Home   Was ist ot ?   Regeln   Mitglieder   Maintainer   Impressum   FAQ/Hilfe  

Nicht nur Theorie...

Maintainer: Uli Weiss, Version 1, 31.01.2007
Projekt-Typ: halboffen
Status: Archiv

(1) Im Text Zum Begriff »mentales Modell« heisst es:

(1) Phänographisch kann man sagen, dass ein »mentales Modell« eine überindividuelle orientierende bildhafte Verdichtung theoretischer Erkenntnisse ist.
Die Orientierung auf Verdichtung THEORETISCHER Erkenntnisse ist mir zu eng. Besser finde ich einen weiteren Bezug auf Mentalität. Es ginge dann um ein mentales Modell im Sinne einer in einer Gesellschaft oder in einer Menschengruppe dominierenden "Art und Weise der Menschen, zu denken, zu FÜHLEN und zu HANDELN" (Lexikon. sociologicus zu Mentalität). Für das, worum es uns/mir geht, erscheint mir der enge Begriff als eine Sackgasse.

(1.1) erwheitere Bezüge der Domini, 01.02.2007, 12:23, Uvvell H:W:Berger: In der Tat ist das Monumental und die Amnesie der Nemesis in der Mental entologie Munition. Tatsächlich stammelt das Talent ab aus dem Tal der Enten und führte nach Entenhausen. Das ist das minimum der Unteilbarkeit; es ist mitteilbar, aber es gibt den Einzelnen nur als enggeglaubter Empfänger. Es ist verstärkt, aber der Verstärker ist nicht allein. Es kann gesendet werden, aber niemand kann sagen von wem. NieMaNd, dies ist die Mitte des Alphabets, mhn!... alles kann zur Art und Weise werden die Individualität auf Spitzen zu treiben.
Das Gegenteil von Theorie ist Theater. Praxis ist bäurisch Abraxas. Namenbilder sind ZahlenSiebe.

(1.2) Begriff der Theorie zu eng, 28.02.2007, 14:55, Stefan Meretz: Intention und Inhalt der Kritik kann ich gut nachvollziehen. Sie geht jedoch von einem Begriff von Theorie aus, der in einen Gegensatz zu etwa Fühlen und Handeln gebracht wird. Dieser Gegensatz selbst IST die bürgerliche Form, in der diese Fragen verhandelt werden, also genau jene, die du (zu recht) in dem Text kritisierst. Diesen Gegensatz wirst du nicht dadurch los, dass du nun einen urbürgerlichen Begriff einführst, der scheinhaft den Gegensatz zudeckt, anstatt ihn in ein bestimmtes Verhältnis zu setzen. Im Gegenteil: Du reproduzierst und bestätigst den Gegensatz dadurch.

(1.3) Mentalität, 28.02.2007, 15:03, Stefan Meretz: Der Begriff Mentalität ist inzwischen nicht mehr sehr gebräuchlich. Er heißt übersetzt soviel wie "Geisteshaltung" (lat. mens = Geist), ist aber inhaltlich nicht wirklich bestimmt und kann deswegen keine aufschließende Funktion haben. Zum Begreifen der je eigenen Lebenslage taugt er nicht. Wenn die Kids davon reden, wie denn einer "drauf" sei, dann meint das in etwa das Gleiche: Irgendwie ahnen wir, dass da was ist, aber es ist nicht spezifizierbar.

