gutes Leben usw., kooperativ zu handeln, dann wird das auch eher geschehen. Gesucht sind also Rahmenbedingungen, unter denen der Antrieb zu einem besseren Leben, der Egoismus der Menschen, weitestmöglich das kooperative Verhalten fördert und konkurrierende Beziehungen verdrängt.

(10) Mit dieser Sichtweise erledigt sich auch die Frage nach dem Menschenbild. Was ist der Mensch? Ist er gut oder schlecht, wenn er von Zwängen befreit ist? Mit der Idee der „Freien Menschen in Freien Vereinbarungen“ werden nicht die Menschen beschrieben, sondern die Rahmenbedingungen. Es geht um die Frage, welche Rahmenbedingungen maximal kooperatives Verhalten fördern und welche eher konkurrierendes, Dominanz ausübendes Verhalten hervorbringen. Für dieses Ziel ist unerheblich, wie der Mensch an sich ist. So oder so ist das Ziel, kooperatives gegenüber konkurrierendem Verhalten attraktiv zu machen. Das Ergebnis wird der Prozeß zu immer mehr kooperativ-gleichberechtigten Beziehungen zwischen Menschen und der Abbau von Konkurrenz und gewaltförmigen Verhältnissen sein - von welchem Menschenbild und welcher Anfangssituation auch immer ausgegangen wird. Die erhoffte Verbesserung, das mehr an Kooperation und das weniger an Konkurrenz ist die ausreichende Motivation zum Handeln.

2. Was fördert Konkurrenz? Was fördert Kooperation?

(11) Konkurrenz und Kooperation sind keine neuen Formen menschlichen Miteinanders. Sie finden im Hier und Jetzt bereits statt. Sichtbar ist auch heute bereits, was Konkurrenz fördert und was Kooperation fördert. Das kann erste Anhaltspunkt geben, welche Rahmenbedingungen eine herrschaftsfreie Gesellschaft fördern – und welche sie verhindern. Das gibt nicht nur Grundlagen für die utopischen Entwürfe, sondern auch Ansatzpunkte für Veränderungen im Alltag und in der politischen Praxis. Zudem bietet sie einen grundlegenden Maßstab zur Beurteilung politischer Forderungen und konkreter Projekte. Daher sollen im folgenden die bereits heute spürbaren Aspekte aufgezählt werden.

(11.1) Re: 2. Was fördert Konkurrenz? Was fördert Kooperation?, 21.10.2002, 15:55, Benni Bärmann: Kooperation ist nicht "gut" und Konkurrenz nicht "böse", sondern sie bedingen sich gegenseitig. Näheres dazu bei Interesse bei meinem Workshop auf der Oekonux-Konferenz: http://194.245.102.201/ox/ox_event.phtml?lg=de&eid=26

(12) - Jede Form institutioneller Herrschaft fördert Konkurrenz, weil in der Position des/r Herrschenden die Ausübung von Konkurrenz einfacher möglich ist. Zudem lassen sich die Folgen besser abschätzen. Wer also z.B. ein Interesse an einem Stück Land, einem Produkt, einem Rohstoff u.ä. hat, kann leichter konkurrierend agieren (statt sich mit anderen Menschen gleichberechtigt zu einigen), wenn eine durchsetzungsstarke Herrschaftsstruktur die Konkurrenz absichert. Entweder die Person oder Gruppe ist selbst in einer herrschenden Position oder kann per behördlichem Verfahren einen Rechtsanspruch absichern (Kauf, Genehmigung ...) und somit gegen KonkurrentInnen mit den Apparaten der Herrschaft drohen. In allen diesen Fällen ist konkurrierendes Verhalten einfach möglich, zudem können Folgen wie Proteste durch die Repressionsorgane der benutzten Herrschaftsstruktur zurückgewiesen oder per Einschüchterung vorab verhindert werden.

(12.1) 21.10.2002, 15:57, Benni Bärmann: Erzwungene Kooperation im Sinne der Theorie Freier Kooperation ist nicht das selbe wie Konkurrenz. Es handelt sich noch immer um Kooperation.

(13) - Marktförmige Herrschaftsverhältnisse wie materielle Abhängigkeiten fördern ebenfalls die Konkurrenz. Wer keine Chance hat, sich selbst außerhalb der herrschaftsförmigen Beziehung (z.B. zum Arbeitgeber, LandbesitzerIn u.ä.) zu organisieren, ist auf die Kooperation angewiesen – kann also nicht ohne erhebliche Gefahren aus ihr aussteigen. Das sichert wiederum die Person, die über den bevorzugten Zugang zu Ressourcen verfügt, ab. Sie kann sich meist beliebig konkurrierend verhalten, weil sie in der überlegenen Position ist.

