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Noch ein Lied der Arbeit (Autor: Ansgar Knolle-Grothusen)

Maintainer: Werner Imhof, Version 1, 03.12.2001
Projekt-Typ:
Status: Archiv

(1) Bei diesem Beitrag handelt es sich um die ausgearbeitete Fassung eines mündlichen Diskussionsbeitrags im Rahmen der 48. KW 2000. Etwas ausführlicher wird der gleiche Gedankengang entwickelt in meinem Aufsatz "Die historischen Beschränktheiten des Kommunismus erkennen und überwinden", zu finden in den Kommunistischen Streitpunkten Nr. 3, http://members.aol.com/streitpkte

April 2001

(2) In "Etwas Theorie", mitgeliefert zu den "Liedern der Arbeit", sieht Uli die Möglichkeit der allgemein-menschlichen Emanzipation darin, daß "die Produktionstätigkeit ... tatsächlich vorwiegend geistige Arbeit" werde.

(3) Ich bin damit nicht einverstanden. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit ist zwar die Tendenz verbunden, daß der unmittelbare Produktionsprozeß in steigendem Maße als angeeigneter Naturprozeß funktioniert, die Arbeit also weniger in der unmittelbaren körperlichen Einwirkung auf die umzuformende Materie besteht, sondern stärker die Funktion eines Wächters und Regulators des eigentlichen Produktionsprozesses übernimmt. Das heißt aber noch lange nicht, daß die Arbeit vorwiegend geistige Tätigkeit wird, und schon gar nicht, daß das Moment der Naturnotwendigkeit, der Unterordnung des eigenen Willens unter die objektiven Gesetzmäßigkeiten, die aus der Natur des Arbeitsgegenstands und Arbeitsmittels und aus dem Zweck der Arbeit folgen, durch das Moment der Selbstverwirklichung in der Arbeit verdrängt würde. Arbeit enthält immer, also unabhängig von den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter denen sie stattfindet, diese beiden Momente. Die Arbeit eines Programmierers, der stundenlang vor dem Bildschirm einen Quellcode auf Fehler prüft, kann sich - was die Stupidität von immergleichen Handlungsabläufen anbelangt - mit traditioneller Fließbandarbeit durchaus messen. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob - wenn es die Tendenz, daß Arbeit vorwiegend geistige Tätigkeit wird, tatsächlich gäbe - ich sie für begrüßenswert halten würde. Die Aufhebung der Trennung von Hand- und Kopfarbeit ist etwas völlig anderes als das Verschwinden der Handarbeit. Ich bezweifle, daß z.B. ein Ingenieur einen Werkstoff wirklich materialgerecht einsetzen kann, wenn er ihn nicht praktisch in den Fingern gehabt, d.h. begriffen hat. Hand- und Kopfarbeit hängen miteinander untrennbar zusammen; ihre Trennung im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung ist immer nur eine relative.

(4) Ich sehe die Möglichkeit allgemeinmenschlicher Emanzipation vielmehr entstehen durch die Entfaltung des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit.

(5) Dazu müssen wir allerdings erst mal klären, was wir unter "Gesellschaft" verstehen, denn auch diese Kategorie ist nicht das, was sie oberflächlich zu sein scheint. In der Regel wird heute die Gesellschaft verstanden als das verselbständigte äußere Beziehungsgeflecht der Menschen, in das der Einzelne hineingeboren wird und mit dem er sich irgendwie arrangieren muß, um überleben zu können. Daß dieses ganze Beziehungsgeflecht, das die Menschen heute in Form von Sachzwängen beherrscht, in Wirklichkeit nur das Resultat des gesellschaftlichen Handelns der Individuen ist, bleibt häufig außerhalb der Betrachtung. Das führt zu einer Gesellschaftskritik, die in dieser Trennung von Individuum und Gesellschaft befangen bleibt und entweder dem Individuum gegen die Gesellschaft zu seiner Entfaltung verhelfen will oder aber im Namen der Gesellschaft die Sachzwänge durch andere Formen des Zwangs gegenüber den Einzelnen ersetzt.

