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Leitantrag zur 8.Stadtdelegiertenkonferenz der SDK der PDS Leipzig

Maintainer: Hans-Gert Gräbe, Version 1, 29.06.2001
Projekt-Typ:
Status: Archiv

1. Präambel

(1) Die gesellschaftliche Situation wird in der Bundesrepublik und somit auch in Leipzig, u.a. von den folgenden allgemeinen Tendenzen bestimmt: Der Staat zieht sich mehr und mehr aus seiner sozialen Verantwortung für wirtschaftliche Entwicklungen zurück. Finanzströme werden dereguliert, erkämpfte Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes aufgelöst.

(2) Es wird einerseits das Lied von der "individuellen Verantwortung" angestimmt, während gleichzeitig die Mechanismen der sozialen Sicherung zunehmend abgebaut und die polizeilichen wie strafrechtlichen Komponenten verstärkt werden.

(3) Das bisherige Erfolgsmodell der PDS ergab sich, grob umrissen, aus einer Doppelrolle. Diese kennzeichnet sich zum einen durch einen starken Selbstbehauptungswillen und das Wirken als radikale Widerstandskraft, zum anderen durch ihre Arbeit als parlamentarische Opposition.

(4) In dem Maße, in dem Ausgrenzung nachlässt und die Einbeziehung in den normalen Politikbetrieb wächst, schwindet eine dieser Erfolgsgrundlagen. Das "Ankommen in der Normalität" wird außerhalb, aber auch innerhalb der PDS als Anzeichen einer inhaltlichen Abkehr gewertet. Daraus erwächst Misstrauen, das in der Partei bereits deutlich sichtbar ist. Nachdem die Ausgrenzung nicht gelungen ist, werden die anderen Parteien alles unternehmen, um die überflüssigkeit der PDS zu beweisen.

(5) Deshalb hängt die Zukunft der PDS - auch in Leipzig - vom Nachweis ab, dass sie nicht die konsequentere sozialdemokratische Partei, sondern eine im Grundsatz andere, eine sozialistische Partei ist.

(6) Eine Präzisierung unserer sozialistischen - außerparlamentarischen wie parlamentarischen - Oppositionsrolle wird unumgänglich, vor allem, um den politischen Kampf gegen neoliberale, konservative und rechte Kräfte erfolgreich zu bestehen.

2. Kritische Bestandsaufnahme

(7) Vor dem Hintergrund der gravierenden Veränderungen in der Sozialstruktur des gegenwärtigen Kapitalismus ist die Tendenz deutlich, dass bei allen Parteien der Stellenwert sozialer Milieus und Wählerschichten abnimmt. Bei der PDS vollzieht sich dieser Prozess zwar verlangsamt, aber wer die Zahlen der Mitgliederstatistik (Der Durchblick 1/2001) aufmerksam liest, wird auch für den Stadtverband konstatieren müssen, dass trotz aller vergangenen Wahlerfolge die Partei unter Mitgliederschwund und überalterungstendenzen leidet.

(8) Organisatorische Umgestaltungen allein verwalten diese Probleme lediglich, können sie aber nicht lösen. Ohne weitere Schritte hin zu einer offenen linken und sozialistischen Partei, einer Partei zeitgemäßen Zuschnitts, die in der Gesellschaft unserer Stadt fest verankert ist, könnte sie zu einem Traditionspflegeverein und zu einer Ansammlung von Karrieristen verkommen.

(9) Die Ausstrahlung der Leipziger PDS auf die Landes- und Bundesebene war gemessen am Potential gering. Dabei hätte gerade die PDS in Leipzig mit ihrer zahlreichen Wählerschaft, deren Alters- und Sozialstruktur keineswegs mit der der Mitgliedschaft identisch ist, die Chance, die Basis ihres Wirkens erheblich zu erweitern und damit auch eine größere Rolle auf der Landes- und Bundesebene zu spielen.

(10) Daraus ergeben sich notwendigerweise Konsequenzen für die weitere inhaltliche und organisatorische Arbeit. Daher wird im vorliegenden Leitantrag der weiteren öffnung der Partei und der Entwicklung der innerparteilichen Demokratie (einschließlich der Öffentlichkeitsarbeit) große Aufmerksamkeit geschenkt.