(1.4) Denken und Fühlen, 28.02.2007, 15:15, Stefan Meretz: Mein gewichtigstes Gegegnargument ist jedoch, dass du mit der Ablehnung des Begriffes der Theorie, des theorieförmigen Denkens, als "zu eng" das Denken in seinen scheinhaften Gegensatz zum Fühlen und Handeln bestätigst. Diese Form widerspiegelt nämlich exakt die bürgerliche Form der warengesellschaftlichen Rationalität in der produktive Sphäre, nach der "sich alles rechnen muss", und der abgespaltenen reproduktiven Sphäre, wo genau diese "sich-rechnen" nicht gelten darf, weil sonst die Gattung auf dem Spiel steht: In der reproduktiven Sphäre sind die Gefühle erlaubt und erwünscht, aber bitte nur in ihrer verinnerlichten bezugslosen Privatform. In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass das Fühlen die unhintergehbare Dimension menschlichen Lebens ist, die die je eigenen Lebensbedingungen umfassend widerspiegelt. Gefühle sind in diesen Sinne subjektiv objektiv - nur was sagen sie je mir über mein Leben? Darüber MUSS ich nachdenken, egal wie ich das tue, und mein Fühlen spiegelt mir auch sofort wieder wie ich es tue. Denken und Fühlen sind also nicht getrennt, das ist vorauszusetzen (was der Text zu mentalen Modellen nicht explizit, sondern nur implizit tut). Nicht getrennt bedeutet aber gleichzeitig, dass sie nicht identisch sind: Fühlen ist nicht Denken. Die Unterschiede des Nichtgetrennten sind zu begreifen.

Worum geht es?

(2) Um das Begreifen folgender miteinander zusammenhängender Tatsachen, damit um ein Erkennen von Bedingungen ihrer Überwindung.

(3) Erstens: Menschen gelingt es kaum, ihnen längst bekannte Fakten hinsichtlich der abnehmenden Zivilisationsverträglichkeit des Kapitalismus tatsächlich ernst zu nehmen. Sie stellen sich kaum ihrem eigenen sozialem Unwohlsein als einer Konsequenz solcher ihnen bekannter gesellschaftlicher Prozesse, die innerhalb der gegebenen kapitalistischen Grundstrukturen nicht überwunden werden können.

(4) Zweitens: Stattdessen bemühen sie sich um Stabilisierung genau jener Mentalitäten, die eine tragende Seite der sie bedrückenden Verhältnisse sind. Im Denken, Fühlen, Handeln ketten sie sich mehrheitlich an die (Lohn-)Arbeit, obwohl sie wissen, dass diese selbst als gesellschaftskonstituierendes Moment immer fragwürdiger wird.

(5) Drittens: Sie schaffen oft selbst erkennbare Möglichkeiten einer neuen Vergesellschaftung. Sie nutzen, genießen diese auch partiell. Sie entwickeln so auch Momente zukunftsfähiger sozialer Strukturen und entsprechende soziale Kompetenzen. Doch selbst dort, wo es weitgehende Möglichkeiten gibt, diese auszubauen, das eigene Maß an Freiheit zu erweitern und damit das anderer Menschen, da binden sie sich immer wieder selbst mit ihrer gesamten Mentalität an das alte Modell.

(6) Viertens: Das scheint primär keine Konsequenz mangelnder intellektueller Fähigkeiten zu sein. Auch Menschen mit entwickelter Fähigkeit, Gesellschaft zu denken, binden sich in ihren Zukunftsvorstellungen und -wünschen an die Grundkategorien der bürgerlichen Gesellschaft (Warenproduktion, Äquivalenzverhältnisse, Staatsmacht usw.). Selbst sogenannte Systemkritiker des Kapitalismus (in allen linken politischen Parteien und größeren Bewegungen) suchen meist ihre Alternativen in den Grenzen der bürgerlich-kapitalistischen Grundstrukturen und versuchen diese auf angeblich sozialistische Weisse umzugestalten. Sie halten etwa eine sozialistische Warenproduktion bzw. einen sozialistischen Staat für möglich, wollen diesen vernünftig gestalten.

Meine Erfahrungen und theoretischen Erwägungen führen zu folgenden Hypothesen:

(7) 1. Das heute dominierende Denken, auch und gerade das theoretische, ist als ein Moment der gesamten Form bürgerlicher Praxis in die entsprechenden Formen des Fühlens und Handelns eingebettet. Es kann nur im Zusammenhang mit diesem begriffen und in einer höheren Form aufgehobenen werden.

(8) 2. Solange und insoweit Menschen mit ihrer sozialen Existenz (vor allem mit ihrer materiellen) an diese Formen des Fühlens und Handelns gebunden sind, solange sie hoffen (können), dass sie selbst auch zukünftig in dieser Form existieren können, werden und können sie auch in ihrer theoretischen Aneignung von (sozialer) Wirklichkeit die dementsprechenden sozialen Formen der Gesellschaft nicht überschreiten.