(14) - Unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten fördern Konkurrenz. Wer über mehr Zeit, Wissen, Kraft, Geld, andere Ressourcen, Beziehungen usw. verfügt, kann im Kontakt mit anderen Menschen dieses unter Bedingungen stellen und somit oftmals die Regeln diktieren, unter denen dieses „Mehr“ zur Verfügung gestellt werden kann. Der „Tauschwert“ der Person und seines Besitzes sind größer.

(15) - Fremdbestimmte sowie nicht oder nur schwer trennbare Beziehungen zwischen Menschen brechen Selbstbestimmung und schaffen Zwang statt freier Kooperation, z.B. Kleinfamilien, Zwangsverwandtschaft, Ehe, aber auch ArbeitnehmerInnenschaft, Schulklassen usw.

(16) Kooperation hat überall dort eine Chance, wo solche oder vergleichbare Bedingungen fehlen. Kooperation und Konkurrenz bilden dabei eine Spanne – mit den beiden (utopischen) Polen der totalen Fremdbestimmung und der freien Gesellschaft. Je nach Bedingungen können sich individuelle und gesellschaftliche Verhältnisse dem einen oder anderen Pol annähern. Das Bild der Spanne zwischen Kooperation und Konkurrenz ist beliebig oft wiederholbar – in den Beziehungen des Alltag, in der materiellen Reproduktion (Arbeit, Haushalt, Konsum), in politischen oder anderen Gruppen, in Projekten oder im gesellschaftlichen Umfeld (informelle Kontakte, gesellschaftliche Arbeitsteilung, Verwaltungen, Staat). Jegliches Herrschaftsverhältnis stärkt Konkurrenz. Verschärfung von Herrschaftsverhältnissen, Ausbau von Herrschaftsstrukturen, neue Erwartungshaltungen usw. verändert die Situation immer stärker zum konkurrierenden Pol, während der Abbau von all diesem die Kooperation stärkt. Wo Herrschaft in all seinen Facetten fehlt, existiert nur noch die Gesellschaft der „Freien Menschen in Freien Vereinbarungen“.

(17) Antrieb dafür ist der Egoismus als Drang zum besseren Leben. Innerhalb von Herrschaft ist ein besseres Leben meist über Konkurrenz organisierbar. Was ist habe, hat jemand anders nicht – egal ob das Eis, der Arbeitsplatz, die/der PartnerIn oder ein Buch. Die Verrechtlichung mit den dahinterstehenden Herrschaftsstrukturen schafft diese Situation. In einer herrschafts- und (damit einhergehend) verwertungsfreien Gesellschaft sieht das anders aus. Weiterhin bleibt der Egoismus, der Wille zum besseren Leben der Hauptantrieb des Menschen. Nun ist aber alles, weil ein Mensch für sich verbessert, auch eine Chance für alle anderen. Sie können das Neugeschaffene auch nutzen oder zumindest reproduzieren. Was die/der Einzelne schafft, ist selbst dann ein Vorteil für alle, wenn er/sie es zunächst nur für sich gemacht hat. Und weil das so ist, ist auch die Chance am größten, die freie Entfaltung aller anderen zu wollen – denn deren Ideen und Produktivität, deren Musik, Kunst oder was auch immer kann mir ebenfalls zum besseren Leben dienen, denn es ist nicht mehr exclusiv.

Beispiele:

(18) - Wenn alles Wissen frei wäre von Eigentumsrecht in Form von Patenten, Lizenzen, Copyright usw., würde alles, was einmal erfunden oder erdacht ist, sofort allen helfen. Neue Techniken wären theoretisch überall nachbaubar und sogar weiterentwickelbar – so profitiert auch die Person oder Gruppe, die den ersten Schritt gemacht hat, von der Kooperation, weil andere dann ihr Werk verbessern. Und da Technik dem besseren Leben und nicht mehr dem Profit dienen, ist die Chance am größten, daß sich alle freuen, wenn andere die eigene Idee übernehmen und weiterentwickeln. Auf der Spanne von Konkurrenz und Kooperation ist das komplett freie Wissen ein starker Antrieb Richtung Kooperation.

(19) - Wenn Land und Boden nicht mehr Einzelnen gehören würde, sondern die jeweils in einer Gegend Wohnenden gleichberechtigt darüber entscheiden, würden die Bedürfnisse und Träume der Menschen in den Vordergrund treten. Profitinteressen wären nicht mehr durchsetzungsfähig.

(19.1) 04.12.2002, 21:55, Ano Nym: Profitdenken wäre dann auch nicht mehr gefragt...

