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Ein Jahr open theory - eine historisierende Rückschau

Maintainer: Stefan Meretz, Version 1, 15.03.2001
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

(1) Das open-theory-Projekt ist nun ein Jahr online. Das ist ein Anlaß auf die Entwicklung zurückzuschauen und noch einmal zu prüfen, ob die damaligen Ideen vorangebracht wurden. Die Rückschau auf ein Jahr open theory will ich mit einer Ausschau auf die »Landschaft« freier Projekte verbinden.

(1.1) 18.03.2002, 12:36, Karl Dietz: hi ot, herzlichen glückwunsch zum 2-jährigen. dieses ot-projekt war auch eine "folge" einer aki-veranstaltung. ode sehe ich das ganz falsch?! karl

(1.1.1) Geschichte von ot, 21.03.2002, 10:22, Stefan Meretz: Die "Geschichte" von open theory kannst du anhand der Abfolge der Versionen ablesen. AKI war später.

(1.1.1.1) Re: Geschichte von ot, 24.07.2002, 01:54, Karl Dietz: hmmmm, hi stefan, ich meinte natürlich nicht ot insgesamt :) nur dieses eine projekt. karl

(2) In den letzten Monaten kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl freier Projekte, die sich mit »Inhalten« im weitesten Sinne beschäftigen. Die Open-Content-Projekte haben sich alle mehr oder weniger von ihrem Vorbild, der Freien Software, inspirieren lassen. Um diesen Prozess verstehen zu können – warum der Boom also kein Zufall, sondern gleichsam eine der Entwicklung entspringende Notwendigkeit ist – will ich in diesem Text darstellen. Dabei kann ich nicht den Anspruch erheben, einen vollständigen Überblick zu bieten – wahrscheinlich gründen sich während des Schreibens an diese Text gerade fünf neue Projekte –, sondern ich will mir und anderen einen strukturellen und logischen Überblick verschaffen.

Warum boomt die Schaffung freier Inhalte?

(3) Auch zur Beantwortung dieser Frage, ist es sinnvoll, die Entstehung freier Inhalte historisch-logisch nachzuvollziehen. Dafür ist es jedoch zunächst notwendig, dass ich mir den Begriff »Inhalt« klar mache. Hier verzichte ich auf eine ausführliche Ableitung, sondern greife auf die Resultate der Kritischen Psychologie zurück.

(3.1) Re: Warum boomt die Schaffung freier Inhalte?, 24.07.2002, 01:55, Karl Dietz: ich sehe kein "boomen" freier inhalte. eher das gegenteil... leider. karl

Inhalt ist Bedeutung

(4) Wir reden selbstverständlich vom »Inhalt« irgendeiner Sache, ohne groß darüber nachzudenken, was das ist: »Inhalt«. Der »Inhalt« versteht sich zunächst in seiner Relation zur »Form«: »Inhalt des Tetrapacks ist ein Liter Milch« oder »Inhalt des Buches ist eine Sage« oder »Inhalt der Theorie sind Aussagen über die menschliche Psyche« usw. Ohne Form kein Inhalt. Diese Form-Inhalt-Paare möchte ich nun unterscheiden nach gegenständlichen und symbolischen Paaren. So würden etwa Tetrapack und Buch zur ersten gegenständlichen Gruppe gehören und die Theorie zur zweiten Gruppe – allerdings nur, wenn ich mir jetzt einmal »vorstelle«, ich hätte Milchpackung und Buch real »vor mir«.

(5) Historisch zeigt sich nun, dass die symbolischen Inhalte aus den gegenständlichen Inhalten hervorgegangen sind. Bevor die (Vor-)Menschen sprechen konnten, haben sie schon ihre Lebensbedingungen kooperativ hergestellt. Dabei war es erforderlich, die herzustellenden Dinge und Zwecke zu kommunizieren. Da unsere frühen Vorfahren im Wortsinne »alle Hände voll zu tun« hatten, um das Überleben zu sichern, blieb als freier kommunikativer Kanal die wechselseitige akustische Signalgebung – die Lautsprache entstand. Diesen Schritt kann man historisch gar nicht hoch genug einschätzen: Erstmals war es nun möglich, getrennt vom Gegenstand, den Zweck, den Inhalt, den Nutzen – kurz: die Bedeutung – abzubilden. Es ist klar, dass nach der akustischen Hülle einer symbolischen Bedeutung bald eine neue »sinnliche« Hülle folgte: die Schriftsprache. Die Schriftsprache ermöglichte nun wiederum in völlig neuer Größenordnung die Kumulation und Speicherung symbolischer Bedeutungen unabhängig vom Gegenstand.