(11) Die politische Willensbildung innerhalb unseres Stadtverbandes ist die Voraussetzung für eine aktive Kommunikation nach außen - hinein in die Gesellschaft. Eine Partei muss in erster Linie die Möglichkeit der Identifikation über politische Inhalte und Aktionen bieten.

(12) Der sozialistische und emanzipatorische Anspruch der PDS macht es erforderlich, noch stärker in die gesellschaftlichen Debatten der Kommune einzugreifen. Einige zentrale Politikfelder wurden dabei in der Vergangenheit, gemessen an ihrer grundsätzlichen Bedeutung, nicht genügend in der Alltagsarbeit berücksichtigt.

(13) Ausgehend von der Notwendigkeit, die Rahmenbedingungen für ein bürgerschaftliches Engagement in Leipzig zu verbessern und sich konsequent den zentralen sozialen Probleme unserer Stadt zuzuwenden, sollte der Stadtverband folgende Schwerpunkte in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellen: Soziale Entwicklung von Stadt und Region, kommunale Arbeits- und Beschäftigungspolitik. Deshalb bedürfen auch die folgenden, von den anderen Parteien oftmals vernachlässigten Politikfelder unserer besonderen Aufmerksamkeit: Antifaschismus, Bildung, Ökologie und Kultur.

(14)

3. Öffnung der Partei und Weiterentwicklung der innerparteilichen Demokratie

-- Transparenz, Öffentlichkeit und Bündnispolitik

(15) Im Original wird unter diesem Punkt der Text aus 2. wiederholt.

(15.1) Korrekter Text, Absatz 1, 18.07.2001, 15:49, Hans-Gert Gräbe: Die Debatte um die gravierenden Probleme dieser Stadt und der Dialog mit Nichtparteistrukturen (Gewerkschaften, Bürgervereine, Solzialverbände, Kirchen, soziokulturelle Zentren, Initiative etc.) müssen sowohl lokal als auch auf Stadtebene künftig im Selbstverständnis unserer Arbeit einen zentralen Platz einnehmen.

(15.2) Absatz 2, 18.07.2001, 15:51, Hans-Gert Gräbe: Es reicht nicht mehr aus, traditionelle Mitgliederversammlungen als öffentliche Veranstaltungen zu offerieren. Vielmehr müssen attraktive Veranstaltungsformen entwickelt und genutzt werden.

(15.3) Absatz 3, 18.07.2001, 15:53, Hans-Gert Gräbe: Foren, die auf Referentenzentrierung verzichten und den Dialog, auch den Streit mit den politisch anders Denkenden, in den Mittelpunkt stellen, müssen verstärkt angeboten werden.

(15.4) Absatz 4, 18.07.2001, 15:56, Hans-Gert Gräbe: Wesentliches Merkmal der Kommunikation nach außen bleibt auf absehbare Zeit die aktive Teilnahme unserer Mitglieder und SympathisantInnen am gesellschaftlichen Leben in den Territorien, die Mitwirkung in Bürgervereinen, Elternvertretungen etc., kurz gesagt, überall dort, wo sich Bürger und Bürgerinnen treffen, ihren Interessen nachgehen oder sich mit Problemen bei der Bewältigung des Alltags in einer sozial kälter werdenden Gesellschaft befassen.

(15.5) Absatz 5, 18.07.2001, 16:00, Hans-Gert Gräbe: Das außerparlamentarische Engagement muss weiter ausgebaut werden, um den Eindruck zu vermeiden, die Partei würde sich zu einem "Wahlverein" entwickeln, der sich von seinen sozialen Wurzeln entfernt. Auch aus diesem Grunde ist die Durchschaubarkeit aller Strukturen und der politischen Arbeit der Leipziger PDS unverzichtbar. Das ist ohne die lückenlose Durchsetzung des Öffentlichkeitsprinzips jedweder Entscheidungsprozesse nicht zu erreichen. Die Partei muss fest im öffentlichen Leben der Kommune verankert sein und gerade deshalb sollte das Prinzip der Öffentlichkeit, außer in den notwendigen Ausnahmenfällen, auch für die kommunalpolitische Arbeit der Stadtratsfraktion gelten.