(20) - Wenn Produkte frei wären, müßte nicht mehr jede Person Waren oder Geld (als Gegenwert von Ware) horten, sondern das eigene Leben wäre am besten und auch am sichersten, wenn es einen gemeinsamen Reichtum gäbe, auf den jedeR Einzelne zurückgreifen könnte. Wenn mehr als genug zu essen da ist, ist auch für jeden Menschen genug da, da es keine erzwungene Aufteilung gäbe. Wo dagegen Eigentumsrechte mit Herrschaftsausübung zwischen den Menschen stehen, müßten alle für sich horten und für sich Sicherheit schaffen. Das würde Konkurrenz bedeuten und die Wahrscheinlichkeit steigern, daß tatsächlich einige zu wenig haben würden.

(21) - Offensichtlich ist, daß gesellschaftlicher Reichtum schneller zu erreichen und größer ist als individueller Besitz. Wenn alles allen gehört, haben auch alle alles. Unter den Verhältnissen von Privatbesitz muß jede Person selbst alles beschaffen – Essen, Bohrmaschinen (auch wenn nur einmal im Jahr benutzt), Zweitwagen, Abflußreinigungsdraht, Laptop, Eismaschine, Entsafter, Deutsch-Spanisch-Lexikon usw. Sofort könnte schon heute überall ein deutlich größerer Reichtum entstehen, wenn nur wenige Menschen jeweils als soziale Basisgruppe ihren materiellen Besitz teilen – umfassend ausgestattete Computer- und Werkräume, Küchen und Bibliotheken wären die sofortige Folge.

(22) - Die Effizienz der eigenen Tätigkeit würde steigen, weil Kontroll- und Überwachungstätigkeiten wegfallen würden.

(22.1) Kommentar zur vorherigen Textfassung, 09.09.2002, 22:31, Jörg Bergstedt: (6.1) Re: Beispiele:, 05.08.2002, 09:15, Roland Mainka: Damit würde aber auch die Massenproduktion von Gütern wegfallen - mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen. So würden dann vielleicht noch 1/4 der Arbeitsfähigen regelmäßig arbeiten, alle anderen lägen auf der faulen Haut. Und welche Motivation hätten die Arbeitenden überhaupt. Denn Arbeiten brächte ja keinerlei Vorteile mehr.#Das hatten wir übrigens schonmal in Ansätzen in der ehem. DDR. Und man sieht ja was daraus geworden ist. (6.1.1) Re: Beispiele:, 25.08.2002, 17:47, Brigitta Fischer: Es muss nicht sein [ und darf auch nicht ], das jemand auf der faulen Haut liegt.Es kommt auf jeden Fall dazu, das wir von der ErwerbsFähigkeit [ 40 Jahre ] ca 10 Jahre "planwirtschaftlich" einen im Konsens aufgestellten Standart erwirtschaften [ die Obergrenze des Standarts wir automatisch festgeschrieben von den Rohstoffen ] Dieser Standart ist ausgerichtet auf die gesamte LebensZeit. Wer dann noch von den verbleibenden 30 Jahren ErwerbsFähigkeit sich weiter abschindern will - kann dies tun : In einer marktwirtschaftlich orientierten Ebene. Die DDR als Beispiel anzuführen ist nicht der Beweis für die Qualität und unabdingbare Not-Wendig-keit durch den Sozialismus. DDR oder UDSSR Politik mit Sozialismus oder Kommunismus gleichzusetzen ist etwa wie den Kapitalismus als WohltätigkeitsOrganisation zu vergleichen. gruß aus der Lausitz

(23) Diese Vorschläge können schon heute verwirklicht werden. Projekte und Forderungen dieser Art wären erste Schritte zu einer herrschaftsfreien Utopie. Diese würde dann die Chancen der Freien Kooperation noch weit deutlicher ausbauen – und damit die Tendenz des Verhaltens von Menschen auf dem Strang von Konkurrenz bis zu Kooperation sehr stark zu letzterer verschieben.