(6) Ein Beispiel für die erste Form liefert ein gewisser Fiete Krumm mit seiner Wiedergabe dessen, was er aus dem Marxschen Kapital herausgelesen haben will. Fiete Krumm reißt einen Graben auf zwischen Individuum und Gesellschaft, setzt das Individuum gegen die Gesellschaft und ordnet dem Individuum die konkrete Arbeit und der Gesellschaft die abstrakte Arbeit zu:

(7) "Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft... Dies ist die unmittelbare gesellschaftliche Form der abstrakten Arbeit: gleiche Arbeit = Arbeit unterschiedslos als Summe der einzelnen Arbeiten. Durchschnitts-Arbeitskraft. Verrichtet wird die Arbeit aber als einzelne. Die Proportion, in der der Tauschwert erscheint, subsumiert folglich die einzelne Arbeit der gesellschaftlichen."

(8) Wer denkt, die Sache im Griff zu haben, weil er in seinen lichten Momenten Warenfetisch, Geldfetisch, Kapitalfetisch und Staatsfetisch zu durchschauen meint, bleibt mit netter Regelmäßigkeit am Gesellschaftsfetisch hängen, sei es auf die Art eines Fiete Krumm, der die Individualität seiner Gehirnakrobatik vor gesellschaftlicher Subsumtion meint schützen zu müssen, sei es in Form des Kommunismus Stalinscher Prägung, der mit dem unheilvollen Wort von der "Hauptproduktivkraft Mensch" das Individuum wirklich einem abstrakten Gesellschaftsbegriff subsumiert, den Produzenten zur Produktivkraft degradiert und entsprechend vernutzt.

(9) Was ist an diesem Wort so unheilvoll? Viele kommen sich ungeheuer humanistisch vor, wenn sie betonen, der Mensch sei die erste Produktivkraft, mit der Stalin umgegangen sei, als sei sie eine unter vielen.

(10) So sehr ich die Intention dieser Äußerung teile, so sehr kritisiere ich zugleich diese Formulierung, nicht nur weil sie auf der moralischen Ebene bleibt, sondern weil durch die Formulierung bereits der Weg zur adäquaten Kritik verbaut wird: Wenn man von dem Menschen als der ersten Produktivkraft spricht, stellt sich die Frage nach dem besitzanzeigenden Genitiv: wessen Produktivkraft?

(11) Im Kapital untersucht Marx hauptsächlich die Produktivkraft der menschlichen Arbeit; hierum kann es sich hier nicht handeln, der Mensch kann nicht eine Produktivkraft seiner eigenen Arbeit sein. Auf dieser Betrachtungsebene ist der Mensch der Produzent und die Produktivkräfte seiner Arbeit sind die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Hilfsmittel, die er sich im historischen Prozeß erworben hat. Produktivkraft des Kapitals wird in diesem Zusammenhang auch nicht gemeint sein; bleibt die Bestimmung des Menschen als erster Produktivkraft der Gesellschaft.

(12) Damit setzt diese Begrifflichkeit eine Betrachtung voraus, die Gesellschaft abstrakt, losgelöst von den Individuen auffaßt und damit gerade die Möglichkeit bietet, der Gesellschaft ein Primat gegenüber den Individuen zu geben, den Menschen vom Produzenten zur Produktivkraft der Gesellschaft zu degradieren, ihn wie eine Produktivkraft - und sei sie auch die erste - zu benutzen.

In den ökonomisch-philosophischen Manuskripten schreibt Marx:

(13) "Die gesellschaftliche Tätigkeit und der gesellschaftliche Genuß existieren keineswegs allein in der Form einer unmittelbar gemeinschaftlichen Tätigkeit und eines unmittelbar gemeinschaftlichen Genusses... Allein wenn ich wissenschaftlich etc. tätig bin, eine Tätigkeit, die ich selten in unmittelbarer Gemeinschaft mit andern ausführen kann, so bin ich gesellschaftlich, weil als Mensch tätig. Nicht nur das Material meiner Tätigkeit ist mir - wie selbst die Sprache, in der der Denker tätig ist - als gesellschaftliches Produkt gegeben, mein eignes Dasein ist gesellschaftliche Tätigkeit; darum das, was ich aus mir mache, ich aus mir für die Gesellschaft mache und mit dem Bewußtsein meiner als eines gesellschaftlichen Wesens. ... Es ist vor allem zu vermeiden, die 'Gesellschaft' wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber zu fixieren. Das Individuum ist das gesellschaftliche Wesen. Seine Lebensäußerung - erscheine sie auch nicht in der unmittelbaren Form einer gemeinschaftlichen, mit andern zugleich vollbrachten Lebensäußerung - ist daher eine Äußerung und Bestätigung des gesellschaftlichen Lebens. Das individuelle und das Gattungsleben des Menschen sind nicht verschieden, so sehr auch - und dies notwendig - die Daseinsweise des individuellen Lebens eine mehr besondre oder mehr allgemeine Weise des Gattungslebens ist, oder je mehr das Gattungsleben ein mehr besondres oder allgemeines individuelles Leben ist. [1]