-- Offenheit und Toleranz --

(16) Die Partei wird lernen müssen, dass Fluktuationserscheinungen auftreten, es muss jedoch ein ausreichender Zufluss neuer Sympathisantinnen/Mitglieder, Ideen und Initiativen gewährleistet bleiben. Zu überlegen ist diesbezüglich, moderne Formen der Mitarbeit von Interessentinnen zu erproben.

(17) Neue Menschen (und damit neue Ideen) für die PDS zu gewinnen kann letztlich nur über die politische Sacharbeit funktionieren und nicht in erster Linie durch kurzfristige Kampagnen, bzw. von "oben" initiierte neue Strukturen (z.B. Jugendverband).

(18) Das heißt aber unter anderem, Nichtmitgliedern die zeitweise an einem Sachthema mitarbeiten, Entscheidungskompetenzen in dieser Sachfrage einzuräumen und offen zu sein für Themen und Anliegen, die von außen an die Partei herangetragen werden. Auch Neumitglieder müssen breiteste Gestaltungsspielräume haben und sofort spüren, dass sie die Möglichkeit haben, auch ohne "Stallgeruch" auf allen Ebenen der Partei Verantwortung zu übernehmen. Noch zu häufig überwiegt das Misstrauen gegenüber ungewohnten Ideen und Herangehensweisen.

(19) Es sind alle Generationen zur Mitarbeit aufgerufen und schon deshalb gilt es auch innerhalb der Partei einen Dialog der Generationen zu führen, um eine gegenseitige Bereicherung zu ermöglichen. Dies kann nur im Rahmen einer politischen Kultur geschehen, die, bei aller Härte der inhaltlichen Diskussionen, Kompromissbereitschaft und Toleranz einschließt.

-- Mitbestimmung und Formen der direkten Demokratie --

(20) Der emanzipatorische Politikansatz der PDS bleibt wirkungslos, wenn die Partei diesen nicht in den eigenen Reihen umsetzt. Es ist zwar eine Illusion, unter den gegebenen hierarchischen, patriarchalischen und auf Macht/Herrschaft konzentrierten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, anzunehmen, in der PDS ließe sich eine "Insel der Seeligen" schaffen, das darf jedoch nicht daran hindern, neue demokratische Instrumentarien zu erproben, die auf die Durchbrechung eben dieser Mechanismen zielen.

(21) Sowohl die Satzung des Landesverbandes als auch die der Stadtorganisation sehen die Möglichkeit von Mitgliederentscheiden bzw. Urabstimmungen vor. Die Hürden die vor einer breiten Anwendung dieses demokratischen Instrumentariums stehen sind allerdings noch beträchtlich. Die Satzung des Stadtverbandes geht sogar noch hinter die Möglichkeiten zurück, die der Landesverband den Mitgliedern bietet und wäre dahin gehend in naher Zukunft zu überarbeiten. Festzuschreiben wäre hier auch der bindende Charakter von Mitgliederentscheiden für den Stadtvorstand.

(22) Warum sollte man nicht überlegen den Stadtvorsitzenden und den Kandidaten der Partei zur Wahl des Oberbürgermeisters in Zukunft durch die Mitglieder direkt wählen zu lassen. Leipzig könnte hier mit gutem Beispiel vorangehen und damit auf die Landespartei insgesamt ausstrahlen.

(23) Natürlich erfordert ein Mehr an Demokratie ein erhöhtes Engagement des Einzelnen und macht mehr Arbeit. Ein solcher Prozess hätte aber positive Auswirkungen auf die Motivation der Mitgliedschaft, sich aktiv in den Willensbildungsprozess der Partei einzuschalten und würde zugleich die noch immer notwendigen hierarchischen Strukturen stärker unter die Kontrolle der Parteibasis stellen.

(24) Es geht dabei nicht nur um eine Verbesserung der Transparenz, sondern um die Schaffung einer Alternative zu dem vorherrschenden Prinzip der Delegierung von Interessenvertretung auf die Parteieliten und zudem würden Tendenzen der Verselbständigung des parteiinternen und parlamentarischen Apparates eingegrenzt.

(25) Die Eigenverantwortlichkeit der BO's, als die Basis des Stadtverbandes, ist in diesem Zusammenhang weiter zu stärken.