(9) 3. "Kommunistische" Aufklärung ist nicht einfach wegen ihrer spezifischen theoretischen Unzulänglichkeiten oder der Mängel in der Vermittlung geschichtlich gescheitert ("gescheitert" hier in dem Sinne, dass die so aufgeklärten Menschen, die Aufklärer eingeschlossen, weder praktisch noch geistig zur wirklichen Aufhebung des Kapitalismus fähig wurden). Die Aufklärung überhaupt, die kommunistische ist nur eine ihrer Varianten, die ihr entsprechende Wissenschaftsform, ist selbst unvermeidbar eine bürgerliche Gedankenform. Sie ist untrennbar verbunden mit der von der bürgerlichen Gesellschaft bestimmten Produktionsweise der Wissenschaft, damit auch den wertvermittelten materiellen Bedingungen der Existenz der Wissenschaftler.

(10) 4. Dass diese Aufklärung selbst zunehmend verrottet, den eigenen früheren Ansprüchen immer weniger gerecht wird, die Objektivität immer mehr abhanden kommt, ändert nichts an dieser Tatsache, dass sie unvermeidbar eine bürgerliche soziale Form ist. Das drückt nur die Überfälligkeit dieser Gesellschaftsform selbst aus.

(11) 5. In der bürgerlichen Form des Denkens bleibt das zu analysierende Objekt dem erkennenden Subjekt etwas Äußerliches. Aufklärung, (akademische) Wissenschaft überhaupt, kann nicht kommunistisch sein. Neues Denken (eine neue Denkform) kann nur von Leuten produziert werden, die diese Entfremdung aufheben. Sie machen jene Praxis (Handeln, Denken, Fühlen) zum Gegenstand der Analyse, mit der sie selbst bewusst eine neue Form gesellschaftlicher Verhältnisse schaffen, einer Praxis, die sie wenigstens partiell trägt.

(12) 6. Das muss vereinbar gedacht werden mit der Annahme, dass neue Formen bereits im Alten angelegt sind also solche neuen Formen auch in den bürgerlich bestimmten Momenten der alten Gesellschaft selbst keimhaft enthalten sind. Es geht um solche Momente, die zwar der dominierenden alten Form untergeordnet sind, die aber die Potenz haben, selbst zu einer dominierenden neuen Form zu werden. Vergleiche die Marx(Hegelschen)-Gedanken zur sozusagen kommunistischen Potenz allgemeiner "Arbeit". Damit ist nicht nur die wissenschaftliche Aneignung von Wirklichkeit gemeint, sondern auch die ästhetische, spielerische. Das gilt insofern, als diese Tätigkeitsformen auch im Alten bereits die Tendenz haben, zum Selbstzweck des agierenden schöpferischen Individuums zu werden und zugleich die Existenzbedingungen anderer Menschen verbessern können, damit gesellschaftlich relevant sind.

(13) 7. Solche Momente gibt es in aller Geschichte. Sie sind Bedingungen menschlicher Existenz überhaupt. Es ist aber an bestimmte historisch gewachsene Bedingungen gebunden, dass sie selbst tatsächlich geschichtsmächtig werden können. So benötigt und befördert die kapitalistische Form von Produktion und Wissenschaft bis hin zur postfordistischen bei allen Vernichtungs- und Sinnentleerungstendenzen schöpferisch tätige Menschen. Zugleich kann sie diese nur unter ungeheurem Verlust an Schöpferkraft in der kapitalistischen Form halten. Indem sie pragmatisch ihren menschlichen Bedürfnisse nach freier Entfaltung ihres Schöpfertums in freier Kooperation nachgehen, schaffen so etwa Leute der freien Software einen eigenen sozialen Raum jenseits der Logiken der Wertvergesellschaftung. Dieser ist gesellschaftlich relevant.