3. Was ist Herrschaft?

(24) Herrschaft zu beschreiben, ist nicht einfach. Sie ist ein Verhältnis zwischen Menschen, das durch unterschiedliche Möglichkeiten des Handelns gekennzeichnet ist, die gegeneinander gerichtet werden können. Herrschaft umfaßt dabei Mittel der direkten Beherrschung (Gewalt, Entzug der Lebensmöglichkeiten, Freiheitsentzug), der Beeinflussung (gerichtete Kommunikation über Bildung, Medien, Öffentlichkeitsarbeit usw.), institutionalisierte, d.h. dauerhaft, einseitig nicht oder nur schwer abhebbar unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten (Reichtum, Zugang zu Wissen und Ressourcen, körperliche Leistungsfähigkeit usw.) und selbstbestimmung brechenden Rollenzuweisungen (direkte Anweisung, gesellschaftliche Kategorien und erziehende Zurichtung auf Rollen in Gesellschaft, Arbeitswelt, Familie usw. – oft an Geschlecht, Herkunft, Alter oder Ausbildung orientiert). Auch die Möglichkeit zur Androhung solcher Mittel oder Fremdbestimmung ist bereits ein Herrschaftsverhältnis. Solche gewaltförmigen oder –bedrohten Beziehungen können zwischen Menschen oder Institutionen und Menschen bestehen und gegeneinander gerichtet werden.

(25) Es gibt verschiedene Definitionen (siehe im Anhang), die versuchen, das komplexe Phänomen Herrschaft zu fassen. Dabei teilen sie die Herrschaft nach ihren Wirkungsprinzipien, nach Herrschenden oder Beherrschten ein. All diese Einteilungen dienen allein dem Versuch, Herrschaft faß- und begreifbar zu machen. In der Realität ist die Unterscheidung in verschiedene Herrschaftslogiken nicht vollständig möglich. Herrschaft wirkt komplex, die verschiedenen Wirkungsformen überlagern und verstärken sich ständig. Es gibt weder eine einfache Einzelform von Herrschaftsausübung noch eine einfache Strategie gegen eine solche, separierbare Herrschaftsform. Auch die im Folgenden entworfene Beschreibung von Herrschaft dient vor allem der besseren Klärung, sie ist nicht tatsächlich so teilbar.

(25.1) Kommentar zur vorherigen Textversion, 09.09.2002, 22:32, Jörg Bergstedt: (8.1) Re: 3. Was ist Herrschaft?, 11.08.2002, 13:37, Stefan Merten: Leider wird genau die Frage "Was ist Herrschaft?" nicht beantwortet. Unter dieser mangelnden Begriffsbildung leidet der ganze Text nachhaltig. In fast allen Fällen ist mit Herrschaft Zwang / Domination gemeint. Wenn das der Begriff sein soll - was ich für einen sehr verkürzten Begriff von Herrschaft halte - dann sollte das auch so da stehen. Es sollte von Zwang / Macht (d.h. die Fähigkeit, Zwang auszuüben) / Manipulation (d.h. unterschwelliger Zwang) die Rede sein anstatt von Herrschaft.

(25.1.1) Re: Kommentar zur vorherigen Textversion, 21.10.2002, 16:00, Benni Bärmann: "Domination" ist nix anderes als das aus dem lateinischen "dominus = Herr" abgeleitete Fremdwort für "Herrschaft, Beherrschung" und bedeutet nicht "Zwang".

a. Institutionelle Herrschaft (direkte Formen von Oben und Unten)

(26) Die bekannteste Form der Herrschaft ist die der direkten Beherrschung. Gewaltanwendung ist die auffälligste von ihnen. Herrschaft per direkter Gewaltanwendung zielt auf momentane oder absolute Unterwerfung der Person(en), gegen die Gewalt angewendet wird. Beispiele sind Kinder, die von ihren Eltern geschlagen werden, jede andere Form der körperlichen Gewalt zum Zweck der Beherrschung in menschlichen Beziehungen, die zwangsweise Verhaftung durch Polizei oder der erzwungene Aufenthalt in Gefängnis, Psychiatrie u.ä. über Gewalt gegen Menschen bestimmter Hautfarbe, Geschlechter oder sozialem Status bis hin zum Krieg.

(27) Die Androhung der Anwendung von Gewalt wirkt ähnlich der tatsächlichen Anwendung, sie kann daher gleichgesetzt werden. Das gilt auch für das als Drohung wirkende Potential der Gewaltanwendung, selbst wenn keine Drohung ausgesprochen wird.

(28) Die unterschiedlichen Möglichkeiten direkter Gewaltanwendung schaffen schon dann eine Dominanz, wenn eine Anwendung von Gewalt im Bereich des Möglichen und Vorstellbaren liegt. Diese Form ist zwischen Menschen verschiedenen Geschlechts, Nationalität, Alters, Bildungsgrades usw. sowie zwischen Institutionen und von ihnen abhängigen Menschen häufiger als die tatsächliche Anwendung oder Androhung von Gewalt. Sie ist in der Regel nicht nötig, ein Herrschaftsverhältnis entsteht dennoch. Geschieht sie gelegentlich doch, erhöht sie zugleich auch die Glaubwürdigkeit der latenten Drohung.

