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Marx lesen. Die wichtigsten Texte von Karl Marx für das 21. Jahrhundert

Maintainer: Ulrich Leicht, Version 1, 04.08.2001
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

Vorbemerkung

(1) »(...) Es hat schon viele Editionen Marxscher Texte gegeben, wobei meistens ein Verständnis stille Voraussetzung war, das Marx mit dem 'Marxismus' der sozialistischen Arbeiter- und Staatsparteien identifizierte. Heute ist dieser Sozialismus ebenso mausetot wie die Arbeiterbewegung. Die Formeln des 'Standpunkts der Arbeit' und des 'Klassenkampfs' sind altertümlich geworden; sie lösen keine positiven oder negativen Leidenschaften mehr aus und können nur noch zum Gähnen verlocken.

(2) Aber dabei handelt es sich lediglich um eine bestimmte Lesart der Marxschen Theorie und um einen bestimmten Strang seiner Argumentation, der in der Tat an eine jetzt vergangene (wenngleich noch ganz und gar unbegriffene) Epoche gebunden und daher heute nichts als Theoriegeschichte ist. Das ist allerdings bloß der halbe Marx. Den wenigsten ist heute noch bekannt, daß Marx von sich selbst gesagt hat: 'Ich bin kein Marxist'. Und es gibt den in der Versenkung verschwundenen und ganz unausgeleuchteten Ansatz radikal kritischer Theorie eines 'anderen' Marx, der dem 'Arbeiterbewegungsmarxismus' ebenso fremd und unheimlich geblieben ist wie den sozialistischen Rechtfertigungsideologen in den Jahrzehnten des Kalten Krieges. Bis jetzt ist noch nicht versucht worden, eine Edition speziell dieses unbekannten Marx und seiner ganz anderen Kapitalismuskritik gewissermaßen aus seinen hinterlassenen erheblichen Textmassen herauszupräparieren.(...)

(3) Die Marx-Texte des vorliegenden Lesebuchs sind deshalb bewußt aus dem Zusammenhang mit der arbeiterbewegungsmarxistisch kompatiblen Textmasse herausgeschnitten. So wird vielleicht der Vorwurf nicht ausbleiben, die Texte, wie sie hier vorliegen, seien eben aus dem Zusammenhang gerissen. Deshalb gleich vorweg das Geständnis: genau darin besteht auch die Absicht, nämlich die aus der offiziellen Debatte weitgehend herausgehaltene 'andere', viel radikalere Kapitalismuskritik des unbekannten Marx aus dem Zusammenhang des gegenstandslos gewordenen Partei- und Arbeiterbewegungs-Marx herauszureißen, kenntlich zu machen und damit zuzuspitzen.

(4) Natürlich kann dies nur unvollkommen und ansatzweise gelingen; auch kann kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Manchmal läßt es sich einfach nicht vermeiden, daß der 'öffiziöse Marx' auch in dieser Auswahl erscheint, seine Ausdrucksweise zweideutig, unvollständig oder widersprüchlich wirkt. Umgekehrt, wer ein Interesse am ganzen, in seiner Widersprüchlichkeit unverkürzten Marx hat und eine 'wissenschaftlich'-philologische Lektüre bevorzugt, der sei auf die herkömmlichen Marx-Editionen verwiesen, insbesondere auf die berühmten 'blauen Bände' der MEW (Marx-Engels-Werke) der ehemaligen DDR (...), oder gleich auf das allerdings noch lange nicht abgeschlossene Jahrhundertprojekt der MEGA (Marx-Engels Gesamtausgabe), das trotz Desinteresses der 'Siegerideologen' mit internationaler Unterstützung weitergeführt werden kann.(...)

(5) Natürlich muß die kritische Theorie des 21. Jahrhunderts über Marx hinausgehen. Daß es gelte, über Marx hinauszugehen, ist zwar schon oft gesagt worden; aber im Zuge eines positiven Bezugs auf die bisherige Modernisierungsgeschichte entpuppte sich dieses vollmundige Postulat regelmäßig als ein kläglicher Rückfall hinter Marx (...). Um überhaupt jemals über Marx hinauszukommen, ist es dagegen unabdingbar, gerade an die verpönte und mit verlegenem Gestammel weggeschobene Seite seiner Theorie anzuknüpfen. Um Marx wirklich überwinden zu können, muß man auf seinen Schultern stehen können, statt ihm bloß den Buckel runterzurutschen.

(6) Es gibt längst Hinweise darauf, wo es nach Marx weitergehen muß. So ist das Geschlechterverhältnis ein wesentlicher Aspekt kapitalistischer Vergesellschaftung, zu dem 'der Mann Marx' wenig oder nichts gesagt hat. Im Zusammenhang damit wird eine kritische Theorie zu entwickeln sein, wie heute kapitalistische Individuen und ihre Subjektivität hergestellt werden. Auch die Kritik an der Zerstörung der Naturgrundlagen durch die betriebswirtschaftliche Externalisierung von Kosten, bei Marx immerhin schon kurz angedeutet, harrt ihres konsequenten begrifflichen und analytischen Bezugs auf die Formen kapitalistischer Rationalität. Das Ausbrennen der 'Arbeitsgesellschaft' und die damit verbundene Krise des Geldes, wie sie in großen Weltregionen bereits das dramatische Ende der Moderne eingeläutet hat, setzen das Weiterdenken der noch längst nicht erledigten Marxschen Krisentheorie auf die Tagesordnung. Es wird immer offensichtlicher, daß die großen Fragen der kommenden Jahre und Jahrzehnte zwar jenseits des 'Marxismus' von Arbeiterbewegung und Staatssozialismus liegen, aber trotzdem innerhalb der kapitalistischen Gesellschaftsformen niemals zu bewältigen sein werden. Der Anschluß an die verdrängte radikale Kritik des 'anderen' Marx kann sich gerade in dieser Hinsicht als fruchtbar erweisen. (...)« (Aus dem "Vorwort" von Robert Kurz)

(7) Es folgen die themenbezogenen Orginal-Texte und -Textstellen von Marx:

(7.1) Erzeugung, 31.03.2002, 19:06, Günter Lauterbach: Wenn Menschen existieren- Dann durch die Mittel Ihrer Erzeugung.

(7.1.1) Re: Erzeugung, 19.02.2005, 03:16, Günter Lauterbach: Diese Mittel werden historisch in zunehmendem Maße von den Menschen selbst produziert. Der "nackte" Mensch hat deswegen eine andere Gesellschaftlichkeit, in welcher er sich dem Naturorganismus unterwerfen muß, als der Mensch der die "ganze" Welt in eine Maschine verwandelt hat und sich dieser Maschine unterwirft. Wo das Produkt seiner Hände und seines Kopfes ihn unterwirft, er sich selbst fremd geworden ist, seine Naturanlagen in einer Welt der "Künstlichkeit" ihn Irre macht und er an diesem Irrsinn leidet, so wie die Welt an diesem irren Wesen.


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