(14) 8. Diese Aussagen sind widersprüchlich. Siehe die Behauptung des unvermeidlich bürgerlichen Charakters theoretischen, aufklärerischen Denkens vs. die genannten potentiell kommunistischen Momente innerhalb dieses. Es sind hier - mit Hegel zu sprechen - jeweils wesenslogisch verschiedene Momente der gegebenen widersprüchlichen Realität selbst erfasste. Die agierenden Menschen sind in diese widersprüchliche Existenz eingebunden. Das Ganze (hier das bürgerlich-kapitalistische) bestimmt im Gegebenen die "Wahrheit" auch der potentiell entgegengesetztem Momente. In diesem Sinne gibt es innerhalb des Gegebenen (und in aller Geschichte) überhaupt nichts Kommunistisches. Genau das "beweisen" sich beständig Menschen mit dem Verweis auf die alltägliche Praxis, die von der Verwertung bestimmte. Kapitalismus, Warenproduktion, Äquivalenzverhältnisse erscheinen so als natürlich, unaufhebbar. Wir - wer? - müssen mit Hegelscher Denkart diese widersprüchliche Einheit konkret erfassen. Hier sind Vorarbeiten zu nutzen, die etwa die kritische Theorie längst geleistet hat.

(15) 9. Im Zusammenhang den genannten Entwicklungen können Momente neuer Denkformen entstehen bzw. diese in einen unerträglichen Widerspruch zu der sie dominierenden sozialen Form geraten (Schöpfertum etwa im Widerspruch zur Produktion von Wissen als Ware - siehe unsere A. Gorz-Lektüre). Aber nur in Verbindung mit neuen Formen des Fühlens und Handelns und eben erst auf der Basis einer neuen sozialen Existenz können sich diese auf ihrer eigenen Grundlage zu wirklich neuen Denkformen entwickeln. Erst so können sie sozusagen zu sich kommen, tatsächlich kommunistisch werden. Theorie ist dann nur als Selbstkritik des so bewusst mit Geschaffenen möglich.

(16) 10. Im Alten vorhandene Momente dieses Neuen können erst vom Standpunkt dieses als zukünftig angenommenen Gesamtzusammenhangs als solche, als Keimformen erkannt werden: Vom wenigstens partiell auch praktisch eingenommenen Standpunkt der aufgehobenen bürgerlichen Gesellschaft, dem Standpunkt der menschlichen Gesellschaft.

(17) 11. Die Möglichkeit, diesen Standpunkte einzunehmen, wird nicht vorrangig von den intellektuellen Fähigkeiten der agierenden Menschen bestimmt. Die alte aufklärerische Weise, hier "der alte Materialismus", der anschauende Materialismus, ist nach Marx eine Form der Trennung von Objekt und erkennendem Subjekt. Dieses kann so weder die Entwicklung des - sozialen - Objekts verstehen und bewusst gestalten noch die der erkennenden (oder eben gerade sich verdummenden) Subjekte selbst. Nach Marx geht diese Trennung notwendig aus dem Standpunkt der bürgerlichen Gesellschaft hervor. Sie ist verbunden mit der Arbeitsteilung, der Entfremdung, dem Privateigentum (dies sind bei Marx identische Begriffe). Diese Trennung war eine unverzichtbare Bedingung der bisherigen (widersprüchlichen) Entwicklung der menschlichen Zivilisation. Der andere Standpunkt, der der neuen "menschliche(n) Gesellschaft oder ... [der] gesellschaftliche(n) Menschheit" wird eingenommen, wenn Theoretisches als Moment der praktisch-kritischen Tätigkeit VERSTANDEN wird. (Marx in den »Thesen über Feuerbach«, MEW 3/5ff) Eigentlich hätte er hier fortsetzen müssen: Wenn es vom Denkenden als solches PRAKTIZIERT wird, sprich, wenn sein neues Denken auch ein Moment des neuen Existierens ist, einer freien Gesellschaft, deren zivilisatorischer Fortschritt nicht mehr dieser Trennungen bedarf.