(29) Zur direkten Herrschaft gehört neben der Androhung von Gewalt in Beziehungen zwischen Personen oder Personengruppen auch die Herrschaft der Institutionen, also der Polizei, Justiz, der Ämter (Ausländeramt, Finanzamt, Baubehörde usw.), Schulen und Hochschulen, des Militärs (zur Zeit noch vor allem gegenüber Menschen und Institutionen im Ausland) usw. Sie verfügen über das Recht, Denken und Handeln von Menschen zu beeinflussen und diese Beeinflussung auch mit der Androhung von Gewalt durchzusetzen.

(30) Diese Form direkter Gewaltanwendung bzw. ihrer Androhung ist zwar nach wie vor stark verbreitet, aber wird in modernen Herrschaftssysteme Stück für Stück durch die Mittel der manipulativen Beeinflussung sowie die Schaffung von Verhältnissen ersetzt, deren Zwang nicht auf direkter Gewalt besteht. Zumindest ist das das Ziel moderner Herrschaftssysteme, da direkte Gewaltanwendung die dahinterstehenden Herrschaftsformen offensichtlicher werden läßt als Formen der Verhaltenssteuerung ohne direkte Gewaltwendung. In den modernen „Demokratien“ dehnen sich daher die weniger offensichtlichen Herrschaftsformen immer mehr aus, die in den folgenden zwei Punkten beschrieben werden.

b. Marktförmige Zwänge (Kapitalverteilung und Abhängigkeit)

(31) Der Mensch braucht Reproduktion und er will Genuß – materielle wie immaterielle. Er kann diese autark (für sich), in kleinen autarken Gruppen oder selbstorganisiert-kooperativ erreichen (Subsistenz) oder über den Markt. Marktwirtschaft ist eine Verregelung der Befriedigung von Bedürfnissen. Sie schreibt die Formen vor, wie Mensch an Waren und Dienstleistungen kommt – und wie er an den Gegenwert kommt, um wiederum Waren und Dienstleistungen zu erhalten (Geld oder andere Tauschwerte). Dabei kann der Markt anonym sein, d.h. ProduzentInnen von Waren und KonsumentInnen kennen und begegnen sich nicht, oder direkt, z.B. beim direkten Tausch. In beiden Fällen ist aber das Prinzip von Wert, Wertung und Verwertung voll entwickelt. Es schafft die Zwänge.

(32) Der Markt selbst ist damit eine Herrschaftsform, ein Regelwerk. Dieses Regelwerk bestimmt Unterschiede zwischen den Menschen. Es gilt die totale Konkurrenz, d.h. im Markt ist es immer so, daß der Vorteil des einen der Nachteil des anderen (meist eines Dritten, nicht der direkt Handelnden) ist. Das ist oft sehr brutal, weil es Menschen in materielle Not und Abhängigkeit treibt. Die aktuelle Politik des Neoliberalismus hat zudem totalitären Charakter, weil es die Regeln des Marktes in jeder Region der Welt und auf jede Lebenssituation ausdehnen will.

(33) Die Verbindung mit den direkten Herrschaftsformen ist eng: Ohne direkte Herrschaftsformen gäbe es keinen Markt. Die Verwertung basiert auf Eigentumsrecht und den Zwang zur Verwertung im sogenannten „freien Markt“. Hinter diesem Zwang stehen direkte Herrschaftsverhältnisse. Daher gibt es Zweifel, ob die marktförmige Herrschaft, die Kapitalverhältnisse und der Verwertungszwang überhaupt als besondere Herrschaftslogik abgetrennt werden können. Dieser Zweifel ist berechtigt – kein Markt ohne Staat (oder eine ähnlich wirkende Herrschaftsform). Daher sind auch alle politischen Strategien, den Markt über eine Stärkung des Staates (Reregulierung, Steuern, Gesetze usw.) einzuschränken, schon vom Ansatz hier falsch.

(34) Dennoch scheint berechtigt, diese Herrschaftsform von der personalen zu unterscheiden. Sie funktionieren zwar auf der Basis und mit ständiger Androhung personaler Herrschaftsverhältnisse, wirken aber auch dort fort, wo diese nicht selbst sichtbar werden. Der Markt ist ein Regelwerk, daß aufgrund allgemeiner Akzeptanz sehr reibungslos funktioniert – trotz seiner offensichtlichen Brutalität für die VerliererInnen sowie den Zwang zur fremdbestimmten Ausbeutung von Denk- und Arbeitskraft fast aller Menschen. Die dauernde Zuschreibung von Werten für alle materiellen Dinge (Stoffe, Produkte, immer mehr auch des Menschen, seiner Organe, Arbeits- und Zeugungsfähigkeit, Gene usw.) und allen Wissens zum Zweck der Verwertung, also des Kaufs und Verkaufs, der Mehrwertabschöpfung, des Tauschs oder der Kapitalakkumulation kommt einer kontinuierlichen, sich selbst reproduzierenden Verwertungs“maschine“ gleich.