(6) Solche symbolischen Widerspiegelungen von Weltbedeutungen bezogen sich bald nicht mehr nur auf ihre gegenständlichen Ursprünge, sondern auch auf sich selbst. Gedankengebäude, Logik, Mathematik, Religion, Ideologien, Philosophie, Theorien, Wissen etc. entstanden. Trotz aller Abgehobenheit und eigenen Entwicklungslogik ist dennoch eins wichtig: Sie spiegeln das reale materielle und kulturelle Leben der Menschheit wider.

Entwicklung ist Differenzierung

(7) Entwicklung geht stets einher mit Ausdifferenzierung: sei es im Universum, der Biosphäre oder menschlichen Gesellschaft in all ihren Aspekten – gerade auch in Bezug auf den Aspekt, der mich hier interessiert: Die gesellschaftlich-kooperative Schaffung unserer Lebensbedingungen. Die Art und Weise wie die Menschheit ihre Lebensmittel (im weitesten Sinne, also nicht nur die Nahrung) herstellt – von mir gerne auch »Produktivkraftentwicklung« genannt – hat sich historisch qualitativ geändert. Ich teile die Produktivkraftentwicklung in drei Epochen ein:

(8) Über diese Epochen hinweg differenzierten sich nun auch die gegenständlichen und symbolischen Bedeutungen der hergestellten Dinge immer mehr aus. Einerseits, weil immer unterschiedlichere Produkte für immer differenziertere Bedürfnisse geschaffen wurden, anderseits weil für die Herstellung immer mehr »Wissen« erforderlich wurde. Wissen ist der symbolische Aspekt der Produktion der Lebensmittel – von materiellen und immateriellen Dingen, die wir zum Leben brauchen. Parallel zu dieser Ausdifferenzierung kommt es zu einer Verschiebung der materiellen Anteile der Produktion in Richtung auf zunehmendes Wissen, ohne die die Herstellung der Dinge nicht mehr funktionieren würde. Damit sind noch nicht einmal die »symbolischen Produkte« selbst gemeint (etwa Musik, Kultur etc.), sondern der symbolische oder informationelle oder Wissensanteil bei der materiellen Produktion.

Schritt 1: Enteignung des wissenden Menschen

(9) Noch mal zurückgeschaut, kann ich den Übergang aus der agrarisch-handwerklichen Gesellschaft in die Industriegesellschaft neu begreifen. Alle drei Produktions-Aspekte, die vorher vom Handwerker, Bauern etc. allein oder gemeinsam ausgeführt wurden, werden nun auf einen industriellen Prozess übertragen:

(10) Energie: Auch schon vor der industriellen Revolution nutzen Menschen externe Energiequellen (Wasser, Wind, Tiere etc.), doch erst mit der Einführung der ortsunabhängigen mechanischen Energie (erzeugt aus der Dampfkraft) und später dann der Elektroenergie ist der Mensch als Energielieferant praktisch bedeutungslos. Doch Energieverfügbarkeit ist nicht das wichtigste, entscheidend bei der industriellen Revolution ist der nächste Aspekt.

(11) Mittel: Menschen haben schon immer Mittel benutzt, doch in den agrarischen Gesellschaften waren sie eben bloß »Hilfs-Mittel«. Erst in den industriellen Gesellschaften wird das Mittel – das Werkzeug im weitesten Sinne (ob mechanisch, chemisch, biotisch etc.) – selbst zum Gegenstand der Entwicklung. Dies geschieht dadurch, indem dem »Handwerker das Mittel aus den Händen genommen und es in eine Maschine gesteckt wurde«. Die großen mechanischen, chemischen und dann auch »biotischen« (»Landwirtschaft«) Industrien entstanden. War das Werkzeug erst einmal in der Maschinerie gelandet, konnte es unabhängig vom werkzeugnutzenden Menschen weiterentwickelt werden: Die Naturwissenschaften wurden dem religiösen (Aber-)Glauben entrissen bekamen eine völlig neue, revolutionäre Funktion. Doch damit ist es noch nicht getan – der Handwerker wurde nicht nur seines Werkzeugs enteignet.

(12) Algorithmus: Der Handwerker wurde auch seines Erfahrungswissens der sachlich-zeitlichen Ablauflogik des Herstellprozesses enteignet. Diese sachliche und zeitliche Logik wird nun ebenfalls im maschinellen Prozess vergegenständlicht. Es geht also nicht bloß um das Werkzeug, das in der Maschinerie steckt, sondern gleichermaßen um das Erfahrungswissen, wie mit Werkzeug und Werkstück so umzugehen ist, das am Ende der Bearbeitungskette das Produkt steht. Weil der prozessuale und der algorithmische Produktionsaspekt anfangs auch tatsächlich gegenständlich in ein und demselben Prozeß »zusammengeschlossen« vorlagen, wird der algorithmische Aspekt meist übersehen.