(18) 12. Marx hat die aus dem Standpunkt der bürgerlichen Gesellschaft resultierende Besonderheit des Denkens kritisiert. Er tat dies aber von einem fiktiven, rein theoretisch - oder eher religiös? - angenommenen Standpunkt der menschlichen Gesellschaft aus. Diese selbst konnte er, soweit er nicht Hoffnungen in religiöser Art formulierte, nur negativ bestimmen oder in den Bildern und Begriffen eben der bürgerlichen Gesellschaft. Diese Problematik sollten wir genau erfassen. Es ist unsere eigene. Ersteres ist in der Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie ausgeprägt. Es gelte "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist" (MEW 1/385). Letzteres geradezu klassisch entwickelt im der Kritik des Gothaer Programms. Hier versucht er den Proletariern in ihrer Suche nach fassbaren Bildern der neuen Welt den Sozialismus als erste Phase des Kommunismus mit solchen innerkapitalistischen Begriffen und Symbolen verständlich zu machen wie Arbeitsschein, Verteilung nach der Leistung, Organisation der Produktion nach dem Prinzipien der Warenproduktion (MEW 19/20f).

(19) 13. Dieses geradezu unmarxsche Herangehen (dass er bei Proudhon und anderen heftig angriff) ist nicht einfach als Widerspruch in der Theorie zu verstehen oder als äußere Anbiederung an die Denkformen der Arbeiter. Auch Marx hat seine "Zeit in Gedanken gefasst" (eine Hegel-Definition von Philosophie). Wie die notwendig innerkapitalistische Arbeiterbewegung, deren Theoretiker er sein wollte, konnte auch er diese Zeit nicht überschreiten oder eben "nur" (wie Hegel) in der Spekulation. Seine Annahme, dass sich in der Praxis der Arbeiterbewegung, in ihrem (vorübergehenden) Staat-Werden (Diktatur des Proletariats) die neue Gesellschaft konstituieren kann, erwies sich als ein genialer Irrtum. Die großen Ideologien, Parteien, Staaten, die sich samt ihrer Theoretiker auf ihn bezogen, reproduzierten in Wirklichkeit die Spaltung der Gesellschaft. Etwas anderes blieb ihnen gar nicht übrig. Dazu haben nicht nur die Existenzbedingung der Arbeiterbewegung und des Real-"Sozialismus" gedrängt. Marx' Theorie selbst hat (was ihren Wert nicht schmälert) in wesentlichen Aussagen und in ihrer Form bürgerlich-aufklärerischen Charakter. Der nie überwundene aufklärerische Duktus, die Art und Weise ihrer Durchsetzung in wesentlichen Strukturen der Arbeiterbewegung. Alle die logisch folgenden Partei-, Avantgarde-, Staats-, Macht-der-Theorie-Vorstellungen (die in die Massen zu tragen wären) waren und sind Ausdruck der damals noch lange nicht überwindbaren "Selbstzerrissenheit" und des "Sichselbstwidersprechen(s) dieser weltlichen Grundlage" (Thesen über Feuerbach).

(20) 14. Diese heute noch dominierende "Tierpark-Haltung" des Theoretikers (die der Politiker sowieso) ist nur im Prozess des Konstituierens einer neuen sozialen Praxis mit all ihren Aneignungsformen aufzuheben. Das kann nur eine solche Praxis sein, in der Denken, Theorie ein bewusstes Moment einer ebenfalls bewussten Art und Weise der praktisch-kritischen Aneignung von Wirklichkeit ist. Das wäre eine neue Form des BEWUSST-SEINS. Dies nicht mehr getrennt in das wissenschaftliche Denkens hier und dort das Sein samt allem (Alltags-)Denken, Handeln und Fühlen, dies Sein als das dem Denkenden äußere Objekt, der Tierpark. Die Bewusstseinsform in einer Gesellschaft, in der "ein Geist für tausend Hände" genügt (Goethes klassischer Ausdruck herrschaftsförmigen Fortschritts), in der Wissenschaft ein arbeitsteilig hergestelltes Produkt der (angestellten) Theoretiker ist, diese Bewusstseinsform ist eine ganz andere, als das Denken, das eingebunden ist in solch bewusstes Sein, als dessen Selbstkritik.

(21) 15. Eine Bestimmung des Modells der Mentalität agierender Menschen als "überindividuelle orientierende bildhafte Verdichtung theoretischer Erkenntnisse" gehört selbst zu den Denkformen, die aus den bürgerlichen Formen von Vergesellschaftung, der Selbstzerrissenheit, des Sichselbstwidersprechens hervorgehen. In der neuen Form von Vergesellschaftung sind die einzelnen Momente der gesamtgesellschaftlichen Praxis (darin eingeschlossen Denken, Fühlen, Handeln) nicht mehr vermittelt durch solche Zwecke, der den Menschen in den einzelnen Gesellschaftsbereichen, den verschiedenen Formen der Aneignung der Wirklichkeit durch die Menschen, fremd, äußerlich ist.