c. Diskursive Herrschaft (Kategorien, Erwartungen, Standards)

(35) Markt und institutionelle Herrschaft (vor allem der Staat und von ihm legitimierte Institutionen) sind direkt sicht- und spürbar. Doch Herrschaft ist komplexer. Durch gesellschaftliche Zurichtung (Erziehung, Erwartungshaltungen, Anschauung gesellschaftlicher Praxis als „Normalität“), Sprache, gerichtete Kommunikation und die Propagierung von Standards (technische Normen, „das machen alle so“ oder „so ist das nun mal“, Verhaltenskodex usw.) entstehen Fremdbestimmung und unterschiedliches Wertigkeitsempfinden zwischen Menschen. Alle werden in ihrem Leben für eine bestimmte soziale "Rolle" beeinflußt, d.h. "konstruiert" wurden. Frauen gegenüber Männern, Jugendliche gegenüber Erwachsenen, Menschen ohne Abschluß gegenüber solchen mit akademischem Grad, Arme gegenüber Reichen, ArbeitnehmerInnen gegenüber ArbeitgeberInnen oder Selbständigen, sog. Behinderte gegenüber "Gesunden", Nichtdeutsche gegenüber Deutschen (und jeweils umgekehr) - diese und viele Unterschiede bestehen auch dann, wenn Menschen frei aller sonstigen Herrschaftsverhältnisse wären.

(36) Das ist nicht Schuld der Menschen oder ihrer Zusammenschlüsse, aber nichtsdestotrotz der Fall. Es ist auch nicht einheitlich, denn die oben genannten Personenkreise sind keine einheitlichen Gruppen - aber in der Tendenz sind sie gesellschaftlich "konstruiert", d.h. ihnen wird über Jahre und Jahrzehnte eine gesellschaftliche Rolle, Erwartungshaltung und ein Selbstwertgefühl vermittelt. Innerhalb dessen leben sie "funktional" in den realen Gesellschaftsverhältnissen, d.h. sie empfinden ihre Position als richtig für sich selbst, nehmen sie deshalb nicht mehr als konstruiert wahr und wehren sich nicht gegen diese.

(37) Die Verbindung mit direkten und marktförmigen Herrschaftsformen: Diskurse sind beeinflußbar – über Bildung, Medien, Streuung gezielter Informationen sowie über Wissenschaft. Gerade letztere hat viel dazu beigetragen, biologistische Normen zu schaffen. Daß Frauen gefühlsbetonter sind, daß Schwarze sportlicher, aber weniger intelligent sind, daß Minderjährige nicht mündig sind, was als behindert gilt – all das hat seinen Hintergrund in wissenschaftlichen Diskursen und dem ständigen Weitertragen im Alltag. Die Institutionen der Herrschaft nutzen die Diskurse und beeinflussen sie über ihre herausgehobenen Möglichkeiten. Beispiele der letzten Jahre sind die humanitären Kriegen (weitgehend gelungener Diskurs), der Wohlstand durch globale Märkte (in großen Teil gescheitert, weil offensive Proteste ihrerseits wieder Diskurse stark prägten) oder das Gute an der Demokratie einschließlich der Verschleierung ihrer Herrschaftsförmigkeit (weitgehend gelungen).

4. Konkrete Politik als Förderung von Kooperation

(38) Politische Forderungen und konkrete Projekte müssen kooperatives Verhalten fördern. Die beschriebenen Bedingungen einer Gesellschaft, in der Konkurrenz unattraktiv sowie Kooperation vorteilhaft für jeden Menschen wird, müssen als Maßstab für die politische Praxis dienen – zumindest dann, wenn sie einen emanzipatorischen Charakter haben soll. Das aber behaupten fast alle politischen Gruppen aus den Bewegungen im Umweltschutz, zu sozialen Fragen, feministische oder Queer-Zusammenhänge bis hin zu internationalen Themen, Frieden oder allgemein den Menschenrechten und menschenwürdigen Lebensbedingungen. In ihrer Praxis aber mißachten sie, was Kooperation fördert oder blockiert. Daher seien an dieser Stelle in kurzer Form politische Grundpositionen benannt, die als Rahmen für emanzipatorische Politik und Projekte dienen können.

Herrschaft abwickeln!