(26) Grundsätzlich muss an die Stelle der Konkurrenz um die Macht in der Partei der Wettbewerb um die intelligentesten Problemlösungen treten.

(27) Trotz aller in der Praxis damit verbundenen Probleme ist aus emanzipatorischer und antipatriarchalischer Sicht an der Quotierung grundsätzlich festzuhalten.

(28) Der Kumulation von Ämtern und Funktionen in den Händen von wenigen EntscheidungsträgerInnen ist, schon im Interesse der konzentrierten inhaltlichen Arbeit, entgegen zu wirken.

(29) Dies sollte, angesichts der Vielzahl der zu bewältigenden Probleme, insbesondere auch für die Vorsitzenden des Stadtverbandes gelten.

-- zur innerparteilichen Kommunikation --

(30) In einer immer stärker medial geprägten Gesellschaft stehen politische und gesellschaftliche Akteure, nicht zuletzt auch die Mitglieder und Sympathisantinnen unserer Partei, immer stärker im Zwang ihr Handeln zu rechfertigen und zu begründen. Es gilt deshalb, sich auf allen Ebenen, in allen Gremien Fähigkeiten und Fertigkeiten kommunikativen Handelns anzueignen.

(31) Neue Medien und hier insbesondere das Internet mit seinen interaktiven Möglichkeiten, bieten den Zugriff auf einen riesigen Wissenspool und erweitern natürlich auch die Möglichkeiten der direkten Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung. Dafür notwendige Medienkompetenz ist nicht gegeben, sondern muss erworben werden. Die Möglichkeiten des Internets sind zu nutzen, um eine vertikale wie horizontale Vernetzung zu erreichen.

(32) Die Einrichtung von zentralen Mailverteilern und Internet - Diskussionsplattformen hindert nicht die Qualifizierung der bisherigen Kommunikationsformen, die auf absehbare Zeit für unsere älteren Mitglieder unverzichtbar sind. Sie dürfen keinesfalls von den innerparteilichen Diskussionen abgekoppelt werden.

(33) Es ist wichtig weitere Begegnungsstätten des Stadtverbandes zu schaffen, die sowohl den Bürgerinnen der Stadt, als auch Sympathisantinnen und Mitgliedern offen stehen.

(34) Zu den Voraussetzungen, diesen erhöhten Anforderungen an Information und Kommunikation gerecht zu werden, gehört eine qualifiziertere politische Bildung in unserer Partei. Eine politische Bildung, die sich sowohl mit der Programmatik der PDS befasst, als auch mit dem komplexen Interaktions- und Wirkungszusammenhängen von Politik und Publizistik in der modernen Mediengesellschaft. Die gewonnenen Erkenntnisse gilt es, stärker als bisher, für die Kommunikation innerhalb unseres Stadtverbandes nutzbar zu machen.

(35) Folgende Aufgaben sind vorrangig zu lösen:

Die Geschäftsstelle in der Braustraße ist als zentraler Anlaufpunkt und Dienstleistungszentrum des Stadtverbandes weiter zu profilieren.

(36) Stärker als bisher ist die Beratung der Ortsvorsitzenden so zu qualifizieren, dass sie zu einer tatsächlichen Diskussionsplattform des Stadtverbandes wird. Hier gilt es Schwerpunkte für die inhaltliche Diskussion in den verschiedenen Strukturen zu setzen.

(37) Zu wichtigen politischen und programmatischen Fragen sollten verstärkt und regelmäßig Delegierten- und Basiskonferenzen organisiert werden.

(38) Für die Gestaltung der verschiedenen Druckerzeugnisse, des Internetangebotes sowie für die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen sollte sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe bilden die durch den Stadtvorstand bestätigt und beauftragt wird.

(39) Auf der Homepage unseres Stadtverbandes ist ein Diskussionsforum einzurichten. Diese Anregung gilt auch für die Homepage unserer Stadtratsfraktion.

(40) Alle IG´s und AG`s sollten die Möglichkeit nutzen eigene Seiten innerhalb der Homepage des Stadtverbandes einzurichten.

(41) Alle Vorstandsmitglieder und Abgeordneten richten eigene E-mail- Adressen ein.