(22) 16. In der neuen Art von Vergesellschaftung sind die Lebensbedürfnisse der agierenden Individuen selbst Ziel und Mittel der Vergesellschaftung. In der materiellen Produktion bestätigt und reproduziert sich etwa das Bedürfnis nach Entfaltung der schöpferischen Kräfte. "Arbeit" ist hier selbst das entscheidende menschliche Bedürfnis, also keine Arbeit im bisherigen Sinne mehr. Das Denken, das wissenschaftliche eingeschlossen, ist als Moment dieser Bedürftigkeit und ihrer Befriedigung zu begreifen.

(23) 17. Erst von diesem Standpunkt der menschlichen Gesellschaft aus kann im Gegensatz zu den derzeit herrschenden Formen von Denken, von Theorie das Niveau der Wesenslogik überschritten werden. Im Zusammenhang mit der realen selbstbewussten Konstitution einer neuen Lebenspraxis kann auch ein entsprechender Begriff des Denkens entwickelt werden. Dieser muss sowohl die Besonderheit des bürgerlichen theoretischen Denkens erfassen können, der Theorie in ihrer Getrenntheit von den sonstigen Aneingnungsformen, in ihrem Herrschaft dienenden Überheben über diese - dies als Momente der menschlichen Vorgeschichte. Und er muss die Einheit dieser Aneignungsformen erfassen in einer Lebenspraxis, in gesellschaftlichen Strutkturen, die dieser Trennung nicht mehr bedürfen. Unser Begriff von Denkformen, vom mentalen Modell, muss dementsprechend weit sein.

(23.1) derzeit vorherrschend denkt Form, 02.02.2007, 23:48, Uvvell H:W:Berger: 'Form' suggeriert Begreifbarkeit und ist nur augenscheinlich in der Vorstellung. Der Begriff des Denkens wird der Ausgrenzbarkeit anderer 'Denkformen' (kuchenformen?) geopfert. So finden sich Farbtöne in Klangformen: henkel denk senkel renk. Aber wie denken Tiere und Pflanzen und welche Kommunikation wird sich als kommunikatiefer erweisen, die ausschliessende absprechende aneignungsförmige oder mitteilungsgeeignete ansprechende Unterstellare? Der gedachte Gedanke "unter Dach und entFacht" ist nicht nur ein geometrisches Muster, sondern ein Gefühl von Schwerkraft, das hier alle Lebensformen teilen. Das "bürgerliche theoretische" vereinfacht ins Gewicht (was man irgendwie messen kann) materiefreies Denken (gehenkt-lenkt-schenkt:...) die Lebenspraxis, die dieser Trennung nicht mehr bedürftig ist.

(24) 18. Hiervon ausgehend, wird auch folgender Gedanke zu verschiedenen Formen Denkformen fraglich:

(5) Bestimmte mentale Modelle sind weit verbreitet, andere treten höchst selten auf. Es sind solche mentalen Modelle weiter verbreitet, die weniger denkenden Widerstand gegen nahegelegte gesellschaftliche Denkformen erfordern. Nahegelegte Denkformen sind solche, die objektiv für das Funktionieren der Gesellschaft erforderlich sind und ihr Funktionieren auch - gemessen an der inneren Logik - adäquat widerspiegeln. So entspricht das Denken im Modus des sich-auf-Kosten-Anderer-durchsetzens objektiv den Anforderungen der Verwertungslogik, nach der sich der Stärkere am Markt, im Betrieb etc. durchsetzt und durchsetzen muss. Der Modus des sich-nur-mit-Anderen-gemeinsam-durchsetzens hingegen benötigt erheblich mehr denkenden Widerstand, gehört aber gleichwohl zum gesellschaftlich Denkbaren weil objektiv Machbaren und auch real Gemachten.