Trennung von Prozeß und Algorithmus

(13) Erst mit der Entstehung des Computers treten der prozessuale und algorithmische Produktionsaspekt auch »maschinell« auseinander (Entwicklung = Differenzierung!): Der Computer als Universalmaschine steuert nun die flexiblen Prozeßmaschinen. Mit der Entstehung des Computers ist nun wiederum eine weitere Differenzierung verbunden, nämlich die von Hard- und Software. Die Software verkörpert nun in »reiner« Form, was man vor der industriellen Revolution noch als »Erfahrungswissen« des handwerklichen oder agrarischen Arbeiters bezeichnen konnte. Software ist eine Wissensform.

(14) Zwischen dem erfahrenen, wissenden Menschen und dem algorithmisch übertragenen Wissen in Softwareform besteht jedoch ein wichtiger Unterschied: Während sich das softwareförmige algorithmische Wissen immer auf begrenzte jeweils gerade realisierte »informationelle Räume« bezieht, ist menschliches Wissen potenziell unbegrenzt. Algorithmen können zwar kombinatorisch entworfen werden, sie können auch in Bezug auf Außeninformationen adaptiv gestaltet werden – wirklich Neues können »sie« jedoch nicht schaffen. Dazu braucht es den Menschen, der ja überhaupt erst bezüglich seiner Lebenssituation und Bedürfnisse einen Begriff von »Neuheit« haben kann.

(14.1) Kreativität, Neuheit, KI, 25.05.2002, 10:47, Benni Bärmann: Hast Du da so ganz nebenbei ein neues Argument in der KI-Debatte gefunden? Mir ist das so in der Form jedenfalls noch nicht begegnet!

Dennoch ein Einwand: Es wäre ja zumindestens prinzipiell denkbar, dass man die "Lebenssituationen und Bedürfnisse" dem algorithmischen Prozeß zugänglich macht. Das nennt sich dann vielleicht Marktforschung? Das Argument ist schon richtig, denke ich nur braucht es vielleicht noch etwas Explizierung.

Schritt 2: Wiederentdeckung des kreativen Subjekts

(15) Die Enteignung des handwerklichen und agrarischen Arbeiters von seinem Wissen bedeutete gleichzeitig eine Überführung dieses Wissens in eine entsubjektivierte Form. Nur in dieser entsubjektivierten Form war es der Logik der modernen Naturwissenschaften unterwerfbar. In diesem Kontext galt der »unberechenbare« Mensch als Störfaktor. Doch die Entsubjektivierung ist ausgeschöpft und schlägt nun als Inflexibilität und fehlende Kreativität ins Gegenteil um. Der entfaltete Mensch und sich entfaltende Mensch wird in der Produktion der Lebensmittel i.w.S. »wieder« gebraucht. Doch auch das reicht nicht aus: Es gibt nicht mehr »die« genialen einsamen Schöpfer des Neuen, sondern Neues kann heute nur im globalen kooperativen Wirken entstehen. Da sind alle Schranken, die die Entfaltung der Menschen behindern, kontraproduktiv.

Warum boomt die Schaffung freier Inhalte?

(16) Nun bin ich soweit vorbereitet, mir diese Frage beantworten zu können. Die »Freiheit« der Inhalte meint die »Freiheit« von »Unfreiheit«, von Beschränkungen. Solche Beschränkungen gibt es sehr viele, mir fallen ein:

(17) Im folgenden will ich eine ausgewählte Anzahl solcher Projekte näher ansehen – sortiert nach meinen subjektiven »Freiheitsmaßstab«. Ich unterscheide:

(18) Wenn ich im folgenden Projekte in diese drei Gruppen einsortiere, so tue ich sicher den Intentionen einiger Projekte unrecht. Wenn dem so ist – gemessen an den formulierten Kriterien –, dann bitte ich um Intervention. Sehr ausführlich konnte ich mich mit Zielen und Logik der Projekte nicht beschäftigen. Teilweise machen die Projekte auch keinerlei Aussagen zu bestimmten Problemen (etwa der Problematik des Copyrights), was für mich heißt, dass fehlendes Problembewußtsein ein Einfallstor für später folgende Einschränkungen ist. Sofern Lizenzen genannt werden, habe ich diese nicht selbst studiert, sondern mich in der Einschätzung an der Lizenzbewertung durch das GNU-Projekt orientiert.