(14) In der warenproduzierenden Gesellschaft erscheint den Menschen ihre eigne Gesellschaftlichkeit als äußerlicher Zwang, als Sachzwänge ihrer Produktion, daher äußert sich der Gesellschaftsfetisch in der Fixierung von Gesellschaft als Abstraktion den Individuen gegenüber.

(15) Zwi Schrittkopcher greift in der Debatte der Kommunistischen Streitpunkte diese meine Anregung noch mit einer gewissen Portion Skepsis auf und entdeckt den Gesellschaftsfetisch bei Lenin:

(16) "LENINS Kommunismusvorstellung (...) kommt im wesentlichen nicht über die Selbstdisziplinierung des warenproduzierenden homme bourgeois (Bauer und Lohnarbeiter) durch den staatspolitischen homme citoyen (Staats-Partei-Arbeiter) hinaus: 'Das 'Kommunistische' beginnt erst dort, wo die Subbotniks aufkommen, d.h. wo in großem Ausmaß unentgeltliche, von keiner Behörde, von keinem Staat genormte Arbeit von Einzelnen [! nicht etwa: der Gesellschaft selbst in Assoziations-, Kooperationsformen, die jegliche Staatlichkeit hinter sich lassen] zum Nutzen der Gesellschaft [einer gigantischen, staatsmonopolistischen Art Aktiengesellschaft, die diesen Einzelnen gegenübersteht als abstrakt-besonderes Gemeinwesen über ihnen, dessen Nutzen allein diese Arbeitsbienen verinnerlicht hätten: wenn es so etwas wie 'Gesellschafts'-Fetischismus geben sollte, hier haben wir ihn!] geleistet wird. [Und nun rückt LENIN ausdrücklich präzisierend von der historisch- materialistisch konkretisierenden Rußland-Perspektive eines MARX ab - die er immer ko-menshevistisch ignoriert hat -, von der echten rudimentären radikalen Basis-Kooperation direkt-communistischer Gesellschaftlichkeit auf kapitaltechnologischer Stufenleiter: denn wo bliebe da der Staat, seine Partei?!:] Das ist nicht die nachbarliche Hilfe, wie es sie auf dem Lande stets gegeben hat, sondern im großen organisierte und unentgeltliche Arbeit für gesamtstaatliche Bedürfnisse. Daher wäre es richtiger, wenn das Wort 'kommunistisch' nicht nur zur Bezeichnung der Partei [weil dieser Kern, dieses Rückgrat des 'Sovjet'-Staates, diese 'Wir sind der Staat = das Proletariat'-Gemeinschaft ja bereits diese Art Kommunismus darstellt, verkörpert und vorlebt - aufgrund des Brotkartenmonopols und der TsheKa z.B. - als wahrhaft materielle und ideelle kommunistische Nomenklatura!], sondern auch auf solche wirtschaftlichen Erscheinungen in unserem Leben, und ausschließlich auf sie, angewandt würde, bei denen etwas Kommunistisches praktisch verwirklicht wird.' (LENIN: REFERAT ÜBER DIE SUBBOTNIKS, DEZEMBER 1919) Also ausschließlich auf ökonomische 'Erscheinungen' unentgeltlicher Arbeit (Mehrarbeit natürlich) Einzelner für den bereits 'kommunistischen' Parteimonopol-Staat." [2]