(24.1) 03.02.2007, 00:16, Uvvell H:W:Berger: SUCHtMODUS for men
So ist schon der Akt des durcjsetzens (Tipfehler: jetzt setzen durchgesetzt) ein inthronisierter 'denkender Kondensator im Schaltkreis'. Einzeln oder gemeinsam "auf-Kostend das Leben der Anderen' durch 'setzen' (durch fall, durch dauerlauf, durch laucht sind weitere Möglichkeiten - durch halten!)
Die Definition der Vorherrschaft eines Denkmusters ist als Zeiterscheinung durchschaubar. Musterhaftes befindet sich 'an den Himmel gehängt'. (Mußt Du erst den Nippel durch die Lasche zieh´n :)

(25) 19. Meine derzeitigen Denk-, Fühl- und Verhaltensformen treiben mich, bei WIDERSTAND gleich vorsichtig zu sein. Diese Formen sind im Zusammenhang der meiner Loslösung von den Hoffnungen auf die alten (innerkapitalistischen) Kampfstrukturen (speziell die der Arbeiterbewegung bzw. des Real-"Sozialismus") zugunsten allgemeinmenschlicher Emanzipationsformen entstanden. In Punkt (5) wird nahe gelegt, dass die Konstitution einer freien Gesellschaft bedeutet: Sieg des Modus des sich-nur-mit-Anderen-gemeinsam-Durchsetzens über den des sich-auf-Kosten-Anderer-Durchsetzens.

(25.1) abtreibende Tribünen stammeln im Trab, 03.02.2007, 00:31, Uvvell H:W:Berger: Die Konstitution einer freien Gesellschaft bedeutet: Freiheit läßt sich nicht von Modus besiegen. 'Durchsetzen' ist eine Denkformschablone, die durchaus ersetzt werden kann mit 'durchleuchte*n' und durch~lüftendes, auch in der Feinstaubdebatte....

(25.2) Widerstand, 28.02.2007, 15:25, Stefan Meretz: Deine Vorsicht beim Wort "Widerstand" kann ich nachempfinden. Dennoch geht es hier nicht um die gesellschaftstheoretische Ebene und die berechtigte Feststellung, dass der "Widerstand" im Kapitalismus in der Regel keinerlei überschreitende Potenzen hervorgebracht hat, weil sich um formimmanente Auseinandersetzungen handelte. HIER geht es um die individuelle Anstrengung, die ich Widerstand nenne, die jeder Mensch unter unseren Bedingungen aufbringen MUSS, um sich als gesellschaftlicher Mensch zur Geltung zu bringen. Wenn du diesen denkend-fühlend-handelnden Widerstand nicht aufbringst und also nur die nahegelegten indidividuellen Formen klaglos übernimmst, dann bringst du dich um alle Potenzen und wirst dir selbst zum Feind.

(25.3) Modus vs. Modus?, 28.02.2007, 15:34, Stefan Meretz: Richtig, es geht nicht darum, einen "Modus" gegen einen anderen durchzusetzen im Sinne individueller Verhaltensregeln ("Ich darf mich nicht auf Kosten anderer durchsetzen" - hundert mal an die Tafel schreiben bei Fehlverhalten). Es ist hier in der Tat undeutlich geblieben: Es geht darum die strukturelle Funktionalität des "auf Kosten anderer" abzuschaffen und stattdessen die strukturelle Funktionalität "nur mit anderen" durchzusetzen. Damit werden auch andere "subjektive Funktionalitäten" gesetzt, d.h. wenn es mir hilft, mich mit anderen durchzusetzen, dann werde ich das tun, weil die umgekehrte Form auf Kosten anderer mich nicht weiterbringt. Das heißt nicht, dass ich dem individuell folgen muss - das heißt es nie (auch heute unter umgekehrten Bedingungen nicht). Es heißt nur, dass die gesamtgesellschaftliche Vermittlung so organisiert ist, dass die kumulierend-kooperative Form dominiert.