(19) Ich beschäftige mich hier nur mit Projekten, bei deren Inhalt es nicht um Software oder deren Dokumentation geht (zur Software i.e.S. vgl. »GNU/Linux ist nichts wert...«), und deren Ziel nicht die bloße Bereitstellung einer Kommunikationsplattform ist. Mich interessiert dabei vor allem die eigene Beteiligungsmöglichkeit bei der Schaffung und Pflege der Inhalte.

Freiheit I: Die Freiheit von Ort, Zeit und Physis

(20) Diese »Basis-Freiheit« ist direkt mit den Möglichkeiten des Internet verbunden – und genau hierauf hebt auch der ganze E-Commerce ab. Unterscheide ich auch hier zwischen dem gegenständlichen und informationellen Aspekt, dann war in der Zeit »vor« dem Internet die informationelle der gegenständlichen Seite untergeordnet: Dort wo Waren flossen, gab es begleitende Informationsflüsse (Werbung, Bestellung, Logistik, Abrechnung etc.). Mit dem Internet kommt es zu einem Funktionswechsel: die Information rennt nun der physischen Ware voraus oder löst sie gar ganz ab. Voraussetzung für diesen funktionalen Wechsel war Algorithmus-Prozeß-Trennnung in den Betrieben, die ich oben beschrieb. Erst der »freigesetzte« informationell-algorithmische Raum ist »internetfähig«. Dass hierin der Konsument nicht mehr bloß »informationelle Begleiterscheinung« von Warenflüssen ist, sondern als Informationsproduzent selbst indirekt zum Prozeßsteuerer wird (der berühmte »Prosument« als Kombination von »Produzent« und »Konsument«), ist nur folgelogisch.

(21) Freie Projekte vom »Typ I« setzen nun genau hierauf auf – ohne dass sie selbst »kommerziell« sein müssen. Ihr Medium ist der »freigesetzte« informationell- algorithmische Raum, ihr Zielobjekt ist der Prosument. »Objekt« deshalb, weil es den Projekten primär um die Information und nicht um den individuellen Menschen geht. Solche Projekte bewegen sich in der Grauzone von Kommerz und »kostenlosen Angeboten« – häufig aufgepeppt durch die Nutzung des Attributs »open«. Dieser Gruppe würde ich folgende Projekte zuordnen:

(22) OpenDirectory-Project – http://www.dmoz.org: Offener Webkatalog mit kurzen Einschätzungen von Websites durch freiwillige Editoren. Das Copyright des gesamten Projekts liegt bei Netscape. Der Inhalt unterliegt der nicht-freien Open Directory License.

(22.1) 19.02.2002, 12:06, Karl Dietz: hi, dmoz ist der directory part von google. finde ich gut. karl. ot wird bald 2 jahre. gerne wieder mit einer aki-veranstaltung. aber ich habe ja die fantasie, das du das nich mehr machen willst, stefan. schade.

(23) Open-Content-Meta-Projekt – http://www.opencontent.org: Projekt zur Verbreitung der OpenContent-License (nicht-frei) und der OpenPublication-License (unter bestimmten Bedingungen frei). Teil des Projekts ist eine Datenbank mit »freiem« Inhalt, der jede/r etwas hinzufügen kann.

(24) Openlaw – http://eon.law.harvard.edu/openlaw: Forum zur Entwicklung von rechtlichen und politischen Argumenten zur Unterstützung freier Inhalte bzw. im Kampf gegen proprietäre Inhalte (Beispiele: Prozess gegen Microsoft, DVD-Regionalcode etc.). Keine Lizenzangaben.

(25) Projekt Gutenberg – http://www.gutenberg.net: Das Projekt sammelt (meist ältere) Texte, Bücher etc. deren Urheberschutz abgelaufen ist oder freigegeben wurde. Scannen und Korrigieren der Texte erfolgt durch Freiwillige.

(25.1) 18.03.2002, 12:32, Karl Dietz: hi, aol hat gutenberg-de vom netz genommen. karl

(26) Wiki – http://www.c2.com/cgi/wiki: Bereitstellung eines Rahmens zur Erzeugung freier Inhalte. Die Wiki- Prinzipien sind eher auf die Toolfunktionalität ausgerichtet: automatische Linkerzeugung und Veränderung des Inhalts durch jede/n. Ausgehend vom Ur-Wiki sind zahlreiche Wiki-Maschinen entstanden, die verschiedene technische Features hinzugefügt haben und unter verschiedenen Lizenzen verfügbar sind. Wiki ist also ein mächtiges Rahmenwerkzeug zur Schaffung freier Inhalte, die folglich unter verschiedenen, meist jedoch gar keiner Lizenz stehen. Beispiel: WikiPedia, eine Wiki-basierte Enzyklopädie, ohne Lizenz, ohne Reviewing, alle können alles ändern (Wiki-Prinzip).