(17) Ich denke, Zwi hat hier nur zur Hälfte recht, sieht nur eine Seite der Medaille und bleibt selbst - in entgegengesetzter Form - dem Gesellschafts-Fetisch verhaftet, den er bei Lenin völlig zu Recht ausmacht. Das Dem- Gesellschaftsfetisch-Aufsitzen, das bei Lenin ein ziemlich durchgängiger Zug ist, zeigt sich an dieser Stelle in dem instrumentellen Herangehen an die Subbotniks vom Gesichtswinkel der abstrakten von den Subbotniki getrennten Gesellschaft, von den "gesamtstaatlichen Bedürfnissen", nicht jedoch in der Formulierung "unentgeltliche, von keiner Behörde, von keinem Staat genormte Arbeit von Einzelnen", auf die Zwi abhebt und die er interpretiert als Gegensatz zu Assoziations- und Kooperationsformen. Lenin charakterisiert die Subbotniks als "bewußte und freiwillige Initiative" [3], darauf weist das "von Einzelnen" hin, und sieht ihre Hauptbedeutung in der "ungeheure(n) Erhöhung der Arbeitsproduktivität" [4] (= Produktivkraft der Arbeit, hier genau in der oben kritisierten gesellschaftsfetischistischen Verdrehung!). Man muß Lenin jedoch schon zugestehen, daß er so viel von der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie verstanden hat, daß er Produktivität - oder Produktivkraft - der Arbeit nicht verwechselt mit Intensität der Arbeit oder gar in eins setzt mit Mehrarbeit, wie Zwi meint, Produktion von absolutem Mehrwert, wozu allerdings die ebenfalls von Lenin in diesem Zusammenhang gebraucht Formulierung "... leisten ohne jede Bezahlung Überstundenarbeit ..." [5] verleiten könnte. Nein, gerade die bewußte, selbstorganisierte, freiwillige Kooperation ist es, die nach Lenin hier neue Produktivkräfte in Gang setzt; erstes Morgendämmern der travail attractif: "Gegenüber der kapitalistischen Arbeitsproduktivität bedeutet der Kommunismus eine höhere Arbeitsproduktivität freiwillig, bewußt, vereint schaffender Menschen, die sich der vorgeschrittenen Technik bedienen. Die kommunistischen Subbotniks sind außerordentlich wertvoll als faktischer Beginn des Kommunismus, und das ist eine ganz große Seltenheit, denn wir befinden uns auf einer Stufe, wo 'lediglich die ersten Schritte zum Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus gemacht werden' (wie es sehr richtig in unserem Parteiprogramm heißt)." [6]

In Majakowskis Lied vom Subbotnik heißt es:

(18) Und unsern Schweiß / den heischt kein Geheiß / wir spenden ihn gerne und stolz / In unsre Waggons / auf unserm Geleis / verladen wir unser Holz. // Das Holz zu verladen / das Räderwerk jagen / damit es noch heut den Transport schafft / durch unsere Steppen / das Unsere tragen / in jede frierende Ortschaft.

(19) In diesem: "Wir fragen nicht lange nach Erlaubnis, Bezahlung usw., wir tun einfach, was notwendig [7] ist" der Eisenbahnarbeiter der Moskau-Kasaner Strecke hat Lenin völlig zurecht eine Keimzelle kommunistischer Gesellschaft gesehen, hier werden ganz punktuell alle Fetischformen durchbrochen - selbst mitten in der größten Not des "Kriegskommunismus" deutet sich hier schon im Keim die richtige Gegenstrategie zu Daniel Dockerills falschem "Gleicher Arbeitszwang für alle" [8] an. Doch der im Majakowski-Lied ganz konkrete Begriff von Gesellschaft: "wir und jede frierende Ortschaft", dieses Moment der unmittelbaren Identität von Gesellschaft und Individuum, daß in diesem Aneignungsprozeß ans Licht bricht, diese Arbeit nicht "für die Gesellschaft", sondern "als die Gesellschaft" wird bei Lenin gesellschaftsfetischistisch umgedreht: "Der Kommunismus beginnt dort, wo einfache Arbeiter in selbstloser Weise, unter Überwindung harter Arbeit sich Sorgen machen um die Erhöhung der Arbeitsproduktivität, um den Schutz eines jeden Puds Getreide, Kohle, Eisen und anderer Produkte, die nicht den Arbeitenden persönlich und nicht den ihnen 'Nahestehenden' zugute kommen, sondern 'Fernstehenden', d.h. der ganzen Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, den Dutzenden und Hunderten Millionen von Menschen, die zunächst in einem sozialistischen Staat vereinigt sind und später in einem Bund von Sowjetrepubliken vereinigt sein werden." [9] Lenin trennt hier "einfache Arbeiter" von ihrem gerade sich manifestierenden Selbst als Gattungswesen, als das gesellschaftliche Wesen, indem er ihnen die "ganze Gesellschaft in ihrer Gesamtheit", für die sie "selbstlos" arbeiten, gegenüberstellt. Selbstlos ist diese Arbeit nur aus der Perspektive des Selbst des bürgerlichen Privateigentümers. Aber auch Zwi kann seine Kritik nicht wenden, das neue positive Moment der Subbotniks als Ausdruck eines neuen Selbst nicht herausarbeiten, bleibt noch in der Dichotomie von Individuum und Gesellschaft befangen.