(26) 20. Hier muss Matti mit Hegel ran. Kommunismus ist wohl nur als Aufhebung beider Formen zu machen und zu denken. Kommunistisches ist in aller Geschichte: Der Modus des sich-nur-mit-Anderen-gemeinsam-Durchsetzens war und ist unverzichtbarer Bestandteil aller menschlichen Gesellschaften. Die Herrschaften haben das wohl gewusst, jedenfalls haben sie - auch damit überhaupt Leute entstehen und damit etwas, um dessentwillen auch sie sich weiter auf Kosten Anderer durchsetzen können - oft so gehandelt. Es ist nicht so, dass der Modus eines sich gemeinsam-mit-Anderen-Durchsetzens in den unterdrückten Schichten heimischer wäre als anderswo. Vielmehr war oft große Gewalt erforderlich, um Menschen (Herren wie Knechte) überhaupt dazu zu bringen, diesen sozusagen menschlicheren Modus wenigstens partiell zu verinnerlichen oder zumindest zu akzeptieren. Beide Denkmodi waren für das Funktionieren der Gesellschaft erforderlich, der egoistische nicht minder als der solidarische. Das Christentum (wie andere Religionen, den ML eingeschlossen) ist/war eines der großen Mittel, mit denen sich der eine wie der andere Modus zu Geltung brachte. Dass diese beiden Modi immer wieder auseinanderfielen, sich in Gegensatz zueinander brachten, sich verschiedenen Sphären zuordneten, dass damit für den Zusammenhalt von Gesellschaft u.a. Familie, Religion und Staat unverzichtbar wurde, das war eine Entwicklungsbedingung der Zivilisation im bisherigen Reich der Notwendigkeit.

(26.1) steilvorlage iuns unaufheb-hegelige, 03.02.2007, 00:57, Uvvell H:W:Berger: Gegenstand und Raum sind nach Zornig Sein und Zeit, ein weiterer Hinweis , daß "Achill" Höhlenbewohner ist. aber das ist nicht das notwendige es muß ein Licht hinein... http://www.moglitronik.de/mirko/seiten/mode3.htm

(26.2) egoistisch vs. solidarisch, 28.02.2007, 15:41, Stefan Meretz: Mit "egoistisches vs. solidarisches Denken" individualisierst du das Problem. Richtig, beide individuellen Verhaltensweisen gab es in aller Geschichte. Es geht IMHO nicht um die Aufhebung beider Formen, sondern um die Aufhebung der Formen als Gegensatz. Kooperation und Konkurrenz - um es mal auf diese Begriffe zu bringen - stehen in einem bestimmten Verhältnis, sie bilden aber eine Einheit (auch im Gegensatz). Es glt nun gesellschaftliche eine Form zu finden, in der sich der Unterschied der Momente nicht mehr als Gegensatz zeigt, sondern sich jeweils spezifisch produktiv entfalten kann. Dazu haben Benni und ich schon vor einiger Zeit mal rumgedacht: http://www.opentheory.org/kooperenz/text.phtml und http://www.opentheory.org/ko-kurrenz/text.phtml Vielleicht können wir das mal wieder hochholen und weiter denken.

(27) 21. Es ist nicht so, dass die heute »nahegelegte« bürgerliche Form das Agierens das sich-auf-Kosten-Anderer-Durchsetzen ist, die Form einer erstrebten freien Gesellschaft aber die des sich-nur-mit-Anderen-gemeinsam-Durchsetzens. Es ist nicht so, dass letzteres bisher nur als Widerstand zu haben war. Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich gerade oft dadurch aus, dass die im Inneren diesen Modus fördern (dem der Zwang zur Konkurrenz wiederrum widerspricht.) Wir müssen vielmehr zunächst die bürgerliche Form IN BEIDEN Modi erkennen. Das Eingewobensein des Denkens in die gesamte Existenz ist dabei sicher hilfreich. Auch aus diesem Grund sollten wir den Begriff »Mentales Modell« entsprechend weit fassen und nicht auf Denken im engeren Sinne, gleich gar nicht auf theoretisches beschränken.

(28) 22. Und wir sollten (mit Hegel) noch einmal genau fragen, was überhaupt aufgehoben werden könnte, welches Denken, Fühlen, Handeln und in welchem Modus der Vergesellschaftung dies aufgehoben wäre? Was der beiden bisherigen Modi geht unter Formveränderung darin ein?


Valid HTML 4.01 Transitional