(27) Linart – http://linart.net: Ziel ist die Verbreitung von freier Software und freier Kunst; Unterstützung für Softwareprojekte, die künstlerische Unterstützung suchen; im Kern eine Mailingliste mit Website. Lizenz unklar.

(28) OpenText – http://www.opentextproject.org: Unterstützung der freien Softwarebewegung in der Ausbildung durch Bereitstellung freier Lehrbücher. Eng verbandelt mit OpenMind Publishing Group, die freie Lehrbücher unterstützen. Beteiligung durch Diskussionsforen. Lizenz unklar.

(29) OpenIdea – http://209.181.77.58/openidea/index_html: OpenIdea will ein »open content thinktank« sein, das Project stellt einen Zwiki-basierten (Wiki auf Zope) Rahmen zur Entwicklung neuer Ideen im Umfeld freier Software bereit. Inhalts-Lizenz: OpenIdea-License (noch in der Entwicklung, Tendenz unklar).

(30) Everything2 – http://www.everything2.com: Datenbank zur Bereitstellung freier Inhalte, vor allem von Konzepten zur Entwicklung freier Software. Bewertete Verlinkung nach Nutzungshäufigkeit. Beiträge von Mitgliedern. Keine Lizenz.

(31) OSCOMAK (Open Source Community On Manufacturing Knowledge) – http://www.kurtz-fernhout.com/oscomak: Bereitstellung einer Wissensdatenbank (Bereiche Technologie, Geschichte, allg. wissenschaftliche Literatur) und Schaffung von Softwaretools für diesen Zweck. Lizenz: »Moral Code of use«.

(32) Virtuelle Allgemeinbibliothek – http://bibliothek.freepage.de: Bibliographische Indexsammlung im Web verfügbarer Literatur i.w.S. Keine Beteiligungmöglichkeit, keine Lizenzregelungen.

(32.1) 28.11.2001, 22:02, karl d: hi, bei der VAB kann mensch sich sehr wohl beteiligen. ich tue das zb. und: die url hat sich geaendert: neu ist: www.virtuelleallgemeinbibliothek.de gruesse, karl

(33) Wissensnavigator der Deutschen Verlagsanstalt – http://wissensnavigator.europop.net: Proprietäres Online- Lexikon, ein »Expertenteam« entscheidet über die Aufnahme neuer Beiträge. Keine Lizenzangaben.

(34) Brightidea – http://www.brightidea.com: Offene Ideensammlung, die in kommerziellen Projekten münden können. Nutzung anderer Ideen für eigene Projekte. Explizit kommerzielle Ausrichtung. Keine Lizenzangaben.

(35) Global Ideas Bank – http://www.globalideasbank.org: Ideen-Datenbank zur Lösung von Problemen der Welt, nicht-kommerziell. Einstellen neuer Idee über Formular (Produkte und Patente ausgeschlossen). Keine Lizenzangaben.

(36) Lexikon phantastischer medialer Apparate – http://www.khm.de/~flw/lexikon/start.html: Lexikon zu diesem speziellen Thema, eigne Beiträge können eingestellt werden. Projekt der Kunsthochschule Köln. Keine Lizenz.

(37) Net-Lexikon zu Internet, Computer und Telekommunikation – http://netlexikon.akademie.de: Lexikon, vor allem Online Tutorials und -Kurse zum begrenzten IT-Thema. Eigene Beiträge können eingestellt werden, wenn man sich vorher registrieren lassen hat und die Autorenvereinbarung akzeptiert. Keine explizite Lizenzregelung.

(38) Ergänzungen »Freiheit I«: Es gibt sicher noch sehr viele Projekte, wenn Dir noch besonders wichtige einfallen, kann Du sie hier anfügen.

(38.1) Open Community 4 Science, 04.05.2001, 23:49, Stefan Meretz: Bislang nur ein Ankündigungsprojekt: http://www.oc4-science.org . Ziemlich uninteressant, setzt auf bloss einen isolierten Aspekt, den der Vernetzung (und alles was dran hängt: flache Hierarchien etc.). Keine Angaben zur Lizenz.

(38.1.1) Re: Open Community 4 Science, 30.03.2002, 14:26, Christian Zonsius: Ankündigungsprojekt ist nicht ganz richtig - eher ein gutdurchdachtes und –konzipiertes Projekt was halt eine gewisse Zeit braucht um eine solide Basis für zukünftige Entwicklungen zu bieten. Es lohnt sich auf jeden Fall mal wieder vorbeizuschauen, da sich dort einiges getan hat. Abgesehen davon setzt die oc4ware beiweiten nicht nur auf den Vernetzungsaspekt. Da scheint sich Hr. Meretz nicht ganz richtig informiert zu haben. Angaben zur Lizenz sind ebenfalls vorhanden.