(39) Herrschaft verbessert die Möglichkeit zum konkurrierenden Verhalten. Daher ist es immer falsch, neue Herrschaft zu fordern, um die Folgen der bisherigen mildern zu können. Für Reformen bedeutet das, daß jeder Vorschlag und jeder Schritt auch dem Abbau von Herrschaft dienen muß. Neue Gesetze oder Veränderungen von Institutionen müssen die Freiräume der Menschen vergrößern und nicht deren Leben weiter verregeln, Kontrolle unterwerfen und Unterschiede ausgleichen, die auf Herrschaftsverhältnissen beruhen. Und sie sollten Ansatzpunkte für weitere Prozesse aufbauen. Revolutionäre Forderungen oder Umstürze müssen ebenfalls Herrschaft beenden oder abbauen, müssen Prozesse der immerwährenden Befreiung schaffen statt eines neuen Status Quo, der dann wiederum herrschaftsförmig verteidigt wird.

Verwertung und Profit abschaffen!

(40) Verwertung und Profit basieren bereits auf institutionellen Herrschaftsverhältnissen, fügen dieser dann durch die weitere Elemente der Unterdrückung, Diskriminierung usw. hinzu. Das wichtigste Herrschaftsinstrument, ohne das Verwertung nicht möglich ist, ist das Eigentum – im weitesten Sinne, d.h. zum einen an materiellen Dingen, Boden, Rohstoffen, zum anderen aber auch an Wissen, Wort und Bild, Genen, Lebensgrundlagen, Kommunikationswegen usw.

(41) Die Tatsache, daß Verwertung und Profit von Herrschaftsstrukturen abhängen, widerlegen auch das oft benannte Bild eines Gegensatzes von Staat und Markt. Ohne Herrschaftsstrukturen (also in den allermeisten Fällen der Staat) wäre Verwertung nicht durchsetzbar.

(42) Eigentum aufheben: Freies Wissen und Freie Produkte! Gemeinschaftseigentum, Allmende, Copyleft usw. sind Begriffe für die Überwindung von Konkurrenz bereits heute. Sowohl politische Forderungen als auch die konkrete Praxis können so organisiert sein, daß sie immer wieder Projekte, einzelne Zellen und Prozesse schaffen, die der Verwertungslogik entrissen sind – Kommunikation, Häuser und Plätze, Software oder Maschinen ...

Demokratisierung von Flächen- und Rohstoffnutzung!

(43) Herrschaft bedeutet nicht nur das Vermögen, Entscheidungen anderer zu beeinflussen, sondern auch, eigene Entscheidungen so zu treffen, daß andere die Folgen ertragen müssen. Auf dieser Grundlage findet die Umweltzerstörung statt – Umweltzerstörung ist also ohne Herrschaft nicht vorstellbar. Das Gegen

(44) Nationen, Geschlechter, Rassen, Behinderungen, Unmündigkeit, Psychiatrisierung und alle anderen Kategorien überwinden!

(45) Nicht nur die Diskriminierung nach diesen Kategorien, sondern ihre Bildung ist bereits Herrschaft. Sie treibt Menschen in eine bestimmte „Ecke“, also Rolle in dieser Gesellschaft – mit den Erwartungshaltungen und den Reaktionen anderer Menschen. Eine konkrete Praxis sowie politische Forderungen müssen Diskriminierungen aufgrund der Kategorien und die Kategorien selbst aufheben.

Standardisierung und Normung aufheben! „Norm“alität brechen!

(46) Gesetzliche, technische und diskursive Normen durchziehen den Alltag, sie regeln und prägen Verhalten und Erwartungen. Wer aus der „Norm“ fällt, verliert Akzeptanz und muß mit repressiven Reaktionen rechnen – des Staates oder des sozialen Umfeld.

Herrschaft demaskieren!

(47) Verbunden mit jeder Herrschaft ist ihre Verschleierung. Herrschaft kann nur überleben, wenn sie ihre eigene Akzeptanz beschafft. Wo sie darauf verzichtet oder die Akzeptanzbeschaffung nicht gelingt, verliert die Herrschaft ihre Basis, d.h. die Beherrschten wünschen sich nicht nur eine Änderungen, sondern fordern sie bzw. setzen sie durch. Als Akzeptanzbeschaffung für Herrschaft dienen: Biologismen; Scheinzwänge und – gesetzmäßigkeiten; Religionen, Ideologien, Esoterik; Belohnung und Abhängigkeit; „There is no alternative“, d.h. die Vermittlung der Alternativlosigkeit ; Integration von Kritik und Abweichung: Teile und herrsche.