(42) Innerhalb der Donnerstagsgespräche sind Veranstaltungen zum Verständnis und zum Umgang mit neuen Medien, also zum Erwerb von Medienkompetenz durchzuführen.

-- Zur Rolle der AG/IG/Plattformen --

(43) In unserem Stadtverband wirken eine Vielzahl von inhaltlich arbeitenden Zusammenschlüssen. Neben den territorialen Gliederungen sind sie die zweite wichtige Organisationsstruktur in unserem Stadtverband. In ihnen arbeiten aktive GenossInnen und SymphatisanthInnen mit, die darüberhinaus mit ihren Themen und Inhalten auch weitere Interessierte ansprechen.

(44) AG/IG/Plattformen sind für unseren Stadtverband in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung,

  1. als Kristallisationszentren fachlicher und politischer Kompetenz,
  2. sie tragen zur politischen Bildung im Stadtverband bei und wirken
  3. in die Öffentlichkeit, und zwar durch eigene Aktionen und/oder in Zusammenarbeit mit Gruppen und Organisationen außerhalb der PDS, die sich mit gleichem oder ähnlichem Politikfeld beschäftigen.

(45) Die fast beispielhafte Vielfalt von Zusammenschlüssen in Leipzig muß erhalten und die einzelnen Gruppierungen in ihrer Arbeit unterstützt werden. Dem Stadtvorstand muß es vor allem gelingen, Kontakte und Kommunikation zwischen territorialen Gliederungen, Zusammenschlüssen und der Stadtratsfraktion zu fördern und zu verbessern.

(46) Dies kann z.B. bei der gemeinsamen Erarbeitung von Standpunkten zur Kommunalpolitik gelingen , indem alle einbezogen sind und der Stadtvorstand in diesem Prozeß Meilensteine in Form besonderer Veranstaltungen (z.B. Basiskonferenzen) setzt, die von allen Akteuren (Stadtvorstand, Stadtratsfraktion, AG/IG/PF) gemeinsam gestaltet und ausgewertet werden.

(47) Außerdem sollte sich der Stadtvorstand gemeinsam mit dem Stadtverband ein oder zwei kommunalpolitische Themen im Jahr wählen, die diskutiert und mit außerparlamentarischen Aktionen begleitet werden.

(48) Damit kann auch der Tendenz, dass Themen einfach an die vermeintlich "zuständige" AG/IG/PF delegiert (für Gleichstellungspolitik LISA , für Umwelt ist die Ökologische Plattform zuständig.) und dadurch wichtige politische Inhalte aus der Diskussion der Gesamtpartei zumindest teilweise ausgeblendet werden, entgegengewirkt werden.

4. Inhaltliche Profilierung der Leipziger PDS

(49)

-- Auf dem Weg zur Zivilgesellschaft --

(50) Die Debatte um die Beteiligung möglichst vieler Menschen an der öffentlichen Meinungsbildung und vor allem an Entscheidungsprozessen wird heute zunehmend unter dem Begriff der Bürger-, oder weitergehend, Zivilgesellschaft geführt. Seitens der Regierenden ist die Bürgerorientierung nicht etwa durch das größere Verständnis für die Notwendigkeit von verstärktem Bürgerengagement aufgekommen, sondern vielmehr aus der prekären finanziellen Lage Leipzigs und der daraus resultierenden Unfähigkeit, die durch die öffentliche Hand übernommenen Leistungen weiterhin finanzieren zu können.

(51) Die übergabe von Kultur-, Sport-, Kinder-, und Jugendeinrichtungen an freie Träger ist somit keineswegs als freiwillig zu bezeichnen. Sie ist Ausdruck der Handlungsunfähigkeit von Politik und Verwaltung.

(52) Darüber hinaus hat das Wegdelegieren von Pflichten nicht zu einer Ausweitung der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern geführt.

(53) Eine Entschädigung der vielen freiwillig Engagierten kann nicht nur durch höhere gesellschaftliche Anerkennung oder durch finanzielle Ausgleichsmaßnahmen erreicht werden. Als echte Entlohnung für die übernahme von kommunalen Aufgaben ist vor allem die Einrichtung realer Entscheidungsrechte zu betrachten. Hier ist der Handlungsbogen geschlagen von einer "nur" bürgerorientierten Gesellschaft hinzu einer Bürgergesellschaft.