(38.1.1.1) Re: Open Community 4 Science, 11.04.2002, 11:23, Stefan Meretz: Ja, inzwischen (seit meinem Eintrag) hat sich eine Menge getan. Es lohnt sich wirklich, vorbeizuschauen!

(38.1.1.1.1) Re: Open Community 4 Science, 20.08.2002, 00:56, Stephan 4OCs: Angesichts des damaligen Stadiums unseres Projekts ist gegen deine Einschätzung wirklich nichts einzuwenden. Deine _jetzige_ Einschätzung freut mich jedoch um so mehr, weil ich des öfteren auf deine damalige Einschätzung unseres Projekts angesprochen werde - du siehst, deine Kommentare finden viel Beachtung... :)
Persönlich würde ich sagen, dass sich das oc4-Projekt ( http://www.oc4home.org ) nach wie vor in einer (wenn auch weit fortgeschrittenen) Ankündigungsphase befindet: Im Laufe des Septembers, mit dem oc4ware o.4 Release und einem ersten "nicht-oc4 Demo-Journal", wird dann jedoch die heisse Demo-Phase eingeläutet. In diser heissen Demo-Phase wollen wir dann - ganz nach OpenTheory-Manier - eine erste Arbeitsversion unserer oc4-Regularien online stellen und diskutieren lassen.
Im Januar 2003 soll dann unser System schließlich und entlich öffentlich betriebsfähig sein. Dann liegen immerhin über 2 Jahre (!) intensive Entwicklungsarbeit einer immer größeren Zahl von Freiwilligen hinter uns. Und Christian kann man nur zustimmen: ein gutdurchdachtes und –konzipiertes Projekt das seine Zeit gebraucht hat, um eine solide Basis (ich möchte sogar fast so weit gehen, zu sagen: DIE solide Basis...) für zukünftige Entwicklungen im Bereich Open Content zu bieten. Wer sich selbst davon überzeugen möchte, findet auf http://www.oc4ware.org weitere Infos zu unserer Software, sowie einen Link hin zu SourgeForge, wo die oc4ware entwickelt wird.
Über weitere Meinungen, Einschätzungen und Anregungne wäre ich hocherfreut...

(38.2) Public Library of Science, 19.05.2001, 10:42, Stefan Meretz: - http://www.publiclibraryofscience.org : Eine Unterschriftensammlung für die freie Verfügbarkeit jeglicher wissenschaftlicher Publikationen. Eine freie Bibliothek soll ab September 2001 eingerichtet werden. Keine Angaben zur Lizenz.

Freiheit II: Die Freiheit von formaler Unfreiheit

(39) Die erweiterte Freiheit ist ein Reflex auf die »Proprietarisierung« der Software Anfang der Achtziger Jahre. Nach der Zerschlagung von AT&T in den USA war die entstehende Software-Division »gezwungen«, ihre Verfügung über das Betriebssystem UNIX auch exklusiv zu nutzen. Fortan wurde die Warenform der Software durch Herstellung der entscheidenen Verwertungsvoraussetzung durchgesetzt: Software wurde künstlich »verknappt«. Diese Einschränkung ließen sich die späteren Gründer des GNU-Projekts (»GNU Is Not UNIX«) nicht gefallen: Sie starteten die Erschaffung eines freien Betriebssystem und sicherten dies über die GNU General Public License (GPL) ab. Die GPL basiert auf dem Copyright, dreht ab ihren Sinn, andere von der Verfügung auszuschliessen, um, indem sie die Gruppe der Auszuschließenden auf diejenigen begrenzt, die die Lizenz und damit die freie Verfügung aller nicht akzeptieren.

(40) Das Copyright als formaler (juristischer) Hebel wird durch die GPL und die verwandte freie Textlizenz GNU Free Documentation License (GFDL) subversiv unterlaufen – diese Lizenzform wird daher auch »Copyleft« genannt. Die Verwendung des Copyleft ist also immer auch eine eindeutige politische Stellungnahme: Über Wissen, das die Menschheit erschafft, soll sie auch ohne Einschränkung verfügen können. Das Copyleft schließt nicht notwendig die kommerzielle Nutzung aus, aber die Knappheit als entscheidende Verwertungsvoraussetzung ist untergraben. Die Verwendung des Copyleft für eigene Projekte ist das entscheidende Kriterium für die Freiheit des »Typs II«. Dieser Gruppe würde ich folgende Projekte zuordnen:

(41) OpenIdeas – http://www.open- ideas.org/OI/975847195/index_html: Das Projekt unterstützt softwarebezogene Projekte durch eine Datenbank, in der softwarebezogene Ideen gesammelt werden, um durch Publikation die »ungerechtfertigte« Patentierung zu verhindern. Lizenz: Copyleft (GPL, LGPL, GFDL).