(48) Diese und andere Formen von Herrschaft zu enttarnen, anzugreifen und, wenn möglich, Alternativen zu benennen, gehört zum Weg der Befreiung. Der quadratmeterweise Aufbau von Freiräumen in Alltag und Politik sowie der Widerstand samt Demaskierung gegenüber Herrschaft fördern sich gegenseitig und sind zusammen die Motivation, solche emanzipatorische Praxis auch als dauerhaften Prozeß zu entwickeln.

2.5 Zitiert: Herrschaftsdefinitionen anderer ...

(49) Sammlung von Texten und Debatten unter http://www.projektwerkstatt.de/herrschaft. Hier nicht weiter abgedruckt.

Anmerkungen

(50) 1 Diesen Aspekt stellt Christoph Spehr in seinen Werken in den Mittelpunkt. In „Die Aliens sind unter uns“ und „Gleicher als andere“ beschreibt er Freie Kooperation als Beziehungen zwischen Menschen mit gleichen Kündigungsverlusten, d.h. alle Beteiligten können gleich leicht oder schwer die Kooperation verlassen. Die Reduzierung auf diese Rahmenbedingung ist zwar ein verkürztes Verständnis von herrschaftsfreier Gesellschaft, dennoch trifft und beschreibt Spehr einen der wesentlichen Grundpfeiler.

(51) 2 Dieses wird auch von Tauschringen ausgeblendet, die zwar die zusätzliche Ungerechtigkeit des Marktwertes im anonymen Tausch verringern können, nicht jedoch die unterschiedlichen Möglichkeiten und Abhängigkeiten zwischen Menschen sowie deren „Tauschwerte“.

(52) 3 Ein gutes Beispiel ist die freie Software, u.a. Linux. Hier profitieren alle ProgrammiererInnen und NutzerInnen davon, daß alle mitmischen können. Viele sind angetrieben davon, ihr eigenes Leben (hier das Funktionieren ihrer Computer) zu verbessern – und schaffen Neuerungen, die allen weiterhelfen können.

(53) 4 Zu Ansätzen im Alltag siehe Ideensammlungen unter www.projektwerkstatt.de/von-unten, zudem wir ein Reader vorbereitet (siehe www.projektwerkstatt.de/materialien).

(54) 5 „Das war schon immer so“, „kannst Du nicht mal ...“, „denk mal an ...“, „es wäre besser für Dich, wenn ...“, „das gehört sich aber nicht“, „sei mal normal“ usw.

(55) 6 Tatsächlich ist es weitgehend gleich, ob Alternativen tatsächlich nicht vorhanden sind (verhindert sind) oder es nur so scheint. Solange ein Glaube an die Alternativlosigkeit besteht, kann sich die bestehende Situation legitimieren und der Protest eingedämmt werden.

(56) 7 Diesen Aspekt stellt Christoph Spehr in seinen Werken in den Mittelpunkt. In „Die Aliens sind unter uns“ und „Gleicher als andere“ beschreibt er Freie Kooperation als Beziehungen zwischen Menschen mit gleichen Kündigungsverlusten, d.h. alle Beteiligten können gleich leicht oder schwer die Kooperation verlassen. Die Reduzierung auf diese Rahmenbedingung ist zwar ein verkürztes Verständnis von herrschaftsfreier Gesellschaft, dennoch trifft und beschreibt Spehr einen der wesentlichen Grundpfeiler. Dieses wird auch von Tauschringen ausgeblendet, die zwar die zusätzliche Ungerechtigkeit des Marktwertes im anonymen Tausch verringern können, nicht jedoch die unterschiedlichen Möglichkeiten und Abhängigkeiten zwischen Menschen sowie deren „Tauschwerte“. Ein gutes Beispiel ist die freie Software, u.a. Linux. Hier profitieren alle ProgrammiererInnen und NutzerInnen davon, daß alle mitmischen können. Viele sind angetrieben davon, ihr eigenes Leben (hier das Funktionieren ihrer Computer) zu verbessern – und schaffen Neuerungen, die allen weiterhelfen können. Zu Ansätzen im Alltag siehe Ideensammlungen unter www.projektwerkstatt.de/von-unten. „Das war schon immer so“, „kannst Du nicht mal ...“, „denk mal an ...“, „es wäre besser für Dich, wenn ...“, „das gehört sich aber nicht“, „sei mal normal“ usw. Tatsächlich ist es weitgehend gleich, ob Alternativen tatsächlich nicht vorhanden sind (verhindert sind) oder es nur so scheint. Solange ein Glaube an die Alternativlosigkeit besteht, kann sich die bestehende Situation legitimieren und der Protest eingedämmt werden.


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