(54) Hier ist aber auch der Ansatzpunkt für unsere Partei. Die PDS grenzt sich ab von Tendenzen der Mitte-Rechts-Parteien, die Beschwörung von mehr Eigenverantwortung der Bürger zu benutzen, um einem Rückzug des Staates aus seiner sozialen Verantwortung Vorschub zu leisten. Es geht für die PDS vielmehr um die Einbindung der Kompetenz Betroffener in Entscheidungsprozesse immer und überall.

-- Arbeits- und Beschäftigungspolitik --

(55) Mit über 50.000 Arbeitslosen (über 70.000 in der Region) ist Leipzig einer der sozialen Brennpunkte Sachsens. Damit hebt sich Leipzig negativ von Tendenzen in den Regionen Chemnitz und Dresden ab. Die wirtschaftliche Konsolidierung in Leipzig und eine damit verbundene Zunahme von Arbeitsplätzen ist ein politisches Ziel der PDS. Notwendig ist dazu allerdings die grundsätzliche Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik auf Basis einer klaren Analyse der Ursachen des Scheiterns bisheriger Arbeitsmarktpolitik.

(56) In der PDS bestehen eine Reihe verschiedener Ansätze dazu, die verschiedene politische Handlungsansätze zur Folge haben:

(57)

(61) Um all diese und andere Vorstellungen fruchtbar zu machen, müssen wir in Vorbereitung der "Arbeitsmarktpolitischen Leitlinien" der PDS Leipzig in einen intensiven Diskussionsprozess eintreten um diese noch 2001 zur Beschlussreife zu führen.

(62) Klar ist jedoch, dass ohne eine Stärkung des ersten Arbeitsmarktes Leipzig eine Region bleiben wird, in der sich die sozialen Widersprüche besonders stark realisieren.

(63) Deshalb sollte kommunale Beschäftigungspolitik als Bestandteil einer integrierten Wirtschaftsförderungs- , Strukturentwicklungs- und Arbeitsmarktpolitik verstanden werden. Besonderes Augenmerk muss darauf liegen, dass jede öffentliche Beschäftigungsförderungsmaßnahme (also auch Wirtschaftsförderung etc.) darauf orientiert, die Rechte und die soziale Absicherung der Arbeitnehmerinnen zu beachten (also: tarifliche Bezahlung, unbefristete Arbeitsverhältnisse, gewerkschaftliche Rechte usw.).

(64) Die Unterstützung von selbstorganisierten Projekten z.B. auf sozialem, kulturellem und ökologischem Gebiet oder des bürgerschaftlichen Engagements durch die Kommune unter den Bedingungen eines öBS (Projektförderung, tarifliche Bezahlung, Nichtbefristung) bieten Einstiegschancen für eine grundsätzlicher Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik, ohne uneinlösbare Versprechungen zu machen.

-- Zum Antifaschismus --

(65) Die extreme Rechte ist eine politische Kraft, die in der BRD-Gesellschaft Fuß gefasst hat. Dabei tritt sie uns als soziale Bewegung, im öffentlichen Erscheinungsbild vor allem als Jugendkultur entgegen. Für die PDS Leipzig stellt sich dieses Problem insbesondere hinsichtlich starker rechter Strukturen im Umland und in verschiedenen Stadtregionen, wobei Grünau den flächengrößten Schwerpunkt bildet.

(66) Im Selbstverständnis der PDS-Mitglieder gehört Antifaschismus zu den wichtigsten Grundwerten. Im Zentrum der antifaschistischen Arbeit steht die Analyse der Bedingungen und Bekämpfung der Ursachen rechtsextremen Gedankengutes und Handelns.

(67) Antifaschistische Arbeit hat viele Facetten, findet getragen von engagierten GenossInnen der PDS Leipzig auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Zielgruppen statt. Angesichts eines vom Staat und den großen Parteien der Alt-BRD propagierten neuen Antifaschismus ist auch für die PDS Leipzig eine Weiterentwicklung ihrer antifaschistischen Politik nötig.