(42) Nupedia – http://www.nupedia.com: Open-Content- Enzyklopädie. Strenges Verfahren der Qualitätskontrolle. Lizenz: Nutzt seit kurzem die GFDL.

(43) GNUPedia – http://www.gnu.org/encyclopedia: Konkurrenz-Enzyklopädie zu Nupedia, um zu verhindern, das nicht-freies Wissen aufgebaut wird. Hat die Tätigkeit eingestellt, seit Nupedia die Artikel unter die GFDL gestellt hat.

(44) Humanity Libraries Project – http://www.humanitylibraries.net: Ziel ist die Freigabe aller UN-Publikationen unter Copyleft, Mitarbeit durch Einreichen von Artikeln unter Copyleft.

(45) Ergänzungen »Freiheit II«: Es gibt sicher noch einige Projekte, wenn Dir noch welche einfallen, kann Du sie hier anfügen.

(45.1) wikipedia.de + coforum.de, 24.07.2002, 01:59, Karl Dietz: wikipedia. und coforum.de. gruesse, karl

Freiheit III: Die Freiheit von informaler Unfreiheit

(46) Der »freie Markt« ist formal frei, jedoch informal unfrei – nicht nur, weil Machtkonzentration faktisch das Resultat dieser &ökonomischen Freiheit« ist, sondern weil der »freie Markt« notwendig auf dem Ausschlußprinzip basiert: Wer sich durchsetzt, tut es stets auf Kosten anderer und auf Kosten allgemeiner Lebensbedingungen (Umwelt etc.). Informatisch gesprochen ist dies »nicht Bug, sondern Feature« des Kapitalismus, und dieses »Feature« hat totalitären Charakter: Es gibt kein individuelles Entrinnen.

(47) Das inhärente Ausschlußprinzip schlägt in letzter Zeit in mehrfacher Hinsicht in sein Gegenteil um. Unter Ausschlußbedingungen kann sich weder der individuelle Mensch frei, also unbegrenzt entfalten, noch ist eine effiziente globale Wissensakkumulation möglich. Die Kampf des wissenschaftlich-staatlichen Human-Genom- Projekts um die rechtzeitige Veröffentlichung (zur Verhinderung einer Patentierung) gegen das privat- kommerzielle Konkurrenz-Projekt (dass die Patentierung erreichen wollte) zeigt diese globale Auseinandersetzung »zweier Linien« deutlich. Hier nun hat die freie Softwarebewegung paradigmatisch einen neuen Modus der globalen Wissensakkumulation geschaffen: Jenseits der Verwertungsstrukturen und basierend auf der individuellen Selbstentfaltung und kollektiven Selbstorganisation bildet sie praktisch eine Keimform eines neuen Vergesellschaftungsmodus jenseits von Ware, Markt und Geld. Sie vollzieht in einer Nische, was sich »eigentlich« keine/r mehr vorstellen kann: Die eigenen Angelegenheiten im übergreifenden gemeinsamen Interesse so regeln, dass auch je meine Interessen darin aufgehoben sind – anstatt die eigenen Angelegenheiten durch einen abstrakten Mechanismus (den »Markt« und das Mittel »Geld«) regeln zu lassen.

(48) Die daraus abgeleiteten (harten) Kriterien für eine Freiheit des »Typs III« sind demnach: Etablierung neuer Produktionsformen jenseits der Regulation über den Markt und Zersetzung und tendenziell Abschaffung aller formalen Strukturen, in deren Rahmen sich die informale Unfreiheit bislang entfaltete: Urheberrechte, Patente, Gesetze usw. – oder anders: praktische Nichtakzeptanz dieser »heiligen« Rahmenbedingungen informaler Unfreiheit. So gefaßt entspricht kein Projekt diesen Kriterien, eine praktische Annäherung stellen aber folgende Projekte dar:

(49) Freenet-Project – http://freenetproject.org: Ein Peer-to-Peer- Projekt zur Unterstützung jeglicher freier Inhalte ohne Angst vor Zensur und Copyright-Problemen. Die Zeitschrift c’t verglich das Freenet mit einer Art parallelen, unzensierbarem und unzerstörbarem WWW. Ähnliche Ziele verfolgt das Freehaven-Projekt. Der Schöpfer Ian Clarke lehnt das Copyright zwar nicht ab, unterläuft es aber mit seinem Projekt praktisch: Da es keine praktische Handhabe zur Durchsetzung von Knappheitsansprüchen gibt, ist das Urheberrecht wirkungslos geworden. Dass dies die Copyright-Profiteuere mit extremen Unwohlsein beobachten (und dagegen polemisieren), ist verständlich.