(20) Der alte, der historische Kommunismus hat sich wesentlich entwickelt vom Standpunkt der abstrakt gefaßten Gesellschaft und damit korrespondierend vom Standpunkt des von seiner Gesellschaftlichkeit losgelösten Klassenindividuums. Er hat die Praxis gespalten in die großen, hehren, gesellschaftlichen Ziele, denen gegenüber der einzelne ein Nichts ist, und in den "Kampf ums Teewasser", der an der persönlichen Betroffenheit gerade des seiner Gesellschaftlichkeit entfremdeten Klassenindividuums ansetzt.

(21) Der neue Kommunismus wird auszugehen haben von einem Standpunkt, der die Gesellschaft konkret faßt, als das gesellschaftliche Individuum.

(22) Daniels "Gleicher Arbeitszwang für alle" ist der Standpunkt des rohen Kommunismus, "die Bestimmung des Arbeiters wird nicht aufgehoben, sondern auf alle Menschen ausgedehnt" [10]; zur nachgeordneten Umwandlung von travail repulsif in travail attractif ist dann sogenannte "Erziehung" nötig, die den Menschen einredet, dieser Zwang sei Freiheit, und dann, irgendwann einmal, wenn das geglückt ist, könne man übergehen zu dem Grundsatz: "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"

(23) Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus: Mit dem Übergang von der Warenproduktion zu unmittelbar gesellschaftlicher Produktion löst sich die Warenform der Arbeit als kapitalistische Lohnarbeit, lösen sich sämtliche Fetischformen auf, verwandelt sich die Arbeit von travail repulsif in travail attractif, wird die Teilnahme an der notwendigen Arbeit gemäß den eigenen Fähigkeiten zum Bedürfnis, weil in dieser Arbeit das gesellschaftliche Individuum sich selbst als das Gattungswesen ausdrückt. Ein "Zwang zur Arbeit" macht nur noch Sinn im Sinne von: "Anerkennung produktiver Arbeit als der Naturbedingung menschlicher Existenz", nicht aber in dem Sinn, daß die abstrakt gefaßte Gesellschaft, in Form von selbsternannten Repräsentanten der abstrakten Gesellschaftlichkeit, gegenüber den dadurch von ihrer Gesellschaftlichkeit losgelösten Individuen Zwangsmittel einsetzen.

Anmerkungen

(24) [1] Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844), MEW EB 1, S. 538 f.

(25) [2] Zwi Schrittkopcher, Wider den erschlichenen Kommunismus, in: Kommunistische Streitpunkte 2, S. 30

(26) [3] Lenin: "Die große Initiative" zit. nach "Lenin über die Gewerkschaftsbewegung", Berlin 1959, S. 822

[4] Ebenda, S. 826

(27) [5] Ebenda

[6] Ebenda, S. 827

(28) [7] Die Bedeutungswandlung des Begriffspaares von Notwendiger Arbeit und Mehrarbeit in dem Übergangsbereich von travail repulsif zu travail attractif wäre getrennt zu diskutieren. Unter Voraussetzung der Aufhebung der Warenproduktion würde die notwendige Arbeit gleichbedeutend sein mit der zur einfachen Reproduktion erforderlichen Arbeit, die Mehrarbeit wäre die Arbeit, die der erweiterten Reproduktion dient.

(29) [8] Daniel Dockerill, 150 Jahre Kommunistische Partei - Thesen, in: Kommunistische Streitpunkte 1, S. 8

[9] Lenin, a.a.O.

(30) [10] Karl Marx, Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844), MEW EB 1, S. 534


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