(68) Klärungsbedarf besteht noch immer zu Fragen der Bündnispolitik und zu der Beurteilung antifaschistischer Jugendarbeit. Die PDS Leipzig muss sich einen Standpunkt zur Entwicklung antifaschistischer Jugendzentren in der Region erarbeiten. Zu den notwendigen und drängenden Aufgaben des Stadtverbandes gehören auch eine engere Zusammenarbeit mit dem VVdN-BdA, die Verständigung über das Verhältnis zu den Nachfolgestrukturen der "Autonomen Antifa", aber auch zu antifaschistischen Kräften außerhalb der Linken sowie die mögliche Initiierung gemeinsamer Bündnisse. Die PDS ist nahezu die einzige Kraft, die hier zu einem Bindeglied werden kann.

(69) Rassistischen, antisemitischen, nationalistischen Äußerungen in der kommunalen Öffentlichkeit muss unsere Partei als erste und mit eindeutigen Positionen entgegentreten. Gewalttaten sind sofort aufs Schärfste zu verurteilen. In solchen Fällen muss die kurzfristige Mobilisierung wenigstens von Teilen der Mitgliedschaft ermöglicht werden.

(70) Schon um der Existenz unserer Partei willen müssen wir die Kreisverbände im Umland stärker mit unserem Potential unterstützen.

(71) Die Theoriedebatte zu Ursachen und Formen rechter Ideologien und zu Möglichkeiten der Auseinandersetzung muss kontinuierlich fortgeführt werden.

(72) Wir benötigen eine weitere Verständigung zu verschiedenen Protest- bzw. Aktionsformen. Die kämpferische und offensive Traditionspflege sollte auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

(73) Sie muss aber ergänzt und begleitet werden durch das Anknüpfen an das politische Alltagsleben. Antifaschistische Demonstrationen sind nicht die einzige, wenn auch eine legitime Form des Protestes. Zu unserer antifaschistischen Politik gehört schließlich auch die Unterstützung und Rückendeckung für Aktivistinnen, die aufgrund ihres antifaschistischen Engagements der Beobachtung und Verfolgung durch staatliche Organe ausgesetzt sind.

-- Bildung --

(74) Für eine Partei, die sich als emanzipatorisch versteht und soziale Gerechtigkeit zum Ziel hat, muss Bildungspolitik ein Hauptpolitikfeld sein. Bildung ist eine zentrale Vorraussetzung für individuelle Entfaltung, für politische Mündigkeit, für kritische Reflexion und das Beeinflussen gesellschaftlicher Prozesse. Des weiteren ist Bildung aber auch eine Grundbedingung dafür, um heute an einer, als Wissensgesellschaft umschriebenen, Lebenswelt aktiv und selbstbestimmt teilhaben zu können.

(75) Die PDS Leipzig fordert, allen Menschen den freien, ungehinderten und lebenslangen Zugang zur Bildung zu ermöglichen, auf diesem Feld Gleichheit zu sichern und die Bildungsstrukturen sowie Bildungsinstitutionen zu demokratisieren.

(76) Eine solche Bildungsreform kann nur das Ergebnis der Einbeziehung aller Betroffenen, einer Bewegung von unten sein. Darum wird sich die PDS Leipzig an Bündnissen für Bildung aktiv beteiligen und sie auch selbst initiieren. Unsere Partner sind hierbei unter anderem die Gewerkschaften, Schülerinnen-, Studierenden- und Elternräte und -organisationen.

(77) Wir werden uns in bildungspolitische Diskussionen und Entscheidungen, und nicht nur die, die unsere Stadt betreffen, einmischen und diese auch einfordern. Eine wichtige Rolle wird der Verteidigung bestehender Errungenschaften zukommen. Obwohl Bildungspolitik überwiegend in Landeshoheit liegt, bieten sich in nächster Zeit genügend kommunale und in den Rahmen der Hochschulselbstverwaltung gehörende Ansatzpunkte - aber auch Entscheidungsbefugnisse - bei denen sich die PDS positionieren und einbringen muss.

(78) Die Problematik der Schulschließungen wird für die PDS Leipzig ebenso ein permanentes Thema sein, wie der Erhalt und die Erweiterung von Qualitätsstandards in Kitas, der Kampf gegen jegliche Art von Studienzugangsbeschränkungen und für eine Verbesserung der Lehrstellensituation.