(49.1) peer2peer, 25.05.2002, 11:22, Benni Bärmann: In diesem bereich gibt es noch einige andere Projekte, die ähnlich funktionieren. Gnutella ist wohl das bekannteste. das ist allerdings auch erstmal nur ein Kommunikationsprotokoll und darauf aufbauend gibt es dann die unterschiedlichsten Projekte, darunter auch kommerzielle.

(50) open theory – http://www.opentheory.org: Ein serverbasiertes, freies Datenbankprojekt zur Schaffung von Theorien und anderen Gedankenformen jenseits von Verwertung und Einschränkung. Alle Produkte unterstehen automatisch der GFDL. Die Dynamik der Projekte basiert auf der individuellen Selbstentfaltung und kollektiven Selbstorganisation. Es gibt keine zentralen Instanzen, die die »Qualität« der Inhalte beurteilen – das tun die Nutzer/innen der Projekte im Prozess der Entwicklung selbst. Ich – als initialer Schöpfer von open theory – lehne Urheberrechte, Patente, Gesetze und alles, was die Verfügung der Menschheit über das von ihr geschaffene Wissen einschränkt, grundsätzlich ab. Um das Projekt unter den gegebenen Bedingungen durchführen zu können, ist die Nutzung der freien Lizenzen also keine besondere Qualität, sondern ein notwendiges Übel.

(51) Ergänzungen »Freiheit III«: Es gibt für diese Rubrik wahrscheinlich nur wenige Projekte, wenn Dir noch welche einfallen, kann Du sie hier anfügen.

(51.1) textz.com, 25.05.2002, 11:25, Benni Bärmann: Sowas wie das Gutenbergprojekt nur ohne Rücksicht auf Copyright.

Fazit

(52) »Warum hast Du das Projekt xy in dem Freiheitstyp z zugeordnet?« – möglicherweise wird das eine häufige Frage sein. »Weil ich es nicht besser wußte«, wird meine Antwort sein. Mir ging es mit der Einteilung der Projekte darum, Bewußtsein darüber zu schaffen (zu allererst: mir selbst das schreibend klar zu machen), in welcher historischen Situation welche Projekte welche Ziele verfolgen.

(53) Ich wollte klar machen, dass wir uns in einer Übergangsphase von der »Mittelepoche« zur »Epoche der Menschen« befinden – dies nicht als persönlicher Wunschtraum, sondern als Resultat des Nachdenkens von inzwischen nicht mehr so wenigen Menschen. Teil dieses Übergangs ist die Aufhebung aller Beschränkungen, die der individuellen Selbstentfaltung des Menschen im Weg stehen, hier insbesondere aller abstrakten, so schwer durchschaubaren »Sachzwänge« wie sie die kapitalistische Wertmaschine erzeugt. Die (Re-)Produktion des menschlich-gesellschaftlichen Lebens jenseits der abstrakten Vermittlungsformen von Markt und Geld sind nicht nur unabweisbare Notwendigkeit, auch nicht nur eine schöne Möglichkeit (wie die Freie Software zeigt), sondern real sich in heftigen Widersprüchen bewegender Prozeß mit vielen Facetten. Eine der sichtbaren Facetten ist die globale Akkumulation von Wissen, die immer weniger in proprietären Formen betrieben werden kann, weil sie – selbst nach alten Kriterien – zu wenig effektiv ist, von den anderen Folgen einmal abgesehen.

(54) Hat das open-theory-Projekt nun – gemessen an der globalen Übergangssituation – Erfolg gehabt? Sicher noch nicht durchschlagend – dafür ist es zu klein, noch zu unfunktional und zu unbekannt. Doch es hat im Kontext mit anderen Projekten (insbesondere dem Oekonux-Projekt), die heute IMHO wirklich wichtigen Diskussionen angestoßen. So gesehen ist open theory kein Selbstzweck, sondern ich habe es immer als ein Mittel angesehen, mir selbst und anderen Menschen neue Entfaltungsmöglichkeiten zu verschaffen und Medien zu etablieren, in denen die richtigen Formen für die richtigen Inhalte bereitstehen – nach dem langfristigen Prinzip: Die je individuelle Entfaltung ist die Voraussetzung für die Entfaltung aller.


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