(79) Hier müssen wir um Meinungsführerschaft kämpfen. Auch und vor allem im Bereich der Bildungspolitik kommt der Kompetenz, der Mit- und Selbstbestimmung Betroffener eine zentrale Rolle zu.

(80) Wir unterstützen in diesem Sinne sowohl die Anfänge zum Aufbau einer PDS-nahen SchülerInnenbewegung als auch die PDS-Hochschulgruppe. Die PDS Leipzig selbst wird sich mehr mit bildungspolitischen, bildungswissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Themen auseinandersetzen. Denkbar wäre für diese Aufgaben eine AG Bildung einzurichten.

-- Sozialökologischer Umbau --

(81) Linke Politik in den nächsten Jahren muss zwei große, miteinander verbundene, weitreichende Wandlungsprozesse einleiten: Neben der Lösung der sozialen Fragen steht der Gesellschaft ein radikaler Wandel ihres Stoffwechselprozesses mit der Natur auf der Grundlage sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit bevor. Daher muss ihr sozial-ökologischer Umbau Dreh- und Angelpunkt einer von der PDS zu erarbeitenden und in der öffentlichen Kommunikation zu vertretenden Reformalternative sein.

(82) Im Leipziger Stadtrat hat die PDS auf wichtigen Gebieten ökologische Konsequenz, gepaart mit Sachverstand unter Beweis gestellt. Die Fraktion hat machbare Alternativen und unmittelbare Tagesinteressen vertreten, ohne sich auf "Nein" sagen oder das Aufrechterhalten von Utopien zu beschränken.

(83) Allerdings waren trotz "ökologischer Leitlinien der Kommunalpolitik" Probleme bei der Abstimmung zwischen Fraktion und thematisch arbeitenden Gliederungen der Partei unübersehbar.

(84) Eine nicht ausreichend genutzte Chance stellt auch der AGENDA 21-Prozeß dar. Hier ist der Stadtverband als Ganzes wenig beteiligt.

(85) Noch zu sehr betrachten viele Mitglieder die Themen ökologie und Nachhaltigkeit als Spezialgebiete der Fraktionen, Interessen-gemeinschaften oder Plattformen. Doch gerade hier bieten sich eine Fülle von Möglichkeiten, MitstreiterInnen und SympathisantInnen in Bürgervereinen, Stadtteilgruppen etc. zu gewinnen. Ohne einen tiefgreifenden Wandel beim Verständnis ökologischer Probleme im Sinne der oben dargestellten Notwendigkeiten im gesamten Stadtverband bleiben aber gesellschaftliche Reformprojekte, wie das der kommunalen Zivilgesellschaft, nur Stückwerk.

-- Kultur --

(86) Wir wollen, dass den Bürgern von Leipzig der gesamte Reichtum der Kunst und Kultur, der Vergangenheit und Gegenwart, zur Verfügung steht. Durch sie wird die Freiheit der Einzelnen und ihre soziale Gebundenheit in aller Widersprüchlichkeit gedacht und erlebt. Die Künste sind unser gemeinsames Gedächtnis und experimentelles Labor der menschlichen Zukunft.

(87) Der ausgewogenen Förderung von Hochkultur und Basiskultur gilt daher die besondere Sorge der Leipziger PDS. Ein vielfältiges und regelmäßiges Angebot für die Leipziger ist die Basis für kulturelle, speziell auf die Förderung des Tourismus zugeschnittene, Höhepunkte im Kulturangebot unserer Stadt. Dem weiteren Zerfall des Netzes Leipziger Kultur- und Freizeiteinrichtungen, gilt es entschlossen Widerstand zu leisten.

(88) Innerhalb unseres Stadtverbandes sollte der regelmäßigen Beschäftigung mit den Problemen des künstlerischen Nachwuchses, der Künstlerinnen und Künstler, der Entwicklung der Basiskultur, ein Forum gegeben werden, indem nunmehr ein Arbeitskreis "Kunst und Kultur in Leipzig" gebildet wird.

(89) Der eigenen kulturellen und künstlerischen Betätigung der Mitglieder unseres Stadtverbandes gilt es, erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Diese Potenzen sollten für die Gestaltung eines vielseitigen Lebens in den Ortsverbänden und Basisorganisationen genutzt werden.


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